Ärzte, Politiker und Patienten fordern

Datum: 08.05.2015
Medical Tribune
4002 Basel
058/ 958 96 00
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Medientyp: Fachpresse
Auflage: 10'290
Erscheinungsweise: 46x jährlich
Themen-Nr.: 728.004
Abo-Nr.: 1090645
Seite: 2
Fläche: 79'751 mm²
Teure Hepatitis-C-Medikamente
Ärzte, Politiker und Patienten fordern,
die Preise zu senken
BERN - Im Februar dieses Jahres Einschränkungen für die Verschrei-
Jedoch gibt es laut BAG-Me-
hat das Bundesamt für Gesund- bung der neuen Arzneien per sofort
heit (BAG) entschieden, die neuen aufzuheben. Ferner soll die Pharmakostspieligen Arzneimittel gegen industrie die hohen Preise in der
Hepatitis C in die Spezialitäten- Höhe von 60 000 Franken senken
liste aufzunehmen und nur unter oder zumindest massive Rabatte gebestimmten Bedingungen zu ver- währen.
Dr. Philip Bruggmann, Chefarzt
güten. Dieser Beschluss stellt auch
die Ärzteschaft vor neue Heraus- Innere Medizin Arud Zentren für
Suchtmedizin in Zürich, steht voll
forderungen.
und ganz hinter dieser Petition und
Noch immer wird Hepatitis C weit- ergänzt: «Man darf nicht vergessen,
gehend als stille Epidemie bezeich- dass die bisherigen Arzneimittel genet. Die Dunkelziffer ist hoch, wenn gen Hepatitis C, die von den Kran-
diensprecherin Michaela Kozelka
medizinische und wirtschaftliche
Gründe für diese Limitation. «Die
chronische Hepatitis-C-Erkrankung verläuft schleichend, und die
Infizierten erkranken oft erst nach
vielen Jahren oder gar nicht. Das
Risiko einer ernsthaften gesundheitlichen Schädigung ist auch mit
dieser Beschränkung sehr gering.»
Gleichzeitig stellt das BAG fest, dass
einige Vertreter der Pharmaindustrie mit einer neuartigen Preispolitik
man an die lediglich 33 000 gemelde- kenkassen uneingeschränkt über- versuchen, möglichst viel Geld aus
ten Fälle hierzulande denkt. An den nommen werden, sehr oft massive den steuer- und prämienfinanzierneuen teuren Medikamenten, die Nebenwirkungen mit sich bringen. ten Sozialversicherungssystemen der
die Krankheit langfristig zu heilen Zudem kämpfen viele Patienten entwickelten Ländern zu generieren.
Gemäss Dr. Bruggmann gehört
vermögen, scheiden sich die Geis- auch ohne Leberschädigungen mit
ter - vor allem deshalb, weil diese Müdigkeit und Konzentrations- der bislang intransparente Preislediglich für Patienten gedacht sind, schwierigkeiten, die eine Arbeitsun- festsetzungsprozess zu den Grunddie bereits beträchtliche Leberverän- fähigkeit zur Folge haben können. problemen. Weder seien die Entderungen aufweisen.
Dennoch bleibt ihnen der Zugang zu scheidungen der Eidgenössischen
den neuen Arzneimitteln verwehrt.» Arzneimittelkommission (EAK)
Dr. Philip
Philip
Dr.
Nicht alle Patienten sprechen zudem einsehbar, noch werde bekannt geBruggmann
positiv auf die bereits bestehenden macht, wen das BAG als Experten
Chefarzt
Chefarzt
beizieht.
Therapien an.
Innere Medizin
Medizin
Innere
Arud Zentren für
Rationierte Therapie nicht
Dr.
Dr.
Suchtmedizin,
nur von Nachteil
Zürich
Yvonne Gilli
Zürich
Nationalrätin
Nationalrätin
Foto: zVg
Grüne
Hepatitis-Patienten, die noch
nicht mit lebensbedrohlichen Folgen
rechnen müssen, schlagen Alarm in
Form einer Petition, die das Bundes-
amt für Gesundheit auffordert, die
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Mitglied der SGK-NR
Foto: Monika
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Unfaire Rationierung und undurch-
sichtige Vorgehensweisen in den
Augen zahlreicher Mediziner zum
einen, gerechtfertigter Beschluss in
den Augen mancher Politiker wie
Dr. Yvonne Gilli, Fachärztin für Innere Medizin, Nationalrätin Grüne
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und Mitglied der Kommission für neien die Hepatitis C geheilt werden
soziale Sicherheit und Gesundheit könne.
(SGK-NR), zum anderen: «Eine
Ruth
Ruth Humbel
Humbel
Einschränkung sollte stets auf eiNationalrätin
CVP
ner ärztlichen Beurteilung basieren
Mitglied der SGK-NR
und nicht zu einer Zweildassenmedizin führen. Allerdings bedeutet es
nicht immer einen Nachteil, wenn
Neue Hepatitis-Arzneien
in der Kritik
Die Gesundheitspolitikerin weist
auch auf die mögliche Gefahr hin,
dass Hepatitis-Patienten ohne
schwerwiegende Krankheitssymp-
tome aufgrund der verabreichten
neuen Medikamente hinterher
mit zusätzlichen gesundheitlichen
Schwierigkeiten konfrontiert werden könnten. Umso wichtiger sei
deshalb eine umfassende medizinische Einschätzung unabhängig
vom Preis.
«Während beispielsweise So-
«In der Zwischenzeit haben
zehn Kantone ihre Prämienermässigungen reduziert, das trifft
nicht zuletzt auch den unteren
Mittelstand», gibt Dr. Gilli zu bedenken. Eine für alle Seiten befriedigende Lösung ist noch nicht in
Reichweite.
Foto: Monika
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ein neues Medikament nicht bei
sämtlichen betroffenen Patienten angewendet wird, da auch die
Möglichkeit besteht, die entsprechenden Behandlungserfahrungen
über einen längeren Zeitraum zu
beobachten.»
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Nur ein Drittel der Infizierten
kennt die Diagnose
«Man muss stets Grenzen setzen,
was Medikamente betrifft, denn es In der Schweiz gehen Experten
geht um ein Abwägen zwischen dem derzeit davon aus, dass sich bis zu
individuellen Nutzen und den Kos- 80 000 Personen mit Hepatitis C
ten für die Allgemeinheit. Bei teuren angesteckt haben und lediglich ein
Medikamenten sollte ein Mehrwert
Drittel sich dessen bewusst ist.
gegenüber bisherigen Therapien Dr. Bruggmann: «Die Krankheit
ausgewiesen sein», betont Ruth wird sowohl von Ärzten und GeHumbel, CVP-Nationalrätin und sundheitsfachpersonen als auch
Mitglied der Kommission für sozia- von der Allgemeinbevölkerung zu
le Sicherheit und Gesundheit (SGK- wenig wahrgenommen, auch was
NR). Ihrer Meinung nach müsste die Folgen betrifft, die auf uns zueine Indikationserweiterung auch kommen.» Nach wie vor ahnen viele
eine Preissenkung mit sich brin- Menschen nicht, dass sie sich auch
gen. Ausserdem sei das BAG künftig in mehr oder weniger harmlosen
noch stärker gefordert, den Zugang Alltagssituationen mit Hepatitis C
anstecken könnten, so z. B.
zu Medikamenten zu ermöglichen
mit einem herkömmlichen
und eine Therapie zu gewährleisten,
Coiffeur-Messer, dessen Klindie mit deutlichen gesundheitlichen
ge mehrfach verwendet wird.
Verbesserungen verbunden ist.
In den letzten Jahren hat der
valdi®, das neue Medikament des Bundesrat nach Ansicht von Ruth
Herstellers Gilead Sciences gegen Humbel einige Medikamentenpreise
Hepatitis C, hierzulande nach wie herunterdrücken können, was Nati-
vor teuer ist, konnte in Ländern onalratskollegin Dr. Gilli wiederum
wie Portugal und Spanien der Preis anders sieht: «Noch immer stelle
gesenkt werden. Das Schweizer Ge- ich fest, dass im Grunde die Untersundheitswesen hätte in dieser Hin- nehmen und nicht die Politiker die
sicht eine Vorreiterrolle einnehmen Preise diktieren, aber noch fehlt ein
können, indem man entsprechende passendes Patentrezept.» GleichzeiPreissenkungen vorgenommen hät- tig stellt sich die Frage der Erhöhunte, doch die Chance wurde mittler- gen der Krankenkassenprämien: Je
weile verpasst», fügt Dr. Bruggmann mehr Patienten teure Medikamente
an. Andererseits dürfe man nicht erhalten, desto grösser sind die Ausvergessen, dass mit den neuen Arz- wirkungen auf die Prämien.
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Die Anzahl der Ansteckungen
in der Schweiz nimmt jedoch
im Gegensatz zu Osteuropa
und Asien tendenziell ab.
Vorbeugungsmassnahmen
als primäres Ziel
Bereits vor zwei Jahren haben Mediziner eine Initiative für eine nationale Hepatitis-Strategie ergriffen.
Dabei wurden die Erfahrungen von
über 70 Fachpersonen unter ande-
rem aus Medizin, Wirtschaft und
Politik berücksichtigt. Ziel der Strategie ist es, die individuellen Folgen
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der Hepatitis-Epidemie mit patien- Gespräche geführt und der Austengerechten und kosteneffizienten tausch mit der Bevölkerung direkt
gesucht werden.
Massnahmen einzuschränken.
Derweil setzen sich die Ärzte vor
Kaum jemand zweifelt daran,
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delle zu entwickeln. In der Schweiz
muss ein konstruktiver Dialog zwi-
schen BAG, Pharmaunternehmen
und Experten beginnen, um eine
dass solche Kampagnen von er- allem für eine Preissenkung der tragbare Lösung in dieser komheblichem Nutzen sind - auch ohne teuren Hepatitis-C-Medikamente plexen Preisfrage zu finden», so
Präventionsgesetz. Ruth Humbel ein und suchen das Gespräch mit Dr. Bruggmann.
Nathalie Zeindler
gibt aber zu bedenken, dass ent- dem BAG und der Pharmaindussprechende Plakate kaum einer all- trie. «Beispiele aus anderen Längemeinen, nachhaltigen Aufklärung dern wie Italien zeigen auf, dass es
dienen. Vielmehr müssten vertiefte möglich ist, gemeinsame Preismo-
Wui
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