Bericht Osterholzer Kreisblatt vom 21.01.2016 Hitzige Diskussion um Mobilbauten für Flüchtlinge – Planungsausschuss OHZ MICHAEL THURM + Am Anfang und Ende bestimmte eine kleine Schar Osterholzer Bürger die Szenerie im großen Sitzungssaal des Rathauses. Am Anfang mit berechtigten Fragen, aber auch mit wüsten Beschimpfungen und teils verbalen Entgleisungen von Trash-TV-Format. Später, als alles gesagt war, mit viel Jubel und Applaus. Die kleine Schar Osterholzer Bürger war gekommen, um die Debatte im Ausschuss für Planung und Stadtentwicklung zu verfolgen. Einziger Tagesordnungspunkt der vorgezogenen Sitzung am Dienstagnachmittag: Wohnraum für Flüchtlinge. FOTO: In Grasberg wurden diese Container als Flüchtlings-Unterkünfte aufgestellt. Die Verwaltung der Kreisstadt denkt über andere Mobilheime nach. (Hans-Henning Hasselberg) Im Vorfeld der Sondersitzung war bekannt geworden, dass die Verwaltung einen Vorschlag unterbreitet hatte, im Stadtteil Osterholz Mobilbauten für rund 300 Menschen aufzustellen. Entsprechend aufgeladen war die Stimmung unter den Zuhörern. Viele ließen in der vorgeschalteten Einwohnerfragestunde ihren Emotionen freien Lauf – da blieb die Sachlichkeit meist auf der Strecke. Dass die anwesenden Osterholzer Bürger nach der fast zweistündigen Ausschusssitzung jubelten, hatte einen einfachen Grund. Auf massiven Druck des Bürgerfraktionsvertreters Wilfried Pallasch und der SPD wurde schließlich bestimmt, dass an der Pennigbütteler Straße zwei Mobilbauten errichtet werden sollten – und nicht mehr. Tatsächlich aber hätte die aufgeheizte Stimmung abgekühlt werden können. Die Ausschussmitglieder erfuhren erst während der Sitzung, dass die zunächst veröffentlichte Verwaltungsvorlage – verschickt am 8. Januar und nicht, wie SPD-Sprecher Jörg Monsees verkündete, „ganz kurzfristig“ – längst veraltet war. In der neuen Vorlage, frisch verteilt auf den Tischen der Politiker, war gar nicht mehr die Rede von Unterkünften für bis zu 300 Personen, sondern lediglich von 80 Personen. Die Mobilbauten sollten an der Rudolf-DieselStraße 9 (für 50 Personen) und an der Pennigbütteler Straße 33 bis 37 (für 30 Personen) aufgestellt werden. Nur wenn weiterer Bedarf bestünde, sollten Flüchtlinge zusätzlich an der Pennigbütteler Straße, an der Westerbecker Straße und Am Felde in Sandhausen untergebracht werden. Warum diese neue Vorlage erst zur Sitzung vorlag, begründete die Erste Stadträtin Bettina Preißner so: „Die Beschlussfassung wurde vorweg angepasst aufgrund der neuesten Entwicklungen hinsichtlich der Zuweisungsquote. Seit Ende letzter Woche gehen wir davon aus, dass eine weitere Anrechnung der Erst- und Notaufnahme-Einrichtungen im Landkreis vorgesehen ist und somit eine Zuweisung im bisherigen Umfang zunächst bis Mitte des Jahres nicht erfolgt. Daraufhin wurde die Belegung der fünf Mobilbauten verringert sowie von der Bestellung weiterer Mobilbauten bis auf weiteres abgesehen. Trotz alledem war es der Verwaltung perspektivisch wichtig, die Standorte für weitere Flüchtlingsunterkünfte zu nennen und politisch festlegen zu lassen.“ „Das nimmt den Druck aus der Diskussion“, glaubte anfangs noch der Ausschussvorsitzende Peter Schnaars (SPD). Doch da hatte der Sozialdemokrat die Rechnung ohne Wilfried Pallasch (Bürgerfraktion) gemacht. Wohl wissend, dass von 300 Personen nicht mehr die Rede war, malte er ein Schreckensszenario von einem Flüchtlings-Ghetto in Osterholz an die Wand – immer wieder beklatscht von den Zuhörern. „Wir wollen alle keine Konzentration. Schüren Sie keine Ängste“, ermahnte ihn der GrünenVertreter Jörg Basler. Auch die Warnung der Ersten Stadträtin ignorierte Pallasch. „Wenn wir wieder überrollt werden, sind wir nicht vorbereitet“, entgegnete Bettina Preißner, als Pallasch auch die Neufassung der Beschlussvorlage ablehnte. Es wäre ja nicht auszuschließen, dass an der Pennigbütteler Straße noch weitere Bauten entstehen könnten, warnte Pallasch und verlangte eine weitere Änderung der Vorlage. Auch die SPD sprach sich gegen eine Konzentration in Osterholz aus. „Das ist mit uns nicht zu machen“, verkündete Jörg Monsees. Die SPD sei geschockt gewesen, als sie die erste, bis dahin schon überholte Verwaltungsvorlage gelesen habe. Dies wäre eine völlige Abkehr des besprochenen Weges. Zugleich forderte der Sozialdemokrat eine ganzheitliche Betrachtung der Wohnsituation in der Kreisstadt. „Wir müssen auch an unsere jungen Leute denken, die schon jetzt keinen bezahlbaren Wohnraum mehr finden“, meinte Monsees. Die Antwort der Ersten Stadträtin: „Wir sprechen hier über die Unterbringung von Flüchtlingen, nicht vom sozialen Wohnungsbau.“ Auch Axel Kook (FDP) mischte sich in die Diskussion ein: „Streicht doch einfach die Pennigbütteler Straße aus dem Passus, schlug der Freidemokrat vor. So wurde es dann auch gemacht. Osterholz wird nicht mehr als 80 Flüchtlinge aufnehmen müssen. „Sandhausen ist jetzt der Verlierer“, meinte nach der Sitzung die Christdemokratin Brunhilde Rühl, während in ihrem Rücken die Osterholzer Einwohner jubelten.
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