10 Region Der Murtenbieter Nr. 21 | Dienstag, 15. März 2016 «Eine objektive Diskussion zum Islam» FREIBURG Das Schweizerische Zentrum für Islam und Gesellschaft (SZIG) der Universität Freiburg nahm seine Tätigkeit im Januar des letzten Jahres auf. Es dient der Auseinandersetzung mit dem Islam im Kontext mit der Schweiz und hat zum Ziel, erstmals in der Schweiz eine wissenschaftliche islamische Selbstauslegung aufzubauen, die an der Universität verankert ist. Serdar Kurnaz ist der Leiter des Schweizerischen Zentrums für Islam und Gesellschaft an der Universität Freiburg und doktorierte zum Thema «Methoden zur Normderivation im islamischen Recht». Er antwortet auf die Frage nach den Gründen zur Schaffung des SZIG in der Schweiz respektive in Freiburg: «Der Grund liegt insbesondere darin, dass es in der Schweiz bisher weder eine spezifische Stelle, aus universitärer Sicht, noch spezifische Studiengänge gab, die sich mit der Entwicklung in der Form von Studien zum Islam auseinandergesetzt haben.» Das Fach sei bisher einzig im Rahmen von Studien zur Orientalistik und Islamwissenschaft behandelt worden. Serdar Kurnaz hat in Deutschland studiert und meint weiter, dass dort, wie auch in Österreich, aber auch europaweit, schon sehr viel zu diesen Themen gearbeitet wurde und auch ein Bewusstsein besteht. «Gewisse Diskussionen zu «Wir setzen uns für Transparenz und für einen Dialog ein.» den Themen Integration, zur universitären Lehre, aber auch zur Haltung und zum Verständnis zum Koran haben dort bereits stattgefunden.» Die Schweiz hat aus dieser Sicht noch einiges aufzuholen und aufzuarbeiten und ist deshalb im Vergleich zum übrigen Europa eher im Verzug. «Christen haben hier in der Schweiz die Möglichkeit, sich zu ihrer Religion zu informieren, darüber zu reflektieren und sich im universitären Rahmen sowie in verschiedenster Hinsicht beruflich ausbilden zu lassen», so Serdar Kurnaz. Dies gab es für Menschen muslimischer Herkunft, die in der Schweiz leben, nicht. Das SZIG besteht seit Januar des letzten Jahres und will diese Lücke schliessen. Es werden Seminare und Weiterbildungen für studierende und doktorierende sowie für interessierte Muslime, aber auch für Studierende und Interessierte ganz Allgemein angeboten. Muslime sollen für sich sprechen Das Ziel, das mit der Gründung des SZIG verfolgt wird, ist gemäss Kurnaz grundsätzlich, «dass die Muslime in der Schweiz selbst über ihre Existenz und ihr Leben in der Schweiz reflektieren und darüber nachdenken können». Weiter gehe es darum, dass Muslime hier in der Schweiz sich selbst äussern und darüber nachdenken, «was sie hier zum Leben und zum Verständnis aus der Sicht ihrer Kultur beitragen können, wohin und in welche Richtung sie sich entwickeln wollen und können und wie sie sich, aus ihrer Sicht, hier in der Schweiz integrieren können». Das SZIG möchte dazu einen konstruktiven Beitrag leisten. Laut Serdar Kurnaz geschieht dies auf akademischer Ebene. «Auf diesem Niveau ist die entsprechende und notwendige, objektive Diskussion gesichert und es kann ein Diskurs auf schweizerischer Ebene stattfinden», betont er. Wichtig ist dem Team des SZIG, dass am Zentrum eine universitäre Forschungsfreiheit besteht und gewährt wird, damit «ein neutraler Bereich, weg vom Verbandsdenken» die Plattform bildet. «Im Rahmen dieser universitären Forschungsfreiheit werden die Grundlagen «Muslime können hier über ihre Existenz reflektieren» Serdar Kurnaz, Leiter des Schweizerischen Zentrums für Islam und Gesellschaft an der Universität Freiburg für eine bessere und vertiefte Forschung zu den bereits erwähnten Themen sowie für eine neutrale Diskussion auf schweizerischer Ebene geschaffen», sagt Serdar Kurnaz. Zudem werden Studien- und Ausbildungsgefässe für die Weiterbildung sowie für die Vernetzung des Zentrums in der Schweiz erarbeitet. Eine Vernetzung soll einerseits mit den muslimischen Verbänden wie auch im interreligiösen Zusammenhang stattfinden. Forschung – Lehre – Weiterbildung Somit kommt Serdar Kurnaz auf die bisherige Tätigkeit des SZIG zu sprechen. Das Zentrum konzentriert sich auf die Forschung, die Lehre und die Weiterbildung. Schwerpunkte seiner Forschungstätigkeit sind die islamische Rechtsmethodik, das islamische Recht und die Schriftlichkeit und Mündlichkeit prophetischer Traditionen respektive die Koranexegese oder Koranauslegung. Er gab in Freiburg bereits mehrere Seminare zum Thema der Einführung in die Grundlagen des Islam. Im Rahmen des letztjährigen Doktoratsprogrammes «islamisch-theologische Studien» wurden Doktoratsinteressierte von Serdar Kurnaz und dem Leiter des SZIG, PD Dr. Hansjörg Schmid, betreut. «Zwei davon haben ihre Arbeit begonnen», so Serdar Kurnaz. Er weist darauf hin, dass mit der Förderung der Stiftung Mercator Schweiz ab Frühling dieses Jahres und des nächsten Jahres sechs Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern mit einem Stipendium ein Dissertationsprojekt ermöglicht wird. Auch Hansjörg Schmid beschäftigt sich mit der Pädagogischen Hochschule in Freiburg bezüglich religions-pädagogischer Themen. Er begleitet bereits Studierende der Theologie respektive Doktorierende zu islamisch-theologischen Studien. Dies auch in Deutschland. Im September des letzten Jahres zog er von Deutschland in die Schweiz. Kurz zuvor hatte er sein Doktorat abgeschlossen. Das Zentrum wird geschätzt Auf die Frage, was seit der Gründung des SZIG passiert sei, meint er kurz und bündig: «Es ist sehr viel passiert!» Das Zentrum sei auf gutem Weg. Weiter stellt er fest, dass das Zentrum als ein grosser Gewinn im Rahmen seiner wissenschaftlichen Tätigkeit wahrgenommen wird. «Das SZIG nimmt heute die Funktion einer Anlaufsstelle für Muslime «Es besteht eine universitäre Forschungsfreiheit.» Weiterbildung, mit der Bedürfnis-Abklärung und er entwirft das Seminar-Programm, auch für Imame, was die Weiterbildung betrifft. «Dies ist ein wichtiger Teil», sagt Serdar Kurnaz. Die Vorlesungen von Serdar Kurnaz und von Hansjörg Schmid werden je von zehn bis zwölf Studierenden der verschiedenen Fachrichtungen besucht. wahr. Es finden Gespräche statt und wir können sehr viele Anfragen entgegennehmen und beantworten. Auf muslimischer Seite kommt das SZIG deshalb sehr gut an. Somit leistet das Zentrum schon heute einen positiven und konstruktiven Beitrag zur Transparenz und zur Diskussion.» Das SZIG sucht aber auch den Dialog und den Kontakt zur Öffentlichkeit. Im November des letzten Jahres fand die erste öffentliche Veranstaltung mit Podiumsdiskussion für Studierende und Interessierte zum Thema «Zwischen Moschee, Gesellschaft und Universität» statt. Dabei ging es um die islamische Selbstauslegung und um wissenschaftliche Aufgaben sowie um praktische Erfahrungen. «Diese Tagung kam sehr gut an. Wir sind gegenwärtig daran, eine weitere Tagung dieser Art mit einem neuen Inhalt vorzubereiten, die erneut im November dieses Jahres stattfinden wird», so Serdar Kurnaz. Am 18. Mai dieses Jahres gibt es eine Tagung für alle Interessierten zum Them: «Spitalseelsorge in einer vielfältigen Schweiz – Interreligiöse, rechtliche und praktische Herausforderungen» an der Universität Freiburg. Interdisziplinäre Ausrichtung ist Chance «Wir werden nicht als Gefahr gesehen» Serdar Kurnaz sieht die Chance des SZIG darin, dass es eine interdisziplinäre Ausrichtung einnimmt und verfolgt. «Wir arbeiten schweizweit und haben bereits verschiedene Kontakte zu Universitäten in der Schweiz herstellen können.» Auch besteht eine Zusammenarbeit mit der Zur aktuellen Lage betreffend die Existenz des SZIG der Universität Freiburg und zur Initiative der SVP des Kantons Freiburg «Gegen die Eröffnung eines Zentrums Islam und Gesellschaft an der Universität Freiburg: Nein zu einer staatlichen Imam-Ausbildung», sagt er: «Wir arbeiten mit anderen Universitäten zusammen.» «Der Freiburger Staatsrat hat uns mit seinem Entscheid, die Initiative für ungültig zu erklären, gezeigt, dass er das SZIG nicht als eine Gefahr für die Gesellschaft und für die Öffentlichkeit in der Schweiz betrachtet. Er hat auch begriffen, dass am SZIG keine Imame ausgebildet werden.» Selbst SVP-Grossrat Bruno Waeber habe sich bei ihnen erkundigt, weil er noch Zweifel gehabt habe. «Er hat sogar eine Seminarvorlesung besucht, damit er sich ein Bild machen konnte. Ich nehme jetzt nicht an, dass von dort etwas Negatives kommen wird», sagt Serdar Kurnaz. Für Enttabuisierung und Toleranz Das SZIG setzt sich aber auch mit der aktuellen politischen Lage auseinander. So findet am 9./10. Mai dieses Jahres ein Weiterbildungsseminar zum Thema «Comprendre la radicalisation pour la prévenir. L’Islam, les jeunes et le djihad» an der Universität Freiburg statt. Serdar Kurnaz sagt zur Frage der aktuellen Gewaltexzesse, auch von radikalen muslimischen Organisationen, im Namen des Korans: «Der Koran ist eine Schrift, die die Gewalt nicht billigt und auch nicht fördern will. Es gibt sowohl im Koran wie auch in der Bibel Geschehnisse, die mit Gewalt zu tun haben. Doch müssen wir sehen, dass es sich um geschichtliche Ereignisse – in einer früheren Zeit – handelt.» Der Koran sei 1400 Jahre alt. «Der Koran wie auch die Bibel beinhalten ethisch-religiöse Themen des Zusammenlebens und des Glaubens und es geht auch um gelebte und wertvolle Traditionen. Es gilt diese also nicht zu verdammen», so Serdar Kurnaz. Schliesslich meint er: «So selbstverständlich wie hier die Menschen über die Bibel reden und diskutieren, so sollte es auch im Falle des Korans sein und werden.» Er und das ganze Team des SZIG der Universität setzen sich deshalb mit grosser Kraft für eine möglichst breite Transparenz und für einen Dialog ein. tb Schweizerisches Zentrum für Islam und Gesellschaft Universität Freiburg Das Team setzt sich wie folgt zusammen: – PD Dr. Hansjörg Schmid, Leiter des Zentrums und Forschungsrat – Dr. Serdar Kurnaz, Leiter des Zentrums – Esma Isis-Arnautovic M.A., Diplomassistentin – Dr. Mallodie Schneuwly Purdie, Senior Forscherin – Andrea Lang, lic. sc. rel. Saisonbedingter Rückgang KANTON | Die Arbeitslosenquote im Kanton Freiburg lag im Februar bei 3,5 Prozent. Gegenüber dem Vormonat liegt diese um 0,2 Prozentpunkte tiefer. Im Februar waren deshalb 5307 Personen ohne Arbeit, gegenüber Januar 305 Personen weniger. Abgenommen hat die Arbeitslosigkeit in allen Bezirken. Der Rückgang beträgt zwischen 0,5 Prozentpunkten im Broyebezirk und 0,1 Prozentpunkten im Glane-, Greyerz- und Seebezirk. Zurückzuführen ist der Rückgang insbesondere auf die saisonale Situation im Hoch- und Tiefbau mit rund 114 Personen weniger. Dies, weil auf einigen Baustellen die Arbeit wieder aufgenommen wurde. Der Kanton Freiburg verzeichnet, was die Arbeitslosigkeit betrifft, die tiefsten Werte in der Westschweiz. Gegenüber dem Vorjahresmonat liegt die Arbeitslosenquote im Februar um 0,2 Prozentpunkte höher. Im Februar blieb die Quote der Stellensuchenden gegenüber dem Vormonat im Kanton Freiburg mit 5,9 Prozent unverändert. Es waren insgesamt 8974 Personen auf der Suche nach einer Stelle. Aus der Sicht der Anzahl gab es trotzdem einen Rückgang von 128 Personen. Gegenüber dem Vorjahresmonat mit 8267 Personen wurde ebenfalls ein Rückgang ausgewiesen. Im Februar waren 1139 Personen im Alter zwischen 15 und 24 Jahren und 2202 Personen im Alter zwischen 50 und 65 Jahren auf Stellensuche. Die Arbeitslosenquote in der Schweiz liegt bei 3,7 Prozent. Per Ende Februar gab es 61 417 Personen ohne Arbeit. Die Arbeitslosenquote von 3,8 Prozent im Januar ist auf neu 3,7 Prozent im Februar gesunken. Allerdings erhöhte sich die Anzahl gegenüber dem Vorjahresmonat. In der Schweiz wurden im Februar 222 888 Personen auf Stellensuche registriert. Es sind dies gegenüber Januar dieses Jahres 137 Personen mehr. tb Vorschau Fanfare Bas-Vully gibt Jahreskonzert NANT | Die Musikgesellschaft La Fanfare du Bas-Vully gibt am Wochenende in der Mehrzweckhalle von Nant ihr Jahreskonzert. Musikalischer Direktor ist Christian Cano. Das Programm besteht aus Stücken wie «Morenito de Valencia», «Colosseo», «Agathe the Blues», «Slaidburn», «The Beatles in Concert», «A Tribute to Elvis», «The Show must go on», «The Blues Brothers Revue» und «The Final Countdown». Ebenfalls nehmen die Schülerinnen und Schüler der Musikschule des Vully mit verschiedenen Formationen am Jahreskonzert teil. Unter der Leitung von Roman Gerber präsentieren die jungen Musikantinnen und Musikanten ihre einstudierten Stücke. Die Musikgesellschaft La Fanfare bietet zudem eine kulinarische Verpflegung und eine attraktive Tombola. tb Samstag / Sonntag, 18./19 März 2016 Gottesdienst mit Suppentag MEYRIEZ | Am kommenden Sonntag wird in der Kirchgemeinde Meyriez ein weiterer Höhepunkt der diesjährigen Passions- und Fastenzeit stattfinden: der Gottesdienst zum Jahresthema, gefolgt vom traditionellen Suppentag im Kirchgemeindesaal. Dazu laden der Kirchgemeinderat und Pfarrer Andreas Hess alle herzlich ein. Eing. Sonntag, 20. März 2016, 10.30 Uhr Der Murtenbieter Normalauflage: verbreitete Auflage 4103 Exemplare, davon verkaufte Auflage: 4082 Exemplare (WEMF-beglaubigt). Grossauflage einmal im Monat: verbreitete Auflage 10 234 Exemplare (provisorisch WEMF-beglaubigt). Redaktion: Irisweg 12, 3280 Murten, Tel. 026 672 34 40, Fax 026 672 34 49, [email protected]. Inserate: Irisweg 12, 3280 Murten, Tel. 026 672 34 40, Fax 026 672 34 49, [email protected]. Herausgeber: Freiburger Nachrichten AG
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