D-40885 Ratingen - An der Pönt 48 - Fon +49 (0)2102.18 62 00 - Fax +49 (0)2102.18 62 12 - [email protected] - www.bvt-tore.de BVT- Merkblatt „Kein Bestandsschutz bei Toren und Schranken - rechtliche Erläuterungen mit Beispielen“ 1. Vorbemerkung Betreiber von älteren kraftbetätigten Toren und Schranken berufen sich oftmals auf Bestandsschutz für Bauten und Grundstücke, um Nachrüstungen an ihren Toranlagen zu vermeiden, die – als Ergebnis einer vorausgegangenen Prüfung, Wartung oder Risikobeurteilung durch einen Sachkundigen/Sachverständigen - nach dem heutigen Stand der Technik und wegen des Personenschutzes notwendig wären. Diese Anlagen funktionieren meist nicht einwandfrei, und ihre Funktionen können nur mittels Reparatur und wesentlicher technischer Änderungen aufrechterhalten werden. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Unfallversicherung vertritt die Auffassung, dass es einen Bestandsschutz für Gebäude, Grundstücke und deren Bestandteile (z. B. Tore) unter Arbeitsschutzgesichtspunkten nicht gibt; auch höchstrichterliche Entscheidungen (z. B. BGH-Urteil v. 2.3.2010, AZ.:VI ZR 223/09) sehen eine zeitnahe Nachrüstungspflicht vor. 2. Rechtsvorschriften und technische Regeln für die sichere Nutzung von Toren und Schranken in einschlägigen Anwendungsbereichen 2.1 Rechtsvorschriften/Normen, die sich an Hersteller/Inverkehrbringer wenden • • • 2.2. • Tore und Schranken sind Bauprodukte, die im Sinne sicherer und gebrauchstauglicher Bauwerke bestimmten technischen Spezifikationen entsprechen müssen Art. 6 Bauproduktenverordnung (EU) Nr. 305/2011). Für Tore ist es die harmonisierte Produktnorm Tore DIN EN 13241-1, deren Einhaltung mittels Ersttypprüfung für alle Tortypen bei anerkannten Prüfstellen die Vermutungswirkung auslöst, dass die mit dem CE-Zeichen gekennzeichneten Tore diese Richtlinie erfüllen. Kraftbetätigte Tore sind auch Maschinen, die eine Reihe von Schutzanforderungen nach Anhang I EG-Maschinenrichtlinie - 2006/42/EG erfüllen müssen. Sie sind so herzustellen, dass sie ihrer Funktion gerecht werden und unter vorgesehenen Bedingungen - auch unter Berücksichtigung vorhersehbarer Fehlanwendungen - betrieben, eingerichtet und gewartet werden können, ohne dass Personen oder Sachgüter einer Gefährdung ausgesetzt sind. Da die Produktnorm Tore i.V.m. mit den Spezialnormen DIN EN 12604 (mechanische Schutzaspekte), DIN EN 12453 (Nutzungssicherheit), DIN EN 12635 (Einbau, Betrieb und Dokumentation) sowie DIN EN 12978 (Schutzeinrichtungen für Tore) unter der MRL gelistet ist, erfüllen Hersteller durch die Ersttypprüfung auch diese Richtlinie (Vermutungswirkung). Die Produktnorm Tore ist Bestandteil der deutschen Bauregelliste (Teil B) und der Technischen Baubestimmungen des DIBt und hat somit gesetzlichen Charakter. Rechtsvorschriften und technische Regeln, die sich an Betreiber wenden Während Hersteller/Inverkehrbringer verantwortlich sind für die Herstellung, den Einbau und die Inbetriebnahme, tragen Betreiber von kraftbetätigten Toren die Verantwortung für deren Betrieb einschließlich regelmäßiger Wartung, Prüfung und Reparatur gemäß den ihnen übergebenen Betriebsanleitungen. Nicht umsonst Bundesweite Vereinigung von Torherstellern und Zulieferern für die Torindustrie im Fachverband Industrie verschiedener Eisen- und Stahlwaren e. V. (IVEST), Ratingen Mitträger der R + T – Internationale Fachmesse Rollladen, Tore + Sonnenschutz, Stuttgart Mitglied in der EDSF – EUROPEAN DOOR AND SHUTTER FEDERATION, Hagen/DE 1 mahnt die MRL an, dass alle getroffenen Maßnahmen bei einer Maschine darauf abzielen müssen, Risiken auch während ihrer Lebensdauer zu vermeiden und zu beseitigen. • • • 3. Gewerbliche oder öffentliche Torbetreiber unterliegen den Arbeitsschutz- und Betriebssicherheitsvorschriften und deren technischen Regeln (ArbSchG, ArbStättV, BetrSichV; Arbeitsstättenregeln ASR A 1.7 „Türen und Tore“ i. V. m. Tornormen sowie ASR 2.3 „Fluchtwege - Notausgänge“). Durch regelmäßige Prüfung (mindestens einmal jährlich) und Wartung, die durch den sachkundigen Betriebssicherheitsbeauftragten zu erfolgen haben oder bei einem Tor-Fachbetrieb in Auftrag gegeben werden müssen, identifiziert der Torbetreiber frühzeitig etwaige Mängel oder risikobehaftete Gefahrstellen, die er zeitnah entweder selbst behebt oder durch den Fachbetrieb beheben lässt. Er ist nach § 3/3a ArbStätt-V verpflichtet, regelmäßig Risikobeurteilungen an kraftbetätigten Toren durchzuführen, um zu gewährleisten, dass seine Arbeitsstätte sicher ist und im Sinne des Personenschutzes dem Stand der Technik entspricht. Private Haus- und Garagenbesitzer unterliegen der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht nach BGB. D. h., diese Personengruppe ist zu nahe liegenden und von den allgemeinen Verkehrskreisen erwarteten Maßnahmen verpflichtet, die Gefahren für die Öffentlichkeit vermeiden oder minimieren helfen, welche von Grundstücken und deren Bebauung (z. B. mit Gebäuden mit kraftbetätigten Toren) ausgehen. Zu den Maßnahmen zählen Aktivitäten wie Wartung und Prüfung von Toren, deren Instandsetzung bei Funktionsausfall und die stetige Einhaltung des Standes der Technik durch geeignete Nachrüstung, sobald Risikopotenziale oder konkrete Gefahren durch eine Toranlage bekannt werden. Zu beachten sind auch die Landesbauordnungen aller Bundesländer, die im jeweiligen § 3 LBO bestimmen, dass durch den Betreiber „bauliche Anlagen … und Einrichtungen so zu errichten, zu ändern oder instand zu halten sind, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben, Gesundheit … nicht gefährdet werden.“ Torspezifische Beispiele für Gefährdungssituationen, die den Bestandsschutz aufheben • • • Nachrüstung mit modernen Sicherheitsschaltleisten an Haupt- und Nebenschließkanten: Oftmals sind ältere Tore entweder gar nicht oder zumindest nicht mit einfehlersicheren Schaltleisten ausgerüstet. Nach der Norm DIN EN 12453 i. V. m. DIN EN 13241-1 müssen seit 06/2001 Tore, die in Selbsthaltung fahren, einfehlersicher sein - oder einen Fehler spätestens in einer der Endlagen des Torflügels selbsttätig erkennen und eine weitere Torbewegung verhindern - (Kategorie 2 Performance Level “c“ nach EN ISO 13849-1). Ältere DW-Leisten ohne Testung sollten stets ausgetauscht werden. Nachrüstung mit modernen Einzugssicherungen zur Vermeidung von Quetschund Scherstellen am Sturz/Niedrigsturz von Toröffnungen, die meist von Rollgittern, Rolltoren mit Lochblechen oder ähnlich gestalteten Toren abgeschlossen werden. Hier sollte sich stets die Empfehlung an die Betreiber richten, bei älteren Toren die nicht fehlersicheren (Reflektions-)Lichtschranken oder Seilzugschaltersysteme zu ersetzen, die vor allem in den 70er, 80er und 90er Jahren als Schutzvorrichtung eingebaut wurden. Moderne Schutzelemente sind z. B. stationäre, streuarme und einfehlersichere Lichtschrankensysteme oder drucksensitive Schutzeinrichtungen wie opto-elektronische Profilsysteme. Nachrüstung privat oder gewerblich genutzter Tore mit modernen Lichtschrankensystemen: Oftmals findet man solche Tore im öffentlichen oder an der Grenze zwischen betrieblichem/öffentlichem Bereich zwar mit einer Kraftbegrenzung in Form Bundesweite Vereinigung von Torherstellern und Zulieferern für die Torindustrie im Fachverband Industrie verschiedener Eisen- und Stahlwaren e. V. (IVEST), Ratingen Mitträger der R + T – Internationale Fachmesse Rollladen, Tore + Sonnenschutz, Stuttgart Mitglied in der EDSF – EUROPEAN DOOR AND SHUTTER FEDERATION, Hagen/DE 2 • • • • • 4. einer Schließkantensicherung ausgerüstet, aber ohne die in der Tornorm für Nutzungssicherheit vorgeschriebene D-Lösung (z. B. Lichtschranke). Dem Betreiber sollte empfohlen werden, zwecks Erhöhung des Mindestschutzniveaus zumindest eine Lichtschranke außerhalb des Torflügels installieren zu lassen. Die Lichtschranke kann, muss aber nicht einfehlersicher sein. Alternativ ist eine Nachrüstung mit berührungslos wirkenden Schutzeinrichtungen (Lichtgitter, Laser-Scanner, Präsenzsensoren) möglich, die den Kontakt mit dem Tor vermeiden. Nachrüstung älterer Torbehänge (z. B. von Sektionaltoren) mit einer Klemmschutzeinrichtung bis zu einer Höhe von 2,50 m, wenn dies technisch möglich ist. Ansonsten wird der Einbau eines neuen Torbehangs empfohlen. Dieser Stand der Technik gilt bereits seit 11/2000 (s. DIN EN 12604:2000). Nachrüstung von älteren kraftbetätigten Roll- und Sektionaltoren mit technisch gleichen, aber modernen Antrieben, weil infolge hoher Frequenzzahlen die Getriebe älterer Antriebe in der Regel verschlissen sind, wodurch die Bremskraft stark nachlässt und längere Nachlaufwege entstehen. Die heutige Antriebsgeneration ist selbstlernend, erkennt die Start- und Endposition eines Tores, was wiederum verschleißmindernd wirkt, und detektiert Zusatzlasten, wodurch ein Anheben einer Person (Kind oder Erwachsener) durch den Torflügel ausgeschlossen wird. Nutzungsänderungen an und in Gebäuden oder Gebäudeöffnungen oder wesentliche Änderungen an einer Tor- und Schrankenanlage (z. B. Betriebsartänderung, Verwendung von nicht baugleichen Torkomponenten wie Antriebe und Steuerungen im Rahmen einer Modernisierungsmaßnahme oder einer Reparatur) heben den Bestandsschutz per se auf! Änderungen an Toranlagen (Instandsetzung) Für die Instandsetzung von Toren sollten immer Originalbauteile des Herstellers oder baugleiche Komponenten verwendet werden. Sind diese Bauteile nicht mehr verfügbar, ist zu prüfen ob durch die Verwendung neuer Komponenten eine wesentliche Änderung der Anlage stattfindet. Eine notwendige Risikobeurteilung muss klarstellen, ob sich für die Anlage durch die Veränderung neue Risiken ergeben. In der Praxis besteht durchaus die Vermutung dass moderne Bauteile (z.B. Steuerungen, Antrieb, Sicherheitsbauteile) eine höhere Sicherheit gewährleisten. Dennoch sollten technische Daten genau geprüft werden. Die Umrüstung sowie die Risikobeurteilung sind zu dokumentieren! Wesentliche Änderungen an Toranlagen (Nachrüstung, Umrüstung) Auch bei Nach- und Umrüstungen sind für Änderungen geprüfte Bauteile des Herstellers zu verwenden. Werden nicht vom Hersteller geprüfte Bauteile verwendet und die Anlage wesentlich verändert, wird der Unternehmer zum Hersteller der neuen Anlage. Als Hersteller im Sinne der Maschinenrichtlinie ist er verpflichtet die gesamte Anlage einer Risikobeurteilung zu unterziehen. Auch sind weitere Aufgaben wie notwendige Prüfungen (z.B. Kraftmessung), Dokumentation und Kennzeichnung für das Inverkehrbringen der Anlage zu erbringen. Fazit Der Verantwortungsbereich des Herstellers/Inverkehrbringers einerseits und eines Betreibers/Nutzers von kraft- und handbetätigten Tor- und Schrankenanlagen andererseits ist klar. Hierfür sorgt eine Reihe von Rechts- und Techniknormen und -regeln. Während des Lebenszyklus solcher Anlagen ist der Betreiber nach heutiger liberaler Rechtslage verpflichtet, etwaige Gefährdungen regelmäßig selbst festzustellen und zu bewerten. Danach muss er – ggf. zusammen mit dem Torhersteller oder einem anderen Fachbetrieb seiner Wahl - entscheiden, wie das festgestellte Risiko beseitigt oder zumindest minimiert werden kann. Einen Bestandsschutz von kraft- und handbetätigten Toranlagen nur auf Grund der Tatsache, dass Bundesweite Vereinigung von Torherstellern und Zulieferern für die Torindustrie im Fachverband Industrie verschiedener Eisen- und Stahlwaren e. V. (IVEST), Ratingen Mitträger der R + T – Internationale Fachmesse Rollladen, Tore + Sonnenschutz, Stuttgart Mitglied in der EDSF – EUROPEAN DOOR AND SHUTTER FEDERATION, Hagen/DE 3 zum Zeitpunkt ihrer Errichtung andere oder möglicherweise keine Rechtsvorschriften/Technikregeln galten, gibt es nicht. Der für Tore zuständige Arbeitskreis der -Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), in dem sich Vertreter von Arbeitsschutzbehörden, Herstellern, Betreibern und Prüfstellen engagieren, spricht sich dafür aus, dass Nachrüstungen an älteren Anlagen immer dann zu fordern sind, wenn dies durch ein nicht akzeptables Risiko ( s. obige Beispiele) gerechtfertigt ist. (Stand: 20. August 2015) Bundesweite Vereinigung von Torherstellern und Zulieferern für die Torindustrie im Fachverband Industrie verschiedener Eisen- und Stahlwaren e. V. (IVEST), Ratingen Mitträger der R + T – Internationale Fachmesse Rollladen, Tore + Sonnenschutz, Stuttgart Mitglied in der EDSF – EUROPEAN DOOR AND SHUTTER FEDERATION, Hagen/DE 4
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