IV will bei kranken Kindern sparen

Datum: 30.07.2015
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IV will bei kranken Kindern sparen
Tarife Geht es nach der IV, soll das Kinderspital 2,5 Millionen Franken sparen. Dieses hofft auf den Bundesrat
Die IV bezahlt 40 Prozent aller Fälle des Kinderspitals und ist somit dessen Hauptgarant.
BZ-ARCHIV
VON ANNIKA BANGERIER
Als Julian* zur Welt kam, wog er 690 Oberärztin und betreute den kleinen KnaGramm. Seine Mutter hielt ihn ganze vier
Monate zu früh in den Armen. Denn ihre
Wehen setzten bereits in der 24. Schwangerschaftswoche ein. Kurz darauf brachten die Ärzte Julian per Kaiserschnitt zur
ben in der Intensivstation der Neugebore-
nen. In seine Krankheitsakte musste die
Ärztin immer neue Punkte eintragen: eine
Lungenkrankheit, Unterzuckerung, später
Überzuckerung, eine Infektion oder Gelb-
Welt. Ob ein solch frühgeborenes Kind sucht. Julian verbrachte die ersten 96 Taüberlebt, ist bei der Geburt unklar. «Julian ge seines Lebens im Kinderspital.
und seine Eltern hatten viel Glück», sagt
Es ist eine Behandlung, die viel Geld
Agnes Genewein. Sie ist in der Neonatolo- kostet: 251223 Franken. Da Julian gegen
gie des Universitäts-Kinderspitals (UKBB) sogenannte Geburtsgebrechen kämpfte,
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muss die Invalidenversicherung (IV) für
die Kosten aufkommen. «Die Behandlung
von angeborenen Krankheiten und Neugeborenen, die in den ersten 72 Stunden
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Sie wirft dem Bundesamt für Sozialversicherungen «ein eigenmächtiges Preisdiktat» vor. Die Konsequenzen seien ungedeckte Kosten. Und diese sind happig: Das
erkranken, geht zulasten der IV», sagt Ag- UKBB schätzt den Betrag auf etwa 2,5 Milnes Genewein. Deshalb ist die Invaliden- lionen Franken für das Jahr 2015. «Müssen
versicherung der Hauptgarant des UKBB: wir dies einsparen, droht ein Qualitätsab-
Diese bezahlt 40 Prozent aller Fälle des bau. Das wollen wir unter allen Umständen verhindern.» Eine Möglichkeit sei,
Kinderspitals.
Gescheiterte Verhandlungen
Doch jetzt ist zwischen der IV und dem
UKBB ein Streit ausgebrochen. An die Verhandlungen über den Basispreis hat die IV
einen Vertreter delegiert - die sogenannte
Zentralstelle für Medizinaltarife. Diese
handelte mit dem UKBB einen Tarif aus,
den die IV nun aber nicht akzeptiert. Zu
hoch sei dieser, heisst es beim Bundesamt
für Sozialversicherungen (BSV). Dessen
Gegenvorschlag mit einem tieferen Basispreis akzeptiert wiederum das UKBB
nicht. «Wir kamen der IV mit einer Tarifsenkung um neun Prozent weit entgegen.
Trotzdem wollen sie den Basispreis um
weitere vier Prozent senken. Deshalb sind
die Verhandlungen nun gescheitert», bestätigt Agnes Genewein. Die Oberärztin ist
auch Generalsekretärin von «A11KidS »,
dem Verbund der Schweizer Kinderspitäler.
Ein Blick über die Kantonsgrenze
dass der Kanton einspringt und die Defizite des UKBB deckt. Dort verfolge man den
Konflikt zwischen der IV und dem UKBB
mit Sorge, sagt Peter Indra, Leiter der Basler Gesundheitsversorgung: «Wir erachten
die einseitigen Kürzungen der IV als nicht
gerechtfertigt.» Die Kantone verfügen in
diesen Fragen jedoch über keine behördli-
chen Kompetenzen, diese obliegen dem
Bund. Deshalb wurde die Gesundheitsdirektorenkonferenz aktiv und suchte das
Gespräch mit dem Bundesamt für Gesundheit. «Bei dieser Tarifstreitigkeit besteht eine Lücke in der Rechtsgrundlage.
Deshalb ist der Bundesrat gefordert, eine
entsprechende Regelung zu erlassen»,
sagt Indra. Die Kantone seien sich einig,
«dass die IV sich einer fairen Verhandlungslösung anschliessen und den ausgehandelten Basispreis für die Kinderspitäler zahlen muss.»
zeigt: Allen eigenständigen KinderspitäHoffen auf den Bundesrat
lern drohen Sparmassnahmen - von
Innerhalb der ungeklärten RahmenbeSt. Gallen, Zürich bis Basel akzeptiert die
dingungen schwelt noch ein weiterer KonIV deren Ausgaben nicht.
flikt: Zwischen dem Kinderspital und der
Den Basispreis gibt es erst seit 2012, als
IV herrscht momentan ein vertragsloser
das System der Fallpauschale eingeführt Zustand. «Die IV hat uns eigenmächtig
wurde. «In der Einführungsphase akzepden Basispreis des Uni-Spitals aufgetierten wir stillschweigend die Forderundrückt», kritisiert Generalsekretärin Gegen der Kinderspitäler. Nun haben wir denewein. Dessen Tarife sind nochmals tieren Kosten analysiert und die Forderunfer angesetzt als der bereits nach unten
gen hinterfragt. Dadurch kamen wir zum korrigierte Vorschlag der IV. «Das funktioSchluss, dass diese zu hoch sind», sagt niert nicht, die Kindermedizin ist um ein
Rolf Camenzind vom Bundesamt für Sozi- Vielfaches betreuungsintensiver und soalversicherungen (BSV). Welche Posten mit teurer als die Pflege von Erwachsefür das BSV nicht gerechtfertigt sind, sagt
nen», sagt Genewein. Das anerkenne das
Camenzind dagegen nicht.
für Sozialversicherungen
Das ist für die Ärztin und «A11KidS » -Ge- Bundesamt
neralsekretärin Agnes Genewein unver- durchaus, entgegnet Rolf Camenzind:
ständlich: «Wir haben der IV korrekte «Aber in diesem vertraglosen Zustand
Rechnungen vorgelegt, die vorgängig Re- kann der Basispreis des nächstgelegenen
visionsfirmen prüften und absegneten.» Spitals verrechnet werden. So hat das
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Bundesverwaltungsgericht in einem ähnlichen Fall entschieden. Eine allfällige Differenz erstatten wir dem UKBB zurück, sobald der definitive Basispreis feststeht.»
Dafür müsste aber eine Einigung in der
wein Sorgen: «Dem UKBB fehlt dafür das
finanzielle Polster.»
Für die Oberärztin ist es ein volkswirt-
Tariffrage vorliegen. Die Kinderspitäler
hoffen diesbezüglich auf einen Entscheid
des Bundesrats. Fällt er diesen nicht, wollen sie in den nächsten Monaten die Tarifstreitigkeit vor Gericht bringen. Doch ein
jahrelanger Rechtsstreit bereitet Gene-
an. Der viel zu früh geborene Knabe ver-
GLOSSAR
Die wichtigsten Begriffe
schaftlicher Irrsinn, den Rotstift bei den
Kleinsten anzusetzen. Sie verweist auf Juliliess nach zehn Wochen das UKBB. Inzwi-
schen ist er eineinhalb Jahre alt - und
putzmunter, wie die Mutter der bz sagt.
Name geändert.
preise mit den Spitälern aus. Organisatorisch ist sie der Suva angegliedert.
UKBB: Das Universitäts-Kinderspital beider Basel (UKBB) hat im letzten Jahr gegen
91000 ambulante und 6500 stationäre Patienten behandelt.
IV: Die Invalidenversicherung (IV) zahlt
neben Renten und Eingliederungsmassnahmen auch medizinische Kosten von Geburtsgebrechen. Das sind beispielsweise
angeborene Herzfehler oder Stoffwechselstörungen. Die IV untersteht dem Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV).
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Fallpauschale: Seit 2012 wird jeder Spitalaufenthalt nach bestimmten Kriterien wie
Diagnose, Behandlungen oder Schweregrad einer Fallgruppe zugeordnet und vergütet.
«Die Kindermedizin
ist betreuungsintensiver und somit teurer als die Pflege
von Erwachsenen.»
Agnes Genewein Oberärztin
UKBB
Basispreis (auch Baserate genannt): Der
Basispreis ist ein Durchschnittswert für die
stationären Behandlungen eines bestimmten Spitals. Er bildet die Grundlage für die
Vergütung der Leistungen. Der Basispreis
variiert von Spital zu Spital - und wird jährZentralstelle für Medizinaltarife (ZMT): lich zwischen den einzelnen Spitälern und
Diese Fachstelle handelt für die IV die Basis- Versicherern neu ausgehandelt.
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