Sozialgericht Gotha hält Kürzung von Arbeitslosengeld II für

Sozialgericht Gotha hält Kürzung von Arbeitslosengeld II für verfassungswidrig | MDR.DE
30.05.15 21:25
Aktenzeichen
Arbeitslosengeld II
Sozialgericht hält Kürzung von Hartz IV für
verfassungswidrig
S 15 AS 5157 / 14
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Eine Kürzung des Arbeitslosengeldes II bei Pflichtverstößen
des Empfängers ist nach Ansicht des Sozialgerichts Gotha
verfassungswidrig - weil sie die Menschenwürde des
Betroffenen antasten sowie Leib und Leben gefährden kann.
Die 15. Kammer des Gerichts sei der Auffassung, dass die im
Sozialgesetzbuch (SGB) II festgeschriebenen
Sanktionsmöglichkeiten der Jobcenter gegen mehrere Artikel
des Grundgesetzes verstoßen, teilte das Gericht in Gotha am
Mittwoch mit. Deshalb wolle es diese Sanktionen nun vom
Bundesverfassungsgericht prüfen lassen.
Sanktionen bei ALG II
verfassungswidrig?
Sozialverband begrüßt
Haltung von Gothaer
Sozialgericht
Das Gericht urteilte in einem Fall, bei
dem ein Mann vom Jobcenter Erfurt
Arbeitslosengeld (ALG) II bezog.
Nachdem er ein Arbeitsangebot
abgelehnt hatte, wurde ihm das ALG II
um 30 Prozent, also um 117,30 Euro
monatlich gekürzt. Wegen einer
dürfen ALG II
weiteren Pflichtverletzung - der Mann Jobcenter
kürzen, wenn Empfänger
lehnte eine Probetätigkeit bei einem
Arbeitsangebote ablehnen.
Arbeitgeber ab - wurde ihm die
Leistung später um weitere 30 Prozent gekürzt, insgesamt
also nun um 234,60 Euro pro Monat. Dagegen reichte der
Mann Klage am zuständigen Sozialgericht Gotha ein.
Dessen 15. Kammer stellte in einem am 26. Mai verkündeten
Beschluss fest, dass diese Leistungskürzungen ihrer Ansicht
nach gegen das Grundgesetz verstoßen. So bezweifeln die
Richter, dass die Sanktionen mit der im Artikel 1
festgeschriebenen Unantastbarkeit der Menschenwürde und
der im Artikel 20 festgeschriebenen Sozialstaatlichkeit der
Bundesrepublik vereinbar sind. Denn aus diesen Artikeln
ergebe sich ein Grundrecht auf Gewährleistung eines
menschenwürdigen Existenzminimums, das bei einer Kürzung
oder kompletten Streichung des Arbeitslosengeldes II
gefährdet sei, so das Gericht. Außerdem stünden die
Sanktionen im Widerspruch zu den Artikeln 2 und 12 des
Grundgesetzes, weil sie die Gesundheit oder gar das Leben
des Betroffenen gefährden könnten. Die genannten
Grundgesetz-Artikel garantierten jedoch das Recht auf Leben
und körperliche Unversehrtheit.
Mit seiner Entscheidung beschreitet das Sozialgericht Gotha
nach eigenen Angaben Neuland. Es sei das bundesweit erste
Gericht, das die Frage aufwerfe, ob die
Sanktionsmöglichkeiten der Jobcenter mit dem Grundgesetz
vereinbar sind.
Zuletzt aktualisiert: 28. Mai 2015, 16:32 Uhr
104 Kommentare
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http://www.mdr.de/thueringen/hartz-vier-sanktionen-verfassungswidrig-sozialgericht-gotha100.html
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Sozialgericht Gotha hält Kürzung von Arbeitslosengeld II für verfassungswidrig | MDR.DE
104. Pfingstrose:
siri nihil: Ihren Ausführungen als RA entnehme ich, dass Sie
auch diesem Beschluss des Sozialgerichtes Gotha zu stimmen.
Was ich sehr positiv finde. Wie mir bekannt ist gibt es schon ein
grundsatzurteil vom 09.02.2010 des bundesverfassungsgericht:
Sanktionen gegen Hartz 4 Empfänger sind verfassungswidrig.
Das Urteil erklärt grundsätzlich jegliche form von finaziellen
Sanktionen für rechtswidrig und betrifft damit womöglich
mehrere zehntausend Hartz4 empfänger, die auf Grund welcher
umstände auch immer von Arbeitsämtern oder Jobcentern mit
Leistungskürzungen belegt worden sind. Die Betroffenen sind
aufgefordert, gegen solche Sanktionen Widerspruch auch
rückwirkend einzulegen und die ihnen vorenthaltenen Beträge
nachzufordern.
30.05.2015
15:30 Uhr
103. MDR.DE-Redaktion:
@ 99. siri nihil: Hm, jetzt drehen wir uns alle ein bisschen im
Kreis. Was ist denn nun kritikwürdig? Dass Medien alle dasselbe
berichten oder es - wie Fall des Sozialgerichts - nicht tun?
30.05.2015
15:18 Uhr
102. Rademacher:
Ein weiteres weltfremdes Urteil auf Kosten der arbeitenden
Bevölkerung. Faulheit und Dekadenz werden also von unserer
Verfassung seit neuestem auch geschützt. Armes blödes
Deutschland.
30.05.2015
14:19 Uhr
101. Pitt Jepp:
Alsi das was "98. siri nihil" geschrieben hat stimme ich
vollkommen zu, der meinung bin ich auch, wo steht der Mensch
noch da?!. Aber an "siri nihil", kannst du mir vielleiht mal
bescheid geben was das entgültige Urteil darüber ergeben hat,
ich bin da sehr Intressiert dran, währe nett. Ich schaue mal ab
und zu hier rein, speichere mal die Seite ab.
30.05.2015
13:52 Uhr
100. Sausewind:
Kann man den Beschluss irgendwo einsehen? Mein Bruder hat
seit über einem Jahr beständig 60 Prozent Kürzung und alles
was er an Weiterbildung möchte wird ihm verwehrt oder er soll
monatelang erst etwas anderes tun was nichts mit dem gemein
hat worauf er hinaus will
30.05.2015
09:52 Uhr
99. siri nihil:
@mdr 75. Beitrag beim Vorwurf der gleichen Berichterstattung
reagieren die Medien immer mit dem Argument, niemand würde
die Art und Weise der Berichterstattung vorgeben, ihrem
Kommentar entnehme ich, dass Sie ebenfalls glauben, hier eine
zufrieden stellende Antwort gegeben zu haben, dem ist natürlich
nicht so. Der Vorwurf geht nicht darauf, dass eine gesteuerte
Zensur stattfindet, sondern dass die Medien in eigener
Entscheidung wortwörtlich gleich berichten. Es gibt keine ernst
zu nehmende kritische Berichterstattung zu aktuellen Themen,
es gibt nur die Satire, die andere Fragen stellt und andere
Blickwinkel zeigt. Warum werden wortgleiche Nachrichten
tagelang wiedergekäut?
30.05.2015
07:23 Uhr
98. siri nihil:
Endlich!!!! Als Rechtsanwältin für Sozialrecht macht mir diese
Entscheidung Hoffnung. Wenn das BVerfG das nun noch
bestätigt, wäre endlich ein loch in den neoliberalen wall
geschlagen, der Menschen als Ware sieht. Es istze erschreckend
zu sehen, wieviele Menschen diese denkweise unhinterfragt
übernommen haben und mit Begeisterung auf die, die noch
weiter unten sind, treten.
30.05.2015
07:12 Uhr
97. C. Guthmann:
@ Bernd Winter: Sie unterstellen einfach, dass die Leute, die
Hartz IV beziehen, nicht arbeiten wollen. Der Mann, der hier
gegen die Sanktionen geklagt hat, hat 2 Arbeitsangebote
abgelehnt; das heißt noch lange nicht dass er prinzipiell nicht
arbeiten will; es heißt lediglich, dass ihm diese 2 Angebote nicht
zugesagt haben. Und das ist sein gutes Recht - Siehe dazu GG,
Artikel 12! Davon abgesehen haben wir nicht das Problem, dass
zu wenig Leute arbeiten wollen, sondern dass es nicht genügend
bezahlte Arbeit für alle gibt. Selbst wenn wir uns die offizielle
(geschönte) Arbeitslosenstatistik anschauen sehen wir, dass es
30.05.2015
00:56 Uhr
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30.05.15 21:25
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Sozialgericht Gotha hält Kürzung von Arbeitslosengeld II für verfassungswidrig | MDR.DE
30.05.15 21:25
weit mehr Erwerbslose als offene Stellen in Deutschland gibt.
Die "Sozialschmarotzer-Debatte" ist m. E. daher eine
Scheindebatte, die vom eigentlichen Problem am Arbeitsmarkt
ablenkt.
96. Frank M. Foerster:
2 mal BRAVO: 1. dem Sozialgericht Gotha, das endlich
nachfragt, wieso ein Hartz-IV-Grundbetrag, vom BVerfG in
Karlsruhe als unterste Basis der Menschenwürde bewertet, in
Arbeitsagenturen überhaupt gekürzt werden darf. Ein Grundund Menschenrecht, unantastbar nach Art. 1 GG, fast beliebige
einschränkbar auf Sachbearbeiterebene? Das widerspricht sich.
Ein 2. BRAVO dem MDR Thüringen, der - entgegen dem
Mainstream - nicht ins Horn der üblichen Desinformation stößt sondern neutral berichtet. Weiter so. Und allen Kritikern daran
(Realist2014, Bernd Winter etc.): Fallen Sie doch nicht auf die
blöde Polemik herein, Hartz-IV-ler gegen Mindestlohnbezieher
auszuspielen. Fakten gefällig? Statt der offiziellen 3 Mio. weist
selbst Nürnberg über 5 Mio. Bezieher von Hartz-IV und
Zusatzleistungen aus. Dem gegenüber stehen rund 500.000
offene Stellen. Können Sie rechnen? Okay - dann hat sich
jeglicher Hohn über "arbeitsunwillige Drückeberger" ja nun wohl
endgültig erledigt.
29.05.2015
22:11 Uhr
95. Alexandra Hess:
Zu dem Schriftzug von Bernd Winter: Man soll nicht alle
Menschen vergleichen, es gibt Menschen die Gesundheitlich
nicht mehr dazu fähig sind arbeiten zu gehen. Ich bin auch
darauf angewiesen und ich gehe mit meinem Lebenspartner
angewiesen. Ich habe heute Leibhaftig mit erlebt das das
Jobcenter keine Menschenwürde kennt und die ist nun mal
unantasbar. die haben meinen Lebenspartner 300,- mehr
angerechnet was er nicht hat und meine Kinder nicht mit
angerechnet und was ist dabei raus gekommen, und ich kann
zusehen wie ich mein sohn morgen was zu essen gebe. Hier in
Deutschland ist das eigene Volk doch nur das letzte
29.05.2015
22:08 Uhr
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