Andachts- heft 2015 - Deutscher Evangelischer Frauenbund

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Andachtsheft 2015
DEF Deutscher Evangelischer Frauenbund, Landesverband Bayern e.V.
Gedanken zu den Monatslosungen
DEF Deutscher Evangelischer Frauenbund, Landesverband Bayern e.V.
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Jahreslosung 2015
Nehmt einander an, wie Christus euch
angenommen hat zu Gottes Lob. Röm 15,7 (L)
Durch das Jahr 2015 wird uns ein Wort aus dem Römerbrief begleiten.
Wenn ich die Worte lese, denke ich spontan nicht an den Apostel Paulus
und all die praktischen und geistlichen Fragen im Glaubensalltag der
Christengemeinden der ersten und zweiten Generation, die er beantworten
soll. Ich fühle mich in unseren Abendmahlsgottesdienst versetzt und höre die
Worte des Friedensgrußes:
„Der Friede des Herrn sei mit euch allen! Keiner sei wider den anderen, keiner ein
Heuchler; vergebt, wie euch vergeben ist; nehmt einander an, wie Christus euch
angenommen hat zu Gottes Lob.“
Immer, wenn wir Abendmahl feiern, wird uns die Jahreslosung begegnen. Da,
wo wir uns am Tisch des Herrn versammeln, wo wir hinkommen dürfen, wie wir
sind, mit unseren Ecken und Kanten, beladen mit allem, was uns auf den Schultern und auf dem Herzen liegt und mit unserem Hunger nach neuer Lebenskraft.
Da erfahren wir, dass wir das Schwere ablegen dürfen. Jede von uns ist angenommen und als Gast willkommen bei dem Mahl. Und da isst nicht jede für sich,
so wie es viele heute in ihrem Alltag erleben. Da stehen wir in dem großen Kreis
der Menschen, die die Einladung Gottes angenommen haben, in einer bunten
Bernhard Friesacher/pixelio.de
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weltweiten Gemeinschaft. Groß neben klein, mutig neben verzagt, erfolgreich
neben gescheitert, arm neben reich, von weither neben alteingesessen, geliebt
neben verhasst, sicher im Glauben neben zweifelnd und voller Fragen. Und auch
das: Mann neben Frau.
Der Friede Gottes, der uns da zugesprochen wird, begleitet uns auf unserem
Weg durch das Jahr. Er wird wie ein schützender Raum sein, so, wie ihn der Beter
des 23. Psalms beschreibt: „Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner
Feinde, du salbest mein Haupt mit Öl und schenkst mir voll ein“. Auch da, wo
Kämpfe um uns herum toben, wo wir vielleicht selbst in Auseinandersetzungen
stecken, gibt es für uns einen Ort des Friedens. Da wird nicht gekämpft, da muss
ich nicht auf Angriffe gefasst sein, da muss mich nicht verteidigen, da werde ich
nicht verletzt. An diesem Ort kann ich zur Ruhe kommen und werde an Leib und
Seele gestärkt.
Der Friedensgruß spricht uns den Frieden Gottes in der Mahlgemeinschaft nicht
nur zu. Wir nehmen ihn auch mit, damit er dahin gelangt und da wirksam werden
kann, wo sich unser Leben abspielt und wir unsere Aufgaben haben. In unserer
zerrissenen Welt, in der an vielen Orten gekämpft wird und Menschen vor Mord
und Totschlag auf der Flucht sind, können auch wir Orte des Friedens schaffen.
Oasen zum Krafttanken auf dem Weg durch die Durststrecken des Lebens. Wie
das geschehen kann? Versuchen wir, dem Wegweiser des Friedensgrußes folgen!
DEF Deutscher Evangelischer Frauenbund, Landesverband Bayern e.V.
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„Keiner sei wider den anderen“. Frieden kann nur beginnen, wo Menschen ihre
Waffen niederlegen, wo ich im anderen nicht den Feind sehe, der mir streitig
machen will, worauf ich glaube, Anspruch zu haben. „Liebet eure Feinde“, sagt
Jesus. „Tut wohl denen, die euch hassen“. Den ersten Schritt tun und nicht darauf
warten, dass ihn der andere tut, das wäre ein Schritt auf dem Weg zum Frieden. Sich gegenseitig nichts mehr vormachen, die Maske ablegen, hinter der ich
mich verstecke. Zu mir stehen und mich so zeigen, wie ich bin. Dass ich mich
damit verletzlich mache, riskiere ich. Sich gegenseitig nicht täuschen, die eigene
Wahrheit und die des anderen aushalten, das gehört zum Frieden. Wenn Gott
uns aushält mit unseren Schwächen und Verfehlungen und uns in großer Vielfalt
geschaffen hat, dann sollten doch auch wir versuchen, einander anzunehmen
wie Christus, der mit Menschen Gemeinschaft suchte, die alles andere als perfekt
waren. Wie mit Petrus mit seinem Übereifer und seiner Selbstüberschätzung, wie
mit Thomas, dem Zweifler, mit der Frau, die ihn mit ihrem kostbaren Öl salbte. Jesus setzte sich mit Pharisäern und Zöllnern an einen Tisch, kehrte bei Maria und
Martha ein und im Haus eines Aussätzigen. Er heilte den Knecht eines römischen
Hauptmanns genauso wie die Tochter des Jairus und eine blutflüssige Frau. All
diese Menschen sollten erfahren, dass Gott jedem Menschen zugewandt ist und
jeder Mensch Anteil haben kann an seiner vergebenden Liebe.
Vergebt einander das Böse, das zwischen euch steht. Macht einen Schlussstrich
unter den Streit, den Betrug, den Verrat, der euch entzweit hat. Ihr vergebt euch
nichts dabei!
Im Gegenteil. Ihr werdet nur gewinnen! Ihr werdet nicht einsam durch das Jahr
gehen. Ihr werdet Freunde und Gefährtinnen an euren Seite haben und eine
unbelastete Zukunft vor euch.
„Der Friede des Herrn sei mit euch allen. Keine der anderen
feindlich gesonnen, keine verstecke ihr wahres Gesicht; vergebt,
wie euch vergeben ist und akzeptiert einander in eurer Verschiedenheit wie Christus euch akzeptiert zum Lobe Gottes“.
Lasst uns einander „Zeichen des Friedens“ geben und Botinnen der Freundlichkeit unseres Gottes sein auf unserem Weg durch das Jahr.
Ulrike Börsch, Wetter
2. Bundesvorsitzende
Bernd Kasper/pixelio.de
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Monatsspruch Januar
So lange die Erde besteht, sollen nicht aufhören
Aussaat und Ernte, Kälte und Hitze, Sommer und
Winter, Tag und Nacht. Gen. 8,22 (E)
Solange die Erde besteht, folgen in stetem Wechsel
Aussaat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer
und Winter, Tag und Nacht. Diese Ordnung ist
unumstößlich. (Die Bibel in heutigem Deutsch, 1984)
Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat
und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter,
Tag und Nacht. (Martin Luther)
DEF Deutscher Evangelischer Frauenbund, Landesverband Bayern e.V.
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Solange die Erde steht …
In meiner Grundschulzeit in einem kleinen Dorf am Main war ich eine von vielen
Schülerinnen und Schülern in der einklassigen Volksschule. Den Religionsunterricht hielt mein Vater, der „Feld-, Wald- und Wiesenpfarrer“ des Dorfes, wie er sich
selbst titulierte. Gern und stimmgewaltig sang er mit uns Lieder wie „Schönster
Herr Jesu“ oder „Lobt froh den Herrn, ihr jugendlichen Chöre“.
In unser Religionsheft ließ er uns Bilder zeichnen, die er sorgfältig an der Tafel
vorbereitet hatte. Deutlich erinnere ich mich an eine Stunde, in der unser Monatsspruch im Mittelpunkt stand. Der Herr Pfarrer hatte passende Symbole an die
Tafel gezeichnet und erreichte durch vielmaliges Vorsprechen und lautes Nachsprechen unsererseits, dass wir den Bibelspruch am Ende der Stunde fast alle auswendig konnten.
„Solange die Erde steht…“, ging es mir durch den Kopf. Ja, sollte sie denn nicht
ewig bestehen? Sollte es irgendwann aus sein mit all der Herrlichkeit der Felder
und Wiesen, der Bächlein und Obstbäume, die unser Dorf so schön machten?
Sollten irgendwann der strahlend blaue Himmel, die gepflügten Äcker, die wogenden Getreidefelder, das Juchzen auf schwankenden Heuwagen, die Fahrt
mit der Fähre über den Fluss ein Ende haben?
… soll nicht aufhören
Der Schreck, der mich erfasst hatte, wich jedoch rasch. Da kam ja noch mehr:
„…soll nicht aufhören…“. Gott sei Dank! Alles, was in unserem Jahresablauf so
prägend war, wurde aufgezählt: Saat und Ernte, Kälte und Hitze, Sommer und
Winter, Tag und Nacht. Eine tiefe Beruhigung und wohlige Zufriedenheit machten sich in mir breit. Gott sei Dank!
Wenn die Saat ausgebracht war, würde nach einiger Zeit gewiss auch geerntet
werden. Nach kalten oder regnerischen Wochen war ganz sicher irgendwann
wieder das Barfußlaufen angesagt. Dem Sommer folgte ganz bestimmt die düstere, aber gemütliche Adventszeit und nach harter Geduldsprobe endlich das Weihnachtsfest! Und wie gut, dass dunklen Nächten, in denen allerhand Geister an
der Zimmerwand spukten, der helle Tag folgte!
Und heute?
Wenn wir die neuesten Nachrichten aus der Welt sehen oder hören, kann es einem angst und bange werden. Ist es schon so weit, dass die Welt aus den Fugen
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gerät? Häufen sich nicht Naturkatastrophen, Kriege, Umweltzerstörungen in erschreckendem Maß? Ist die Existenz der Erde in absehbarer Zeit Vergangenheit?
Ja, und wenn?!
Wir haben eine Zusage, ein Versprechen!
So lange die Erde steht! So lange, ganz bestimmt so lange werden der Rhythmus der Jahreszeiten, der Lauf der Gestirne, Klima und Wachstum unser Leben
bestimmen.
So lange die Erde steht, können wir versuchen, allem Lebendigen auf der Erde
das Werden und Wachsen zu erleichtern und nicht zu erschweren. Warum nicht
heute damit anfangen? Warum nicht doch die schrumpligen Äpfel verwerten,
statt sie wegzuwerfen? Warum nicht auf das scharfe Putzmittel verzichten, das
das Grundwasser belastet?
So lange die Erde steht, können wir uns hartnäckig neuen Herausforderungen
stellen, die eine veränderte Umwelt fordert. Wir könnten das Auto gemeinsam
nutzen, statt allein herumzufahren. Wir könnten auf den zweiten Kühlschrank
verzichten. Wir könnten…
So lange die Erde steht, haben wir Zeit, helle Tage bewusst zu genießen und
dunkle Nächte zuzulassen. Wir wissen: Beides gehört zum Leben, beides wechselt sich ab! Und das dürfen auch Christen sagen.
So lange die Erde steht, haben wir die Chance, unser Verhalten zu überdenken
und Fehlentwicklungen zu beeinflussen, damit mehr Menschen gut leben können.
Sie kennen sicher den Spruch, der Martin Luther zugeschrieben wird:
Und wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, so würde ich doch heute
ein Apfelbäumchen pflanzen!
Ja, genau so! Seien wir trotzig entgegen allen düsteren Prophezeiungen! Seien
wir hartnäckig! Bestehen wir auf der Einlösung des gegebenen Versprechens
und vertrauen wir darauf:
Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Kälte und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.
Gott sei Dank! So können wir dem Morgen ruhig und getrost entgegensehen.
Christine Seichter,
Altdorf bei Nürnberg
DEF Deutscher Evangelischer Frauenbund, Landesverband Bayern e.V.
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Dieter Schütz/pixelio.de
Monatsspruch Februar
Ich schäme mich
des Evangeliums nicht:
Es ist eine Kraft Gottes
die jeden rettet, der glaubt.
Römer 1,16
Über alle möglichen Themen wird heutzutage in aller Öffentlichkeit über ganz
Persönliches geredet. In vielen – auch mittäglichen – Talkshows geht es um familiäre
Streitigkeiten, Beziehungsprobleme, Liebschaften, irgendwelche seltenen Vorlieben usw. Kein Thema ist zu intim, als dass es sich nicht für die Öffentlichkeit in
Fernsehen oder Zeitschriften eignet. Es scheint, als gäbe es kein Thema in unserer Zeit, das man nicht selbst mit wildfremden Menschen teilen könnte.
Und doch gibt es ein Thema, das heute bei uns ein Tabuthema geworden ist. Das
Reden über den eigenen Glauben nämlich. Es ist reine Privatsache, und Worte zu
finden für das, was mich im Glauben trägt und was mich Christin oder Christ sein
lässt, das fällt schwer. Öffentlich den eigenen Glauben zu bezeugen, das lässt uns
zurückschrecken.
Woran liegt es? Ist es ein Zeichen für Glaubensschwäche? Oder mangelnde
Übung? Wieso fehlen uns Worte, über unseren Glauben auch in der Öffentlichkeit zu sprechen?
Anscheinend geht es uns anders als dem Apostel Paulus. „Ich schäme mich des
Evangeliums nicht!“, so bekennt er offen. „Ich schäme mich nicht, Christ zu sein!“
Was früher selbstverständlich war, wird heute kaum noch laut gesagt. Christen
scheinen sich heute immer mehr, vielleicht ihrer geringen Zahl oder ihrer Frömmigkeit wegen, zu schämen.
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Ich schäme mich des Evangeliums nicht!
Paulus bekennt ganz offen seinen Glauben. Er will andere Menschen damit
anstecken. Er bereitet einen Besuch in Rom vor und schreibt der christlichen
Gemeinde einen Brief. Er stellt sich und seinen Glauben vor. Deshalb spricht er
gleich zu Beginn ganz offen vom Wichtigsten: „Ich schäme mich des Evangeliums nicht!“ Und weiter stellt er klipp und klar fest, was wir uns oft nicht zu sagen
trauen: „Ich schäme mich des Evangeliums nicht: Es ist eine Kraft Gottes, die jeden rettet, der glaubt.“
Diese Offenheit war es, die den Glauben an Jesus Christus nicht hat verstummen
lassen. Vielmehr hat das öffentliche Reden dem Glauben eine weltumspannende Kraft gegeben. Paulus hat sich nicht geschämt, das, was ihn trägt, zu erzählen.
Und er lädt andere ein, diesen Glauben auch zu wagen. Weil im Glauben eine
große Kraft liegt.
Dieses Evangelium, für das auch ich mich nicht zu schämen brauche, ist die Frohe Botschaft, dass ich nicht mein eigener Gott sein muss. Dass mein Leben nicht
in jeder Hinsicht gelingen muss, bevor ich glücklich sein kann. Wir sind von Gott
gehalten. Er ist es, der mich liebevoll begleitet, der mich trägt und hält, auch auf
gefährlichem Gelände, auch über dem Abgrund.
Dessen müssen wir uns wahrlich nicht schämen, sondern dürfen freudig und
auch begeistert unsere Glaubensgeschichte erzählen.
Martha Schmidt,
Rothenburg o.d. Tauber
DEF Deutscher Evangelischer Frauenbund, Landesverband Bayern e.V.
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Monatsspruch März
Ist Gott für uns, wer kann wider uns sein?
Römer 8 ,31
Saulus aus Tarsus, der als pharisäischer Schriftgelehrter im Auftrag des Hohen
Rates die Christen verfolgte, wurde durch ein Erlebnis in Damaskus bei einer Erscheinung von Jesus Christus zum Botschafter des christlichen Glaubens. Seine
Freunde nannten ihn nun Paulus; mit diesem Namen stellte er sich auch in seinen Briefen vor.
Er setzte sich auf eigene Verantwortung für Heidenmission ein und ging auf drei
Missionsreisen, um das Evangelium zu verbreiten. Den Römerbrief schrieb er
während seiner dritten Missionsreise aus Korinth. Er lehrte ausführlich das Evangelium, die Heilsbotschaft Gottes von Jesus Christus, und versuchte so, die römischen Gemeinden zu stärken im Glauben an Jesus Christus. Wir leben aus dem
Geist Gottes, schreibt er im 8. Kapitel, unser ganzes Leben wird verändert, wir
haben die Zukunft vor Augen und nichts kann uns von Gott trennen.
Ist Gott für uns, wer kann wider uns sein?
Paulus macht uns Mut für unser Leben. Wenn wir fest an die Liebe Gottes glauben und im Gebet unsere Tage beginnen und vollenden, haben wir die Gewissheit der Gegenwart Gottes.
Das gibt uns Kraft in schwierigen Situationen, bei großen Aufgaben und in zwischenmenschlichen Auseinandersetzungen. Die in uns ruhende Kraft Gottes, sich
für ein gutes Miteinander einzusetzen, hilft, viele Aufgaben zu lösen und Menschen mitzutragen in eine gute Gemeinschaft des Glaubens.
Aus der Zuversicht, dass Gott uns führt und begleitet, können wir Verantwortung
übernehmen in der Führung eines christlichen Verbandes und Menschen gewinnen, diesen Weg der Nächstenliebe anzunehmen und mitzugehen.
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Margot Kessler/pixelio.de
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Die Briefe von Paulus hatten viele Menschen gestärkt bis heute.
Geborgenheit in Gott...
. . . ist wie ein Wegweiser, der mich
in die richtige Richtung führt,
. . . ist wie ein Lichtschein, der im
Finstern auf meinen Weg fällt,
. . . ist die Gewissheit, dass ER mich
liebt und annimmt, so wie ich bin.
Heike Gröner,
Schweinfurt
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Schwester Klara/pixelio.de
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Monatsspruch April
Wahrlich dieser ist Gottes Sohn gewesen.
Mt. 27, 54 (nach Luther)
Wahrhaftig, das war Gottes Sohn.
(Einheitsübersetzung)
Der Tempelvorhang zerriss, die Erde bebte, es wurde dunkel auf Erden. Felsen
spalteten und Gräber öffneten sich! Was für eine Gewalt! Was für überirdische
Kräfte waren dort am Werke... Und während sie das sahen und mitten in dieser
Gewalt waren, sagten die Männer, die das Kreuz mit dem toten Jesus daran bewachten: „Wahrhaftig, das war Gottes Sohn!“
Da ist unsere Position mit einem zeitlichen Abstand von mehr als 2000 Jahren
doch etwas schwieriger. Wir sind diejenigen, die „nicht sehen und trotzdem
glauben“ (sollen)... (Joh. 20, 29). Als Christinnen kennen wir Jesus als historische
Persönlichkeit. Und wir kennen ihn als Glaubende durch unsere christliche Erziehung, aus der Bibel, von Predigten, Liedern und Gebeten. Aber trotzdem fragen
wir wahrscheinlich oft: Wer war dieser Jesus? Erlöser, Messias, Retter, ein großer
Prophet, ein außergewöhnlicher Mensch, Gottes Sohn...
Er hat „die Sünden der Welt“ getragen, auf seine Schultern genommen, er hat für
uns gelitten, ist für uns gestorben... Aber „die Sünden der Welt“ – sie sind immer
noch da, im Kleinen bei uns selber, im Großen, wie wir es Abend für Abend in
den TV-Nachrichten sehen können. Gelitten und gestorben wird überall um uns
herum.
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Warum wurde Jesus durch sein Leiden und Sterben „unsterblich“? Wer ist dieser
Jesus, der den Tod überwindet und uns zu Ostern singen lässt: „Jesus lebt! Hallelujah, Jesus lebt!“?
Eine wirkliche Antwort auf alle diesen Fragen habe ich (als Nicht-Theologin) nicht!
Nur ein Ahnen, ein Gespür für die große Botschaft, die er bringen wollte, die er
gebracht hat und die die Welt verändert hat. Eine Zeit „vor Christi Geburt“ und
eine Zeit „nach Christus“.
In Jesu Namen wurde und wird in unserer Welt viel Gutes getan: Menschen helfen
einander, stehen für einander ein, erziehen Kinder, pflegen Alte und Kranke nach
dem Bibelwort: Was du den Geringsten der meinen getan hast, das hast du mir
getan!
Im Namen des gleichen Jesus, Gottes Sohn, werden Kriege geführt, wird gemordet und wird Menschen unendliches Leid und Unrecht zugefügt. Wie ist das
alles möglich?
Ich bleibe zurück mit mehr Fragen als Antworten. Es verwirrt mich und es tut oft
weh, diese Diskrepanzen auszuhalten und trotzdem zu glauben: Er ist wahrhaftig Gottes Sohn.
Einen Trost bieten mir die letzten Verse dieses Bibelabschnittes bei Matthäus:
55) Auch viele Frauen waren dort und sahen von weitem zu; sie waren Jesus seit
der Zeit in Galiläa nachgefolgt und hatten ihm gedient.
56) Zu ihnen gehörten Maria aus Magdala, Maria, die Mutter des Jakobus und
des Josef, und die Mutter der Söhne des Zebedäus.
Sie schauten von Weitem zu - auch auf Abstand - so wie wir jetzt... Aber sie waren
da, sie blieben bei ihm, sie waren treu, sie waren Jüngerinnen, seine Freundinnen.
Ich bete oft, dass ich auch eine solche Freundin sein möge, bis zum Schluss, auch
wenn’s manchmal echt schwierig ist!
Maria Hollering-Hamers,
Lichtenfels, Katholischer Deutscher Frauenbund
DEF Deutscher Evangelischer Frauenbund, Landesverband Bayern e.V.
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Im Evangelischen Gesangbuch fand ich die Nummer
558: Ich hör die Botschaft: Jesus lebt. Es ist ein Text
von 1985, und für mich drückt er aus, was ich denke
und fühle bei der Aussage:
Wahrlich dieser ist Gottes Sohn gewesen.
Ich hör die Botschaft: Jesus lebt!
Doch seh ich nur: die Welt erbebt,
weil Krankheit herrscht und Tod und Krieg.
Wo find ich Jesu Ostersieg?
Gott, steh mir bei!
Ich hör die Botschaft: Jesus lebt!
Ob dem nicht alles widerstrebt,
was täglich unsere Welt bedroht:
der Bosheit Trug, Gewalt und Not.
Gott, steh mir bei!
Ich hör die Botschaft: Jesus lebt!
Gott hilf, dass sich mein Herz erhebt,
aus Kummer, Zweifel, Angst und Leid.
Mach es für deinen Trost bereit!
Gott, steh mir bei!
Ich hör die Botschaft: Jesus lebt!
Ihr Boten, die ihr Hoffnung gebt,
führt mich zum Auferstandnen hin,
dass ich bei ihm geborgen bin!
Gott, steh mir bei!
Text: Friedrich Hofmann, 1985
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M.E./pixelio.de
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Monatsspruch Mai
Alles vermag ich durch ihn,
der mir Kraft gibt. (Phil.4,13)
Eine wunderschöne Losung aus dem Philipperbrief des Apostel Paulus. Sie zeugt
von der Tiefe seines Glaubens zu Jesus Christus. Dass er Christus, der Herr ist, der
ihm gnädig ist, ist ihm zur Gewissheit geworden. Das möchte Paulus auch seiner
Lieblingsgemeinde, die auch seine erste Gemeinde war, die durch seine Missionstätigkeit entstanden ist, ans Herz legen.
Als er den Brief verfasste, war Paulus im Gefängnis im Rom, wo es ihm nicht gut
ging. Die Philipper schickten deshalb einen Boten mit einer pekuniären Zuwendung zu Paulus, um dessen Haftbedingungen zu erleichtern. Dafür war Paulus
seiner Gemeinde sehr dankbar; er fühlte sich mit den Philippern eng verbunden.
Da der Bote Epaphroditus in Rom schwer erkrankte, wollte dieser nach seiner
Genesung umgehend nach Hause zurück. Paulus gab ihm den Dankesbrief an
die Gemeinde mit. Er schrieb diesen Brief ohne Selbstmitleid und Klage über
seine missliche Situation in einer freudigen und herzlichen Sprache. Er sorgt sich
um alle Mitglieder der Gemeinde, er betet für sie und empfiehlt sie Gott, dem
Vater und dem Herren Jesus Christus. Der Apostel fühlt sich stark, denn er weiß,
dass Gott ihm die Kraft gibt, alles Dunkle zu überstehen. Alles vermag ich durch
ihn, der mir die Kraft gibt, sagt er.
Spricht uns dieses Wort des Paulus nicht auch an? Auch wir sind manchmal
schwach und bedürfen der Hilfe. Wir wissen, dass wir alle aus der Kraft leben, die
nicht die unsere ist. Gottes Kraft kann auf vielerlei Weise mächtig werden. Aber wir
brauchen diese Kraft immer wieder aufs Neue.
DEF Deutscher Evangelischer Frauenbund, Landesverband Bayern e.V.
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Antoine de Saint-Exupéry drückt das in seinem Gebet „Herr lehre mich die Kunst
der kleinen Schritte“ so aus: Ich bitte nicht um Wunder, Herr, sondern um die
Kraft für den Alltag.
Wir können beten: Lass mich Herr von deiner Kraft und Stärke leben, von der du
gesagt hast, dass sie in dem Schwachen mächtig ist.
Axel Kühne schildert in seinem Buch „Überlebensgeschichten für jeden Tag“
über das Schicksal des amerikanischen Landwirtschaftsexperten Dr. Claude Fly,
der im Auftrag der UNO in Uruguay tätig war. Eines Tages wurde dieser auf offener Straße von Tupamaros als Geisel genommen. Acht lange Monate musste er
in einem winzigen Versteck tief unter der Erde verbringen. Nach seiner Freilassung schrieb er in seinem Buch: „Gott in meiner Angst“ über seinen Aufenthalt
in der Geiselhaft, dass ein Neues Testament, das er bei sich hatte und in dem er
jeden Tag las, für ihn eine Quelle der Kraft wurde. Das Lesen in der Bibel half ihm,
seine Ängste und Seelenqualen zu überwinden.
Die Bibel eröffnet uns den Zugang zu Kräften außerhalb unseres Herzens und
unserer Möglichkeiten. Beim Lesen der Bibel öffnen sich Bereiche, die uns sonst
verschlossen bleiben. Da zeigen sich Wege, die wir alleine nicht finden können.
Da begegnen uns Kräfte, die stärker sind als Leiden und Tod.
Eine weitere Kraftquelle sind die Lieder in unserem Gesangbuch, besonders natürlich die von Paul Gerhardt, von dem wir wissen, dass er in seinem Leben viel Not
und Bedrängnis erleiden musste. Das Lied 447 „Lobet den Herren, alle, die ihn
ehren …“ - besonders Vers 8 - spricht mich an. Treib‘ unsern Willen, dein Wort zu
erfüllen; hilf uns gehorsam wirken deine Werke; und wo wir schwach sind, da gib
du uns Stärke.
Am Ende seines Briefes schreibt der Apostel Paulus: Ich bin voll Dank gegen Gott,
so möchte ich aus vollem Herzen Gott für alles danken. Er wünscht seinen Gemeindemitgliedern in Philippi: Die Gnade des Herrn Jesus sei mit Euch allen.
Amen. Das möchte auch ich Ihnen allen mit auf Ihren Weg geben.
Renate Jachmann,
Puchheim
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Monatsspruch Juni
Ich lasse dich nicht los,
wenn du mich nicht segnest.
Gen 32,27
Wir kennen die Geschichte der Söhne Isaaks, Jakob und Esau. Jakob, der Zweitgeborene, holt sich auf Anraten seiner Mutter Rebekka hinterlistig den Segen
des Vaters, der dem Erstgeborenen zusteht. Esau schwört Rache. Daraufhin flieht
Jakob zu den Verwandten seiner Mutter.
Jeder von uns kennt das: In einer schwierigen Situation - vielleicht von uns mitverschuldet - wollen wir uns nicht stellen, schauen oder laufen oft weg… Aber
dann zieht es uns, wie Jakob, doch zurück in die Heimat, zur Familie…
Und der Herr begleitet ihn: Du Gott meines Vaters Abraham und Gott meines
Vaters Isaak. Herr, du hast gesagt: Kehr in deine Heimat und zu deiner Verwandtschaft zurück. Ich bin mit dir. (Gen.31,3)
Doch Jakob hat Todesangst vor der Rache seines Bruders Esau. Und im AT (Gen
32,2) lesen wir dazu: Er zog seines Weges. Da begegneten ihm Engel Gottes.
Jakob schickt Versöhnungsgeschenke an seinen Bruder. Er tastet sich vorsichtig
heran. So machen wir das doch auch!
Aber Jakob wird seine Angst nicht los: Er bleibt in der finsteren Nacht allein am
Flussufer zurück. Er ringt mit sich, mit seiner Angst… Er wagt sich nicht ans andere
Ufer. Und da ereignet sich eine sonderbare Geschichte:
Als er nur noch allein zurückgeblieben war, rang mit ihm ein Mann, bis die Morgenröte aufstieg. Als der Mann sah, dass er ihm nicht beikommen konnte, schlug
er ihm auf das Hüftgelenk, sein Hüftgelenk renkte sich aus. Der Mann sagte: Lass
mich los, denn die Morgenröte ist auf gestiegen. Jakob aber entgegnete: Ich lasse
dich nicht los, wenn du mich nicht segnest.
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Jener sagte: Wie heißt du? Jakob, antwortete er. Da sprach der Mann: Nicht mehr
Jakob wird man dich nennen, sondern Israel (d.h. Gottesstreiter); denn mit Gott
und Menschen hast du gestritten und hast gewonnen. Gen 32,23-28
Wir fragen uns: Wer ist Jakob begegnet? Ein himmlisches Wesen? Ein Engel?
Jakob sagt: Ich habe Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen… Für Jakob ist
dieser Mann eine Offenbarung Gottes.
Damit wird klar, welche Lehre man daraus zu ziehen ist: Er hält sich beharrlich
an Gott fest: dem Einzigen in der Geschichte, der treu ist und bleibt. Und das gilt
auch für Israel bzw. die Israeliten, deren Stammvater Jakob ist.
Und auch für uns gilt, Gottes Segen kommt unverrückbar an – auch wenn es unmöglich erscheint. Wer sich an Gott hält, ist gut bestellt, sagt eine Redensart.
Das klingt oft banal; man wird belächelt von den Mitmenschen, wenn man es
ausspricht. Aber es ist dieses Gespür für die sichere Geborgenheit in Gott, in welchen Wirrnissen des Lebens der Mensch sich auch befindet (vgl. Psalmen, z.B.
Der Herr ist mein Hirte…). Da ist etwas, was uns Menschen begleitet und stark
macht, wenn wir nur beharrlich daran festhalten.
Dazu eine kleine Begebenheit: Eine ältere Frau und Mutter von vier Kindern war
sehr vereinsamt, allein gelassen von der Familie. Sie wurde schwer krank, war
immer wieder dem Tod nahe, konnte aber nicht sterben - nicht los lassen - wie
Jakob. Auch ihre Beharrlichkeit (ihr Gebet?) führte letztlich dazu, dass die Kinder allmählich erkannten, dass etwas schief gelaufen war, dass sie eigentlich die
Nähe der Mutter schon lange vermissten. Sie holten die Mutter aus dem Pflegeheim nach Hause und sagten: Du bist nicht allein, wir lieben Dich, Du darfst los
lassen. Die Frau betete und starb zwei Tage später im Kreise ihrer Lieben.
So spricht der Herr:
Ich bleibe derselbe, so alt ihr auch werdet,
bis ihr grau werdet, will ich euch tragen.
Jessaja 46,4.
Elisabeth Strauß,
Nördlingen
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Monatsspruch Juli
Euer Ja sei ein Ja, euer Nein ein Nein;
alles andere stammt vom Bösen. Mt 5, 37
Der Satz macht mir zu schaffen. Gibt es wirklich nur ein klares Ja und ein klares
Nein und nichts dazwischen? Kommunikation setzt auf „Red“lichkeit, will die
ehrliche Verständigung zwischen Menschen durch ein Miteinanderreden. Sie will
den Dialog, die abwechselnd geführte Rede und Gegenrede mit dem Bemühen,
die andere Person zu verstehen. Eine Auseinandersetzung ist erst dann gelöst,
wenn jede Seite von ihrer Position ein Stück weit abrückt, um zur Einigung, ja,
zum Frieden zu kommen. Unsere Demokratie lebt von diesen Kompromissen
und erwartet, dass Mehrheitsentscheidungen auch bei einem früheren Nein
schließlich mit einem Ja akzeptiert werden.
Mit alldem ist nicht gemeint, dass es recht ist, die Wahrheit „zurechtzubiegen“,
das Recht „zurechtzureden“. Und auch die kleine Notlüge ist eben nur eine kleine
Lüge. Wie oft sagen wir äußerlich Ja und meinen innerlich Nein.
Und dennoch: Wie schön ist eine klare Position! Dann weiß ich bei meinem Gegenüber, woran ich bin. Ich kann der anderen Person vertrauen. Ihr Ja ist ein Ja,
ihr Nein ein Nein, und es steht nichts dazwischen, was uns misstrauisch machen
oder auseinander bringen könnte.
Für das Verständnis des Satzes ist es indes hilfreich, ihn in seinem Zusammenhang
zu sehen. Jesus spricht ihn in der Radikalität seiner Bergpredigt und er bezieht
sich auf das Schwören.
Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt worden ist: Du sollst keinen Meineid
schwören, und: Du sollst halten, was du dem Herrn geschworen hast. Ich aber
sage euch: Schwört überhaupt nicht, weder beim Himmel, denn er ist Gottes
DEF Deutscher Evangelischer Frauenbund, Landesverband Bayern e.V.
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Thron, noch bei der Erde, denn sie ist der Schemel für seine Füße, noch bei Jerusalem, denn es ist die Stadt der großen Könige. Auch bei deinem Haupt sollst du
nicht schwören; denn du kannst kein einziges Haar weiß oder schwarz machen:
Euer Ja sei ein Ja. Euer Nein ein Nein; alles andere stammt vom Bösen.
Jesus geht es um die absolute Glaubwürdigkeit. Seine Anhängerschaft soll nicht
in Diplomatie ausweichen oder heilige Eide schwören, damit ihr geglaubt wird.
Sie soll sich klar, eindeutig und unmissverständlich äußern. Für diese Haltung der
Unverbrüchlichkeit braucht es nicht die Vereinnahmung Gottes, auch wäre das
ein Verstoß gegen das Gebot, Gottes Namen zu missbrauchen. Jesus erwartet
ein Bekenntnis kraft der eigenen Erkenntnis.
Deshalb meint er möglicherweise nicht das äußerliche Ja oder Nein, sondern
das Innerliche, das Ja zu Gott - wie wir als Menschen angewiesen sind auf Gottes
Ja zu uns. Die Treue zu Gott könnte auch den Zusammenhang mit dem zweiten
Teil des Satzes erklären: …alles andere stammt vom Bösen. Das Böse ist der Diabolus, der Verleumder, der denunziert und diffamiert, böswillig behauptet und
übel nachredet, der Ja und Nein vertauscht und in das Jein verliebt ist. Ihm ist zu
widerstehen durch ein klares Nein des Einzelnen.
Das schließt allerdings nicht aus, dass in manchen Situationen weder ein Ja noch
ein Nein die Antwort sein kann, sondern ein Schweigen zur Vergewisserung, dass
wir nichts wissen.
Denn letztlich geht es darum, dass hinter dem Ja und Nein die Unverwechselbarkeit der Person steht: Die Freiheit eines Christenmenschen, aus eigener Überzeugung Ja oder Nein zu sagen.
Das sehe ich als Auftrag – als Auftrag zur Wahrhaftigkeit.
Elke Beck-Flachsenberg, Erlangen
Vorsitzende Evangelische Frauen in Bayern
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Martin.Buedenbender/pixelio.de
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Monatsspruch August
Jesus Christus spricht: Seid klug wie die
Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben.
Mt 10,16 (L)
Welch eine Aufforderung spricht Jesus - wir, die sonst so ausgeglichen und sanft
zu regieren haben, so „de-eskalierend“ im heutigen Sinn - wir sollen aktiv - strategisch werden! Kein Wunder, wir sind ja - um im Tier vergleich des Matthäus
zu bleiben - als „Schafe unter Wölfe“ gesetzt. Deshalb muss die Klugheit der Welt
bedacht werden, die Schlangennatur von Verhältnissen und Konstellationen: ihr
ist im Ernst zu begegnen! Und angeblich verstünden Frauen eine Menge davon.
Bei uns in der Regierungsstadt habe ich das Zitat gerade in Frauenmund oft gehört, aber eben nur zur Hälfte! Seid klug wie die Schlangen…, viele wussten gar
nicht, wie das weitergeht, vollständig heißt: und ohne Falsch wie die Tauben. Ja,
nur so: Diese Weltklugheit soll ohne „Gift“ auskommen, im heutigen Sinn, „konstruktiv“ sein, aufbauend, liebevoll – wie antike Venustauben.
Die alte Schlange, Sünd und Tod,
Die Höll, all Jammer, Angst und Not
Hat überwunden Jesus Christ,
Der heut vom Tod erstanden ist. Halleluja.
Erschienen ist der herrlich Tag, Strophe 2
Text und Melodie: Nikolaus Herman, 1560
Dr. Gabriele Kucher,
Ansbach
DEF Deutscher Evangelischer Frauenbund, Landesverband Bayern e.V.
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Monatsspruch September
Wenn ihr nicht umkehrt und werdet
wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins
Himmelreich kommen.
Mt 18,3 (L)
Diese Zeile ist nur ein kurzes Zitat aus einer längeren Erzählung. Die Jünger fragen Jesus, wer denn der Größte im Himmelreich sei. Wer kennt das nicht, diesen Wettstreit, wer der
Größte ist, die Schönste, wer am schnellsten rennen kann
oder noch vieles andere.
Tobias.Sellmaier/pixelio.de
Auch die Jünger Jesu waren da ganz normale Menschen. Natürlich standen sie auch in Konkurrenz untereinander; wer Jesus am
besten verstehen würde, wem er am meisten vertraute, wen er am
liebsten hatte. Diese Fragen beschäftigten sie auf ihren langen Wegen und natürlich auch die Frage, wie es denn im Himmelreich sein
würde.
Das Himmelreich, das Paradies, der Garten Eden, wo die Menschen
wunschlos glücklich sein werden. Wo es keinen Krieg, keinen Neid,
keinen Hass mehr gibt. Gibt es dort auch Rangfolgen? Haben die
Erzväter Israels einen besonderen Platz? Und welchen Platz würden
sie, die Jünger, einnehmen? Auf diese Frage antwortet Jesu, indem er ein
Kind in die Mitte stellt und dieses Kind als Beispiel wählt für einen Menschen, der
höchstwahrscheinlich ins Himmelreich kommt.
Die Jünger, und damit wir, sollen werden wie die Kinder. Manchmal sagt man
von den älteren Menschen, dass sie wieder wie Kinder werden. Das meint Jesus
aber nicht. Die Jünger sind relativ junge Menschen, die annehmen, durch ihre
Fähigkeiten und ihr Zusammensein mit Jesus eine gewisse Macht und Einfluss
zu haben. Und damit glauben sie, auf der sicheren Seite Richtung Himmelreich
zu sein.
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Und da stellt Jesus ein Kind in ihre Mitte. Keinen mächtigen Politiker, keinen Rabbi oder Pharisäer, nein ein Kind! Und wir sollen uns verhalten wie ein Kind. Wir
sollen umkehren, also Buße tun, indem wir uns zu Gott, zum Vater, hinwenden.
Denn das tun Kinder. Sie vertrauen ihren Eltern. Kinder sind spontan, offen und
ehrlich. Sie können ganz versunken in ihr Spiel sein, sind aber auch schnell gelangweilt und lassen sich leicht ablenken.
Ein Kind weiß aber auch, dass es nicht alles alleine kann. Es lässt sich die Fürsorge
gefallen, weil es den Eltern, dem Vater und der Mutter, vertraut. Das Kind wird
von seinen Eltern geliebt, so wie es ist. Es muss sich nicht verstellen. Und daher
kann es auch die Fürsorge für seine Person zulassen. Es ist auf diese Zuwendung
angewiesen, aber es wächst auch gegenseitiges Vertrauen. Die Eltern trauen auch
dem Kind etwas zu, so wie auch Gott uns sein Vertrauen schenkt. Gott will unser
Gegenüber sein. Gott hält uns nicht in Unmündigkeit. Er macht uns nicht klein,
sondern wendet sich uns zu. Daher kann ich zu ihm aufblicken und das kommende Himmelreich als Geschenk von ihm annehmen.
Über das Himmelreich selbst sagt Jesus hier gar nichts. Aber wir spüren, dass
Macht und Rang hier keine Rolle spielen. Einzig unser Vertrauen zu Gott, seine
Hinwendung zu uns Menschen lässt das Himmelreich schon hier auf Erden erahnen. Angenommen sein, so wie ich bin. Von diesem Geschenk her kann ich
leben und anderen von diesem Gott erzählen.
Inge Gehlert, Aschaffenburg
DEF-Bundesvorsitzende
DEF Deutscher Evangelischer Frauenbund, Landesverband Bayern e.V.
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Monatsspruch Oktober
Haben wir Gutes empfangen von Gott und sollten
das Böse nicht auch annehmen? Hiob 2,10
Dass ich jetzt Krebs habe, gut, das ist scheiße. Wer da was verbockt hat, weiß
ich nicht, warum das so ist, weiß ich auch nicht. Aber es handelt sich nicht um
eine Bestrafung, vor allem nicht um eine Selbstbestrafung. Wenn ich das begreife, kann ich mich auch in die Hände von Jesus, Maria und Gott begeben. Diesen Schritt muss ich für mich gehen. Ich bin nicht stark. Ich will mich lieber fallen
lassen. So schreibt Christoph Schlingensief in seinem 2009 erschienenen Buch:
„So schön wie hier kann’s im Himmel gar nicht sein!“ Es ist das Tagebuch seiner
Krebserkrankung.
Ein Mann mitten in seinem reichen Leben, erfolgreiche Arbeit, Freunde und Familie, Liebe und Glück: Er wird konfrontiert mit dem Verlust von allem, mit dem
Verlust seiner Gesundheit, mit dem Tod. Gespräche mit der Frau, mit Freunden
und mit Gott folgen. Kann er dieses Schicksal annehmen, es ertragen? Er hadert
mit Gott, er klagt ihn an, er ist beleidigt: Nein so nicht! Aber er wird beschenkt mit
einer Erfahrung, die er schon gar nicht mehr für möglich gehalten hat. Er kann
direkt mit Gott sprechen: Gott, wo bist du? Was machst du da eigentlich mit mir?
Ist das Leid, das uns Menschen und die Menschheit insgesamt immer wieder
trifft, von ihm? Gottgewollt? Woher kommt es? Und warum? Warum gerade ich?
Fragen über Fragen. Elend über Elend.
Und die Religion, der Glaube? „Ich bin doch immer…; ich war doch nie…“ – Glaube und Moral drehen sich, geraten durcheinander, bis man am Ende bei einem
Tun- und Ergehens-Zusammenhang landet, den wir von Jesus her schon als
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überwunden glaubten. Auf diese Weise wird dann Gottes Handeln von unserem
Verhalten abhängig gemacht.
Hiob ringt um eine andere Sicht. Hiob wurde von seiner Frau gefragt, ob er Gott
nicht abschwören will, da er alles verloren hat und sein Körper nur noch Leid und
Schmerz ist. Ob es nicht besser wäre zu sterben. Doch Suizid ist keine Lösung.
Ich will mich nicht in der Schweiz einschläfern lassen, an irgendeiner Raststätte
oder in einem Hotelzimmer – das ist ja grauenhaft, das hat doch mit Freiheit nix
zu tun, so Christoph Schlingensief. Er bleibt bei Gott, baut die Beziehung zu ihm
sogar noch aus.
Hiob in der Auseinandersetzung mit solchen Versuchungen: Haben wir Gutes
empfangen von Gott und sollten das Böse nicht auch annehmen.
Schlingensief: Natürlich ist mir Jesus mit seiner komischen Leidensnummer
nahe. Er hat es geschafft, so viele Gedanken in Gang zu setzen wie kein anderer
Mensch. Das heißt, er hat Leiden produktiv gemacht. Christoph Schlingensief findet zwar andere Wörter und Formulierungen als Hiob, aber das was er erkennt,
was Gott ihm offenbart, ist ähnlich: Der Herr hat Himmel und Erde geschaffen.
Wie eine Mutter hat er die Erde und alles was auf ihr ist gegründet, gerichtet und
wie in Windeln gewickelt. Der Herr ist der allmächtige Schöpfergott!
Das Leid, das wir erfahren, dient nicht dazu, uns zu erziehen. Gott spricht nicht
durch Leid und Unglück! Vielleicht haben wir ja gar nicht den Auftrag, das Leid
zu verstehen, sondern es zu lindern. Schlingensief: Das Leben ist zu schön, um
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uns Menschen permanent mit kommendem Unglück zu drohen. Gottes Liebe
und Hilfe – egal, wer oder was das auch sein möge – sind keine Erziehungsdrops.
Die Liebe Gottes manifestiert sich vor allem in der Liebe zu uns selbst. In der
Fähigkeit, sich selbst in seiner Eigenart lieben zu dürfen, und nicht nur in dem,
was wir uns ständig an- und umhängen, um zu beweisen, dass wir wertvoll, klug,
hübsch, erfolgreich sind. Nein! Wir sind ganz einfach wunderbar. Also lieben wir
uns auch mal selbst. Gott kann nichts Besseres passieren.
Mit Gott in Beziehung bleiben, mit ihm sprechen, und – wenn es soweit ist, sich
in seine Arme fallen lassen als sein geliebtes Kind. Amen
Anita Jehnes,
Bayreuth
Eva Strittmatter: Nachts
Ich fürchte den Tod.
Ich gebe es zu.
Ich fühl mich bedroht.
Auch du und du,
Ihr habt Angst wie ich
Vor dem Krebs und
vorm Krieg.
Das behält man für sich.
Und glaubt an den Sieg
der Vernunft und
der Wissenschaft.
Gott geb uns allnächtlich
zum Glauben die Kraft.
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Monatsspruch November:
Erbarmt euch derer, die zweifeln.
Judas 22 (Die gute Nachricht)
„Erbarmen“ und „Erbarmet euch!“ – Wörter, die im heutigen Sprachgebrauch
kaum je benutzt werden, die uns altmodisch und fremd vorkommen. Was ist
mit ihnen gemeint? Ich verstehe unter „Erbarmen“ die liebevolle Hinwendung
zu einem anderen. Im Gebet benutzen wir das Wort noch, wenn wir Gott darum
bitten.
In Vers 22 - Erbarmet euch derer, die zweifeln - des kurzen und ziemlich unbekannten Judasbriefes (im NT) schreibt er an die Gemeindemitglieder in einem
uns unbekannten Ort. Dieser Judas kämpft gegen die Zügellosigkeit und Irrlehre,
offenbar ganz ähnlich wie Paulus in Korinth. Judas, der sich als ein Bruder des
Jakobus vorstellt, prangert die Zügellosigkeit derer an, die der falschen Meinung
sind, da der Glaube frei macht, sei ihnen jede Freiheit erlaubt, und die mit diesem
Denken vom Glauben abfallen. Diese Menschen sind nach Judas Vorstellung
jetzt bereits beim Jüngsten Gericht verloren. Jene aber - eine zweite Gruppe die noch zweifeln und den rechten Weg suchen, sind noch nicht verloren, sie
kennen den Glauben, haben aber ihre Zweifel. Um sie geht es. Ihrer sollen wir
uns annehmen, uns ihrer „erbarmen“, uns um sie kümmern, das heißt auch: sie
im Glauben bestärken.
DEF Deutscher Evangelischer Frauenbund, Landesverband Bayern e.V.
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Wer zweifelt, hat etwas, woran er zweifelt. Wer keinen Glauben hat, kann auch
nicht daran zweifeln, ihn in Frage stellen. Gerade die Menschen, die es mit dem
Glauben ernst nehmen, geraten immer wieder in Zweifel. Sie brauchen Mitmenschen, die sich liebevoll ihrer annehmen, sich ihnen zuwenden, ihnen helfen, die
Zweifel zu ertragen, zu überwinden; darum geht es Judas.
Die dritte Gruppe, die trotzdem fest im Glauben steht, ist nach Judas im Jüngsten Gericht für die Ewigkeit gerettet. Aber wer kann schon von sich sagen, dass
er seines Glaubens immer so sicher ist? Glaube ist kein immerwährender, fester IstZustand, Zweifel ein ständiger Begleiter des Glaubens, denn wer von uns ist schon
perfekt, hier, auf einer nicht perfekten, von Menschen gestalteten Erde?
Hoffen wir, dass wir nicht nur bei Gott Erbarmen finden, sondern auch unsere
Mitmenschen sich liebevoll uns zuwenden, egal wie stark unser Glauben ist, und
wir andererseits uns auch jener erbarmen, die uns brauchen.
Ich denke an das Tischgebet:
Herr, segne uns unser täglich Brot,
hilf allen denen, die in Not.
Hilf uns, einander beizusteh’n
solange wir durchs Leben geh’n.
Liebe ist das einzige Licht, das keinen Schatten wirft, sei es die göttliche Liebe
oder die menschliche, die ein Antlitz zum Leuchten bringt.
Renate Weidauer,
Puchheim
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Helene Souza/pixelio.de
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Monatsspruch Dezember
Jauchzet, ihr Himmel, freue dich, Erde! Lobet, ihr
Berge, mit Jauchzen! Denn der Herr hat sein Volk
getröstet und erbarmt sich seiner Elenden.
Jes. 49,13 (L)
Nach der Katastrophe Israels im Exil meldet sich der Prophet Jesaja mit diesem
großartigen Evangelium zu Wort. Er kündet für die nahe Zukunft Heil an. Ja, am
Ende dieser Welt ist der ganze Kosmos eingeladen, sich zu freuen, zu jubeln, wie
der Herr sein Volk und die Elenden tröstet.
Wie ein roter Faden zieht sich dieser Jubel über die Rettung des Volkes Israel
durch das Alte Testament. In Zeiten von Frieden und Wohlstand hat sich das
Volk immer wieder von Gott abgewandt. Brach Krieg, Hunger und Not an, wurde
wieder um Gottes Erbarmen gefleht. Gott schenkte immer wieder Frieden und
Wohlstand, und er hat versprochen, immer zum Erbarmen bereit zu sein.
DEF Deutscher Evangelischer Frauenbund, Landesverband Bayern e.V.
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Die Güte des Herrn hat kein Ende.
Sein Erbarmen hört niemals auf;
es ist neu jeden Morgen.
Groß ist deine Treue, o Herr.
Edith Mc Neill
Gerade in dieser Weihnachtszeit sollten wir in den weihnachtlichen Jubel mit
einstimmen. Es gibt für mich kein Weihnachten, ohne dass ich das Weihnachtsoratorium von J. S. Bach höre. Mit Pauken und Trompeten beginnt der Chor im
ersten Teil zu singen:
Jauchzet, frohlocket! Auf preiset die Tage! Rühmet, was heute der
Höchste getan! Lasset das Zagen, verbannet die Klage, stimmet
voll Jauchzen und Fröhlichkeit an!
Diese mitreißende Musik, mit dem wunderbaren Chorsatz, lässt mich jedes Mal
von Herzen fröhlich werden. Gerne wirke ich mit meiner Sopranstimme in einem
Projektchor mit, wo wir gemeinsam mit einem Symphonischen Blasorchester
zur Advents- und Weihnachtszeit in Kirchen auftreten. Bei unseren Auftritten
jubelt und jauchzt mein Inneres über die Gnadentat Gottes, die seinen Sohn
uns Menschen gebracht hat. Nach dem letzten Konzert kam eine Teilnehmerin
überwältigt und sagte mit Tränen der Freude in den Augen: „...so muss der Jubel
im Himmel sein!“
Freue dich Erde, lobet ihr Berge, so heißt es in unserem Text. Wie sehr wünschen wir
uns Frieden und Freude. Gerade als ich diese Zeilen schreibe, kommen immer
neue Schreckensmeldungen über die Unruhen in der Ukraine, im Irak; Raketen
fliegen wieder von Gaza nach Israel, die Ebola-Epidemie breitet sich immer weiter in Afrika aus.
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Hinein in diese Welt voller Unruhe und Schrecken kommt Jesus als Retter. Er bringt
Versöhnung, Hoffnung, Freude, Friede und Gerechtigkeit. Wir dürfen auf die
letzte Vollendung warten, auf die uns im Besonderen die Adventszeit aufmerksam machen möchte. Es braucht noch die letzte Wende, das Kommen Jesu und
damit die endgültige Heilung.
Lydia Klein, Lauben
Komm, du lang ersehnter Jesus, komm und mach uns Menschen frei
von der Angst und von den Sünden, unsere Ruhe in dir sei.
Du bist Israels Tost und Stärke, Hoffnung für die ganze Welt,
Tiefe Sehnsucht aller Völker, Freude, die das Herz erhellt.
Als ein Kind bist du geboren und bist dennoch Herr und Gott.
Recht und Friede wird regieren, überwinden Hass und Tod.
Leite uns in allen Dingen durch den Geist, der uns vertritt.
Nimm, erlöst durch deine Liebe, uns zum Thron des Vaters mit.
Charles Wesley (1707-1788)
DEF Deutscher Evangelischer Frauenbund, Landesverband Bayern e.V.
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Autorinnen:
Mitglieder und Freundinnen des
Deutschen Evangelischen Frauenbundes
Titelbild:
Brigitte Hohenester/pixelio.de
Gestaltung:
Kathrin Sachau, [email protected]
Herausgeber:
Deutscher Evangelischer Frauenbund
Landesverband Bayern e.V.
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