Internationale Harvard Konferenz diskutiert Nahost

Internationale Harvard Konferenz diskutiert NahostFriedensplan
Vom 17. bis zum 19. September 2015 fand am Weatherhead Center for International Affairs
an der Harvard University die zweite Konferenz „The Transformation of Intractable Conflicts.
Perspectives and Challenges for Interactive Problem Solving” statt. Mitveranstalter waren
das Herbert C. Kelman Institut für Interaktive Konflikttransformation, die Austrian Marshall
Plan Foundation, die Fakultät für Rechtswissenschaften der Universität Graz sowie das
Zentrum für Friedensforschung und Friedenspädagogik an der Universität Klagenfurt (ZFF).
Die Konferenz wurde zu Ehren von Professor Herbert C. Kelman abgehalten, dem
emeritierten Harvard Professor für Social Ethics, der mit seiner Familie 1939 aus Wien
flüchten musste. Das Thema entsprach seinem Lebenswerk: Jahrzehntelang hatte sich
Kelman mit Konfliktbearbeitung wissenschaftlich und praktisch auseinandergesetzt,
besonders zwischen Israel und Palästina, und dabei die Methode der so genannten
Interactive Problem Solving Workshops auf „Track Two“ Ebene entwickelt: Die
VertreterInnen sind zwar einflussreiche, aber nicht direkt in politische Entscheidungen
eingebundene Menschen, die dadurch flexibler mit einander umgehen und neue Ideen
produzieren können. Kelmans Methode der Friedensmediation zwischen den
Konfliktpartnern hat international eine sehr breite Anerkennung gefunden, was nicht zuletzt
die zahlreichen Ehrungen zeigen, die er erhalten hat.
Die Konferenz hat (nach der sehr erfolgreichen Veranstaltung im Frühjahr 2014) zum zweiten
Mal über 30 internationale WissenschaftlerInnen, NGO-RepräsentantInnen und
DiplomatInnen aus USA, Europa und Nahost zusammengeführt. Finanziert wurde die
Veranstaltung aus Mitteln der Austrian Marshall Plan Foundation, deren Direktor,
Botschafter (i.R.) Dr. Wolfgang Petritsch, auch als Präsident des Kelman Instituts fungiert. Für
die Programmgestaltung zeichneten Dr. Wilfried Graf und Augustin Nicolescou (CoDirektoren des Kelman Instituts) verantwortlich.
Das erste Panel, „Israel Palestine: New Visions and Strategies”, war bereits ein Höhepunkt
der Veranstaltung. Hilik Bar, Generalsekretär der israelischen Arbeiterpartei, stellte seinen
neuen Friedensplan dar. Der palästinensische Universitätsprofessor und Diplomat Husam
Zomlot, ging in seiner Antwort auf Bars Vorschlag genau ein und entwickelte eigene
Positionen. In der Folge diskutierte die Konferenz weitere Lösungsperspektiven für IsraelPalästina wie die von Herbert Kelman ins Spiel gebrachte “One country, two states” Option
oder die “Dual Democracy”-Formel von George Assousa.
Es ist der Versuch, den Identitätskonflikt, der durch das Festhalten beider Parteien am
Anspruch auf das ganze Land „zwischen dem Fluss und dem Meer” verschärft wird, auf
kreative Weise zu entspannen. Offensichtlich war der „Spirit of Harvard“ günstig für eine
Annäherung der Kontrahenten.
Weitere Panels gingen nicht nur auf diverse Aspekte des Nahostkonflikts ein, sondern
fokussierten auch auf Methoden und Strategien der Konfliktbearbeitung und des Umgangs
mit Vergangenheit in Europa, von der Ukraine bis zur Alpen-Adria-Region. So berichtete
Maria Hadjipavlou, Professorin an der Universität von Zypern, dass die jahrelangen
Bemühungen um eine Lösung des Zypernkonflikts nun offenbar von Erfolg gekrönt sind, und
analysierte die Faktoren dafür. Jürgen Pirker (Uni Graz) und Werner Wintersteiner (Uni
Klagenfurt) wiederum stellten das Projekt „PRAA: Peace Region Alps-Adriatic“ im Plenum vor
und diskutierten es ausführlich in einem Workshop. Es geht um eine breite
zivilgesellschaftliche Diskussion von Narrativen über die Vergangenheit, zunächst in
Österreich und Slowenien, ein Prozess, der seit 2013 von den beiden Universitäten
wissenschaftlich begleitet wird.
Ein abschließendes Panel beschäftigte sich mit konkreten Vorschlägen für eine weitere
Vernetzung der wissenschaftlichen community der Conflict Resolution ForscherInnen, mit
dem Ziel, ein internationales Netzwerk für Konfliktlösung zu begründen, das sich vor allem
auf Konflikte in Nahost und an der Peripherie Europas konzentrieren soll.
2016 soll wird, als ein weiteres Resultat der beiden Konferenzen, ein Sammelband mit
Schriften Herbert C. Kelmans, eingeleitet von Wilfried Graf und Werner Wintersteiner,
herausgegeben werden.
Werner Wintersteiner
Bildunterschrift:
Von links: Husam Zomlot, Ambassador at Large, Palestine, Gudrun Kramer (Moderator)
Kelman Institute, Hilik Bar, Secretary General of the Labour Party, Israel