Silvia Heininger, Krankenschwester aus

Frischer Wind
Silvia Heininger (39), Krankenschwester aus Leidenschaft, ist die neue Leiterin der Krankenpflegeschule
Von Laura Lugbauer
„Das klingt so kitschig, aber es
ist mein Traumberuf.“ Silvia Heininger (39) lacht ein bisschen verschämt, als sie das sagt. Der Traumberuf ist die Krankenpflege, Silvia
Heininger die neue Leiterin der
Berufsfachschule für Gesundheitsund Krankenpflege am Klinikum
Passau. Wenn sie nicht gerade über
ihre
kitschigen
Formulieren
schmunzelt, lacht Heininger offen
– und sie tut es oft. Dabei war ihr
gar nicht zum Lachen zu mute, als
sie als FOS-Schülerin ein Praktikum im Klinikum machen sollte.
„Als Krankenschwester habe ich
mich immer für völlig ungeeignet
gehalten“, sagt Heininger und
schmunzelt bei dem Gedanken,
„ich bin nämlich sehr empfindlich
bei Erbrochenem.“ Was sie werden
wollte, wusste sie während der
Schulzeit nicht so genau. „Ich war
nicht besonders fleißig“, gibt sie zu.
Die Eltern wollten sie im Familienunternehmen unterbringen. Begeistert sei sie von der Aussicht auf
einen Bürojob nicht gerade gewesen, erinnert sie sich. „Ich habe
mich in der Schule immer gefragt:
Warum muss ich das alles lernen?
Mir fehlte einfach ein Ziel, um
mich zu motivieren“, sagt Heininger.
Dass änderte sich schlagartig
während ihres Praktikums. Dass
sie für am Klinikum gelandet ist,
war ihrer fehlenden Motivation in
der Schule geschuldet: „Die Plätze
in verschiedenen Einrichtungen
wurden verteilt, ich habe mich zu
spät gemeldet und da blieb für
mich nur noch das Klinikum übrig“, erinnert sie sich.
Wie sich herausstellte, ein
Glücksfall. „Das war die Zeit, in
der ich mich gefunden habe“, sagt
Heininger. Eingeteilt war sie auf
der Onkologie. Zwar hatte sie Respekt davor, mit Krebspatienten zu
arbeiten, war aber auch neugierig
auf die Herausforderung. „Dass
mich die Patienten so genommen
haben wie ich bin, dass sie mir so
großes Vertrauen entgegengebracht haben, das hat mir gezeigt,
dass die Pflege das ist, was ich machen möchte. Und ab da lief es
auch mit dem Lernen.“
Die heutige Leiterin ging also
nach ihrem Fachabitur selbst auf
Dass sie einmal Krankenpflegerin werden würde, hätte sie sich nie träumen lassen, heute kann sich Silvia
Heininger gar nichts anderes mehr vorstellen. Auch als Schulleiterin bleibt sie nah an der Praxis, betreut angehende Pflegekräfte auf der Intensivstation.
− Foto: Jäger
die Passauer Krankenpflegeschule.
Sie machte ihre Ausbildung zur
Krankenpflegerin, arbeitete dann
zunächst auf der Herzchirurgie,
dann zehn Jahre lang auf der Intensivstation. Daneben machte sie ihren Bachelor in Pädagogik, den sie
2009 abschloss. Im gleichen Jahr
begann sie, an der Krankenpflegeschule zu unterrichten und setzte
2013 noch ihren Master in Hochschuldidaktik drauf.
„Ich mag keine Stillstände“, sagt
Heininger, die nebenbei auch noch
als Dozentin an der Hochschule
Deggendorf tätig ist, „ich will immer weiterkommen, noch mehr
dazulernen.“ Dass sie vielleicht eines Tages noch eine Doktorarbeit
schreibt, möchte sie nicht ausschließen, „aber im Moment konzentriere ich mich auf die Stelle als
Schulleiterin, auf die ich hingearbeitet habe.“
Silvia Heininger ist eine Frau, in
deren Gegenwart man sich auf Anhieb wohlfühlt. Dass ihr Menschen wichtig sind, das merkt man
sofort. Das gilt für ihre Patienten
und auch für ihre Schüler. „Ich hatte fast nur Frontalunterricht. Da
habe ich selbst oft gemerkt, dass
ich irgendwann aussteige, auch
wenn mich das Thema interes-
siert“, erklärt sie. Deshalb ist ihr
Anspruch im Unterricht, „mit den
Schülern zu arbeiten, als Team – als
Team geht alles leichter.“ Sie will
nicht von oben herab Wissen vermitteln, sondern auf Augenhöhe.
„Ich will die Schüler berühren“,
fasst sie zusammen. Über den
Lehrberuf spricht sie mit der gleichen Begeisterung, wie sie über die
Pflege spricht. Sie sagt aber auch:
„In der Pflege bin ich daheim.“
Deshalb lässt sie es sich auch als
Schulleiterin nicht nehmen, die
angehenden Krankenpfleger auf
der Intensivstation zu begleiten.
„Das ist auch ein Qualitätsanspruch, den ich an mich selbst habe“, sagt die 39-Jährige, „nur wenn
ich in der Praxis bleibe, kann ich
sie meinen Schülern auch glaubwürdig vermitteln.“
Was hat sie sich für ihre Zeit als
Schulleiterin
vorgenommen?
„Viel“, ist die Antwort. „Ich hatte
tausend Ideen im Kopf, was man
alles machen könnte“, sagt sie, „die
erste Lektion, die ich gelernt habe,
ist, dass man nicht alles auf einmal
umsetzen kann“, sagt sie, „das geht
jetzt Schritt für Schritt.“ Mehr
praktische Übungen in den Theorieunterricht einzubringen ist der
erste Punkt auf ihrer Agenda.
Von ihren Schülern erwartet sie,
dass sie jedem Patienten mit Respekt begegnen, „dass sie Menschen ernst nehmen die anders
sind“, erklärt sie, „denn darum
geht es letztlich in der Pflege: Nur
weil jemand dement ist, bedeutet
das nicht, dass er keine Entscheidungen mehr treffen kann; weil jemand bewusstlos ist, nicht, dass er
nichts mehr spürt.“
Als sie das erste Mal mit Erbrochenem konfrontiert war, kostete
sie es am Ende gar keine Überwindung, erinnert sich Heininger.
„Das war noch als Praktikantin,
auf der Onkologie“, sagt sie. Eine
Patientin mit Magenkrebs, die im
Sterben lag, bat sie, in den letzten
Stunden bei ihr zu sein. „Es war bei
dem Krankheitsbild klar, dass sie
sich übergeben würde. Aber ich
habe es als so große Ehre und als
Vertrauensbeweis
empfunden,
dass die Patientin sich in meiner
Anwesenheit sicher fühlte. Dieses
Gefühl hat mich so überwältigt,
dass ich mich überhaupt nicht
mehr geekelt habe. Ich habe nur
daran gedacht, was ich tun kann,
damit es dieser Frau in ihrer Situation möglichst angenehm hat“, erinnert sie sich. Später hat sie Strategien entwickelt: Vor brenzligen
Situationen gibt sie ein paar Tropfen Duftöl unter die Nase.