Warum gerade in Zukunft Kaufleute in grosser Zahl nachgefragt sein werden Ereignis Schlagzeilenträchtig verkündet die NZZ am Sonntag zu Beginn des Jahres 2016 mit Überschriften wie „KV-Angestellte sind ein Auslaufmodell“ und „Überflüssige Kaufleute“ das Ende eines Berufes und damit der zahlenmässig stärksten beruflichen Grundbildung in der Schweiz (NZZ am Sonntag, 3. Januar 2016). Meinung Grundlage dieser Hiobsbotschaften ist eine Studie der University of Oxford aus dem Jahr 2013, welche die Wahrscheinlichkeiten für eine Computerisierung / Automatisierung von rund 700 beruflichen Tätigkeiten zu ermitteln versucht. Dass Tätigkeiten im Bürobereich, die automatisierbar sind, auch effektiv automatisiert werden, ist an sich überhaupt nichts Neues. Die Entwicklung wird zweifellos weiter voranschreiten, mit der zunehmenden Bedeutung der Digitalisierung und den neuen Möglichkeiten im Zusammenhang mit Big Data wohl sicher verstärkt. Daraus gleich aber pauschal abzuleiten, dass damit ein ganzes Berufsfeld verschwinden wird, ist schlicht falsch und zeugt von mangelnden Kenntnissen des schweizerischen Berufsbildungssystems. Dieses lässt sich nicht 1:1 mit Ländern (wie bspw. Grossbritannien) vergleichen, welche die Berufsbildung nicht kennen. Überdies stellt sich die Frage, wie ein solch unreflektiertes Signal insbesondere bei den im Berufswahlprozess steckenden jungen Leuten ankommt. Heute werden Kaufleute in der Schweiz in allen wichtigen Branchen ausgebildet und eingesetzt. Es handelt sich dabei gemäss der Bildungsverordnung aus dem Jahr 2012 des Berufs Kauffrau/Kaufmann EFZ (siehe www.skkab.ch, Grundlagendokumente) um dienstleistungsorientierte Mitarbeitende in betriebswirtschaftlichen Prozessen. Ihr Berufsfeld reicht von der Beratung externer und interner Kunden über die Verrichtung administrativer Tätigkeiten bis zur branchenspezifischen Sachbearbeitung. Auf der Grundlage gemeinsamer Kompetenzen üben sie ihre Tätigkeit nach Branche, Unternehmensstrategie und persönlicher Eignung mit unterschiedlichen Schwerpunkten aus. Ihre Haltung ist durch Kundenorientierung, Eigeninitiative und die Bereitschaft zum lebenslangen Lernen gekennzeichnet. Die Weiterbildungsmöglichkeiten, die kaufmännischen Lernenden heute offenstehen, ermöglichen, dass viele von ihnen eine hohe berufliche Qualifikation erreichen – ein zentraler Erfolgsfaktor auf dem Arbeitsmarkt. Es gibt damit nicht den Kaufmann bzw. die Kauffrau, und schon gar nicht einen solchen, welcher ausschliesslich unterstützende, automatisierbare Hilfsfunktionen ausführt, wie zuweilen nach wie vor bewusst oder unbewusst und gerne kolportiert wird. Vielmehr überzeugt der Beruf durch die breite, gemeinsame Basis, die mit der fundierten branchenbezogenen bzw. betrieblichen Bildung zusammen einen Einsatz in vielen anspruchsvollen dienstleistungsorientierten Funktionen in allen Wirtschaftszweigen ermöglicht und eine hohe Flexibilität in der Weiterentwicklung begünstigt. Mit der expliziten Fokussierung auf vielfältige und zukunftsorientierte Methoden-, Sozialund Selbstkompetenzen sowie das lebenslange Lernen kombiniert ist der kaufmännische Beruf in der Schweiz gerade in Zeiten des (verstärkten) Wandels auch im Dienstleistungsbereich eine ausgezeichnete Basis für die persönliche Entwicklung junger Leute und stellt in keiner Weise eine Sackgasse oder ein Auslaufmodell dar. Matthias Wirth Präsident der Schweizerischen Konferenz der kaufmännischen Ausbildungs- und Prüfungsbranchen (SKKAB) und Leiter Ausbildung der Schweizerischen Bankiervereinigung Bern / Basel, 8. Januar 2016 2
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