BANDquartal SONDERAUSGABE OKTOBER 2015 Update: Rahmenbedingungen für Angel Investing in Deutschland Editorial S. 2 Joachim Breithaupt, Nadia Reinders Steuerliche Behandlung von Veräußerungsgewinnen/-verlusten bei Start-ups nach geltendem Steuerrecht S. 3 Peter Bujotzek, Fabian Euhus Privilegierung von VC-Investoren und Business Angels bei der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen nach EU Beihilferecht S. 9 Business Angels Netzwerk Deutschland e.V. (BAND) BAND Vorschlag zur Förderung der Start-up Finanzierung aus einem Guss S. 14 Bundesregierung Eckpunktepapier Wagniskapital—Deutschland braucht eine neue Gründerzeit S. 18 Roland Kirchhof Droht eine Austrocknung des Business Angels Marktes? S. 22 Rudolf Staufer Business Angels GmbH als Finanzunternehmen? S. 24 Impressum S. 26 Foto: © Fantasista—fotolia.de Editorial „Wir können hoffen. Leider wissen wir noch nicht Dies war Anlass für BAND in BrANDneues 3/2015 worauf.“ Dieses Bonmot beschreibt ganz gut die Grundzüge dafür zu unterbreiten, wie eine Förde- Situation, in der sich die Angel Community nach rung der Start-up Finanzierung aus einem Guss aus- Beschluss des Bundeskabinetts zum „Eckpunkte- sehen sollte. papier Wagniskapital“ befindet. Sicher scheint nur das Ende des unrühmlichen 30 Prozent Danaerge- Das „Eckpunktepapier Wagniskapital der Bundesre- schenks, das der Bundesfinanzminister mit dem gierung“ vom 16.09.2015 ließ dann die oben er- Investmentsteuerreformgesetz statt der Steuerfrei- wähnte Hoffnung keimen; man kann es hier noch heit von Veräußerungsgewinnen bei Streubesitz einmal nachlesen. Gleichzeitig weckt das Papier die verabreichen wollte. reale Befürchtung, dass die Idee, mit einem INVEST Zuschuss künftig den VC Markt zu beleben, als Kol- Dennoch ist es sinnvoll, sich einmal zu vergewis- lateralschaden zu einer Austrocknung des Business sern, was der jetzige Stand ist und zu sagen, wo es Angel Marktes führen würde. Davor warnt eindring- hingehen sollte. Das ist Ziel dieser Ausgabe von lich mein eigener Beitrag in diesem BANDquartal. BANDquartal. Wir beginnen mit einer nüchternen Bestandsaufnah- Rudolf Staufer, KPMG, widmet sich im abschließen- me der steuerlichen Behandlung von Veräußerungs- den Artikel einem ärgerlichen, oft übersehenen The- gewinnen und Verlusten in den verschiedenen Vari- ma, nämlich der Behandlung von Angels als Finan- anten, in denen Angel Investoren agieren, durch zinvestoren. Er zeigt nicht nur auf, wo Klarstellun- Joachim Breithaupt und Nadia Reinders, Osborne gen durch die Finanzverwaltung nötig sind, sondern Clarke, Köln. gibt auch Tipps, wie die Einstufung als Finanzinvestor meist vermieden werden kann. Die bisherige allgemeine steuerliche Regelung für Veräußerungsgewinne bei Streubesitz war EU bei- Es ist also vieles im Fluss; da ist es wichtig, einen hilferechtlich nicht relevant, weil sie ja für alle Wirt- festen Standpunkt zu haben. BAND wird sich weiter schaftsteilnehmer gleichermaßen galt. Sobald aber im Interesse der Zukunft unserer Volkswirtschaft Angel Investoren in irgendeiner Weise „privilegiert“ für eine im internationalen Vergleich ansehnliche werden, muss geprüft werden, ob das EU Beihilfe- Förderung von privatem Wagniskapital für Start-ups recht dies zulässt. Im Entwurf eines Investment- einsetzen. Versprochen. steuerreformgesetzes war behauptet worden, es sei beihilferechtlich geboten, Veräußerungsgewinne Ihr maximal zu 30 Prozent von der Körperschaftssteuer freizustellen. Damit räumen Peter Bujotzek und Fabian Euhus, P+P Pöllath + Partners, kräftig auf und zeigen im Übrigen, dass das EU Beihilferecht bei Business Angels viel großzügiger ist als immer Roland Kirchhof behauptet wird. 2 Joachim Breithaupt, Nadia Reinders Steuerliche Behandlung von Veräußerungsgewinnen/-verlusten bei Start-ups nach geltendem Steuerrecht Hinsichtlich der Besteuerung ist zwischen dem Ein- Rn. 126). Wird lediglich ein Teil des Mitunterneh- zelunternehmen und der Personengesellschaft auf meranteils veräußert, unterliegen die hieraus resul- der einen Seite und der Kapitalgesellschaft auf der tierenden Einkünfte den laufenden Einkünften aus anderen Seite zu unterscheiden: Gewerbebetrieb i.S.d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG mit der Folge, dass eine ermäßigte Besteuerung nicht zur 1. Veräußerung einer Beteiligung an einer Perso- Anwendung kommt. nengesellschaft Die Personengesellschaft als Zusammenschluss Die ermäßigte Besteuerung gem. § 34 Abs. 1 EStG mehrerer Personen und das Einzelunternehmen hat den Vorteil, dass für außerordentliche Einkünfte, werden steuerlich ähnlich behandelt. Der Unter- hierunter zählen Veräußerungsgewinne i.S.d. § 16 schied zwischen einer Personengesellschaft und EStG, ein ermäßigter Steuersatz zum Tragen kommt einem Einzelunternehmer und damit einer natürli- (sog. 1/5-Regelung). Hat der Steuerpflichtige das chen Person ist, dass die Personengesellschaft ge- 55. Lebensjahr bereits vollendet oder ist er dauer- rade keine natürliche Person, aber auch keine juris- haft berufsunfähig, kann anstelle der 1/5-Regelung tische Person ist. Für Zwecke der Einkommen- und ein weitergehender ermäßigter Steuersatz i.H.v. 56 Körperschaftsteuer ist die Personengesellschaft als % des durchschnittlichen Steuersatzes in Anspruch transparent zu behandeln, d.h. die Einkünfte der genommen werden. Darüber hinaus kann gem. § 16 Personengesellschaft werden im Rahmen der sog. Abs. 4 EStG ein einmaliger Freibetrag vom Steuer- gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung pflichtigen in Anspruch genommen werden. Der ermittelt und sodann den Gesellschaftern, entspre- Freibetrag beträgt EUR 45.000. Er ermäßigt sich um chend Ihres Anteils, zugerechnet. Besteuert wird den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn EUR sodann. Je nach Rechtsform des Gesellschafters 136.000 übersteigt. ergeben sich Unterschiede in der steuerlichen Beurteilung. Ist der Gesellschafter eine natürliche Per- Wird ein Veräußerungsverlust erzielt, kann dieser son, unterliegt sie mit ihrem persönlichen Steuer- mit anderen Einkünften des Steuerpflichtigen im satz der Einkommensteuer, ist der Gesellschafter selben Jahr verrechnet werden oder gem. § 10d dagegen eine Kapitalgesellschaft, unterliegen die EStG vor- bzw. zurückgetragen werden. § 10d Abs. Einkünfte der Körperschaftsteuer. Dies gilt auch für 1 EStG sieht für negative Einkünfte, die bei der Er- die Besteuerung der Veräußerungsgewinne. mittlung der Einkünfte nicht ausgeglichen werden, die Möglichkeit vor, bis zu einem Betrag von EUR 1.1 Gesellschafter ist eine natürliche Person 1.000.000 (bei Zusammenveranlagung von Ehegat- Wird die Gesellschaft oder der Mitunternehmeran- ten verdoppelt sich der Betrag auf EUR 2.000.000) teil veräußert, unterliegt der Veräußerungsgewinn vom Gesamtbetrag der Einkünfte des vorangegan- einer ermäßigten Besteuerung, wenn der gesamte genen Veranlagungszeitraums abgezogen zu wer- Anteil des Mitunternehmers veräußert wird (vgl. § den (Verlustrücktrag). Auf die Inanspruchnahme 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Der erzielte Veräußerungsge- des Verlustrücktrags kann der Steuerpflichtige auf winn unterliegt im Gegensatz zur Teilanteilsveräu- Antrag verzichten. Darüber hinaus besteht die Mög- ßerung nicht der Gewerbesteuer (vgl. insofern Sel- lichkeit, einen Verlust vorzutragen. Nicht ausgegli- der in: Glanegger/Güroff, GewStG, 4. Aufl. 2014, § 7 chene negative Einkünfte können in den Folgejahren 3 bis zu einem Gesamtbetrag der Einkünfte von EUR schaft selbst und nicht die veräußernde Kapitalge- 1.000.000 (bei Ehegattenveranlagung verdoppelt sellschaft Steuerschuldner ist. Veräußerungsverlus- sich der Betrag auf EUR 2.000.000) unbeschränkt te können demzufolge auch nur mit anderen Ein- und darüber hinaus beschränkt bis zu 60 % des EUR künften der Personengesellschaft verrechnet wer- 1.000.000 (auch hier gilt die Verdoppelung für Ehe- den. gatten) übersteigenden Betrags abgezogen werden. Die nicht verrechneten Verluste werden weiter vor- Sollte eine Verrechnung nicht möglich sein, kommt getragen. Ein Untergang der Verluste erfolgt erst im es gemäß § 10a GewStG von Amts wegen zu einem Falle des Ablebens des Steuerpflichtigen. Verlustvortrag. Dieser wird bis zu einer Höhe von EUR 1.000.000 voll genutzt, darüber hinaus nur Die Möglichkeit eines Verlustrücktrags besteht bei noch zu 60 %. Die nicht verrechneten Beträge wer- der Gewerbesteuer nicht. Sollte eine Verrechnung den weiter vorgetragen. Wegen des Wechsels im mit laufenden Gewinnen nicht möglich sein, kommt Gesellschafterbestand geht ein etwaiger vorzu- es gemäß § 10a GewStG von Amts wegen zu einem tragender Verlust jedoch zu dem Anteil unter, mit Verlustvortrag. Dieser kann bis zu einer Höhe von dem die Körperschaft (Veräußerer) an der Perso- EUR 1.000.000 voll ausgeschöpft werden, darüber nengesellschaft beteiligt war. Die Möglichkeit eines hinaus nur noch zu 60 %. Die danach nicht verrech- Verlustrücktrags besteht bei der Gewerbesteuer neten Beträge werden weiter vorgetragen. nicht. 1.2 Gesellschafter ist eine Körperschaft 2. Veräußerung von Anteilen an einer Ist eine Körperschaft an einer Personengesellschaft Kapitalgesellschaft beteiligt, unterliegt der auf sie entfallende Teil des Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapi- Veräußerungsgewinns gem. § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. talgesellschaften unterliegen der Besteuerung. Für § 4 EStG der Körperschaftsteuer. Veräußerungsver- die Frage der Besteuerung ist entscheidend, ob die luste können mit laufenden Einkünften der Körper- Anteile von einer Körperschaft oder einer natürli- schaft verrechnet werden. Ist eine Verrechnung chen Person gehalten werden und in letzterem Fall, nicht möglich, kann der Verlust gem. § 8 Abs. 1 ob die Anteile im Betriebs- oder Privatvermögen KStG i.V.m. § 10d EStG bis zu EUR 1.000.000 zu- gehalten werden. Sollten sie im Privatvermögen rückgetragen werden. Ist ein Verlustrücktrag nicht gehalten werden, ist ferner von Bedeutung, ob der möglich oder wird auf Antrag des Steuerpflichtigen Anteil am Kapital der Gesellschaft (mittelbar oder vom Verlustrücktrag abgesehen, wird der Verlust unmittelbar) innerhalb der letzten fünf Jahre vor auf die Folgejahre vorgetragen. Auch hier sind die Veräußerung mindestens einmal ein Prozent betra- Beschränkungen des § 10d EStG zu beachten. Eine gen hat. Verlustberücksichtigung kann nach § 8c KStG teilweise oder ganz versagt werden, wenn innerhalb Darüber hinaus stellt sich die Frage nach der steuer- von fünf Jahren mehr als 25 % Anteile an der Kör- lichen Berücksichtigung von Veräußerungsverlus- perschaft an einen Erwerber oder diesem nahe ste- ten, welche je nach Art der Beteiligungsmethode hende Person veräußert werden. Selbiges gilt für durchaus unterschiedlich ist. Auch hier ist zu unter- eine Personengruppe von Erwerbern mit gleicharti- scheiden, wer Anteilsinhaber ist und in welcher Hö- gen Interessen. he die Beteiligung bestand. Der Veräußerungsgewinn ist auch im Rahmen der 2.1 Anteilseigener ist eine natürliche Person Gewerbesteuer 2.1.1 Im Privatvermögen zu berücksichtigen. Allerdings ergibt sich hier aus § 7 S. 2 i.V.m. § 5 Abs. 1 S. 3 Veräußerungsgewinne unterliegen der Besteuerung GewStG, dass diesbezüglich die Personengesell- mit Abgeltungsteuer (25 % zzgl. Solidaritätszu- 4 schlag und ggfs. Kirchensteuer), wenn die Anteile (dies gilt für eine 100 % Beteiligung an der Kapital- im Privatvermögen gehalten werden und innerhalb gesellschaft und ist bei einer niedrigeren Beteili- der letzten fünf Jahre vor Veräußerung zu keinem gung prozentual zu kürzen) und ist lediglich auf den Zeitpunkt ein Prozent am Kapital der Gesellschaft steuerpflichtigen Teil des Veräußerungsgewinns. betragen haben. Hierbei entstandene Werbungskos- Der Freibetrag verringert sich bei einem Gewinn zwi- ten sind nur in Höhe des sog. Sparer-Pauschbetrags schen EUR 36.100 und EUR 45.160 (Aufteilung bei (EUR 801 bzw. EUR 1.602 bei Ehegatten) abzugsfä- niedrigerer Beteiligung erforderlich) kontinuierlich hig. um den EUR 36.100 überschießenden Betrag. § 20 Abs. 6 EStG sieht vor, dass Veräußerungsver- Veräußerungsverluste sind prinzipiell abzieh- und luste aus Kapitalvermögen nicht mit Einkünften aus verrechenbar. Allerdings entfällt gem. § 17 Abs. 2 anderen Einkunftsarten verrechnet werden dürfen. Satz 6 EStG die Berücksichtigung eines Veräuße- Dabei ist zu beachten, dass Aktienveräußerungsver- rungsverlustes dann, wenn er auf Anteile entfällt, luste nur mit Aktienveräußerungsgewinnen verrech- die der Steuerpflichtige innerhalb der letzten fünf net werden dürfen. Die aus der Veräußerung von Jahre unentgeltlich erworben hat (es sei denn, der Anteilen an Kapitalgesellschaften resultierenden Rechtsvorgänger des Steuerpflichtigen hätte den Verluste dürfen dagegen mit (sämtlichen) positiven Veräußerungsverlust geltend machen können). Dar- Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden über hinaus ist ein Veräußerungsverlust dann nicht (vgl. Rn. 118 des sog. Abgeltungsteuererlasses = abzugsfähig, wenn er auf Anteile entfällt, die ent- BMF-Schreiben vom 22. Dezember 2009 (BStBl. geltlich erworben worden sind und nicht innerhalb 2010 I S. 94) unter Berücksichtigung der Änderun- der gesamten letzten fünf Jahre zu einer mindes- gen durch das BMF-Schreiben vom 16. November tens ein-prozentigen Beteiligung am Kapital der Ge- 2010 BStBl. I S. 1305). Die Verlustverrechnung er- sellschaft gehört haben. Auch hier sieht das Gesetz folgt vorrangig vor der Gewährung des Sparer- wieder Ausnahmen vor für innerhalb der letzten fünf Pauschbetrags. Jahre erworbenen Anteile, deren Erwerb zur Begründung einer Beteiligung des Steuerpflichtigen im Sin- Ist der Steuerpflichtige zu mindestens einem Pro- ne des § 17 Abs. 1 EStG (mindestens ein Prozent zent innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der am Stammkapital) erst geführt hat oder die nach Körperschaft beteiligt gewesen, unterliegen die Ge- der Begründung der Beteiligung im Sinne des § 17 winne und auch Verluste aus der Veräußerung der Abs. 1 EStG erworben worden sind. Zu beachten ist, Anteile den Einkünften aus Gewerbebetrieb (i.S.d. dass für Veräußerungsverlust auch § 3c Abs. 2 §17 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 6, § 2 Abs. 1 Nr. 2 EStG gilt. Demzufolge sind Veräußerungsverluste EStG). Sie unterliegen jedoch nicht der Gewerbe- nur zu 60 % abziehbar (vgl. BFH IX R 40/10, BStBl. steuerpflicht (GewStR 7.1 Abs.3). 2011 II 785 sowie BFH I R 97/10, BStBl. 2011 II S. 815). Veräußerungsgewinne sind unter Beachtung des § 3 Nr. 40 c) und § 3c EStG mit dem persönlichen 2.1.2 Im Betriebsvermögen Steuersatz zu versteuern. Daraus folgt, dass bei der Hält der Steuerpflichtige die Anteile im Betriebsver- Versteuerung des Veräußerungsgewinns 40 % au- mögen, unterliegt sowohl der Gewinn, als auch der ßer Ansatz bleiben. Im Zusammenhang mit Veräu- Verlust im Rahmen der Anteilsveräußerung grund- ßerungsgewinnen entstandene Betriebsausgaben sätzlich den laufenden gewerblichen Einkünften. sind grundsätzlich abzugsfähig, allerdings spiegel- Auch hier ist der Gewinn lediglich zu 60 % steuer- bildlich zur Versteuerung auch lediglich zu 60 %. § pflichtig und demzufolge Betriebsausgaben bzw. 17 Abs. 3 EStG sieht einen Freibetrag für Veräuße- ein etwaiger Veräußerungsverlust auch nur zu 60 % rungsgewinne vor. Der Freibetrag beträgt EUR 9060 abzugsfähig (vgl. insofern § 3 Nr. 40 a), § 3c EStG). 5 Eine Gewerbesteuerpflicht besteht lediglich hin- liche Zwecke. Demzufolge kommt die Steuerfreiheit sichtlich der steuerpflichtigen 60 % i.S.d. § 3 Nr. 40 nach § 8b Abs. 2 KStG auch gewerbesteuerlich zum EStG (vgl. Selder in: Glanegger/Güroff, GewStG, 8. Tragen, so dass lediglich 5 % des Veräußerungsge- Aufl. 2014, § 7 Rn. 5). Betriebsausgaben und Veräu- winns der Gewerbesteuer unterliegen. ßerungsverluste können gem. § 3c EStG auch nur zu 60 % bei der Gewerbesteuer genutzt werden Die vorgenannte Regelung gilt nicht für Kredit- und (eine Hinzurechnung der steuerfreien Einnahmen Finanzdienstleistungsinstitute. § 8b Abs. 7 KStG i.S.d. § 8 Nr. 5 GewStG ist für Veräußerungsgewin- sieht vor, dass Kredit- und Finanzdienstleistungsin- ne nicht vorgesehen). § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 GewStG stituten, die die gehaltenen Anteile zu ihren zwin- sieht für Gewerbeerträge natürlicher Personen und gend zu führenden Handelsbüchern zuordnen, keine Personengesellschaften einen Freibetrag von EUR Steuerbefreiungen gewährt werden. Selbiges gilt für 24.500 vor. Wird eine Gewerbesteuer dennoch fest- Anteile, die Finanzinstitute mit dem Ziel eines kurz- gesetzt, erfolgt eine Anrechnung im Rahmen der fristigen Eigenerfolgs erworben haben. persönlichen Einkommensteuer gem. § 35 EStG. Je nach Gewerbesteuerhebesatz der erhebungsbe- Der Entwurf des Investmentsteuerreformgesetzes rechtigten Gemeinde führt die Anrechnung zu einer (InvStGRefG) vom 22. Juli 2015 sieht vor, dass Ver- vollständigen Gewerbesteuerentlastung. Dies ist äußerungsgewinne aus Streubesitzbeteiligungen, der Fall bei einem Gewerbesteuer-Hebesatz von bis d.h. Beteiligungen, die zu Beginn des Jahres unter zu 380 %. Hat die erhebungsberechtigte Gemeinde 10 % des Stammkapitals betragen haben, der Kör- einen geringeren Hebesatz findet eine Entlastung perschaftsteuer zu unterwerfen sind. Dies soll für bis maximal EUR 0 statt; hat sie dagegen einen hö- Veräußerungen gelten, die nach dem 1. Januar heren Hebesatz findet keine vollständige Entlastung 2018 getätigt werden. Auf den Erwerbszeitpunkt der von der Gewerbesteuer statt. Anteile soll es insoweit nicht ankommen. Die Neuregelung sieht eine isolierte Verlustverrechnung vor. Ein etwaiger Veräußerungsverlust, der nicht mit an- Veräußerungsgewinne und Verluste aus Streubesitz deren positiven Einkünften des Steuerpflichtigen werden sodann mit einem eigenen System besteu- verrechnet werden kann, kann gem. § 10d EStG im ert und dürfen nach § 8b Abs. 4 S. 8 KStG des Ent- Rahmen der vorgesehenen Grenzen vor- bzw. zu- wurfes nur isoliert verrechnet werden. Die isolierte rückgetragen werden (siehe insofern Punkt 2.1.2). Verrechnung bezieht sich dabei nicht auf die jeweili- Auch hinsichtlich der Gewerbesteuer kann auf o.g. ge einzelne Streubesitzbeteiligung, sondern auf die Ausführungen verwiesen werden. Gesamtheit aller gehaltenen Streubesitzbeteiligungen. Zeitgleich soll ein § 26a KStG-E eingeführt wer- 2.2 Anteilseigner ist eine Körperschaft den, der für Wagniskapitalgeber ggfs. eine Steuerer- Werden die Anteile an einer Kapitalgesellschaft von mäßigung der Veräußerungsgewinnbesteuerung vor einer Kapitalgesellschaft gehalten, ist der Veräuße- -sieht. rungsgewinn grundsätzlich unabhängig von der Beteiligungshöhe gem. § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei 2.3 Anteilseigner ist eine Personengesellschaft und unterliegt gem. § 8b Abs. 3 S. 1 KStG lediglich Werden die Anteile von einer Personengesellschaft mit 5 % als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben gehalten, kommt es auf die Rechtsform der dahin- (in pauschaler Form) der Besteuerung mit Körper- terstehenden Gesellschafter an, da die Personenge- schaftsteuer (15 % zzgl. Solidaritätszuschlag). Da- sellschaft im Rahmen der Einkommensbesteuerung gegen werden Veräußerungsverluste als Gewinn- transparent und sie lediglich für Gewerbesteuerzwe- minderungen angesehen, welche als Kehrseite der cke Steuersubjekt ist. Die oben aufgeführten Aussa- Medaille steuerlich unberücksichtigt bleiben (§ 8b gen zu den natürlichen Personen und Körperschaf- Abs. 3 S. 3 KStG). Dies gilt auch für gewerbesteuer- ten gelten entsprechend für Gesellschafter einer 6 Personalgesellschaft mit der Maßgabe, dass der (vgl. insofern § 7 S. 4 2. HS GewStG). Ist eine natür- Gewinn/Verlust bei der Personengesellschaft ent- liche Person an der Personengesellschaft beteiligt, sprechend den dahinterstehenden Gesellschaftern ist der Veräußerungsgewinn entsprechend § 3 Nr. im Rahmen einer gesondert und einheitlichen Fest- 40, § 3c EStG lediglich zu 60 % für Zwecke der Ge- stellung ermittelt wird (vgl. §§ 179, 180 AO). werbesteuer zu berücksichtigen. Sind sowohl eine natürliche als auch eine juristische Person an der Für gewerbesteuerliche Zwecke ist die Personenge- Personengesellschaft beteiligt, ergibt sich auf Ebe- sellschaft selbst Steuersubjekt. Dies gilt auch für ne der Personengesellschaft ein steuerpflichtiger die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns. Ist an Gewerbeertrag entsprechend dem Gewinnvertei- der Personengesellschaft eine Körperschaft betei- lungsschlüssel der Gesellschafter (vgl. Selder in: ligt, findet § 8b KStG Anwendung, so dass lediglich Glanegger/Güroff, GewStG, 8. Aufl. 2014, § 7 Rn. 5 % des Veräußerungsgewinns als nicht abziehbare 17). Betriebsausgaben der Gewerbesteuer unterliegen Zu den Autoren Joachim Breithaupt ist Partner im steuerrechtlichen Dezernat der Kanzlei Osborne Clarke und dort als Rechtsanwalt und Steuerberater tätig. Neben der steueroptimierten Unternehmens- und Vermögensnachfolge befasst sich Joachim Breithaupt vor allem mit dem Kauf und Verkauf von Unternehmen sowie der Unternehmensrestrukturierung und Unternehmensgründung unter Berücksichtigung der jeweils geeigneten Rechtsform. Er berät dabei sowohl international tätige Unternehmen als auch junge und mittelständische Unternehmen, begleitet aber gerade bei der Vermögensnachfolge auch Privatpersonen. Nadia Reinders, LL.M. (UCT), Ph.D (UCT), ist Mitglied des steuerrechtlichen Teams bei Osborne Clarke am Standort Köln. Zuvor war sie im Bereich Indirect and Corporate Tax bei einer Big Four Gesellschaft als Managerin tätig. Sie begleitet in- und ausländische Unternehmen bei der Konzeption und Umsetzung steuerrechtlich optimierter Gestaltungen, ihr Schwerpunkt sind Kauf- und Verkauf von Unternehmen sowie die Unternehmensrestrukturierung unter Berücksichtigung der jeweiligen Gesellschaftsform. Darüber hinaus berät sie bei der Optimierung grenzüberschreitender Lieferketten. 7 Anhang zum Artikel von Joachim Breithaupt und Nadia Reinders Steuerliche Behandlung von Veräußerungsgewinnen/-verlusten bei Start-ups nach geltendem Steuerrecht 8 Peter Bujotzek, Fabian Euhus Privilegierung von VC-Investoren und Business Angels bei der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen nach EU Beihilferecht1 A. Hintergrund deutlich weitergehende Regelung würde u.E. durch Der Koalitionsvertrag der Großen Koalition formu- die EU- Kommission genehmigt werden. liert das Ziel, die Rahmenbedingungen für Investoren zu verbessern, die in junge, wachstumsstarke Nach unserer Einschätzung wären deutlich weiter- Unternehmen investieren. Dazu sollen die rechtli- gehende Maßnahmen beihilferechtlich zulässig. chen und steuerlichen Rahmenbedingungen für Wagniskapital international wettbewerbsfähig ge- I. Genehmigungsbedürftige Beihilfe staltet und Deutschland als Fondsstandort attraktiv Steuerliche gemacht werden. Kommission in der Regel als genehmigungsbedürf- Privilegien werden von der EU- tige Beihilfen eingestuft. Die Ausnahmeregelung In dem am 21. Juli 2015 durch das BMF veröffentli- fällt nicht unter die Allgemeinen Gruppenfreistel- chen InvStRefG-E wird eine Abschaffung der Steuer- lungsverordnung der Kommission (Verordnung (EU) befreiung von Veräußerungsgewinnen (§ 8b Abs. 2 Nr. 651/2014 der Kommission vom 17. Juni 2014, KStG) aus „Streubesitz“ (d.h. Beteiligungen von un- ABl. EU 2014/L 187/01) („Gruppenfreistellungs- ter 10% am Eigenkapital einer Körperschaft) vorge- verordnung“, Link), so dass sie nicht von der Geneh- schlagen; sämtliche ab dem 1. Januar 2018 reali- migungspflicht befreit ist. sierten Veräußerungsgewinne aus Streubesitzbeteiligungen sollen in vollem Umfang körperschaft- und II. Genehmigungsfähigkeit nach den Förderleitlinien gewerbesteuerpflichtig sein, § 8b Abs. 4 KStG-E. Es ist zu erwarten, dass die Ausnahmeregelung von Weil die Einführung einer Steuerpflicht von Veräuße- der EU-Kommission genehmigt wird, da sie nach rungsgewinnen aus Streubesitzanteilen in diametra- den Leitlinien der EU-Kommission für staatliche Bei- lem Gegensatz zu dem Ziel der Förderung von Wag- hilfen zur Förderung von Risikofinanzierungen niskapital steht, sieht Art. 3 Nr. 2 InvStRefG-E eine (2014/C 19/04) („Förderleitlinien“, Link) im Wesent- Ausnahme für Risikokapitalgeber vor, die die För- lichen genehmigungsfähig ist. derbedingungen der EU-Kommission gemäß den Förderleitlinien erfüllen, § 26a KStG-E. Aufgrund der Auf die Voraussetzungen soll hier nur überblicks- Ausnahmeregelung sollen diese Investoren jedoch weise eingegangen werden. Die Frage der Ange- zukünftig erreichen können, dass die Körperschafts- messenheit der Beihilfe (Textziffer 54 lit. e) i.V.m. teuer um bis zu 30% des Investitionsbetrags ermä- Textziffern 133 – 154 der Förderleitlinien soll je- ßigt wird. doch eingehend behandelt werden, da die Kommission an dieser Stelle genaue Vorgaben zum Umfang B. Rechtliche Würdigung der Beihilfen macht. Die Ausnahmeregelung ist eine genehmigungsbedürftige Beihilfe und es ist zu erwarten, dass die EUKommission sie genehmigt. Hierfür sind jedoch ein paar geringe Anpassungen erforderlich. Auch eine 1 Der Text ist im Hinblick auf den Entwurf eines Investmentsteuerreformgesetzes und vor dem Beschluss des Bundeskabinetts vom 16.09.2015 zum „Eckpunktepapier Wagniskapital“ erstellt worden. Weil in ihm erstmalig in der deutschen juristischen Literatur auf die Frage eingegangen wird, inwieweit die Förderung von Wagniskapital durch Privatinvestoren nach dem EU Beihilferecht zulässig ist, hat er jedoch ungebrochene Relevanz für die im Eckpunktepapier angekündigten Maßnahmen. 9 III. Anwendungsbereich der Förderleitlinien und IV. Angemessenheit, Textziffer 54 lit. e), Textziffern Voraussetzungen Textziffer 53 lit. a) bis d) 133 - 154 der Förderleitlinien Die Ausnahmeregelung verweist zur Bestim- Die Neuregelung ist auch angemessen, da sie auf mung der Zielunternehmen dynamisch auf die das erforderliche Minimum begrenzt ist. Förderleitlinien und nimmt Unternehmen in Hierfür fordert die Kommission, dass die Beihilfe Schwierigkeiten und börsennotierte Unterneh- mithin auf dasjenige Maß beschränkt sein muss, men von der Förderung aus. was erforderlich ist, um die ermittelte Finanzierungslücke aufgrund des Marktversagens zu schlie- Der von der Ausnahmeregelung begünstigte ßen und privates Kapital in entsprechendem Um- Investorenkreis ist grundsätzlich förderungsfä- fang zu mobilisieren. Diese Anforderung wird in den hig, es müsste jedoch festgeschrieben werden, Textziffern 133 - 155 der Förderleitlinien konkreti- dass die Investoren von dem Unternehmen, in siert. das investiert wird, unabhängig sein müssen, vgl. Textziffer 150 der Förderleitlinien. In den Textziffern 149 - 152 der Förderleitlinien werden detaillierte Vorgaben für die Angemessenheit Wir gehen davon aus, dass die Bundesregierung steuerlicher Instrumente gemacht. Textziffern 149 in der Lage sein wird, hinreichend konkret dar- und 150 stellen allgemeine Regelungen für alle zulegen, dass die Ausnahmeregelung einen Bei- steuerlichen Instrumente auf. In den Textziffern 151 trag zu einem genau definierten Ziel von ge- und 152 werden dann einige konkrete steuerliche meinsamem Interesse leistet. Die derzeitige Instrumente jeweils separat behandelt. Begründung, die Rahmenbedingungen für Kapitalrisikoinvestitionen zu verbessern und 1. Allgemeine Voraussetzungen steuerlicher Instru- Deutschland als Fondsstandort attraktiver zu mente, Textziffer 149 f. machen, sollte also u.E. konkreter formuliert Für die Textziffern 149, 150 muss die Beihilfe fol- werden. gende Kriterien erfüllen: Die Ausnahmeregelung ist u.E. eine erforderli- Die Gesamtinvestition für jedes begünstigte che Maßnahme, da sie durch Behebung eines Unternehmen darf den in der Risikofinanzie- Marktversagens wesentliche Verbesserungen rungsbestimmung der Gruppenfreistellungsver- bewirken kann, die der Markt selbst nicht her- ordnung beiführen kann. überschreiten (EUR 15,0 Mio. pro Unterneh- festgesetzten Höchstbetrag nicht men). Die Ausnahmeregelung ist u.E. eine geeignete Maßnahme, um die mit ihr verfolgten Ziele zu Es muss sich bei den beihilfefähigen Anteilen verwirklichen und das Marktversagen zu behe- um von beihilfefähigen Unternehmen neu aus- ben. Die Ausnahmeregelung müsste jedoch gegebene normale Anteile mit vollem Risiko zunächst auf 10 Jahre befristet werden, vgl. handeln, die mindestens drei Jahre lang gehal- Textziffer 124 der Förderleitlinien. ten werden müssen. Es ist davon auszugehen, dass die Ausnah- 2. Einzelne steuerliche Instrumente, Textziffer 151 f. meregelung hinreichende Anreizeffekte bietet, Textziffer 151 Satz 1 und 2 behandelt eine Situati- da sie eine geeignete steuerliche Maßnahme on, in der der Mitgliedsstaat Investoren die Möglich- ist. keit einräumt, im Jahr der Investition einen Teil des investierten Betrages von ihrer Einkommensteuer- 10 schuld abzuziehen. Da es sich um die Einkommen- Veranlagung erstattet, ist sie zu niedrig, hat der steuer im Jahr der Investition handelt und die Antei- Empfänger nachzuzahlen. Eine Freistellung allein le mindestens drei Jahre gehalten werden müssen von der Quellenbesteuerung ist deshalb kaum sinn- (s.o.), betrifft die Regelung somit die Einkommens- voll, da sie im Ergebnis keine Entlastungswirkung teuer aus der sonstigen wirtschaftlichen Tätigkeit hätte. des Investors. Der Anrechnungsbetrag wird hier auf regelmäßig 30% des Investitionsbetrags be- Die englische Textfassung spricht dem gegenüber schränkt. Nach Textziffer 151 Satz 1 und 2 wäre von einer Freistellung von der „capital gains tax“, entsprechend eine Regelung zulässig, die im Jahr was eine Freistellung der Veräußerungsgewinne der Investition eine Ermäßigung der im Übrigen an- von der Besteuerung bedeutet. Wäre eine Befreiung fallenden Körperschaftsteuer um bis zu 30% des von der Quellenbesteuerung beabsichtigt gewesen, Investitionsbetrags ermöglicht. hätte es in der englischen Sprachfassung „withholding tax“ lauten müssen. Textziffer 151 Satz 2 erlaubt es, Verluste aus der Veräußerung qualifizierender Investitionen bei der Nach Sinn und Zweck und unter Berücksichtigung Bestimmung der Einkommensteuerschuld aus der der verschiedenen Sprachfassungen sind die För- sonstigen Tätigkeit abzusetzen. Die Regelung wür- derleitlinien deshalb so auszulegen, dass eine Be- de entsprechend erlauben, vorzusehen, dass Verlus- freiung von der Besteuerung der Veräußerungsge- te aus der Veräußerung uneingeschränkt von der im winne gemeint ist. Übrigen anfallenden Körperschaftsteuer abgesetzt werden. Die aktuell vorgesehene Beschränkung auf die Verrechnung mit Veräußerungsgewinnen aus qualifizierenden Investitionen ist nicht notwendig. Textziffer 152 beschäftigt sich mit den Einkommensteuereffekten aus der Beteiligung selbst. Satz 1 erlaubt es, Dividendeneinkünfte aus qualifizierenden Investitionen vollständig steuerfrei zu stellen. Der 152. | […] Ebenso können im Falle von Vergünstigungen bei der Kapitalertragsteuer Gewinne aus dem Verkauf beihilfefähiger Aktien in vollem Umfang von der Kapitalertragsteuer befreit werden. […] 152. | […] Similarly, in the case of capital gain tax relief, any profit on the sale of qualifying shares can be fully exempt from capital gain tax. […] Satz würde entsprechend eine Gegenausnahme zu § 8 Abs. (4) KStG zulassen, so dass Streubesitzdividenden aus qualifizierenden Investitionen nicht kör- Entsprechend wäre es zulässig, 100% der Veräuße- perschaftsteuerpflichtig wären. rungsgewinne aus qualifizierenden Investitionen von der Kapitalertragsteuer freizustellen. D.h. die Textziffer 152 Satz 2 erlaubt es, Gewinne aus dem bisher vorgesehene Beschränkung auf 30% des In- Verkauf qualifizierender Investitionen vollständig vestitionsbetrags ist nicht EU-rechtlich vorgegeben. steuerfrei zu stellen. Die deutsche Textfassung der Nach Textziffer 152 Satz 3 ist es alternativ möglich, Förderleitlinien spricht hier bei von einer Freistel- die Besteuerung der Veräußerungsgewinne aufzu- lung von der „Kapitalertragsteuer“. Die Kapitaler- schieben, soweit diese innerhalb von einem Jahr tragsteuer ist jedoch keine eigene Steuerart, son- wieder in qualifizierende Investitionen angelegt wer- dern nur eine Art der Steuererhebung, nämlich eine den. Entsprechend wäre es somit zulässig, die Steu- Besteuerung an der Quelle. Quellensteuern sind re- erfreistellung von Veräußerungsgewinnen von der gelmäßig nur Vorauszahlungen auf die Steuer- Körperschaftsteuer an eine Reinvestition innerhalb schuld des Empfängers der Zahlung und werden bei eines Jahres zu knüpfen. der Veranlagung des Empfängers eingerechnet. Ist die Quellensteuer zu hoch, wird sie im Rahmen der 11 V. Weitere Voraussetzungen, Textziffer 54 lit. f) und Es ist denkbar, dass der INVEST-Zuschuss selbst g), Textziffer 25 unter die Zulässigkeitskriterien der Textziffer 151 Wir gehen davon aus, dass es der Bundesregierung der Förderleitlinien fällt, da eine unmittelbare finan- gelingen wird, nachzuweisen, dass übermäßige ne- zielle Förderung des Erwerbs mit einer allgemeinen gative Auswirkungen auf den Wettbewerb und den Steuervergünstigung gleichgestellt werden kann. Handel zwischen Mitgliedstaaten vermieden wer- Soweit die Ausnahmeregelung auch an Textziffer den. 151 gemessen wird, könnten in der Kumulation die Förderhöchstgrenzen überschritten werden. Die Ausnahmeregelung müsste die Transparenzvorschriften gemäß Textziffer 166 der Förderleitlinien Eine Verlängerung des INVEST-Zuschusses er- erfüllen. Hierfür könnte die Förderdatenbank des scheint sinnvoll, da der INVEST-Zuschuss ganz an- Bundes um die erforderlichen Angaben erweitert dere, erhaltenswerte Charakteristika hat, nämlich werden. Da die Veröffentlichungspflichten das Steu- zeitlich viel früher ansetzt und auch unabhängig von ergeheimnis des Investors tangieren, erscheint eine einem möglichen Veräußerungsgewinn eingreift. gesetzliche Regelung geboten. C. Zusammenfassung VI. Kumulation, INVEST-Zuschuss 1. Die Beschränkung der Ausnahmeregelung im Eine gleichzeitige Förderung mittels verschiedener Entwurf eines Investmentsteuerreformgesetzes Programme ist grundsätzlich zulässig. Hierbei sind auf 30% des Investitionsbetrags ist nicht beihil- im Einzelfall die jeweils einschlägigen Beschränkun- ferechtlich vorgegeben. Nach unserer Einschät- gen zu beachten. Diese ergeben sich insbesondere zung wäre auch eine vollständige Freistellung aus Textziffer 167 - 169 der Förderleitlinien. der Veräußerungsgewinne von der Körperschaftsteuer möglich. Eine Kumulation von INVEST-Zuschuss und Ausnahmeregelung ist nach derzeitigem Entwurfsstand 2. Die Beschränkung der Verrechnung von Verlus- ausgeschlossen. Soweit der INVEST-Zuschuss ver- ten aus der Veräußerung qualifizierender Inves- längert wird, wäre zu prüfen, nach welchen Regelun- titionen ist beihilferechtlich nicht notwendig. Es gen die Kumulation der beiden Instrumente zu beur- wäre zulässig, vorzusehen, dass die Verluste teilen wäre. unbeschränkt mit den sonstigen Einkünften verrechnet werden können. Nach der aktuellen Rechtslage läuft der INVESTZuschuss zum 31. Dezember 2016 aus. Die Ausnahmeregelung soll erst ab dem Veranlagungszeitraum 2018 gelten. 3. Beihilferechtlich wären auch folgende Maßnahmen zulässig: a. Die Freistellung der Veräußerungsgewinne könnte unter den Vorbehalt der Soweit eine Verlängerung des INVEST-Zuschusses Reinvestition der Gewinne innerhalb angedacht wird, müsste die Beihilfe rechtliche Zu- eines Jahres gestellt werden. lässigkeit der Kumulation beider Instrumente untersucht werden. Für steuerliche Beihilfen beurteilt b. Die im Übrigen anfallende Körper- sich die Angemessenheit insbesondere nach den schaftsteuer könnte im Jahr der Investi- Textziffern 151 und 152 der Förderleitlinien. Das tion um bis zu 30% des Investitionsbe- Verhältnis beider Beschränkungen und die Zulässig- trags reduziert werden. keit einer Kumulation ist nicht ohne weiteres ersichtlich. c. Dividendeneinkünfte aus qualifizierenden Investitionen könnten vollständig 12 von der Körperschaftsteuer freigestellt uns grundsätzlich zulässig, soweit nicht hier- werden. durch eine Übermaßförderung entsteht, d.h. die Finanzierungslücke für Start-ups überkompen- 4. Eine gleichzeitige Geltung von INVEST- siert wird. Zuschuss und Ausnahmeregelung erscheint Zu den Autoren Dr. Peter Bujotzek, LL.M., ist Rechtsanwalt und als Counsel bei P+P P öllath + Partners tätig. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen Private Funds, Strukturierung von Private Equity-, Immobilien- und Infrastrukturfonds, Managed Accounts, Steuerrecht einschl. Investmentsteuerrecht, Investmentrecht, AIFMD-, KAGB-Beratung und Sekundärtransaktionen. Peter Bujotzek veröffentlicht regelmäßig zu den o.g. Tätigkeitsschwerpunkten (z.B. Beiträge zu aktuellen Rechts- und Steuerthemen im Handelsblatt SteuerBoard). Dr. Fabian Euhus, EMBA ist Rechtsanwalt und als Counsel bei P+P Pöllath + Partners tätig. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen Private Funds, Private Equity & Venture Capital, Fondstrukturierung, AIFMD/KAGB-Beratung, EuVECA, Steuerrecht und FATCA Compliance. Fabian Euhus hat u.a. publiziert zu den Themen EuVECA, und Venture Capital Fonds . 13 Business Angels Netzwerk Deutschland e.V. (BAND) BAND Vorschlag zur Förderung der Start-up Finanzierung aus einem Guss Beitrag ursprünglich veröffentlicht als BrANDneues 3/2015 turierten und transparenten Anreizsystems aus am 09.09. d.J. einem Guss Gleichstellung von Angel Investoren, die privat Vorbemerkung finanzieren, mit denen, die über ein Investitions- Seit Vorlage des Diskussionsentwurfs eines Invest- vehikel, z.B. eine GmbH, investieren mentsteuerreformgesetzes (Stand 21.06.2015) ha- ben eine Reihe von Stellungnahmen, z.B. die der Arbeitsgruppe des Beirats Junge IKT beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie Weitgehende Verknüpfung steuerlicher Anreize mit INVEST – Zuschuss für Wagniskapital vom Berücksichtigung, aber auch Ausschöpfung des EU Beihilferechts 27.08.2015, die eklatanten Schwächen der im Entwurf vorgesehenen steuerlichen Behandlung von II. Reform dringend nötig Veräußerungsgewinnen aus Streubesitz aufgezeigt. Nach der letzten GEM Studie (Global Entrepreneur- Nach Pressemeldungen hat das Bundesfinanzmi- ship Monitor), Länderbericht Deutschland von 2014, nisterium selbst die Möglichkeit eingeräumt, Veräu- steht Deutschland bei den Gründungszahlen unter ßerungsgewinne von Angel GmbHs auch in Zukunft den 29 Industriestaaten auf dem drittletzten Platz von der Körperschaftsteuer freizustellen. Der BAND vor Italien und Japan. Den ersten Platz unter den Vorstand konnte am 26.08.2015 ein Gespräch mit europäischen Ländern nimmt Großbritannien ein. dem hessischen Finanzminister Schäfer, der als Ein wesentlicher Grund für diese hervorragende bri- Initiator der im Entwurf vorgesehenen steuerlichen tische Rolle dürfte das dortige Anreizsystem für die Behandlung von Veräußerungsgewinnen gilt, füh- Finanzierung von Start-ups durch private Investoren ren. Dabei zeigte sich dieser offen für eine weitge- sein. Mit dem Enterprise Investment Scheme (EIS) hende steuerliche Förderung von Angel Invest- und dem noch besser dotierten Seed Enterprise ments, nicht nur bei Veräußerungsgewinnen, son- Investment Scheme (SEIS) haben die Briten ein dern auch darüber hinaus und für eine Verknüpfung strukturiertes steuerliches Anreizsystem geschaf- mit INVEST – Zuschuss für Wagniskapital. fen. I. Ziele und Anforderungen Deutschland ist hingegen bisher den Weg einer gut Nach all dem gehen wir davon aus, dass es Zeit ist, ausgebauten öffentlichen Förder- und Finanzie- über den Diskussionsentwurf hinaus zu denken und rungsstruktur gegangen, die ihrerseits durchaus in den Blick auf mögliche Lösungen zu richten, die Vielem als vorbildlich gelten kann. Es wird jedoch folgenden Zielen und Anforderungen genügen: niemals möglich sein, durch öffentliche Mittel in annähernd gleichem Umfang Kapital bereit zu stel- Schaffen von Anreizen, die stark genug sind, len, wie dies durch private Mittel denkbar ist. Hierfür deutlich größere Teile des durchaus in beträcht- sind hinreichende Anreizsysteme erforderlich, weil lichem Ausmaß vorhandenen privaten Kapitals die Finanzierung von Start-ups eine extrem risikorei- als bisher in die risikoreiche, aber volkswirt- che Geldanlage ist, die häufig mit dem Totalverlust schaftlich besonders wertvolle Finanzierung endet, auch wenn die Gewinnaussichten im Einzel- von Start-ups zu lenken fall durchaus hoch sein mögen. Erarbeitung eines überlegten, wirksamen, struk- 14 Mit dem seit 2013 bestehenden INVEST – Zu- vestiert werden. schuss für Wagniskapital ist erstmals in Deutschland ein spezielles Instrument zur Förderung von Grundsätzlich würde eine vergleichbare Maßnahme privatem Risikokapital für Gründungsunternehmen für Deutschland bedeuten: eingeführt worden. Viele Angel Investoren nutzen außerdem die allgemeine Möglichkeit, mittels der Rechtsform der GmbH Veräußerungsgewinne nahezu steuerfrei wieder in andere Start-ups zu investie- Prinzipielle Weiterführung des 20-prozentigen steuerfreien INVEST Befreiung der Veräußerungsgewinne von der ren. Da die meisten Angel Investments, jedenfalls Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer sowie der nach Verwässerung in Folgerunden, unter 10 % lie- Gewerbesteuer gen, sind sie von der Streubesitzbesteuerung im Wege des Kollateralschadens betroffen. mensteuer und der Körperschaftsteuer Es ist offenkundig, dass von einem überlegten, wirk- Geltendmachung von Verlusten bei der EinkomAnknüpfung der steuerlichen Anreize an INVEST und Anpassung von INVEST. samen, strukturierten und transparenten Anreizsystem für Start-up Finanzierungen durch Privatinves- IV. Weitgehende Gleichstellung von privaten An- toren nicht die Rede sein kann und die Überlegun- gels und Angel GmbHs gen des Entwurfs eines Investmentsteuerreformge- Eine Merkwürdigkeit der Situation in Deutschland setzes dies noch konterkarieren würden. Anderer- ist, dass Angel Investoren aus rein steuerlichen seits dürfte spätestens dieser unglückliche Gesetz- Gründen oft mittels einer GmbH investieren. Denn entwurf klar gemacht haben, dass es Zeit ist und private Angels zahlen im Wege des Teileinkünfte- die Gelegenheit dazu da ist, das Vorhaben der Koali- verfahrens 60 % ihres persönlichen Steuersatzes tionsvereinbarung, Wagniskapital zu fördern, im zuzüglich Solidaritätszuschlag an Einkommensteu- Hinblick auf Privatinvestoren jetzt auch umzuset- er. Dies ist im Hinblick auf Anreizsysteme eine Un- zen. gleichbehandlung im Vergleich zur Angel GmbH. Jede wie auch immer geartete Ungleichbehandlung III. Grundzüge einer Anreizstruktur erschwert die Transparenz des Systems und damit Wie dargestellt, sollte Maß am britischen System den Zugang von neuen Investoren. genommen werden, ohne es zu kopieren. Das Enterprise Investment Scheme (EIS) sieht folgende steu- Da es vor allem auch darum geht, neue Angel Inves- erlichen Ermäßigungen für Investoren in beihilfefä- toren zu gewinnen, ist es erforderlich, ein Anreizsys- hige Unternehmen vor: tem zu schaffen, das sich gleichermaßen auch auf private Angels bezieht. Denn neu beginnende Busi- Ermäßigung von 30% des Investitionsbetrages ness Angels werden im Allgemeinen nicht sofort auf die Einkommensteuer bis zu einem Investiti- den Weg über eine GmbH gehen wollen. Daher soll- onsbetrag von 1.000.000 Pfund te der Veräußerungsgewinn privater Angels künftig Befreiung einkommensteuerfrei gestellt werden. sämtlicher Veräußerungsgewinne von der Kapitalertragsteuer Veräußerungsverluste können entweder von der Umgekehrt sollte eine Gleichstellung aber auch für Einkommensteuer dieses oder des letzten Jah- die GmbH Angels und die gewerblich tätigen Angels res, oder von der Kapitalertragsteuer abgesetzt Anwendung finden, indem keine Gewerbesteuer auf werden deren Veräußerungsgewinne erhoben wird. Aufschub der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen, wenn diese innerhalb eines bestimm- Die Körperschaftsteuerfreiheit von Veräußerungs- ten Zeitraums in begünstigte Unternehmen rein- gewinnen sollte durch Beibehaltung der jetzigen 15 allgemeinen Regelung geschehen. Notfalls ist aber auch eine Sonderregung für Angel Investoren denk- Sowohl für die beteiligten Finanzbehörden als auch bar, die beihilferechtlich grundsätzlich zulässig ist. für die Investoren hätte eine Verknüpfung mit INVEST jedenfalls den Vorteil, dass sofort mit der In- Im Blick auf Transparenz und Gleichbehandlung ist vestition die notwendige Dokumentation zwingend ein stattfinden würde, so dass im Veräußerungsfall der rechtsformunabhängiges Anreizsystem zu schaffen. behördliche Aufwand sich minimiert und auch die beihilferechtlichen Dokumentationspflichten leich- V. Weitgehende Verknüpfung der Steueranreize ter eingehalten werden können. mit INVEST Wie beim britischen EIS die Nutzung des 30- VI. Berücksichtigung, aber auch Ausschöpfung des prozentigen Abzugs des Investitionsbetrages von EU Beihilferechts der Einkommensteuer könnte auch INVEST in vielen Mit Ausnahme einer allgemeinen Steuerbefreiung Fällen der Anknüpfungspunkt für die Steueranreize der Veräußerungsgewinne von Kapitalgesellschaf- sein. Allerdings müsste INVEST vor allem in Hin- ten entsprechend der bisherigen steuerlichen Rege- blick auf die begünstigte Investitionssumme groß- lung unterstehen die genannten Vorschläge dem zügiger ausgestaltet sein als dies zurzeit der Fall Beihilferecht der EU. ist. Gegenwärtig liegt die Grenze bei 250.000 Euro. Außerdem müssten auch Anschluss- und Folgefi- Die Besonderheit der deutschen Rechtssituation im nanzierungen begünstigt werden können, deren Re- Vergleich zu anderen europäischen Ländern ist, levanz immer größer wird, weil sich hier längst eine dass viele Angel Investoren – im Wesentlichen zweite „Equity Gap“ aufgetan hat. steuergetrieben - über eine Kapitalgesellschaft investieren. Ansonsten bestehen keine strukturellen Der INVEST - Zuschuss für Wagniskapital wird im Unterschiede zwischen GmbH Angels und privat Unterschied zum britischen EIS und SEIS nur für finanzierenden Angels. In beiden Fällen ist es der Investitionen in innovative Unternehmen gewährt. Business Angel persönlich, der die Entscheidungen Dies hat durchaus Härten zur Folge, zumal Angel trifft und der mit seinem „Know-how-Flügel“ die Investoren einen Teil ihres Portfolios oft für Unter- Gründungsunternehmer unterstützt. nehmensgründungen vorhalten, die zwar nicht hoch innovativ sind, deren Beteiligungszeitraum aber Das EU Beihilferecht sieht hingegen bei Unterneh- überschaubar bleibt und bei denen zusätzliche An- men, die als Unternehmen in andere Unternehmen schlussinvestoren nicht erforderlich sind. Hier ist investieren, eine zweite Unternehmensebene durch z.B. an E-Commerce Geschäftsmodelle zu denken, die Förderung von Risikokapital begünstigt. Deswe- die gegenwärtig nicht INVEST fähig sind. Eine Er- gen gilt für private Angels die „Allgemeine Gruppen- weiterung des Kreises der INVEST fähigen Unter- freistellungsverordnung“ vom 17.06.2014 (Link). Sie nehmen wäre daher auch im Sinne einer Harmoni- stellt ein Land sogar von der beihilferechtlichen An- sierung mit der steuerlichen Förderung wünschens- meldepflicht frei, wenn es private Angel Investoren wert. steuerlich begünstigt, sofern es sich um Investitionen in Start-ups handelt, die nicht länger als sieben Bei anderen Fragen muss im Einzelnen ausgelotet Jahre gewerblich tätig sind. Auch Anschlussinvesti- werden, inwieweit eine derartige Verknüpfung mög- tionen sind unter relativ einfach einzuhaltenden Vo- lich ist. So sind z.B. GbR- und GmbH & Co.- raussetzungen beihilferechtlich zulässig. Zusätzlich Konstruktionen sowie Finanzierungen mittels Treu- gibt es einige weitere Voraussetzungen, die aber in händern, aber auch GmbHs mit mehr als vier Gesell- der Regel von Angel Investoren erfüllt werden, u.a., schaftern, zurzeit nicht INVEST fähig. dass der Gesamtbetrag der geförderten Risikofinan- 16 zierung 15 Mio. Euro nicht übersteigen darf (Art. 21, Abs. 3-9 AllgGrFreistVO). Nr. 89-129 der Leitlinien) Für Finanzierungen mittels Unternehmen, also auch GmbHs, sind ergänzend Geeignetheit der Beihilfemaßnahmen (Nr. 54c, und speziell die (strengeren) Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Anreizeffekt der Maßnahme (Nr. 54d, Nr. 130132 der Leitlinien) Angemessenheit der Beihilfe (Nr. 54e, Nr. 133154 der Leitlinien) Förderung von Risikofinanzierungen (Amtsblatt der Europäischen Union 2014/C/19/04, Link) zu beach- Diese Nachweise dürften angesichts des britischen ten (Nr. 87, 120 der Förderleitlinien). Sie unterschei- Beispiels und der Tatsache, dass zwischen dem den in Nr. 151, 152 folgende Möglichkeiten der GmbH Angel und dem privaten Angel unter beihilfe- steuerlichen Förderinstrumente: rechtlichen Aspekten kein struktureller Unterschied besteht, gut zu erbringen sein. Steuervergünstigung von 30% auf den Investitionsbetrag (Nr. 151) und Absetzung von Verlus- VII. Fazit ten von der Einkommensteuer (Nr. 151) Einer Start-up Finanzierung durch Angel Investoren Befreiung von Dividenden von der Einkommens- aus einem Guss steht aus EU beihilferechtlichen teuer (Nr. 152) Erwägungen nichts im Wege. Im Zuge der Transpa- Befreiung von der Kapitalertragsteuer auf Ge- renz für Investoren und Start-ups muss die weitge- winne aus dem Verkauf von Aktien (Nr. 152) hend gleichartige rechtsformunabhängige steuerli- Aufschub der Kapitalertragsteuer bis zu einem che Behandlung von privaten und GmbH Angels Jahr, wenn die Gewinne in beihilfefähige Unter- eingeführt werden. Und es müssen Gewinne aus nehmen reinvestiert werden (Nr. 152) risikoreichen Investitionen in Start-ups steuerfrei Ein Kumulationsverbot zwischen verschiedenen gestellt werden, Verluste müssen abzugsfähig sein. Maßnahmen ist nicht vorgesehen. Diese Steueranreize müssen weit möglichst mit INVEST – Zuschuss für Wagniskapital, der prinzipi- Die Förderleitlinien sehen darüber hinaus mehrere ell weiter zu führen ist, verknüpft werden. Nur so allgemeine Maßstäbe vor, an denen die Fördermaß- können nachhaltige Impulse geschaffen werden, nahme zu messen ist: um vermehrt Risikokapital für junge innovative Unternehmen zu mobilisieren. Erforderlichkeit zur Beseitigung eines Marktversagens (Nr. 54b, Nr. 63-88 der Leitlinien) 17 Eckpunktepapier Wagniskapital Deutschland braucht eine neue Gründerzeit veröffentlicht von der Bundesregierung am 16.09.2015 So haben die fünf mit Wagniskapital finanzierten ITUnternehmen Amazon, Facebook, Google, Apple I. Ausgangslage und Microsoft zusammen eine größere Marktkapi- Deutschland braucht eine neue Gründerzeit. Wir talisierung als alle 30 DAX-Unternehmen. Während brauchen mehr junge und innovative Unternehmen, Deutschland 2014 elf Börsengänge verzeichnete, damit Deutschland seine ökonomischen Chancen wurden in dem selben Jahr an der Londoner Börse im Zuge der Digitalisierung nutzen kann. Es muss 112 Unternehmen und in den U.S.A. 288 Unterneh- für junge innovative Unternehmen attraktiv sein, in men erstmals notiert. Das Silicon Valley steht nicht Deutschland zu starten und von hier aus in die Welt nur im weltweiten Ökosystem innovativer Unterneh- zu expandieren. Die Regierungskoalition sieht sich men ganz vorne. Acht der weltweit führenden zehn dem Ziel verpflichtet, Deutschland als Investitions- Cluster liegen in den U.S.A (Tel Aviv: Platz 2, Lon- standort für Wagniskapital international wettbe- don: Platz 7, Paris: Platz 11, Berlin: Platz 15). Richtig werbsfähig zu gestalten. ist aber auch, dass gerade Berlin in jüngster Zeit als internationales Cluster enorm aufgeholt und sehr an Über Jahrzehnte wurden die Innovationskraft und internationaler Reputation gewonnen hat. Weiterentwicklung der Wirtschaft in Deutschland sehr erfolgreich durch bestehende Unternehmen Dennoch gilt auch für Berlin, was für ganz Deutsch- vorangetrieben - die große Zahl von Weltmarktfüh- land symptomatisch ist: Die erfolgversprechenden rern aus dem Mittelstand ist einmalig in der Welt. Start-ups sind klein und wachsen relativ langsam. Hingegen ist die Bedeutung junger Wachstumsun- Auch die in Deutschland investierenden Fonds sind ternehmen im Vergleich zu Ländern mit einem leis- oftmals zu klein, um größere Finanzierungsrunden tungsfähigen Wagniskapitalmarkt gering. möglich zu machen. Ausländische Investoren schließen nur zum Teil die Kapitalangebotslücke, Die deutsche Wirtschaft ist mit einer Phase sich die von inländischen Investoren nicht abgedeckt radikal wandelnder Märkte und Technologien kon- wird. Dieser Kapitalmangel insbesondere in der frontiert. Angesichts des globalen Wettbewerbs, Wachstumsphase führt nicht selten dazu, dass die umwälzender Innovationen und des Entstehens finanzierten Unternehmen an oftmals ausländische neuer, großer Weltmarktführer z.B. der digitalen Unternehmen verkauft werden, da der Weg bis zum Wirtschaft braucht Deutschland einen starken Wag- einem Börsenexit zu weit ist oder die Bewertungen niskapitalmarkt. Der deutsche Wagniskapitalmarkt in Deutschland vergleichsweise niedrig sind. Dies ist gemessen an der deutschen Wirtschaftskraft fördert die Konzentration im Markt. recht klein. Während in Deutschland rd. 0,02 % des BIP investiert werden, steht in den U.S.A. relativ zur II. Wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen für Wirtschaftskraft fast das 10fache (0,17 % des BIP) Wagniskapital entwickeln – bisherige und in Israel knapp das 20fache des deutschen Maßnahmen Wertes zur Verfügung. Auch an der Börse stehen in den U.S.A. - anders als in Deutschland - gemessen Die Regierungskoalition hat es sich zum Ziel ge- an der Marktkapitalisierung überwiegend Unterneh- setzt, die Rahmenbedingungen für Wagniskapital men ganz oben, die jünger als 20 Jahre sind. international wettbewerbsfähig zu gestalten. Die 18 Bundesregierung hat gehandelt und folgende Maß- ferechtlich akzeptierte Lösung zum Erhalt wei- nahmen in dieser Legislaturperiode bereits auf den terer Verlustvorträge beim Anteilseignerwech- Weg gebracht: sel und bei Kapitalerhöhungen bei innovativen Noch in diesem Jahr wird ein 500 Mio. EUR Unternehmen zu finden, die die suspendierte starker ERP/EIF-Wachstumsfonds an den Markt Sanierungsklausel ersetzt. gehen, der die Lücke bei größeren Wachstums finanzierungen verkleinern soll. III. Weitere Maßnahmen, auf die sich die Bundesre- Fest eingeplant ist die Aufstockung des ERP/ gierung bereits verständigt hat EIF-Venture-Capital-Dachfonds auf 1,7 Mrd. EUR mit einer Aufstockung der Business Angel 2016 massiv ausbauen: Auf Investitionen von Finanzierungen auf knapp 300 Mio. EUR. Der Privatpersonen oder Kapitalgesellschaften in EIF tätigt bereits jetzt Zusagen im Vorgriff auf Wagniskapital von bis zu 500.000EUR im Jahr diese Aufstockung. wird in Zukunft ein Zuschuss in Höhe von 20% Die EXIST-Förderung für Gründerteams aus der Investitionen und eine Erstattung der Steuer Hochschulen wurde verbessert. auf Veräußerungsgewinne gewährt. Außerdem Der INVEST-Zuschuss für Wagniskapital wurde wird es einen Förderzuschuss für den Ausgleich steuerfrei gestellt. – Über 1.000 Mal wurde der von Verlusten geben. Die Finanzierung der Zu- INVEST-Zuschuss bereits in Anspruch genom- satzkosten wird einvernehmlich zwischen BMF men. und BMWi geregelt. Ein weiterer Akzelerator für deutsche Start-ups wird in den U.S.A. eingerichtet. Das INVEST-Zuschussprogramm werden wir in Innovative Unternehmen von einer Streubesitz- Die KfW ist mit einem Budget von 400 Mio. EUR besteuerung ausnehmen als Ankerinvestor für Fonds in den Markt zu- Viele Business Angels, Gründer und Investoren rückgekehrt. halten ihre Beteiligungen über eine Kapitalge- Der ERP-Startfonds wird in eine eigene Gesell- sellschaft, für die vom Gesetzgeber auf Ebene schaft außerhalb der KfW ausgegliedert, um der Kapitalgesellschaft eine Steuerfreiheit von beweglicher im Markt agieren zu können. Veräußerungsgewinnen vorgesehen ist, solange Die Crowd- nicht an den Anteilseigner ausgeschüttet wird. Finanzierungen wurde im Sinne der finanzierten Diese Möglichkeit wird von vielen Business An- Unternehmen für Finanzierungen bis zu 2,5 Mio. gels und Gründern als sehr wichtig angesehen. EUR großzügig gefasst. Während die Steuerbefreiung auf Ausschüttun- Die neue Anlageverordnung für Versicherungen gen aus sog. Streubesitzbeteiligungen unter vermeidet zusätzliche Belastungen für Wagnis- 10% inzwischen weggefallen ist, gibt es den kapital. Wunsch aus dem Kreis der Bundesländer, die Zusammen mit der Deutschen Börse sollen nach wie vor bestehende Steuerbefreiung für mehr Börsengänge mobilisiert werden. Dazu Veräußerungsgewinne aus Streubesitzbeteili- wurde im Juni 2015 das „Deutsche Börse Ven- gungen ebenfalls zu streichen. Im unlängst ver- ture Network“ gestartet, mit welchem Unterneh- öffentlichten Diskussionsentwurf eines Invest- men an die Börse herangeführt werden sollen. mentsteuerreformgesetzes hat das BMF einen Bereits im Jahr 2010 wurden die Regelungen Vorschlag zur Besteuerung von Veräußerungs- zur Verlustabzugsbeschränkung um die Stille- gewinnen und für eine Steuerermäßigung unter- Reserven-Klausel ergänzt, die insbesondere breitet. Der Koalitionsvertrag besagt diesbezüg- auch innovativen Unternehmen zugute kommt. lich, dass die Bundesregierung die künftige Die Bundesregierung steht in Gesprächen mit steuerliche Behandlung von Veräußerungsge- der Europäischen Kommission, um eine beihil- winnen aus Streubesitz erneut ergebnisoffen neue Regulierung von 19 aufgreifen und die notwendigen Folgerungen sich in einigen (MINT-) Branchen erhebliche Fach- ziehen soll. Dabei werden wir in jedem Fall si- kräfteengpässe ab, die sich angesichts des demo- cherstellen, dass für die Finanzierung von jun- grafischen Wandels noch weiter verstärken könn- gen innovativen Unternehmen keine neuen Be- ten. Die Bundesregierung hat daher im Rahmen des lastungen entstehen. Die Bundesregierung wird Fachkräftesicherungskonzepts vor Inkrafttreten einer möglichen gesetzlichen Maßnahmen ergriffen, um das Fachkräftepotential Regelung sicherstellen, dass die Ausnahmen für junger Menschen, Frauen und Älterer zu aktivieren innovative Unternehmen aus Sicht der Europäi- und ausländische Fachkräfte zu mobilisieren und zu schen Kommission europarechtlich zulässig integrieren. Hierzu gehören beispielsweise die sind. schnellere Anerkennung von ausländischen Bil- eine Vielfalt an dungsabschlüssen durch das Anerkennungsgesetz, IV. Weitere Perspektiven das Willkommensportal „Make it in Germany“, die Wir wollen Deutschland als wettbewerbsfähigen Allianz für Aus- und Weiterbildung sowie die Unter- Standort für Wagniskapitalfonds weiterentwickeln. stützung beim Kita-Ausbau. Auch in der Zukunft Hinsichtlich der Umsatzbesteuerung von Manage- bleibt die Fachkräftesicherung für Bund, Länder und mentdienstleistungen von Beteiligungskapitalfonds- Wirtschaft eine langfristige und wichtige Aufgabe. werden wir die Rechtsprechung der europäischen Gerichtsbarkeit in den nächsten Monaten beobach- Zur ten und prüfen, ob sich hieraus Handlungsoptionen Deutschland bedarf es einer neuen Kultur der ergeben, die europarechtskonform umgesetzt wer- Selbstständigkeit und des Unternehmertums. Hier- den können. Die Bundesregierung wird die Voraus- für müssen bereits früh die Weichen gestellt wer- setzungen für die Annahme einer vermögensverwal- den. Die gründungsbezogene Ausbildung an Schu- tenden Tätigkeit bei Beteiligungskapitalfonds erhal- len und Hochschulen muss gestärkt, entsprechende ten. Falls die Rechtsprechung die Anforderungen an Lehrinhalte noch breiter vermittelt werden. Jungen vermögensverwaltende verschärfen Menschen muss stärker als bislang ermöglicht wer- sollte, wird die Bundesregierung auf eine gesetzli- den, sich mit unternehmerischem Denken und Han- che Klarstellung im Sinne des Verwaltungserlasses deln auseinanderzusetzen sowie Kreativität und von 2003 hinwirken. Unternehmergeist zu entwickeln. Daher unterstützt Tätigkeiten Verbesserung der Gründungsdynamik in die Bundesregierung den Ausbau der GründerausDes Weiteren setzt sich die Bundesregierung - trotz bildung und den Schritt in die Selbstständigkeit gegenläufiger Forderungen der Bundesländer - für durch gezielte Maßnahmen, dazu zählen der Initia- die Beibehaltung der Steuerbegünstigung des Car- tivkreis „Unternehmergeist in die Schulen“ sowie ried Interest (§ 18 Absatz 1 Nummer 4 i. V. m. § 3 Förderprogrammen wie „EXIST-Existenzgründungen Nummer 40a EStG) ein. aus der Wissenschaft“ oder „Gründungsoffensive Biotechnologie“ (GO-Bio), mit dem gründungsberei- V. Weitere Maßnahmen zur Unterstützung innova- te Forscherteams in den Lebenswissenschaften tiver Unternehmensgründungen gefördert werden Darüber hinaus wird sich die Bun- Für eine neue Gründerzeit im Innovationsbereich desregierung dafür einsetzen, dass den Studieren- sind neben der Finanzierung weitere Faktoren von den, Doktoranden und Wissenschaftlern in den von erheblicher Bedeutung. Unverzichtbar für die Grün- der Bundesregierung geförderten Kooperationspro- dung und das Wachstum von Unternehmen im Be- jekten zwischen Hochschulen, Forschungseinrich- reich der höherwertigen Technologien ist insbeson- tungen und der Wirtschaft gezielt Wissen über so- dere die Verfügbarkeit von qualifizierten Fachkräf- wie die Bereitschaft zu Unternehmensgründungen ten. Sie ist für das Vorankommen junger innovativer vermittelt wird. Dies kann beispielsweise im Rah- Unternehmen entscheidend. Bereits heute zeichnen men der Forschungscampi und Spitzencluster erfol- 20 gen. Neben der MINT-Bildung stärken wir gezielt die auf die unterschiedlichen Herausforderungen in berufliche Bildung, in dem gerade kleineren Unter- einzelnen Branchen - ergriffen werden könnten, um nehmen die Ausbildung erleichtert und mit der No- Ergebnisse aus der Forschung schneller und effizi- vellierung des Meister-BAföG die Rahmenbedingun- enter in Produkte und Dienstleistungen umzuset- gen für den beruflichen Aufstieg verbessert werden. zen. Ferner sind die weitere Stärkung des Aus- Damit geben wir neue Impulse, gewinnen die benö- tauschs mit der Wirtschaft und die Förderung von tigten Fachkräfte und bereiten junge Menschen - Ausgründungen eines der Ziele der aktuell verab- insbesondere im Handwerk - auf eine Betriebsgrün- schiedeten 3. Phase des Pakts für Forschung und dung oder Betriebsübernahme vor. Innovation (2016-2020). Spitzenforschung ist das Fundament für die Entste- Auch ist es erforderlich, das Leitbild des Unterneh- hung und den Erfolg von innovativen Gründungen. mertums weiter zu stärken. Hierzu bedarf es einer Mit der neuen Hightech-Strategie zielt die Bundesre- Änderung der gesellschaftlichen Werte und Nor- gierung daher auf die Verbesserung der wirtschaftli- men, die sich nur sehr langsam im Zeitverlauf voll- chen Forschungsergebnissen. ziehen können. Durch die Unterstützung der Bun- Denn durch Forschung in den außeruniversitären desregierung von Netzwerken, Wettbewerben und Forschungseinrichtungen und den Hochschulen anderen Veranstaltungen werden nicht nur Erfah- gewinnen wir neue Erkenntnisse und bereiten so die rungs- und Wissenstransfer sowie Kontakte zu po- Grundlagen für die Gründungen von morgen. Dazu tentiellen Geschäftspartnern aufgebaut. Das Unter- erleichtert die Bundesregierung mit Maßnahmen nehmertum erfährt hierdurch stärkere mediale Auf- wie der Validierungsförderung den Übergang aus merksamkeit und kann an Attraktivität durch Vorbil- den frühen Phasen technologischer Entwicklungen der gewinnen. In diesem Zusammenhang brauchen und stärkt darüber hinaus durch die Fachprogram- wir aber auch eine „Kultur der zweiten Chance“, da- me den Verwertungsweg der Gründung aus der For- mit das Wagnis einer Gründung nicht länger zu ei- schung. Zudem beraten die Fachforen des Hightech ner Stigmatisierung im Falle eines Scheiterns wird. Verwertung von -Forums, welche weiteren Schritte - auch mit Blick 21 Roland Kirchhof Droht eine Austrocknung des Business Angels Marktes? INVEST-Zuschuss Pläne der Bundesregierung könnten katastrophale Folgen haben (allerdings inzwischen glücklicherweise abflauende) VC Schwäche aufzufangen. Bei näherem Hinsehen würde sich die isolierte Umsetzung einer sol- Auf den ersten Blick scheint dem Eckpunktepapier chen Regelung – ohne eine Angleichung auch der Wagniskapital der Bundesregierung beim Themen- Förderung von Direktfinanzierungen von Start-ups komplex „INVEST-Zuschussprogramm“ ein Durch- durch Investoren - allerdings als Katastrophe für bruch zu neuen Ufern zu gelingen. Es heißt dort, den Angel Investoren Markt erweisen. Sie würde dass ein Zuschuss von 20 % „auf Investitionen von zum Austrocknen der Seed Phase führen, zumin- Privatpersonen oder Kapitalgesellschaften in Wag- dest aber zu einer radikalen Reduzierung von Angel niskapital von bis zu 500.000 EUR pro Jahr“ ge- Investitionen. währt werden soll. Auch die weiteren vorgesehenen Neuerungen, die Erstattung der Steuer auf Veräuße- Denn Investitionen in VC wären fünffach gegenüber rungsgewinne und der Förderzuschuss für den Aus- direkten Angel Investitionen bevorzugt: gleich von Verlusten beziehen sich auf die Voraus- 1. durch den doppelt so hohen geförderten Inves- setzung der „Investition in Wagniskapital“. Diese titionsbetrag (500.000 EUR statt 250.000 EUR) Formulierung lässt Raum für Spekulationen. Soll der 2. durch die Zulassung aller Kapitalgesellschaften bisherige INVEST-Zuschuss für Wagniskapital, also als Investoren (statt der engen Grenze der maxi- Direktfinanzierungen von Start-ups durch Business mal Vierpersonen GmbH) Angels und andere privaten Investoren, aufgewertet werden oder bedeutet dies, dass damit ein völlig neuer Fördertatbestand geschaffen werden soll, nämlich die Förderung der Finanzierung von VC 3. durch die Erstattung der Steuer auf Veräußerungsgewinne 4. durch den Förderzuschuss für den Ausgleich von Verlusten Fonds und Gesellschaften? Genau so hat diese Pas- 5. durch die fehlende Voraussetzung, in innovative sage – und der Wortlaut spricht dafür — auch der Unternehmen investieren zu müssen, wozu z.B. Bundesverband der Kapitalbeteiligungsgesellschaf- E-Commerce nicht zählt. ten (BVK) in einer ersten Stellungnahme vom 18.09.2105 interpretiert. Bei so vielen Verlockungen gegenüber dem harten Brot des Angels, der „nur“ INVEST zuschussfähig Hingegen wäre dann von einer entsprechenden Er- wäre, würde dies bedeuten, dass der überwiegende weiterung von INVEST für private Investoren, die Teil des Angel Kapitals künftig nicht mehr in Start- Start-ups direkt mittels einer offenen Beteiligung ups unmittelbar, sondern in VC flösse. Der un- finanzieren, nicht die Rede. Sie erhalten bisher den schätzbare Vorteil der Angel Finanzierung für die Zuschuss von 20 % nur bis maximal 250.000 EUR Start-ups selbst, nämlich die Hands-on Begleitung pro Jahr und ein Ausgleich von Verlusten oder die mit Know-how und Netzwerkkontakten, der zweite Erstattung von Steuern auf Veräußerungsgewinne Angel Flügel also, ginge damit weitgehend verloren. sind nicht vorgesehen. Wenn Investitionen in VC Auch würden aus der Seed Phase viel zu wenige gefördert werden sollen, wäre dies gut. Auch BAND interessante Gründungen in die Start-up Phase und hat in der Vergangenheit die Forderung unterstützt, die erste Finanzierungsrunde hineinwachsen. Denn mehr privates Kapital für VC zu mobilisieren, um die klar muss sein: Nur wenn möglichst viele an den 22 Start gehen, werden sich die wirklich Besten später schaft gründen wollen sondern einfach als Privat- durchsetzen. Deswegen bedarf es in der Seed Pha- person investieren. Noch stehen wir erst vor der se einer breiten Erstfinanzierung, um zu sehen, wo geplanten Überarbeitung die besten Potentiale liegen. Das bedeutet gleich- Richtlinien, die, das zeigen Hinweise aus dem Bun- zeitig extrem hohes Risiko für diejenigen, die dafür deswirtschaftsministerium, sicher auch in irgendei- ihr eigenes Geld einsetzen und das sind in erster ner Weise den INVEST–Zuschuss für Angels unmit- Linie Business Angels. Hier zeigt sich deutlich, dass telbar betreffen werden. Dabei sind auch weitere alle Glieder in der Finanzierungskette geschmiert berechtigte Wünsche aus der Community in die sein müssen, damit eine reichhaltige Start-up Land- Überlegungen einzubeziehen. Dass Folgeinvest- schaft entstehen kann. ments zurzeit von INVEST ausgeschlossen sind der INVEST-Zuschuss (was EU beihilferechtlich nicht gefordert wird), ist Es ist daher eine dringende Forderung, Angel Direkt- sehr nachteilig, gerade weil gegenwärtig von vielen finanzierungen nicht schlechter – ja, wegen des ein Problem bei der Weiterfinanzierung anfinanzier- hohen persönlichen Einsatzes der Angels – etwas ter Start-ups gesehen wird. Gleiches gilt für die besser zu stellen als VC Finanzierungen. So wäre meisten Formen des gemeinsamen Investierens z.B. die Möglichkeit, einen Ausgleich für Verluste zu durch mehrere Angels (Pooling z.B. in Form einer erhalten, gerade für „Anfänger“ als Investoren von anderen GmbH als der zugelassenen Vierpersonen erheblicher Bedeutung, weil erfahrungsgemäß die GmbH, einer GbR oder einer Treuhand). Dadurch Wahrscheinlichkeit des Scheiterns von Start-ups in kann die Angel Finanzierung enorm gehebelt und den ersten drei Jahren besonders hoch ist, während das Risiko besser verteilt werden; die Start-up Un- erfolgreiche Exits regelmäßig erst nach sieben bis ternehmer haben es dennoch nicht mit einer Viel- zwölf Jahren stattfinden. Würden Verluste abgefe- zahl von Gesellschaftern zu tun. Auch die Nutzung dert, wäre es für diese Angels leichter, das „Tal der von Wandeldarlehen sollte möglich gemacht wer- Tränen“ zu überstehen und weiter zu investieren. den, weil durch sie die Bewertung des Start-ups in einem sehr frühen Stadium vermieden werden Es wird auch Zeit, den privaten Angel bei der Steuer kann. auf Veräußerungsgewinne genauso wie den GmbH Angel freizustellen, was bei der Anwendung der im Die vor uns liegende Zeit muss genutzt werden, um Eckpunktepapier genannten zusätzlichen Förderas- ein wirklich kohärentes System der Wagniskapital pekte annähernd der Fall wäre (abgesehen von der Förderung zu schaffen. Sehr zu hoffen ist, dass das im Eckpunktepapier ebenfalls genannten Ausnah- oben beschriebene Menetekel des Austrocknens me von der Streubesitzbesteuerung). Denn es geht des Angel Marktes nicht wahr wird und die Verant- darum, neue Angels aus dem großen vorhandenen wortlichen die Gesamtzusammenhänge im Blick Potential zu gewinnen. Diese werden beim ersten halten. Großbritannien macht es uns unverdrossen Investment oft nicht sofort eine Beteiligungsgesell- mit vor, wie es funktionieren kann. Zum Autor Dr. Roland Kirchhof ist seit 2001 Vorstand von Business Angels Netzwerk Deutschland e.V. (BAND), dem Verband der Angel Investoren und ihrer Netzwerke in Deutschland. Der an der LMU in München promovierte Volljurist schlug zunächst eine Verwaltungslaufbahn ein. Er war in der Staatsverwaltung des Freistaats Bayern, der Landesverwaltung NRW, als Beigeordneter des Landkreistages NRW und zuletzt als Chef der Stadtverwaltung Herne tätig. Weiter war er Anwalt und Geschäftsführendes Vorstandsmitglied von pro Ruhrgebiet. Gegenwärtig ist er außerdem Vorstand der Business Angels Agentur Ruhr e.V. (BAAR) und Geschäftsführer der Startbahn Ruhr GmbH, die Gründungsförderung und Gründungswettbewerbe betreibt. 23 Rudolf Staufer Business Angel GmbH als Finanzunternehmen? I. Steuerpflicht von Dividenden und Veräußerungs- (Vgl. BMF, Schreiben vom 25.7.2002, BStBl. I 2002, gewinnen 712). Nach Ansicht in der Rechtsprechung liegt da- Wenn Kapitalgesellschaften Aktien oder GmbH- rin ein maßgebliches Indiz. Einen zwingenden Anteile veräußern oder Dividenden beziehen, sind Schluss auf die Eigenhandelsabsicht lässt sich aus dabei erzielte Gewinne grundsätzlich weitgehend, der Zuordnung der Anteile zum Umlaufvermögen d.h. im Ergebnis zu 95 %, steuerfrei. Von diesem jedoch noch nicht ziehen, da diese Zuordnung nicht Grundsatz enthält das Gesetz insbesondere eine ohne weiteres die Absicht zum Ausdruck bringt, die Ausnahme für Kredit- und Finanzdienstleistungsin- Wertpapiere mit Gewinnerzielungsabsicht weiter zu stitute nach dem Kreditwesengesetz – KWG (§ 8b veräußern (Vgl. BFH vom 12.11.2011, I R 4/11, BFH/ Abs. 7 Satz 1 KStG). Als Folge dessen sind alle Ge- NV 2012, 453). Als weitere Indizien für eine Eigen- winnausschüttungen und Veräußerungsgewinne als handelsabsicht werden insbesondere genannt: voll steuerpflichtig zu behandeln. Nach § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG gilt diese Ausnahme von der 95%-igen Art der sonstigen Tätigkeit des Erwerbers Steuerfreiheit darüber hinaus auch für Anteile an Beteiligungsauswahl anhand des zu erwarten- Kapitalgesellschaften, die 1. von Finanzunterneh- den Kursziels und nicht nach der Dividenden- men im Sinne des Gesetzes über das Kreditwesen rendite (KWG) 2. mit dem Ziel der kurzfristigen Erzielung eines Eigenhandelserfolges 3. erworben werden. Kein Vorliegen eines eigenständigen wirtschaftlichen Interesses an einer langfristigen Beteiligung II. Business Angel GmbH als Finanzunternehmen? Nach den veröffentlichten Verwaltungsanweisun- Weiteres Merkmal ist die „Kurzfristigkeit“, in der der gen handelt es sich bei Finanzunternehmen insbe- Eigenhandelserfolg erzielt werden soll. Hier ist zu sondere um Gesellschaften, deren Haupttätigkeit beachten, dass zwar eine kurze Haltedauer von ein darin besteht, Beteiligungen zu erwerben und zu oder zwei Monaten für eine kurzfristige Eigenhan- halten (Vgl. BMF, Schreiben vom 25.7.2002, BStBl. I delsabsicht sprechen soll (Vgl. BFH, Beschluss vom 2002, 712). Auch eine Business Angel GmbH kann 30.11.2011, I B 105/11, BFH/NV 2012, 45). Unklar demnach als Finanzunternehmen im Sinne des ist jedoch, ob umgekehrt bei einer tatsächlich einge- KWG unter den steuerlichen Ausnahmetatbestand tretenen längeren Haltedauer bei Wertpapieren des fallen. Umlaufvermögens von dieser auf das Fehlen der „kurzfristigen“ Eigenhandelsabsicht geschlossen III. Kurzfristige Erzielung eines Eigenhandelserfol- werden kann. Denn wegen der kaum vorhersehba- ges als Ziel? ren Kursentwicklungen kann einer rückwirkenden Die Eigenhandelsabsicht ist eine innere Tatsache Betrachtung keine entscheidende Bedeutung bei und insoweit nur dem Indizienbeweis zugängig. Das der Indizienwürdigung auf den Erwerbszeitpunkt heißt, diese Absicht kann nur anhand der Umstände zukommen. Aus der Sicht einer Business Angel des Einzelfalls festgestellt werden. Die Finanzver- GmbH ist es daher ratsam, auf eine Zuordnung der waltung geht hierzu davon aus, dass bereits dann Beteiligung zum Anlagevermögen hinzuwirken. Da- vom Vorliegen dieser Absicht auszugehen ist, wenn mit allein ist es jedoch nicht getan, weil sich die Zu- die Anteile dem Umlaufvermögen zuzuordnen sind ordnung zum Anlagevermögen zwar als gewichti- 24 ges, aber nicht als alleiniges Indiz für das Fehlen rückzuführen ist (Vgl. BFH, Urteil vom 14.01.2009, I einer Eigenhandelsabsicht verstehen lässt. Viel- R 36/08, BStBl II 2009, 671). Damit ist eine Beteili- mehr sollten die Umstände, die zu dem Erwerb der gung „erworben“, wenn die Business Angel GmbH Beteiligung geführt haben, und die Erwartungen des die Anteile von einem Anteilseigner des Start-ups Business Angels und die mittel- und langfristigen (beispielsweise einem der Gründer) erwirbt. Nicht Ziele bereits im Erwerbszeitpunkt schriftlich doku- betroffen sind danach Beteiligungen, die eine Busi- mentiert werden. Businesspläne und ähnliche Doku- ness Angel GmbH im Rahmen der Gründung einer mente können beispielsweise aufzeigen, dass das Start-up-GmbH oder Start-up-AG unmittelbar erhält. Interesse der Business Angels nicht in der „kurzfristigen“ Veräußerung der Beteiligung liegt, Nicht abschließend geklärt ist bisher, wie Beteili- sondern die Motivation zum Erwerb der Beteiligung gungen zu behandeln sind, die eine Business Angel im Aufbau und der Entwicklung einer nachhaltigen GmbH im Rahmen einer Kapitalerhöhung erhält. geschäftlichen Tätigkeit des jungen Unternehmens Häufig kommt es vor, dass bei Teilnahme an einer liegt. Nichtsdestotrotz wäre es wünschenswert, Finanzierungsrunde die Start-up-GmbH eine Kapital- wenn von Seiten der Finanzverwaltung dieses Merk- erhöhung durchführt und die Business Angel GmbH mal in den allgemeinen Verwaltungsanweisungen im Rahmen dieser Kapitalerhöhung neue Anteile weiter konkretisiert würde. Dabei sollte explizit da- erhält. Hier erscheint es naheliegend, den Erwerb rauf hingewiesen werden, dass das Bereitstellung einer Beteiligung im Rahmen einer Kapitalerhöhung von Finanzmitteln für das junge Unternehmen durch so zu behandeln wie den Erwerb einer Beteiligung die Business Angel GmbH – sei es als weiteres Ei- im Rahmen der Gründung einer Gesellschaft. Aus genkapital oder als Darlehen – die Langfristigkeit der Sicht der Business Angel GmbH spricht daher des Engagements durch die Business Angel GmbH der Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesell- unterstreicht und aus diesem Grund in diesen Fällen schaft, dass die steuerliche Ausnahmeregelung für regelmäßig nicht von der Absicht der kurzfristigen Finanzunternehmen nicht anwendbar ist. Erzielung eines Eigenhandelserfolges auszugehen ist. Auch an dieser Stelle wäre es jedoch wünschenswert, dass die Finanzverwaltung in ihren Verwal- IV. „Erworbene“ Beteiligung? tungsanweisungen in diesem Sinne ausdrücklich Nach dem Gesetzeswortlaut gilt die Vorschrift nur Stellung bezieht und in einer veröffentlichten Ver- für solche Anteile, die zuvor „erworben“ wurden. waltungsanweisung die Ausgabe neuer Anteile im Nach der Rechtsprechung handelt es sich bei einem Rahmen einer Kapitalerhöhung dem Anteilserwerb „Erwerb“ in diesem Sinne in erster Linie um einen im Rahmen der Gründung einer Gesellschaft gleich- solchen, der auf einen Veräußerungsvorgang zu- setzt. Zum Autor Rudolf Staufer (Rechtsanwalt/Steuerberater) ist als Prokurist in der Dortmunder Niederlassung der KPMG AG tätig. Dort berät er vor allem im mittelständischen Umfeld zu allen Fragen des nationalen und internationalen Steuerrechts. Darüber hinaus ist Rudolf Staufer Mitglied des KPMG Smart Start Teams, das als Schwerpunktgruppe innerhalb der KPMG AG die Besonderheiten bei der Beratung von Start-ups, Business Angels und Venture Capital Gebern in den Fokus genommen hat. 25 Impressum BANDquartal: online Magazin, erscheint vierteljährlich, widmet sich ausgewählten Themen, liefert Hintergrundinformationen und Analysen 15. Jahrgang, Sonderausgabe Redaktion Matthias Wischnewsky, M.A. Herausgeber Business Angels Netzwerk Deutschland e.V. (BAND) Dr. Ute Günther Dr. Roland Kirchhof Semperstr. 51 45138 Essen Telefon Fax E-Mail Internet +49 201 894 15 60 +49 201 894 15 10 [email protected] www.business-angels.de BANDquartal wird kostenlos an interessierte Leser verteilt. Die nächste Ausgabe von BANDquartal BANDquartal 4/2015 zum Thema „Gründungen aus Hochschulen“ wird im Dezember 2015 erscheinen. Gastautoren sind herzlich eingeladen, Ihre Beiträge beizusteuern; mehr Informationen: Matthias Wischnewsky Redaktion BANDquartal 0201 894 15 14 [email protected] 26
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