Missbrauch in Institutionen: Risikoanalyse und Schutzkonzepte Fachtag Traumapädagogik 15.9.2015 Basel, Bildungszentrum 21; Missionsstr.21 J. M. Fegert, Ulm Offenlegung möglicher Interessenkonflikte In den letzten 5 Jahren hatte der Autor (Arbeitsgruppenleiter) – Forschungsförderung von EU, DFG, BMG, BMBF, BMFSFJ, Ländersozialministerien, Landesstiftung BaWü, Päpstliche Universität Gregoriana, Caritas, CJD – Reisebeihilfen, Vortragshonorare, Veranstaltungsund Ausbildungs-Sponsoring von DFG, AACAP, NIMH/NIH, EU, Goethe Institut, Pro Helvetia, Shire, Fachverbände und Universitäten sowie Ministerien – Keine industriegesponserten bureau“ Vortragsreihen, „speakers – Klinische Prüfungen und Beratertätigkeit für Servier, BMBF, Lundbeck – Mindestens jährliche Erklärung zu gegenüber der DGKJP und Komissionsmitgliedschaft conflicts of AACAP interest wegen – Kein Aktienbesitz , keine Beteiligungen an Pharmafirmen, Mehrheitseigner 3Li Gliederung • Einleitung: UBSKM, Runder Tisch • Risiken: - Kinder in institutioneller Betreuung, eine besondere Risikogruppe - Beschreibung typischer Risikokonstellationen - Risikoanalyse in Institutionen • Schutzkonzepte: - Prävention, Fortbildung - Beschwerdemanagement, Aufklärung über Kinderrechte - Was kommt bei den betreuten Kindern und Jugendlichen und bei den Bezugspersonen an • Fazit Gliederung • Einleitung: UBSKM, Runder Tisch • Risiken: - Kinder in institutioneller Betreuung, eine besondere Risikogruppe - Beschreibung typischer Risikokonstellationen - Risikoanalyse in Institutionen • Schutzkonzepte: - Prävention, Fortbildung - Beschwerdemanagement, Aufklärung über Kinderrechte - Was kommt bei den betreuten Kindern und Jugendlichen und bei den Bezugspersonen an • Fazit Missbrauchsskandal 2010 Homepage der UBSKM Missbrauch in Institutionen • Berichte von 1.138 Betroffenen • Durchschnittsalter: 52 Jahre • Altersspanne: 12 – 89 Jahre • 58 % Männer, 42 % Frauen • 96 % Missbrauchsfälle aus der Vergangenheit • 91 % Fälle mit mehrfachem bis hin zu regelmäßig wiederkehrendem Missbrauch „Ich wurde während einer dreiwöchigen von der Kirche organisierten Reise mehrere Nächte lang durch einen Priester missbraucht.“ „Als ich 10 Jahre alt war, musste ich jede Woche einmal zur Bibelstunde. Der Leiter hat mich jedes Mal missbraucht.“ Bewältigung: Hinderliche Aspekte 200 184 180 160 155 152 140 121 120 100 74 80 60 81 42 40 20 belastende zusätzliche Umstände religiöse Vorstellungen / Vorgaben belastende Gefühle der Betroffenen weiterhin Kontakt zu Täter/in gesellschaftlicher Umgang mit Thema / rechtliche Rahmenbedingungen negative Reaktionen auf Hilfegesuch keine Unterstützung 0 Mehrfachnennungen: N = 809 Nennungen von N = 534 Personen „Als eines von uns Heimkindern versuchte, über den an ihm verübten Missbrauch in der Einrichtung zu sprechen, bekam es Schläge und wurde als unglaubwürdiger Lügner dargestellt von den Nonnen und den anderen Heimerziehern. Das hat auf uns andere eine so abschreckende Wirkung gehabt. Niemand hat sich über die Vorfälle zu sprechen getraut.“ Runder Tisch „Sexueller Kindesmissbrauch in Abhängigkeits- und Machtverhältnissen in privaten und öffentlichen Einrichtungen und im familiären Bereich“ Ergebnisse Auseinandersetzung mit der Problematik „Sexueller Kindesmissbrauch“ zur Zeit des runden Tisches Mehr-Ebenen-Strategie der Prävention Implementierung von Mindeststandards 1. Vorlage eines verbindlichen Schutzkonzeptes 2. Durchführung einer einrichtungsinternen Analyse zu arbeitsfeldspezifischen Gefährdungspotentialen und Gelegenheitsstrukturen 3. Bereitstellung eines internen und externen Beschwerdeverfahrens 4. Notfallplan für Verdachtsfälle 5. Hinzuziehung eines/einer externen Beraters/Beraterin Verdachtsfällen (z.B. Fachkraft für Kinderschutz) 6. Entwicklung eines Dokumentationswesens für Verdachtsfälle 7. Themenspezifische Fortbildungsmaßnahmen für MitarbeiterInnen durch externe Fachkräfte 8. Prüfung polizeilicher Führungszeugnisse 9. Aufarbeitung und konstruktive Fehlerbearbeitung im Sinne der Prävention und Rehabilitierungsmaßnahmen (Unterarbeitsgruppe I des Runden Tisches Kindesmissbrauch) Gliederung • Einleitung: UBSKM, Runder Tisch • Risiken: - Kinder in institutioneller Betreuung, eine besondere Risikogruppe - Beschreibung typischer Risikokonstellationen - Risikoanalyse in Institutionen • Schutzkonzepte: - Prävention, Fortbildung - Beschwerdemanagement, Aufklärung über Kinderrechte - Was kommt bei den betreuten Kindern und Jugendlichen und bei den Bezugspersonen an • Fazit Erfahrungen von Jugendlichen zu sexueller Gewalt in Einrichtungen der Jugendhilfe und Internaten Studie: “Sprich Mit!“ Dr. Marc Allroggen Dr. Thea Rau Prof. Dr. Jörg M. Fegert Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Förderung von Forschungsvorhaben im Zusammenhang mit sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in pädagogischen Kontexten IN KOOPERATION MIT IN KOOPERATION Stichprobe/Fragebogenbefragung vor Ort in den Einrichtungen (N=322) 2. Alter zum Zeitpunkt der Befragung (in Jahren) 1. Anzahl Befragter männlich Jugendhilfe* 72 (22.4%) weiblich Summe 81 (25.2%) 153 (47.5%) Internat* 112 (34.8%) 57 (17.7%) 169 (52.5%) Summe 184 (57.0%) 139 (43.0%) 322 Mittelwert (MW) 16,69 Standardabweichung 1,25 Minimum 15,00 Maximum 22,00 * signifikant mehr Jungen aus Internaten und mehr Mädchen aus der Jugendhilfe 3. Wohndauer in der Einrichtung, nach Einrichtungsart (in Jahren) seit einem schon immer Summe best. Alter Jugendhilfe Internat 134 (99,3%) 135 (99,3%) 1 (0,7%) 1 (0,7%) 135 136 4. Alter seitdem in jetziger Einrichtung wohnend (in Jahren) Jugendhilfe 13,7 Internat 13,5 3,4 2,6 Minimum 2 5 Maximum 21 20 Mittelwert (MW) Standardabweichung IN KOOPERATION Stichprobe/Fragebogenbefragung (N=322) 5. Aktuelle (Haupt‐)Tätigkeit Art der Tätigkeit Schule Häufigkeit Prozent 243 79,9 3 1,0 Berufsausbildung 17 5,6 Berufsvorbereitungsjahr (BVJ) 15 4,9 Berufsgrundbildungsjahr (BGJ) 3 1,0 (Fach-) Hochschulstudium 1 0,3 Ausbildungssuchend, arbeitssuchend/ arbeitslos 5 1,6 Schulpflichtig, aber Schulverweigerung Berufstätig Keine Angabe Anderes Gesamt 2 6 9 304 0,7 2,0 3,0 100,00 IN KOOPERATION Fragebogen vor Ort in Anwesenheit von externen Hilfspersonen nach ausführlicher Info berbeitet Auszug auf dem Einleitungstext für Jugendliche zur Beantwortung des Fragebogens ‐ Definition sexuelle Gewalt, die du bisher unfreiwillig erlebt hast oder die du an/mit jemandem anderen getan hast. In diesem Befragungsteil geht es speziell um "Sexuelle Gewalt" meint ganz verschiedene Dinge. Auch solche, die man auf den ersten Blick nicht als sexuelle Gewalt erkennt, wie gegen den Willen geküsst zu werden oder etwas Obszönes über eine Person ohne deren Wissen zu verbreiten (z.B. im Internet). "Sexuelle Gewalt" meint aber eben auch Dinge wie (versuchte) Vergewaltigung. Die verschiedenen Formen sexueller Gewalt kommen unter Gleichaltrigen aber auch zwischen Menschen verschiedenen Alters vor. Geschehen kann so etwas in der Schule, zu Hause, auf der Straße oder anderswo. [FRAGEBOGEN ‐Teil 2‐ Seite 4 v. 47] Aufbau der Fragen zu den erlebten Situationen ‐ Jeweils identische Fragestellung: 1x für eigene Betroffenheit, 1 x für eigene Täterschaft ‐ Orientierung anhand von Farben: Bei eigener Betroffenheit (blau)/ Täterschaft (orange) ‐ Abfrage konkret beschriebener Situationen (A‐H) IN KOOPERATION Ergebnisse – Eigene Betroffenheit erlebte Situationen (A‐H) Sexuelle Belästigung 27,4 Zwang eigenes Geschlechtsteil zu entblößen, um es zu zeigen 20,4 Berührung an Brust, Po, Schenkelinnenseite, Geschlechtsteil, Kuss 43,5 Zwang zu Selbstbefriedigung vor oder an einer anderen Person 11,7 Mit Penis in Mund eindringen 13,7 Mit Penis in After/Vagina eindringen 14,4 Mit Finger, Gegenstand oder Zunge in After oder Vagina eindringen 13,0 Sonstiges 6,5 0 5 10 15 20 25 30 Häufigkeiten in Prozent 35 40 45 50 IN KOOPERATION Ergebnisse – Eigene Betroffenheit In Kategorien zusammengefasst Erlebte Situationen (Drei Kategorien: A, B‐D, E‐G, irgendein Erlebnis) Sexuelle Belästigung n=85 27,4 Übergriffe ohne Penetration Leichte Übergriffe n=158 n=158 50,3 Penetration n=78 25,0 Irgendein Erlebnis n=176 57,0 0 10 20 30 40 Häufigkeit in Prozent 50 60 IN KOOPERATION Ergebnisse – Eigene Betroffenheit Gruppenunterschiede Gruppenunterschiede nach Einrichtungsart (Drei Kategorien: A, B‐D, E‐G, irgendein Erlebnis) N Situation Jugendhilfe Internat Sexuelle Belästigung 310 45 31,0% 40 24,2% Übergriffe ohne Penetration 314 81 55,5% 77 45,8% 312 55 37,9% 23 13,8% 309 89 62,2% 87 52,4% Penetration Irgendein Erlebnis *** p<.001 *** IN KOOPERATION Ergebnisse ‐ Eigene Täterschaft Einzelne Situationen (A‐H) Sexuelle Belästigung 11,7 Zwang eigenes Geschlechtsteil zu entblößen, um es zu zeigen 4,6 Berührung an Brust, Po, Schenkelinnenseite, Geschlechtsteil, Kuss 11,8 Zwang zu Selbstbefriedigung vor oder an einer anderen Person 3,3 Mit Penis in Mund eindringen 2,6 Mit Penis in After/Vagina eindringen 2,6 Mit Finger, Gegenstand oder Zunge in After oder Vagina… 2,9 Sonstiges 0,7 0 5 10 Häufigkeiten in Prozent Häufigkeit in Prozent 15 IN KOOPERATION Ergebnisse ‐ Eigene Täterschaft Zusammengefasste Kategorien Situationen (Drei Kategorien: A, B‐D, E‐G, irgendein Erlebnis) Sexuelle Belästigung 11,7 n=36 Übergriffe ohne Leichte Übergriffe Penetration n=46 15,4 n=46 Penetration 4,6 n=14 Irgendein Erlebnis 23,5 n=67 0 5 10 Häufigkeit in Prozent 15 20 25 Gliederung • Einleitung: UBSKM, Runder Tisch • Risiken: - Kinder in institutioneller Betreuung, eine besondere Risikogruppe - Beschreibung typischer Risikokonstellationen aus den UBSKM Gesprächen - Risikoanalyse in Institutionen • Schutzkonzepte: - Prävention, Fortbildung - Beschwerdemanagement, Aufklärung über Kinderrechte - Was kommt bei den betreuten Kindern und Jugendlichen und bei den Bezugspersonen an • Fazit Typisches Vorgehen von Täter/innen in Institutionen (I) • Ausnutzen und Arrangieren von Situationen, in denen die Täter/innen mit einem Kind allein sind „Ich wurde im 8. und 9. Schuljahr über zwei Jahre hinweg von meinem Klassenlehrer missbraucht. Ich hatte schlechte Noten und mich dadurch unter Druck gefühlt. Das hat der Lehrer ausgenutzt. Er hat mich zum Fotokopieren mit ins Sekretariat genommen und dort zu sexuellen Handlungen genötigt. Immer wieder hat er mich zu sich nach Hause bestellt, um Rasen zu mähen oder mir Nachhilfe zu geben und sich dort an mir vergangen. Auf der Klassenfahrt wurde ich nachts aus dem Bett geholt und mit auf sein Zimmer genommen.“ • Kirchlicher Kontext: Situationen, in denen sich jemand anvertraut, wie z. B. die Beichte oder andere seelsorgerische Situationen; Religionsunterricht, Konfirmanden- bzw. Firmunterricht "1957 begann es, dass der Pfarrer mich, eine damals Achtjährige, nach der Messe und der Ohren-Beichte zurückhielt, die Kirchentür verriegelte und sich an mir verging. Die anderen Kinder warteten draußen auf mich. Ich verstand überhaupt nicht, was passierte und fühlte mich total im Stich gelassen. Das ging immer weiter, ich wurde zur Beichte geschickt, wollte nicht, musste aber.“ Typisches Vorgehen von Täter/innen in Institutionen (II) • Häufiger Ort, den Täter/innen nutzen: Schlaf- und Waschräume, bzw. Zelte bei Ferienfreizeiten „Ich wurde von zwölf bis 14 sehr häufig vom Jugendkaplan sexuell missbraucht. Ich war Messdiener und in der katholischen Jugend. Es fing bei einem Zeltlager an, wo der Jugendkaplan sich zu uns Jugendlichen ins Zelt legte.“ • Strategie der Täter/innen: schleichend ein scheinbar positives Vertrauensverhältnis („Lieblinge“) aufbauen und mit Belohnungen, Vorteilen und Ähnlichem aufrecht erhalten oder durch Bestrafungen und Drohungen erzwingen „Ich wurde Zehnjähriger bei den Pfadfindern von einem Betreuer sexuell missbraucht. Ich habe es mit Liebe verwechselt, er brauchte mir nicht zu drohen oder so. Es ging über viele Jahre und ich war nicht der einzige.„ "Der Mix aus Bedrohung und Abhängigkeit in den Institutionen ist fatal." Typisches Vorgehen von Täter/innen in Institutionen (III) • Selten Einzelfälle, fast immer mehrere Kinder betroffen, teilweise vom selben Täter, teilweise mehrere Täter. Missbrauch als Routine. Jeder weiß es, keiner handelt. "Im Kloster war der sexuelle Missbrauch durch den Direktor und andere Alltag. Alle Schüler wussten es auch. Von den Erwachsenen hätte es niemand geglaubt und niemand von uns hat darüber gesprochen. Ich konnte mich wehren, aber viele andere wurde vom Direktor vergewaltigt. Auch Sechsjährige!“ • Teilweise auch Berichte von Missbrauch durch gleichaltrige oder ältere Jugendliche „Ich wurde im katholischen Kinderheim zwei Jahre lang von den anderen älteren Jungs in der Gruppe vergewaltigt. Die Nonnen waren im Nebenraum gewesen und haben nichts unternommen. In der Beichte musste ich von den Vergewaltigungen ganz genau erzählen, dann musste ich zur Strafe die Kirche putzen. Es hat keine Kontakte nach außen gegeben, so dass es keine Möglichkeit gab, jemandem was zu erzählen. Ich habe mich klein gefühlt, und schwach und habe Angst gehabt.“ Gliederung • Einleitung: UBSKM, Runder Tisch • Risiken: - Kinder in institutioneller Betreuung, eine besondere Risikogruppe - Beschreibung typischer Risikokonstellationen - Risikoanalyse in Institutionen • Schutzkonzepte: - Prävention, Fortbildung - Beschwerdemanagement, Aufklärung über Kinderrechte - Was kommt bei den betreuten Kindern und Jugendlichen und bei den Bezugspersonen an • Fazit Analyse von Gefährdungsrisiken Zu unterscheiden sind: –Institutionelle Gefährdungsrisiken –Personelle Gefährdungsrisiken Papier der UAG des Runden Tisches zu Standards in Institutionen sieht eine Risikoanalyse generell vor Institutionelle Gefährdungsrisiken – Arbeitsfelder in denen emotionale und dichte Beziehungen zwischen Erwachsenen und Kindern bestehen wie: - Professionelle Betreuung und Pflege - Seelsorge - Therapie, Krankenbehandlung, Beratung, Begleitung - Jugendarbeit - Sport – Gleichzeitig erhöhtes Risiko, dass Angehörige dieser Berufsgruppen einem falschen Verdacht ausgesetzt werden (Missbrauch mit dem Missbrauch), auch deshalb professionelle Klärung von Gefährdungsrisiken und bewusste Thematisierung unabdingbar. – Institutionsstrukturen können Risiko erhöhen oder vermindern, vgl. Gefahren in autoritär geführten Institutionen oder laissez-faire geführten Institutionen (Conen 1995). Volunteer Canada`s 10 Steps for Screening Volunteers 1. Risiko der Aufgabe bestimmen 2. Klare Aufgabenbeschreibung schreiben 3. Formales Bewerbungsverfahren etablieren 4. Bewerbungsformular benutzen 5. Persönliche Interviews/ Gespräche 6. Referenzen überprüfen 7. Registerauszug 8. Ausbildung, Training & Vermittlung von Haltung 9. Supervision und Evaluation 10. Nachbefragung von Teilnehmern (wird z.B. auch vom Schweizer Sport systematisch vorgenommen) Gliederung • Einleitung: UBSKM, Runder Tisch • Risiken: - Kinder in institutioneller Betreuung, eine besondere Risikogruppe - Beschreibung typischer Risikokonstellationen - Risikoanalyse in Institutionen • Schutzkonzepte: - Prävention, Fortbildung - Beschwerdemanagement, Aufklärung über Kinderrechte - Was kommt bei den betreuten Kindern und Jugendlichen und bei den Bezugspersonen an • Fazit Prävention von sexuellem Kindesmissbrauch: Zielgruppen • Kinder und Jugendliche • Erwachsene: • Eltern und Erziehungsberechtigte • Personen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten (z.B. Lehrer) • Öffentlichkeit • Institutionen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten im Rahmen eines Schutzkonzeptes Präventionsarten "Klassisches" Präventionskonzept nach Caplan (1964) Täterbezogene Prävention Opferbezogene Prävention Verhaltensprävention Primäre Prävention Sekundäre Prävention Tertiäre Prävention Verhältnisprävention Präventionsprogramme für Erwachsene: Ziele Eltern/ Erziehungsberechtigte Personen, die mit Kindern arbeiten, wie sie ihre Kinder darin schulen … über Prävention von 1. wie sie Kinder sexuellem über die Missbrauch aufklären Prävention von können. sexuellem wie sie ihre Kinder vor Missbrauch sexuellem aufklären Missbrauch schützen können. können. 2. wie man wie Anzeichen eines sexuellen sexuellen Missbrauch Missbrauchs zu erkennt und erkennen sind und meldet wie sie ihn stoppen können. wie sie eine gesunde Familiendynamik stärken können. Ziele Eltern darin schulen… 1. 2. 3. 4. Personen die mit Breite Kindern arbeiten Öffentlichkeit 1. Die Öffentlichkeit über sexuellen Missbrauch (z.B. Prävalenz, Interventionsmöglic hkeiten, etc.) informieren 2. Das Verhalten in der Gesellschaft zu verändern Präventionsprogramme für Erwachsene: Herausforderungen Herausforderungen: Konzeption und Implementierung von wirksamen Maßnahmen Eltern/ Erziehungsberechtigte Personen die mit Kindern arbeiten Wichtige Faktoren für den Erfolg eines Programmes sind: • Interesse am Thema • Qualifikation der durchführend Person • Zeitrahmen des Programms (Dauer von Schulungsmaßnah men) • Referenzquelle (Empfehlungen von Ärzten oder Lehrern glaubhafter als bspw. denjenigen der Medien) Wichtige Faktoren für • den Erfolg eines Programmes sind: • Interesse am Thema • Qualifikation der • durchführenden Person • Zeitrahmen des Programms (Dauer von Schulungsmaßnah • men) • Referenzquelle (ähnlich wie bei Eltern) Breite Öffentlichkeit Medien-basierte Kampagnen sind inhaltlich und finanziell aufwändig Ihre Wirksamkeit kann indirekt vom Vorhandensein von Spendengeldern abhängen. Social-MarketingKampagnen müssen auf solider Recherche im Blick auf die Zielgruppe beruhen. Präventionsprogramme für Erwachsene: Merkmale effektiver Programme Eltern/ Erziehungsberechtigte Studien zur Evaluieru ng Personen die mit Kindern arbeiten • Berufsgruppen • Qualifizierte spezifische Trainer • Diskussionsmög Programme lichkeit • Einbezug beider Elternteile • „Hausbesuche“ in risikobehafteten Familien Breite Öffentlichkeit • Wenig Auswertungen von öffentliche Kampagnen • Zielgruppenorie ntierung und sowie thematische Fokussierung Gliederung • Einleitung: UBSKM, Runder Tisch • Risiken: - Kinder in institutioneller Betreuung, eine besondere Risikogruppe - Beschreibung typischer Risikokonstellationen - Risikoanalyse in Institutionen • Schutzkonzepte: - Prävention, Fortbildung - Beschwerdemanagement, Aufklärung über Kinderrechte - Was kommt bei den betreuten Kindern und Jugendlichen und bei den Bezugspersonen an • Fazit Beschwerdefahrplan zur UN-Kinderrechtskonvention • 8-seitiges Faltblatt, welches über die Kinderrechte der UN informiert und dazu auffordert, Verletzungen der eigenen Rechte zu melden • 2006 von der National Coalition entwickelt • Verteilung des Flyers erfolgte über die verschiedenen Mitglieder der National Coalition • Seit ca. 2 Jahren erfolgt der Vertrieb des Flyers ausschliesslich online über die AGJ Beschwerdefahrplan zur UN-Kinderrechtskonvention der National Coalition - Eckdaten Hürden und problematische Aspekte des Flyers • Zugang zum Flyer • Sprachbarriere – der Flyer ist nur in deutscher Sprache erhältlich Wenn der Weg über den Petitionsausschuss gewählt würde: • Heraussuchen und Eintragen der Adresse des Petitionsausschusses und Frankierung der Karte • Die Kinder und Jugendlichen sollen ihr Problem auf einer Postkarte schildern Evaluation • Es fand keine Evaluation des Flyers statt. • Es wurde seinerzeit durch die National Coalition um eine Rückmeldung der Petitionsausschüsse der Landtage der einzelnen Bundesländer zur Nutzung des Flyers gebeten, es kam jedoch keine Rückmeldung. Es ist somit unklar … • wieviele Kinder und Jugendliche den Flyer genutzt haben, • welche Beschwerden eingereicht und • wie mit diesen umgegangen wurde. Strategien für "Sichere Orte" • Partizipation und Mitbestimmung • Aufklärung der Kinder über ihre Rechte • Information der Kinder über Beschwerdewege • Information der Eltern über Beschwerdewege • Regeln mit Kindern und Jugendlichen entwickeln • Ansprechpartner/innen für Kinder und Jugendliche benennen • Telefone für Kinder (Freischaltung zum Jugendamt und zum Patientenfürsprecher oder andere niederschwellige Beschwerdesysteme) Niederschwellige Beschwerdesysteme für Kinder Freisprechanlage zum Patientenfürsprecher und zu den umliegenden Jugendämtern in der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie in Ulm Frühe Kindheit 02/14 Anlage zum Arbeitsvertrag „Gefahrgeneigte Tätigkeit“ Kind Jugend und Gesellschaft Zeitschrift für Kinder- und Jugendschutz 2007 Aufklärung und Partizipation Hat Dich jemand über Deine Rechte aufgeklärt? N = 107 % 70 57,9 60 50 42,1 40 30 20 10 0 ja keine Angaben = 1 weiß nicht = 3 nein Wurdest Du informiert über die Stationsregeln? 70 % Rostock (n = 146) Weissenau (n = 149) gesamt (n = 295) 60 50 40 30 20 10 0 ja sehr ausführlich eher ja ausführlich Rostock (n = 146) Weissenau (n = 149) gesamt (n = 295) Rostock: keine Angaben = 1 Weissenau: keine Angaben = 2 66,4 47 56,6 11,6 20,1 15,9 teils teils eher nicht überhaupt nicht 6,8 14,1 10,5 2,7 3,4 3,1 12,3 15,4 13,9 Wurdest Du informiert über Deine Behandlung? 50 % Rostock (n = 144) Weissenau (n = 148) gesamt (n = 292) 40 30 20 10 0 Rostock (n = 144) Weissenau (n = 148) gesamt (n = 292) Rostock: Weissenau: ja sehr 7,6 25 16,4 keine Angaben = 2 weiß nicht = 1 keine Angaben = 3 eher ja 16,7 18,2 17,5 teils teils 16,7 18,2 17,5 eher nein 13,2 12,2 12,7 überhaupt nicht 45,8 26,4 36 Entsprechend der UNKinderrechtskonvention sind die Rechte von Mädchen und Jungen auf institutioneller Ebene verankert Ohne Möglichkeit diese einzufordern, bleiben Regeln und Rechte wirkungslos Information Gliederung • Einleitung: UBSKM, Runder Tisch • Risiken: - Kinder in institutioneller Betreuung, eine besondere Risikogruppe - Beschreibung typischer Risikokonstellationen - Risikoanalyse in Institutionen • Schutzkonzepte: - Prävention, Fortbildung - Beschwerdemanagement, Aufklärung über Kinderrechte - Was kommt bei den betreuten Kindern und Jugendlichen und bei den Bezugspersonen an • Fazit Schutzkonzepte in Institutionen: Top Down oder Bottom up oder Spezialistenaufgabe? Top Down Symbolfunktion (keine anderen Regeln für „die da oben“, Vorbildcharakter) Dienstanweisungen Budgetbewilligung (z.B. Schweizer Sport) Spezialisten z.B. Beauftragte in größeren Einrichtungen oder z.B. in Diözesen Zuständigkeitsbündelung Steigerung der Kernkompetenz Gute Vernetzung Risiko „Spezialaufgabe“ (geht nicht alle an) „Entsorgung des Problems“ (damit muss ich mir die Finger nicht mehr schmutzig machen, dafür haben wir ja …) Bottom Up • Wie sehen es die Gruppenerzieher? • Was wird auf Gruppenebene gemacht? • Wie werden sorgeberechtigte Eltern informiert? • Was haben betreute Kinder und Jugendliche von Schutzkonzepten verstanden? • Waren Sie partizipativ bei der Entwicklung einbezogen? • Wurden „von oben“ wirklich vertrauenswürdige Beschwerdewege gewählt? Kinder und Jugendliche nennen sehr viel häufiger Peers oder Eltern von Peers als mögliche erste Ansprechpersonen und nicht Ombudsleute, Vertrauenslehrer etc. Schutzkonzepte von Jugendlichen und Betreuungspersonen Projekt „Ich bin sicher!“ Ein interdisziplinäres Verbundprojekt der Universität Hildesheim (Prof. Schröer), der Klinik für Kinderund Jugendpsychiatrie/Psychotherapie des Universitätsklinikums Ulm (Prof. Fegert) und der Hochschule Landshut (Prof. Wolff). Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Förderung von Forschungsvorhaben im Zusammenhang mit sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in pädagogischen Kontexten. BMBF Verbundprojekt „Schutzkonzepte vor sexueller Gewalt in der Heimerziehung aus Sicht von Jugendlichen und Gruppenerzieher/-innen Ziel: Erfassung der Wahrnehmung von Kindern, Jugendlichen und MitarbeiterInnen hinsichtlich sexualisierter Gewalt sowie Schutzkonzepten in stationären Einrichtungen der Jugendhilfe, Internaten, Kliniken und Kurkliniken. Die meisten Konzepte sind Top Down über Leitungs- oder Trägervorgaben entstanden. Was davon kommt in der Praxis an? Ansatz: Verbindung von Adressaten- und Organisationsforschung mit Online-Befragungen und Gruppendiskussionen Zielgruppe und Forschungsdesign, Stichprobe Studienrelevante Kontexte: Heime, Internate und Kliniken Online-Befragung Gruppendiskussionen 2014 2014 Jugendliche ab 14 J. Kinder/ Jugendliche ab 11 J. Betreuungspersonen Datenerhebung abgeschlossen • N = 490 Betreuungspersonen • N = 233 Jugendliche Projekt „Ich bin sicher!“ Betreuungspersonen Datenerhebung abgeschlossen • N = 73 Betreuungspersonen in 13 Gruppendiskussionen • N = 87 Kinder/Jugendliche in 17 Gruppendiskussionen Perspektivvergleich Betreuungspersonen und Jugendliche Signifikante Unterschiede zwischen den Einschätzungen von Betreuungspersonen und Jugendlichen in den meisten Bereichen hinsichtlich Sicherheitsgefühl, Gruppenatmosphäre, Partizipation und Elternarbeit. – Jugendlichen bewerten unter anderem Strukturierung und Ordnung in der Gruppe, Beteiligung und Partizipation sowie Kooperation mit Eltern signifikant niedriger als Betreuungspersonen – Jugendliche nehmen die Gruppe signifikant negativer wahr als Betreuungspersonen – Nichtsdestotrotz: Jugendliche fühlen sich signifikant sicherer in ihrer Einrichtung als Betreuungspersonen dies einschätzen (Allroggen et al., in Vorb.) Projekt „Ich bin sicher!“ Beispiel „externe Beschwerdemöglichkeiten“ (quant.) Mehrheit der Jugendlichen (67.8%) kennt externe Beschwerdemöglichkeiten – Von denen, die externe Beschwerdemöglichkeiten kennen – findet eine große Mehrheit diese eher oder sehr gut (96.8%). – haben die Meisten (60.8%), diese noch nicht selbst aktiv genutzt. – wird von einer großen Gruppe (67.1%) noch mehr solcher Angebote gewünscht. – Von denen, die keine Beschwerdemöglichkeiten kennen – befürwortet eine große Mehrheit (75.8%) die Frage, dass es solche Angebote geben sollte. – Zeigt eine große Gruppe eine deutliche Skepsis gegenüber einer potentiellen Nutzung: 87.8% die sich eher nicht oder nur vielleicht vorstellen könnten, diese Angebote dann auch zu nutzen. Projekt „Ich bin sicher!“ Beispiel „externe Beschwerdemöglichkeiten“ (quant.) Mehrheit der Betreuungspersonen (85.7%) informiert über externe Beschwerdemöglichkeiten – Von denen, die über externe Beschwerdemöglichkeiten informieren – bewertet eine große Gruppe diese hinsichtlich ihrer Qualität als eher oder sehr gut (80.0%). – gibt eine Mehrheit (73.5%) an, dass diese Angebote in ihrer Einrichtung gegenwärtig überhaupt oder eher nicht genutzt werden. Frage, wie externe Beschwerdemöglichkeiten gestaltet und implementiert werden müssen, um eine (effektive) Nutzung sicherzustellen? Kenntnis und Information darüber reichen anscheinend nicht aus. Projekt „Ich bin sicher!“ Beispiel „externe Ansprechperson“ (qual.) Beispielsequenz aus einer Gruppendiskussion (GD) mit Jugendlichen, hier: Heimerziehung (GD_KuJ_A9) Y1: Cf: Af: Cf: me: Cf: Mh, okay. Und gibt es denn dann irgendwie so eine Person hier, wo ihr euch dann irgendwie beschweren könnt oder auch außerhalb von der Einrichtung, (2) wenn ihr irgendwie unzufrieden seid mit was? Keine Ahnung. Also └wir └Ja, wir hatten doch mal so einen Typ, der mal hier war und meinte da kann man sich beschweren. Mh, macht das irgendjemand? Mh-mh, nee. Da muss man rausgehen, wenn man zum Beispiel jetzt Ausgangssperre hat, da hat man natürlich ausgeschissen. Projekt „Ich bin sicher!“ Beispiel „externe Ansprechperson“ (qual.) Beispielsequenz aus einer Gruppendiskussion mit Jugendlichen, hier: Internat (GD_KuJ_B2) Y1: Cm: ?m: Cm: Y1: ?m: Äh, genau. (1) Ich weiß jetzt hattet ihr vorhin auch erzählt, dass ihr irgendwie so so ein Kärtchen gekriegt habt, auch mit so Telefonnummern oder so was. Ist so was, rein theoretisch, (.) eine Option? Ja das wäre dann glaube ich, (1) also bei mir auf jeden Fall, so ein äh irgendwo dazwischen aber äm (.) ich (1) würde halt auch gerne mit jemandem sprechen, der mich kennt, den ich kenne und der└ └Der die Situation kennt. └der die Situation kennt und der (.) das hier kennt und der dann auch vielleicht die betroffene Person kennt. Das: wäre mir sehr wichtig und (1) ä:m (2) ja das ist schön, dass wir eine Beauftragte haben und so weiter, aber für mich persönlich wäre es so, dass ich mich (.) erst mal nicht an diese Person wenden würde. Mhm. Ich glaube ich auch nicht. Projekt „Ich bin sicher!“ Beispiel „externe Ansprechperson“ (qual.) Ergebnistrends aus den Gruppendiskussionen mit Kindern bzw. Jugendlichen In vielen Gruppendiskussionen berichten die Kinder und Jugendlichen davon, dass sie über die Möglichkeit, sich an eine externe Ansprechperson wenden zu können, informiert wurden. Dies geschieht in der Regel über die Aushändigung von Flyern, Telefonkärtchen oder einmalige Vorstellungsbesuche der externen Ansprechperson in der Einrichtung. Dennoch geben die Kinder bzw. Jugendlichen an, dass sie das Angebot einer externen Ansprechperson nicht nutzen (würden). Als Gründe hierfür nennen sie, dass ihnen diese Beschwerde- bzw. Beratungsform zu unpersönlich ist, dass ihnen auch andere Ansprechpersonen zur Verfügung stehen (z.B. Freunde) sowie dass die externe Ansprechperson in der Situation u.U. nicht unmittelbar erreichbar ist. Projekt „Ich bin sicher!“ Beispiel „externe Ansprechperson“ (qual.) Beispielsequenz aus einer Gruppendiskussion (GD) mit Betreuungspersonen, hier: Heimerziehung (GD_BP_A12) Y1: Af: Bf: me: Af: Em: ?f: Em: Df: Af: Em: Mhm, gibt es auch noch so einen externen Ansprechpartner für die Jugendlichen? Ja, wir haben doch └äm diesen äh @(.)@ ┘ └Wie hieß denn der?┘ @(3)@ Der sich doch mal bei uns vorgestellt hat └hängt auch an der Pinnwand┘ └Da hängt einer an der Pinnwand. (2) Wir wissen nicht, wie er heißt┘ jetzt so spontan . └Das wird nicht genutzt.┘ und ich glaube auch, noch nie, @dass den jemand angerufen hat ( )@. Das passiert eigentlich eher selten. Also, er hat sich jedenfalls mal vorgestellt und hat gesagt, also wenn es mal ( ) gibt, kann: jeder gerne └da hin(kommen)┘ └Genau, und┘ dann hat er sich an die Pinnwand gehängt und seitdem, seitdem @hängt er da.@ Projekt „Ich bin sicher!“ Beispiel „externe Ansprechperson“ (qual.) Bespielsequenz aus einer Gruppendiskussion mit Betreuungspersonen, hier: Heimerziehung (GD_BP_A16) Cf: Am: Cf: Bf: (…) ich habe das Gefühl, dass die Kinder bei uns äm (2) auch wüssten äm wenn jetzt irgendwas in der Gruppe wäre (.) oder es äh von uns aus zu irgendwelche Übergriffe oder so kommen würde, an wen sie sich wenden (), da haben sie jetzt solche (1) Karten bekommen, jedes Kind, äm auf (2) der die, die Nummer von der Bereichsleitung, also vom Herrn Baum steht und ich (1) also (.) ich habe auch das Gefühl, dass (3) also ich denke die (.) Kinder haben äm zu Herrn Baum auch so eine Beziehung, dass sie ihm was erzählen würden, wenn jetzt irgendwas in der Gruppe nicht in Ordnung wäre, also (1) bei unseren Kindern. Das denke ich zumindest äm └ └Oder, oder ansonsten Hubert und Biggi, die stehen nämlich ganz groß im Kurs auch bei den Kindern. └( )┘ └Genau, also, ich denke, wenn irgendwas gruppenintern┘ wäre äm bei de-, ja bei (.) dem die Kinder sich nicht trauen würden oder (1) äm einfach wir die falschen Ansprechpartner wären (1) also, denke ich, dass sie (.) wüssten an wen sie sich wenden können, also auf d-, diesen Kärtchen steht jetzt auch noch die Nummer von einem Sachbearbeiter vom Jugendamt oder so, aber das denke ich jetzt eher └also (1) der┘ └Der ist zu weit weg, ne.┘ Projekt „Ich bin sicher!“ Beispiel „externe Ansprechperson“ (qual.) Ergebnistrends aus den Gruppendiskussionen mit Betreuungspersonen Die Betreuungspersonen berichten darüber, dass sie die Kinder und Jugendlichen über externe Ansprechpersonen informieren. Dies geschieht über die Verteilung von Flyern, Telefonkärtchen oder z.B. über eine Einladung der externen Ansprechpersonen in die Einrichtung. Bei der Implementierung dieser Schutzmaßnahme scheint es sich großenteils um einmalig ergriffene Einzelmaßnahmen zu handeln, die „pro forma“ ausgeführt wurden, im Einrichtungsalltag aber keine weitere Rolle spielen. Ebenso wie die Kinder bzw. Jugendlichen gehen auch die Betreuungspersonen davon aus, dass die Heranwachsenden sich nicht an externe Ansprechpersonen wenden (würden), da keine persönliche Beziehung zu diesen besteht. Sie sind der Ansicht, dass die Kinder bzw. Jugendlichen ihnen bekannte, einrichtungsinterne Personen (Peers, BetreuerInnen, Einrichtungs- oder Bereichsleitung) als GesprächspartnerInnen auswählen würden. Projekt „Ich bin sicher!“ Beispiel „externe Ansprechperson“ (qual.) Schlussfolgerungen I Die Implementierung von Schutzkonzepten in Organisationen wird häufig nicht als Chance wahrgenommen, in einen dialogischen Prozess zu Themen der Nähe und Distanz zwischen mit Kindern, Jugendlichen und Betreuungspersonen im Sinne eines nachhaltigen organisationalen Bildungsprozesses (vgl. Wolff 2015) einzutreten. Die alltägliche Herstellung (doing Schutzkonzepte) eines für alle AkteurInnen erleb- und spürbaren Schutzklimas wird verfehlt Einzelne und /oder einmalige Aktionen führen lediglich zur Anwendung vereinzelter Präventionsmaßnahmen, an deren Effekt die Betreuenden selbst zweifeln. Betreuende überschätzen das Klima der Offenheit und die Beschwerdemöglichkeiten in Institutionen Projekt „Ich bin sicher!“ Beispiel „externe Ansprechperson“ (qual.) Schlussfolgerungen II Eine zentrale Herausforderung besteht darin, Möglichkeiten und Wege zu finden, wie Kinder und Jugendlichen darin unterstützt werden können, Vertrauensbeziehungen zu externen Ansprechpersonen aufbauen zu können. Kinder und Jugendlichen brauchen externe Vertrauenspersonen, die sie leicht und über mehrere Kommunikationswege erreichen können. Es stellt sich die Frage, wie dies trotz der Reglementierung von Internetzeiten und Handynutzung in den untersuchten Settings zu realisieren ist. Vorschläge hierfür wären u.a. Internet-Hotspots in der der Nähe von Jugendämtern und/oder Rathäusern oder eine mobile App mit Informationen und Unterstützungsangeboten für Handys anzubieten (vgl. Domann & Rusack, 2015). (zusammengestellt von: Meike Kampert, Pädagogin M.A., wiss. Mitarb. HAW Landshut) Domann, Sophie & Rusack, Tanja (2015). Schutzkonzepte in der Kinder- und Jugendhilfe - die Sicht der Jugendlichen und Betreuungspersonen. KJug, 60. Jg., Heft 3, 91 – 95. Wolff, Mechthild (2015). Organisationsanalysen als Ausgangspunkt der Entwicklung eines besseren KlientInnenschutzes. In: Crone, Gerburg; Liebhardt, Hubert (Hrsg.), Institutioneller Schutz vor sexuellem Missbrauch. Achtsam und verantwortlich handelt in Einrichtungen der Caritas. Beltz Juventa: Weinheim„Ich und Basel, 39 – 49. Projekt binS.sicher!“ Nach dem Schock des Missbrauchsskandals haben die katholische Kirche und die Caritas top down zahlreiche Massnahmen implementiert Übersicht: Prävention in den Bistümern Vereinbarung DBK und UBSKM Ziele: … einen Überblick über die in den Diözesen, kirchlichen Institutionen und Verbänden praktizierten Präventions- und Interventionskonzepte geben … die Durchführung einer Befragung zur Umsetzung der Leitlinien sowie der langfristigen Aufarbeitung im Bereich der kirchlichen Institutionen unterstützen 81 82 Verwirrende Vielzahl von Leitlinien und Bestimmungen Beispiel: Caritasverband Rottenburg-Stuttgart Schriftstück Datum Deutsche Bischofskonferenz: Zum Vorgehen bei sexuellem Missbrauch Minderjähriger durch Geistliche 27.09.2002 im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz Diözese Rottenburg – Stuttgart: Regularien zum Vorgehen bei sexuellem Missbrauch Minderjähriger in 01.10.2002 der Diözese Rottenburg – Stuttgart Kongregation für die Glaubenslehre: Veränderungen in den Normae de gravioribus delictis, die der 15.07.2010 Kongregation für die Glaubenslehre vorbehalten sind Deutsche Bischofskonferenz: Leitlinien für den Umgang mit sexuellem Missbrauch Minderjähriger durch 31.08.2010 Kleriker, Ordensangehörige und andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz Deutsche Bischofskonferenz: Prävention von sexuellem Missbrauch an Minderjährigen im Bereich der 23.09.2010 Deutschen Bischofskonferenz (Rahmenordnung) Diözese Rottenburg‐Stuttgart: Erklärung von Bischof Dr. Gebhard Fürst zur Umsetzung der „Leitlinien“ 15.10.2010 der Deutschen Bischofskonferenz in der Diözese Rottenburg‐ Stuttgart Diözese Rottenburg‐Stuttgart: Rahmenordnung zur Abstimmung der Zusammenarbeit der Kommission 04.11.2010 sexueller Missbrauch (KsM) mit Kommissionen oder Beauftragten der rechtlich selbstständigen Einrichtungen in der Diözese Rottenburg ‐ Stuttgart Diözese Rottenburg‐Stuttgart: Prävention von sexuellem Missbrauch an Minderjährigen‐Bischöfliches 15.03.2011 Gesetz zur Vermeidung von Kindeswohlgefährdungen im Umgang mit Kindern und Jugendlichen im Bistum Rottenburg ‐ Stuttgart Kongregation für die Glaubenslehre: Rundschreiben um den Bischofskonferenzen zu helfen, Leitlinien 03.05.2011 für die Behandlung von Fällen sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen durch Kleriker zu erstellen Deutscher Caritasverband: Empfehlungen des Deutschen Caritasverbandes zur Prävention gegen 08.07.2011 sexuellen Missbrauch sowie zum Verhalten in Missbrauchsfällen in den Diensten und Einrichtungen der Caritas, insbesondere in der Kinder‐, Jugend‐ und Behindertenhilfe (novellierte Fassung) Diözese Rottenburg‐Stuttgart: Ausführungsregelung zur Anwendung des Gesetzes zur Vermeidung von 15.07.2011 Kindeswohlgefährdungen im Umgang mit Kindern und Jugendlichen im Bistum Rottenburg ‐ Stuttgart für die MitarbeiterInnen der Diözesankurie Caritasverband der Diözese Rottenburg‐Stuttgart: Regeln des Caritasverbandes der Diözese Rottenburg 04.08.2011 – Stuttgart e.V. zur Prävention von sexuellem Missbrauch sowie zum Verhalten bei Missbrauchsfällen in den Diensten und Einrichtungen der Caritas (Leitlinien) 83 Schutzkonzepte Projekt der Caritas Partizipative Umsetzung bottom up Projektübersicht 1. Projektjahr: Online-Befragung Durchführung einer Onlinebefragung (14.03.2013 – 08.05.2013) Leitungskräfte aus Einrichtungen und Diensten des DiCV Rottenburg-Stuttgart N = 214 Teilnehmende Ziel: Erhebung des Ist-Zustandes und Identifikation von Ansatzpunkten für die Arbeit im zweiten Projektjahr in Bezug auf institutionelle Maßnahmen zum Schutz vor (sexualisierter) Gewalt Vorstellung und Diskussion der Ergebnisse: Studientag 26.06.2013 Anschließend Bewerbung von Einrichtungen/Diensten als Partnereinrichtung für das 2. Projektjahr möglich 1. Projektjahr: Zentrale Ergebnisse Als Trends erkennbar, dass … … Inhaltsbereiche, die auf Mitarbeitende und gesetzliche Vorgaben fokussieren, vergleichsweise gut umgesetzt sind (bspw. u.a. Partizipation von Mitarbeitenden und Personalentwicklungsmaßnahmen wie erweiterte Führungszeugnisse, Ansprechen des Themas bei Bewerbungs-/ Einstellungsgesprächen). … vielerorts bisher eher punktuelle Maßnahmen umgesetzt wurden, aber ein umfassendes Konzept zum Kinderschutz (noch) fehlt. … für konkrete Einzelmaßnahmen aus folgenden Inhaltsbereichen der Umsetzungsstand bisher eher gering ist bei einer gleichzeitig hohen Einschätzung zur Umsetzbarkeit: • Risikoanalyse, • Beschwerdemanagement, • Zielgruppenspezifisches Informationsmaterial (zur Haltung und zum Thema „Schutz vor sexualisierter Gewalt/ sexuellem Missbrauch/ sexueller Gewalt“). inhaltliche Schwerpunkte für das 2. Projektjahr Projektübersicht 2. Projektjahr: Arbeit mit Partnereinrichtungen Workshop 01.10.2013: Wissensvermittlung zur Durchführung einer Risikoanalyse, zu Beschwerdeverfahren und Informationsmaterialien Oktober 2013 – Februar 2014: eigenständige Bearbeitung in den Einrichtungen mit Begleitung durch KJPP Ulm (vor-Ort-Termine in den Einrichtungen) Workshop 12.03.2014: Vorstellung bisheriger Ergebnisse, professionelles und kollegiales Feedback Laufend: • Weiterer kollegialer Austausch und Vorstellung in internen Gremien • Erstellung von Praxisberichten sowie Fertigstellung von Materialien in den Einrichtungen Bestandteil der Projektpublikation i.S. von Erfahrungsberichten/ Good-practice-Beispielen 2. Projektjahr: Veranschaulichung/ Beispiele Auszug aus Gesamtmaterialien Workshop 01.10.2013: Übung zur Sensibilisierung Partizipatives Ampelprojekt mit Jugendlichen Auszug aus Gesamtmaterialien Workshop 01.10.2013: „Fahrplan“ Umsetzung Ampel-Modell Zwischenergebnis des Jugendcafé Gerstetten zum Ampel-Modell; gemeinsam erarbeitet mit Jugendlichen Gliederung • Einleitung: UBSKM, Runder Tisch • Risiken: - Kinder in institutioneller Betreuung, eine besondere Risikogruppe - Beschreibung typischer Risikokonstellationen - Risikoanalyse in Institutionen • Schutzkonzepte: - Prävention, Fortbildung - Beschwerdemanagement, Aufklärung über Kinderrechte - Was kommt bei den betreuten Kindern und Jugendlichen und bei den Bezugspersonen an • Fazit Fazit • Kinder- und Jugendliche in institutioneller Betreuung sind eine Hochrisikogruppe mit Blick auf sexuelle Gewalt. Mädchen berichten signifikant häufiger über Übergriffe als Jungs • Mehr als ein Fünftel der Jugendlichen in Institutionen (vor allem Jungen in Heimen und Internaten) berichtet auch darüber selbst übergriffig geworden zu sein. Dies muss bei einer Risikoanalyse mit berücksichtigt werden. • Zu unterscheiden sind institutionelle Risiken und personale Risiken. Fazit: Schutzkonzepte müssen für die jeweilige Institution, aufbauend auf einer spezifischen Risikoanalyse entwickelt werden. • Zu einem umfassenden Konzept gehören: - Mitarbeiterschulung und Information - Information der betreuten Kinder und Jugendlichen und ihrer Eltern - Beschwerdemanagement - Schutzkonzepte in der Personalauswahl und Personalführung • Entscheidend ist nicht was in irgendwelchen Ordnern steht oder was an Konzepten an die Aufsichtsbehörden eingereicht wurde, sondern entscheidend ist das was tatsächlich bei den betroffenen Kindern und Jugendlichen und beim direkt in die Betreuung involvierten Personal ankommt. • • Schutzkonzepte müssen deshalb vor Ort bei den Adressaten evaluiert werden. Angaben der Einrichtungsleitung allein reichen hier nicht aus. Veranstaltungshinweise: • Kamingespräch am 11.11.2015 19.30 in Ulm Villa Eberhardt – Institutionen als sichere Orte - Die Debatte um Schutzkonzepte und Risikoeinschätzung mit Pater Mertes (SJ); Dr. Bange, Prof. Wolff; Dr. v. Bismarck, Prof Dr. Kölch • Jahrestagung des Kompetenzzentrums Kinderschutz in der Medizin am 12.11.2015 Siehe unter: http://www.uniklinik-ulm.de/struktur/kliniken/kinder-undjugendpsychiatriepsychotherapie/home/aktuelles/veranstaltungen.html XXXV. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie „Dazugehören“ Bessere Teilhabe für traumatisierte und psychisch belastete Kinder und Jugendliche 22. – 25. März 2017 Ulm Kongresszentrum CCU und Maritim Hotel Ulm Kongresspräsident: Prof. Dr. Jörg M. Fegert Wissenschaftlicher Kongresssekretär: PD Dr. Paul Plener Politische und organisatorische Kongresssekretärin: Dr. Daniela Harsch Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie / Psychotherapie des Universitätsklinikums Ulm Steinhövelstraße 5 89075 Ulm www.uniklinik-ulm.de/kjpp Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. Jörg M. Fegert
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