Korrekturbedarf_zum_KHSG

Mehr Qualität!
Korrekturbedarf am Entwurf zum Krankenhausstrukturgesetz
aus Sicht der Kliniken in privater Trägerschaft
Mit dem vorliegenden Entwurf für ein Krankenhausstrukturgesetz (KHSG) werden die
zentralen Reformziele nicht erreicht. Aus der guten Absicht, die Qualität der Versorgung zu
stärken ist der Versuch geworden, mehr Personal, Spezialisierung und Qualität dadurch zu
erreichen, dass die Preise für Krankenhausleistungen gesenkt werden. Niedrigere Preise
verschlechtern jedoch die wirtschaftliche Lage aller Kliniken und schaden auch denjenigen,
die gut und wirtschaftlich arbeiten und die man eigentlich im System stärken will. So kann
weder die Qualität verbessert noch mehr Pflegepersonal eingestellt werden. Auch lassen
sich dadurch Überkapazitäten im Krankenhaussektor nicht sinnvoll und kontrolliert
abbauen. Besser und nachhaltiger als billigere Medizin ist ein qualitätsorientierter
Strukturwandel, den die Regierungskoalition ja eigentlich auch wollte. Um diesen wirklich
zu erreichen, muss der Gesetzesentwurf aus Sicht der privaten Klinikunternehmen bis zu
seiner zweiten Lesung im Bundestag Mitte Oktober 2015 an folgenden Punkten korrigiert
werden:
Leistungs- und Mengensteuerung
• Das beste Steuerungsinstrument für die Inanspruchnahme von Krankenhausleistungen ist
die Qualität. Dagegen ist es ist nicht effektiv und mit unerwünschten Nebenwirkungen
verbunden, die Leistungs- und Mengenentwicklung durch ein Preis- und Abschlagsystem
zu dirigieren.
• Generell sind deshalb die bisherigen Mehrleistungsabschläge ebenso wie die neu
vorgesehenen Fixkostendegressionsabschläge keine geeigneten Instrumente für eine
leistungsgerechte und qualitätsorientierte Krankenhausvergütung. Sie bestrafen
Krankenhäuser, die aufgrund ihrer guten Qualität und Leistungsfähigkeit stärker
frequentiert werden.
• Diese Einschätzung findet sich auch im Koalitionsvertrag der Bundesregierung wieder, in
dem das Ziel vorgegeben wurde, Abschläge für Mehrleistungen mit nachgewiesen hoher
Qualität zurückzunehmen. Eine entsprechende Regelung fehlt im vorliegenden
Gesetzentwurf ebenso wie die ursprünglich vorgesehene Ausnahme für Krankenhäuser,
die mit aus Eigenmitteln finanzierten Investitionen zusätzliche Kapazitäten bereitstellen.
• Stattdessen beinhaltet das KHSG in der vorliegenden Fassung ein unnötiges,
bürokratisches und in Budgetverhandlungen kaum noch zu überblickendes
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Nebeneinander von alten Mehrleistungsabschlägen für drei Jahre und neuen
Fixkostendegressionsabschlägen für fünf Jahre. Zudem wird die vorgesehene Möglichkeit,
länger als fünf Jahre wirkende und höhere Abschläge für jedes der 2.000 Krankenhäuser
individuell verhandeln zu können, zu einem enormen und zugleich unnötigen
bürokratischen Aufwand führen.
• Mit dem neu vorgesehenen Fixkostendegressionsabschlag von bis zu 50 Prozent wird es
für die Krankenhäuser unmöglich, zusätzliche Leistungen kostendeckend zu erbringen. Es
ist außerdem völlig unverständlich, warum Fixkostendegressionsabschläge auch erhoben
werden sollen, ohne dass insgesamt mehr Leistungen erbracht werden. Zum Beispiel auf
Leistungen, die sich aufgrund krankenhausplanerischer Entscheidungen ergeben, wie
Krankenhausschließungen,
qualitätsbedingte
Patientenwanderungen
oder
Leistungskonzentration durch Stärkung der Mindestmengenvorgaben und Spezialisierung.
• Viele kommunale, freigemeinnützige und privat geführte Kliniken setzen sich bereits
heute für qualitative Weiterentwicklung ein, machen die eigenen Leistungen in
Qualitätsportalen transparent und können damit Patienten in einer freien
Krankenhauswahl
vom
eigenen
Versorgungsangebot
überzeugen.
Die
Fixkostendegressionsabschläge in der vorgesehenen Form bestrafen dieses Engagement.
• Insgesamt wird der Fixkostendegressionsabschlag Patientenwanderungen und
Leistungsveränderungen eher hemmen als fördern. Um das System einfacher, weniger
bürokratisch und wirksamer für eine qualitätsorientierte Entwicklung der
Krankenhauslandschaft zu machen, schlagen wir folgende konkreten Änderungen vor:
o Die Geltung des Abschlags wird auf zwei Jahre begrenzt.
o Die Höhe des Abschlags wird bundeseinheitlich direkt vom Gesetzgeber in Form eines
prozentualen Abschlags in Höhe des bisherigen Mehrleistungsabschlages
vorgegeben.
o Die Regelung zur Verhandlung höherer Abschläge und einer längerer Geltungsdauer
auf Ortsebene wird gestrichen.
o Es wird eine einprozentige Freigrenze für Mehrleistungsabschläge eingeführt, die den
anerkannten Leistungszuwachs durch die Auswirkungen der demografischen
Entwicklung auf die Morbidität berücksichtigt.
o Das Inkrafttreten des neuen Abschlags beendet die Anwendung von
Mehrleistungsabschlägen nach der alten Regelung auf Mehrleistungen der Jahre
2015 und 2016.
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Qualitätsorientierter Strukturwandel
• Qualität sollte zum Vergütungskriterium und zum Kriterium für die Marktzugehörigkeit
ausgebaut werden. Dazu sind Qualität und Transparenz konsequent gesetzlich zu
verankern und zu belohnen. Auch mit der Folge, dass qualitativ schlechte Krankenhäuser
in letzter Konsequenz aus dem Landeskrankenhausplan herausgenommen werden.
• Ein qualitätsorientiertes Vergütungssystems für Krankenhäuser wird die Qualität der
erbrachten Krankenhausleistungen verbessern, es darf aber nicht dazu missbraucht
werden, die Preise für Krankenhausleistungen zu senken. Die vorgesehenen Abschläge
auf schlechtere Leistungen führen nach unserer Auffassung allenfalls dazu, dass
schlechte Qualität billiger gemacht wird. Qualitätssteigerungen werden nicht durch
Strafzahlungen für vermeintliche Minderqualität erreicht. Damit in den Krankenhäusern
ein echtes Qualitätsbewusstsein entsteht und eine bessere Versorgung beim Patienten
ankommt, sollte besser ein Anreiz- und Belohnungssystem etabliert werden.
• Wir begrüßen die Möglichkeit, mit Krankenkassen modellhafte Qualitätsvereinbarungen
zu schließen und so neue Wege der qualitätsorientierten Vergütung zu erproben.
Allerdings muss darauf geachtet werden, dass Qualitätsvereinbarungen nicht die
Krankenhausplanung aushebeln und so die Versorgungssicherheit gefährden.
• Die Erfahrungen der vielen Kliniken, die schon heute freiwillig mit Qualitätsindikatoren
ihre Behandlungsergebnisse messen und transparent veröffentlichen, zeigen, dass
hiermit ein starker Anreiz zur echten Verbesserung der Behandlungsergebnisse gesetzt
wird. Deshalb ist es sinnvoll, auf die vielen guten und bereits umgesetzten Elemente zu
vertrauen und mit dem neuen Qualitätsinstitut die Definition systematischer,
wissenschaftlich anerkannter Verfahren und Indikatoren zur Messung und Analyse von
Qualität zügig voran zu bringen.
• Wenn die Qualität als Kriterium für die Vergütung und die Marktzugehörigkeit etabliert
ist, dann wird es auch gelingen, einen Abbau von möglichen Überkapazitäten bei
gleichzeitiger Akzeptanz der Bevölkerung umzusetzen.
• Damit der Qualitätswettbewerb nicht dazu führt, dass gewollte und bedarfsnotwenige
Versorgungsstrukturen wegfallen, ist es richtig, die Sicherstellungszuschläge rechtssicher
und praktikabel auszugestalten. Nicht nachvollziehbar ist allerdings die im Gesetzentwurf
enthaltene Voraussetzung, dass Sicherstellungszuschläge nur bei negativen
wirtschaftlichen Ergebnissen der gesamten Einrichtung gewährt werden. Damit wären
Sicherstellungszuschläge von etwas anderem als der Notwendigkeit des
Versorgungsangebots abhängig. Das kann so nicht gewollt sein, deshalb muss die
Regelung entsprechend angepasst werden.
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• Es spricht nichts dagegen, die Qualität der Krankenhausversorgung mit neuen
Instrumenten zu kontrollieren, auch mit unangemeldeten Prüfungen in den
Krankenhäusern. Solche Prüfungen sollten jedoch nicht, wie im Gesetzentwurf
vorgesehen, durch den Gutachterdienst der Krankenkassen erfolgen, sondern von
unabhängigen und unparteiischen Prüforganisationen wie etwa den neutralen
Landesgeschäftsstellen für Qualitätssicherung. Zudem sollte bei der praktischen
Ausgestaltung der Prüfverfahren darauf geachtet werden, dass für alle Beteiligten kein
unnötiger Verwaltungsaufwand entsteht. So wird vermieden, dass beispielsweise
Krankenhausmitarbeiter wegen zusätzlicher Dokumentationsaufgaben in der
Patientenversorgung fehlen.
• Der beabsichtigte Strukturwandel wird jedoch nur dann erreicht, wenn die gut und
wirtschaftlich arbeitenden Krankenhäuser ausreichend und beständig in ihre
Infrastruktur investieren können. Die jetzt vorgesehenen Regelungen ermöglichen dies
nicht. Die unstrittig bestehende jährliche Investitionslücke von mindestens drei
Milliarden Euro kann so nicht geschlossen werden. Jedenfalls ist die im
Regierungsentwurf enthaltene Selbstverpflichtung der Länder unzureichend, wonach
diese nicht weniger Investitionskosten zahlen sollen als zwischen 2012 und 2014, denn
gerade in diesem Zeitraum waren die geleisteten Investitionszahlungen so niedrig wie nie
zuvor. Auch mit dem vorgesehenen Strukturfonds von jeweils 500 Mio. Euro von Bund
und Ländern wird das Problem der mangelhaften Investitionskostenfinanzierung nicht
gelöst. Zielführender als solche Maßnahmen mit zweifelhaftem Nutzen wäre es, wenn in
der DRG-Kalkulation zukünftig berücksichtigt würde, dass Krankenhäuser Überschüsse
erzielen können, mit denen ihnen notwendige Investitionen ermöglicht werden.
Personalsituation in den Kliniken
• Wenn der Reform-Entwurf an den genannten Punkten nicht geändert wird, bedeutet das
für alle Krankenhäuser finanzielle Kürzungen. Auch die Kliniken, die bisher gut und
wirtschaftlich gearbeitet haben, müssen dann überall neue Einsparmöglichkeiten suchen,
natürlich auch im größten Ausgabenblock, den Personalkosten.
• Diese Wirkung der Reform steht im absoluten Widerspruch zur Realität in den Kliniken.
Die Grenze der Belastbarkeit für das Personal ist erreicht und oftmals überschritten.
Jedes Krankenhaus würde gerne mehr Personal einsetzen, gerade in der Pflege. Aber die
schon seit Jahren bestehende Unterfinanzierung verhindert das.
• Da hilft auch das vorgesehene Personalförderprogramm nichts. Es ist zwar gut gemeint,
aber die Mittel von 660 Mio. Euro für den Zeitraum von drei Jahren entsprechen 7.000
zusätzlichen Pflegekräften in den bundesweit 2.000 Krankenhäusern, das ist nur rund
drei Stellen pro Klinik. Selbst wenn die Mittel verdoppelt würden, reicht das nicht aus.
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• Hinzu kommt, dass solche Programme nur temporäre und pauschale Anreize zur
Einstellung von zusätzlichen Pflegekräften sind. Das zeigen die Erfahrungen mit dem
vorhergehenden Pflegestellenförderprogramm von 2009 bis 2011.
• Schneller, unbürokratischer und nachhaltiger wäre es, wenn im KHSG einfach auf das
Förderprogramm und gleichzeitig auf die vorgesehene Streichung des
Versorgungszuschlages verzichtet würde. Das sind 500 Mio. Euro pro Jahr, die gestrichen
werden sollen, was etwa den Mitteln für 10.000 Pflegekräfte entspricht.
• Sinnvoller wäre auch die Umsetzung des ursprünglich im Koalitionsvertrag vorgesehenen
Vorhabens, die Kosten des Pflegepersonals bei der DRG-Kalkulation stärker zu
berücksichtigen. Eine solche Regelung würde bewirken, dass mehr pflegerische
Leistungen bei den Patienten ankommen.
• Wir unterstützen gleichzeitig die Bestrebungen, mit der Übernahme von ärztlichen
Tätigkeiten durch qualifizierte Gesundheitsberufe weitere Möglichkeiten zur
Überwindung des Fachkräftemangels zu schaffen. Rechtssichere Delegation und
Substitution ärztlicher Aufgabenbereiche kann die Attraktivität des Pflegeberufs für
junge Menschen erhöhen und dabei helfen, den Fachkräftemangel zu überwinden.
Fazit
Wenn die Qualität der Krankenhausversorgung verbessert, eine gut erreichbare
Krankenhausmedizin bewahrt und die finanzielle Ausstattung der Krankenhäuser stabilisiert
werden soll, muss der Gesetzentwurf bis zu seiner zweiten Lesung im Bundestag Mitte
Oktober 2015 erheblich nachgebessert werden. Der Gesetzentwurf wird in der vorliegenden
Fassung dazu führen, dass die bestehende Unterfinanzierung der Krankenhäuser sich weiter
verschärft. Mehr Leistung, höhere Spezialisierung und bessere Qualität mit noch weniger
Geld und weiterem Bürokratieaufbau erreichen zu wollen, kann nicht funktionieren! Besser
und nachhaltiger ist ein qualitätsorientierter Strukturwandel, den die Regierungskoalition ja
eigentlich auch angestrebt hat. Um eine konsequente Qualitätsverbesserung der
medizinischen Versorgung der Patienten in den Krankenhäusern voranzubringen, sollte der
Gesetzgeber den Qualitätswettbewerb für die Krankenhäuser anstoßen und dabei auf die
vielen guten bereits umgesetzten Elemente wie das neue Qualitätsinstitut vertrauen. Wenn
wirksame Anreize für die Krankenhäuser gesetzt werden, dann nimmt der Qualitätszug
schnell weiter an Fahrt auf, der aktuelle Gesetzentwurf leistet das leider noch nicht.
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