BEISPIELKLAUSUR IIIB: Erörterung von Sachtexten mit Bezug auf einen literarischen Text WECHSELSPIEL ZWISCHEN FAUSTISCHEN UND DEM MEPHISTOPHELISCHEN Ralf Kastenholz Der "Prolog im Himmel", der vor der eigentlichen Handlung des Dramas steht, zeigt die Grundproblematik des "Faust" auf. Mephistopheles, ein einst gefallener Engel, schließt mit Gott eine Wette über Faust, den größten Gelehrten der Welt, ab. Gott ist der Meinung, Faust sei ein gottesfürchtiger Mensch, der ganz in seinem Sinn lebe. Mephistopheles dagegen glaubt, dass er den Gelehrten, wie jeden anderen Menschen auch, durchaus von seinem Weg abbringen und von der Vernunftebene auf die animalische Seite des Menschseins herabziehen kann. Gott geht schließlich auf die Wette des Mephistopheles ein und gibt ihm die Erlaubnis, Faust zu verführen, da er selbst von der Standhaftigkeit des Wissenschaftlers überzeugt ist. Mit "Faustisch" sind dabei die Eigenschaften gemeint, die den Gelehrten Faust ausmachen. Faust ist von einem starken Wissensdrang geprägt. Er ist ständig auf der Suche nach einer neuen Erkenntnis. Dabei verlässt er sich jedoch nicht nur auf die Vernunft, sondern auch auf das Gefühl. Faust steht in seiner Gelehrtheit verhältnismäßig über seinen Mitmenschen, das heißt er befindet sich als Übermensch, zumindest am Anfang des Dramas, näher am Göttlichen als andere Menschen. Der Begriff des "Mephistophelischen" bezieht sich auf den Charakter des Mephistopheles. Er steht für das Ausleben der Triebe, für Genuss und Sex. Vernunftbetontes Denken ist ihm fremd, sein Handeln wird nur durch den Trieb gelenkt. Er selbst bezeichnet sich als einen Teil der Finsternis, die die Schöpfung bekämpft, das heißt sein Ziel ist die Zerstörung der menschlichen Seele und das Auslöschen des Lebens. Mephisto ist im Gegensatz zu Faust, dem Vertreter des Lichts, der Vertreter der Dunkelheit. Er ist der Herrscher über die niederen Kreaturen, wie Fliegen und Ratten. Zu ihm gehören Nacht, Dreck und Staub. AUFGABE Erörtern Sie – ausgehend von dem vorliegenden Beitrag – in einem strukturierten zusammenhängenden Text, wie das Verhältnis von Faust und Mephistopheles zu bewerten ist. Gehen Sie dabei folgendermaßen vor: - Arbeiten Sie die wichtigsten Argumente des Autors heraus, - Überprüfen Sie die Stichhaltigkeit der vorgestellten Position und der Argumentation. - Stellen Sie begründet Ihren Standpunkt zu der Fragestellung dar, ob das Verhältnis von Faust und Mephisto in einem bestimmten Schema zu fassen ist und erläutern Sie die Exemplarität des Dramas. ERWARTUNGSHORIZPONT BEISPIELKLAUSUR IIIB: Erörterung von Sachtexten mit Bezug auf einen literarischen Text Wechselspiel zwischen Faustischen und dem Mephistophelischen, Ralf Kastenholz Kernlehrplan Deutsch: In Aufgabenart III fordert die Erörterung eigenständige Verstehens- und Argumentationsleistungen, wobei der zentrale Bezugspunkt die möglichst differenzierte Erfassung der Inhalte und der Argumentationsstruktur eines Sachtextes (ggf. verschiedener kurzer Sachtexte) bleibt. Aufgabentyp III B verknüpft diese Bezugsbasis zusätzlich mit Deutungswissen zu einem literarischen Werk. I. Einleitung - 6P Nennung der äußeren Textmerkmale (Autorin / Autor, Titel, Textsorte, Erscheinungsjahr) Rolf Kastenholz Wechselspiel zwischen Faustischem und Mephistotelischem 2 Formulierung des zentralen Themas des Textauszugs Kontrast der Hauptfiguren des Dramas Faust - Faust als Lichtgestalt, Mephisto als dunkler Verführer 4 Kurze Darstellung der im Text vorgestellten Problemsicht Einfaches Schema von Schwarz und Weiß charakterisiert das Verhältnis der beiden. 3 Klare Präsentation der Thesen, Argumente, Beispiele und Belege in ihrem gedanklichen Zusammenhang (T1) Wiedergabe der Rahmenhandlung des Faust I Mephistopheles darf den "größten Gelehrten der Welt" Faust im Rahmen einer Wette verführen (T2) Faust charakterisiert ein enormer Wissensdrang sowohl in Form von vernunftgemäßer als auch in Form von emotionaler Erkenntnis - das hebt ihn über alle anderen Menschen (T3) Mephistopheles zeichnet sich durch seine Triebhaftigkeit aus, die gegen alles Menschliche gerichtet ist. (T4) Die Eigenschaften von Faust und Mephisto sind starke Gegensätze - auch weil Mephisto eher zu den niederen Kreaturen II. Hauptteil - 46P 1. Textanalyse - 13P 2. Erörterung - 33P 10 Eigene, überzeugende Argumentation auf Grundlage eines der Jahrgangsstufe angemessen Textordnungsmodelle (ad T1) Wenn die Rahmenhandlung und damit die Grundproblematik der Ausgang der Wette ist, kann Faust nicht einfach Vertreter des Lichtes sein - wieso sollte sich dann Mephisto darauf einlassen? (ad T2) Faust will zwar wissen, "was die Welt im Innersten zusammenhält", ist aber sicherlich nicht nur der wissensdurstige Professor. In seiner Sinnsuche ist auch nichts Vernünftiges mehr - sie ist völlig irrational und damit auch gefährlich. Weder Faust selbst noch der Leser empfindet dies als explizit göttlich (ad T3) Mephistopheles ist mehr als Dunkelheit und Trieb mit einer List erlangt er Fausts Vertrauen und bringt diesen dazu, die Verführung durch den Teufel selbst zu wollen und nicht als Fremdbestimmung wahrzunehmen. Mephisto will auch nicht die menschliche Seele und das Leben auslöschen - ihm geht es um viel mehr als das, nämlich um die richtige Deutung der Schöpfung. (ad T4) Wenn Faust nicht die Lichtgestalt ist, von der Kastenholz spricht, und Mephistopheles nicht der niederträchtige Fürst der Dunkelheit, dann bleibt vom starken Gegensatz der beiden Figuren recht wenig - es ist vielmehr so, dass Mephistopheles eine Seite Fausts bewusst macht, die so vielleicht auch in jedem Menschen steckt. Sinnvolle Bezüge auf den Text lassen ein angemessenes Verständnis des Dramas erkennen Die einzelnen Szenen und Aspekte müssen nicht genau wiedergegeben, sondern nur funktional eingesetzt werden Beispiel: s.o. List Mepistoheles'. Entwicklung einer klaren ... Stellungnahme zum Thema als (teilweise oder völlige) Zustimmung, Widerspruch oder als weiterführende Problematisierung 20 8 5 III. Schluss - 10P Formulierung eines Fazits durch Abwägung der Hauptargumente, reflektierter Entwicklung des eigenen ab- schließenden Urteil und ggf. Rückbezug zur im Text vorgestellten Problemsicht) Darstellungsleistung - 21P Die Beschreibbarkeit in einem Schema hängt von der vorherigen Argumentation und der Zustimmung bzw. Ablehnung von Kastenholz' Thesen ab. Die Exemplarität (also die Allgemeingültigkeit) des Dramas ist sicherlich gegeben, insofern es ja darum geht, wie Faust sich entscheidet. Je nachdem wie realistisch man die Figur des Protagonisten empfindet, erhöht sich die Exemplarität oder sinkt bei einer wenig zutreffenden Beschreibung des Menschen. 10
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