Lebensverbindung

Das Lebensbundprinzip in der Zofingia
Studentenverbindungen (oder Corporationen) sind Organisationen, denen sowohl
Studenten als auch ehemalige Studenten (sog. Alte Herren/AH, in der Zofingia
Altzofinger/AZ) angehören. Jene bilden die Aktivitas, diese die AH-Verbände (AHV)
oder eben in der Zofingia den Schweizerischen Altzofingerverein (SAZV).
Studentische Corporationen zeichnen sich durch das Lebensbundprinzip aus: Wer in
einer Studentenverbindung aufgenommen wird, gehört ihr für die Dauer seines
Lebens an ("Lebensverbindung"); nur auf Grund schwerwiegender ethischer oder
moralischer Beweggründe kann der Freundschaftsbund durch Ausschluss
aufgehoben werden; streng genommen wäre ein Austritt gar nicht möglich.
Das Prinzip der Lebensverbindung ist deshalb für den Schweizerischen
Zofingerverein/Zofingia seit der Gründung 1819 konstitutiv. Damals entschieden die
Gründer, dass die ins bürgerliche Leben übertretenden Mitglieder am nächsten
Centralfest dabei sein dürfen, allerdings nur mit beratender Stimme. 1 1820 beschloss
die Festversammlung: "§2 Hat ein Mitglied des Vereins seine Studien vollendet und
tritt in das bürgerliche Leben ein, so bleibt es zwar Mitglied, aber ohne definitive
Stimme." Eine präzisere Formalisierung wurde 1835 in den Centralstatuten
aufgenommen; die Aktiven mussten die Ehrenmitgliedschaft verlangen, worauf sie
die Sektion gewähren konnte. 1837 wurde die Gründung einer Gesellschaft
beantragt, "welche sich um die Fortsetzung des Zofinger Vereins im praktischen
Leben bilde." Doch der Antrag versandete. Die Wirren durch das Schisma 1847
sowie die Fusion Zofingia/Helvetia zum Neuzofingerverein 1855 gaben einer
Regelung für die ehemaligen Aktiven neuen Auftrieb. In fünf Artikeln wurde der EMStatus umschrieben. Dieser konnte von den Sektionen erteilt werden. Die
Ehrenmitglieder "sind zugleich Ehrenmitglied des Gesamt-Vereins." Sie hatten
sowohl in den Sektionen als auch an den Sitzungen des Gesamtverbandes
"berathende Stimme".
Als erster schweizerischer Couleurverband nahm die Festversammlung am
Centralfest 1872 das Lebensbund-Prinzip an: "Die Zwecke des Zofingervereins
reichen über die Studienzeit hinaus, deshalb kann das Mitglied, welches aus dem
Activenverbande scheidet und in's praktische Leben übergetreten ist, als Altzofinger
in dem allgemeinen Verbande bleiben." Damit verband sich die Abschaffung der
bisherigen Form der Ehrenmitgliedschaft. In den gegenwärtig geltenden
Centralstatuten wird das Prinzip in Artikel 1 kurz und bündig festgehalten: "Die
Zofingia ist eine Lebensverbindung."2
Paul Ehinger
1
Hierzu und zum folgenden: Paul Ehinger, Die alte Schale nur ist fern, Zofingen 1994.
Vgl. Hugo Schneider: 100 Jahre Schweizerischer Altzofingerverein. Cbl. 1984/85. 359. Schneider
war Zofinger und Direktor des Schweizerischen Landesmuseums.
2