VG Bayreuth: SGB VIII, Gerichtsbescheid

VG Bayreuth, Gerichtsbescheid v. 11.06.2015 – 3 K 14.633
Titel:
VG Bayreuth: SGB VIII, Gerichtsbescheid, Kostenbeitragspflicht, Gewährung von Hilfe,
Verdienstbescheinigung, Rechtsquelle, Informationsschreiben, Beklagte,
Lohnnachweis, Hilfe zur Erziehung, Pauschalabzug, Zustellungsurkunde, ohne
mündliche Verhandlung, Aktenvermerk, Nachtschicht, Hilfeleistung,
Leistungsbescheid, Selbstbehalt, Nettoeinkommen, Formblatt
Normenketten:
SGB VIII §§ 92, 93 I
§ 93 SGB VIII
§ 92 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII
§ 84 Abs. 2 Nr. 2 VwGO
SGB VIII §§ 92, 93 I
Schlagworte:
Kostenbeitragspflicht, Unterhaltsanspruch, Selbstbehalt, Familienheimfahrt, Jugendhilfeleistung
Entscheidungsgründe
Bayerisches Verwaltungsgericht Bayreuth
Aktenzeichen: B 3 K 14.633
Im Namen des Volkes
Gerichtsbescheid
11. Juni 2015
rechtskräftig: Ja
3. Kammer
Sachgebiets - Nr. 1523
Hauptpunkte: Kostenbeitrag, Berechnung gemäß § 93 SGB VIII; § 92 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII: keine
Berücksichtigung nachrangig Unterhaltsberechtigter;
Rechtsquellen:
In der Verwaltungsstreitsache
...
- Kläger gegen
Landkreis Lichtenfels
vertreten durch den Landrat, Kronacher Str. 30, 96215 Lichtenfels
- Beklagter Wegen Kinder- und Jugendhilferechts (Kostenbeitrag)
erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth, 3. Kammer, durch den Vorsitzenden Richter am
Verwaltungsgericht ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ... und die Richterin am Verwaltungsgericht ...
ohne mündliche Verhandlung am 11. Juni 2015 folgenden
Gerichtsbescheid:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Der Kläger wehrt sich gegen die Heranziehung zu einem Kostenbeitrag für die vom Beklagten geleistete
Hilfe zur Erziehung für den Sohn A. des Klägers.
1. Am 29.07.2013 stellten der Kläger und seine Ehefrau einen Antrag auf Gewährung von Hilfe zur
Erziehung in Form der Heimerziehung betreffend ihren gemeinsamen Sohn A., geboren 2004. Die Leistung
wurde mit Bescheid vom 11.09.2013 bewilligt. Der Kläger und seine Ehefrau wurden über das Entstehen
einer Kostenbeitragspflicht und deren unterhaltsrechtlichen Folgen ausführlich belehrt, was sie mit ihrer
Unterschrift am 29.07.2013 bestätigten (Beiakt I, Seite 5). Ein weiteres Informationsschreiben erging
gegenüber dem Kläger am 11.09.2013 (Beiakt I, Seite 6 mit Zustellungsurkunde vom 12.09.2013).
Nachdem der Kläger keine Verdienstbescheinigungen vorlegte, wurde dem Beklagten von dessen
Arbeitgeber mit Datum vom 06.11.2013 das Einkommen in der Zeit von 10/2012 bis 9/2013 mitgeteilt,
woraus sich für diesen Zeitraum ein durchschnittliches Monatseinkommen von 1.525,77 EUR errechnete
(Beiakt I, Seite 15 und 24).
Mit Bescheid vom 26.11.2013 zog der Beklagte den Kläger für die Hilfeleistung für den Sohn A. zu einem
monatlichen Kostenbeitrag mit Wirkung ab 11.09.2013 in Höhe von 280,00 EUR heran und verwies auf die
beigefügte Berechnung (Beiakt I, Seite 25 bis 29).
Am 03.12.2013 sprach der Kläger beim Beklagten vor und monierte, seine monatlichen Ausgaben, die er in
Auflistung vorlegte, seien nicht berücksichtigt worden. Laut Aktenvermerk vom 03.12.2013 wurden ihm die
einzelnen Berechnungsschritte erläutert und auch, dass die Miete im Pauschalabzug von 25% enthalten sei.
Der Kläger teilte in diesem Zusammenhang mit, dass sich sein Einkommen in den Monaten Oktober und
November 2013 ohne Nachtschicht vermindere, er werde Lohnnachweise vorlegen. Der Kläger machte
insbesondere geltend, die monatlichen Festausgaben lägen für fünf Personen bei 1.151,32 EUR ohne
Essen, Benzin und Bedürfnisse der Kinder. Dabei sei der Unterhalt für G. R. noch nicht berücksichtigt.
2. Mit am 09.12.2013 eingegangenem Schreiben legte der Kläger Widerspruch gegen den
Leistungsbescheid vom 26.11.2013 ein. Hätten seine Frau und er von den Kosten gewusst, hätten sie der
Maßnahme nie zugestimmt. Seine Frau sei seit 02.11.2013 offiziell von ihm getrennt und bestehe auf
Unterhalt. Seit Juli seien sie bereits getrennt. Der monatliche Durchschnitt seiner Einkünfte werde sich in
absehbarer Zeit auf 1.374,00 EUR belaufen. Bei der Berechnung sei nur eine Pauschale von 484,45 EUR
abgezogen worden. Die fixen monatlichen Ausgaben seien nirgends abgezogen worden, wie etwa der
Selbstbehalt von 1.000,00 EUR, 544,00 EUR für die Kinder und die Pauschale von 484,00 EUR. Vorgelegt
wurden die Lohnzettel für 8/2013, 9/2013 und 10/2013 (Beiakt I, Seite 36 ff.).
Nachdem sich der Kläger zunächst auch noch an das Sozialgericht Bayreuth gewandt hatte, ging der
Beklagte mit Schreiben vom 16.01.2014 ausführlich auf die Widerspruchseinwände des Klägers ein und
aktualisierte das durchschnittliche Nettoeinkommen für die Monate bis Oktober 2013 auf 1.505,04 EUR. Es
wurde ein neuer monatlicher Kostenbeitrag von 275,00 EUR errechnet (siehe Beiakt I, Seite 119 ff.).
Mit Schreiben vom 09.01.2014 informierte der Beklagte den Kläger über die gesetzlichen Änderungen im
Kostenbeitragsrecht zum 01.01.2014.
Mit Formblatt vom 16.07.2014 erklärte der Kläger schließlich zur Klarstellung, dass er Widerspruch habe
einlegen wollen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.08.2014 änderte die Widerspruchsbehörde den angefochtenen
Leistungsbescheid vom 26.11.2013 dahingehend ab, dass ein monatlicher Kostenbeitrag in Höhe von
275,00 EUR für den Zeitraum ab 11.09.2013 neu festgesetzt wurde. Im Übrigen wurde der Widerspruch
zurückgewiesen. Die Begründung wurde insbesondere auf die Berechnungsblätter des Beklagten vom
09.01.2014 gestützt, die zum Gegenstand der Begründung des Widerspruchsbescheides erklärt wurden
(Beiakt I, Seite 119 f.). Ausgehend von einem monatlichen Gesamteinkommen von 1.917,08 EUR wurden
die einzelnen Berechnungsschritte des Beklagten bestätigt und insbesondere hervorgehoben, dass Kosten
für Miete, Nebenkosten und andere Kosten der Lebenshaltung nicht als Abzugsposten gemäß § 93 Abs. 2
und 3 SGB VIII berücksichtigungsfähig seien, denn diese Belastungen seien bereits in die
Kostenbeitragstabelle eingearbeitet.
3. Mit Schriftsatz vom 30.08.2014, eingegangen bei Gericht am 12.09.2014, wandte sich der Kläger an das
Verwaltungsgericht Bayreuth und legte gegen den am 12.08.2014 zugestellten Bescheid der Regierung von
Oberfranken „Widerspruch“ ein. Der Widerspruchsbescheid vom 08.08.2014 war beigefügt. Auf
gerichtlichen Hinweis, dass bislang weder ein konkreter Klageantrag noch eine Klagebegründung vorliege,
führte der Kläger mit Schriftsatz vom 10.11.2014 aus, er habe sich an das Gericht gewandt,
um den Kostenbescheid des Jugendamtes Lichtenfels und gegebenenfalls die „Maßnahme“ und deren
Vorgehensweise überprüfen zu lassen.
Der Sohn A. sei in einem Heim in ... untergebracht worden. Es sei zugesichert worden, dass sie außer dem
Kindergeld nichts dazu bezahlen müssten und dass sie für die Hol- und Bringfahrten und seinen Aufenthalt
entschädigt würden. Alles sei gelogen gewesen. Die Tochter seiner Frau aus erster Ehe werde von ihm
finanziert. Die Miethöhe, seine Frau und seine Stieftochter seien nicht berücksichtigt worden. Im Gegenteil,
der Sohn A. koste 20,00 EUR Nebenkosten monatlich und solle alle drei Wochen geholt werden. Seine Frau
habe sich im Juni 2013 von ihm räumlich getrennt und verlange seit November Unterhalt für sich und die
gemeinsame Tochter. Seitdem zahle er 500,00 EUR an sie. Nach Einlegung des Widerspruchs sei er bei
einem Gespräch im Jugendamt in seinen Augen wieder einmal nicht bewahrheitet worden. Er bitte um
Feststellung, ob die Berechnung korrekt sei. Er arbeite als Staplerfahrer im Schichtbetrieb. Der Lohn
variiere. In die Berechnung bitte er zumindest teilweise die Tochter aus erster Ehe mit aufzunehmen, die
Nebenkosten, die er für A. zu zahlen habe, dem Jugendamt aufzuerlegen, die Kosten entstünden für’s
Holen und Bringen und bei seinem Aufenthalt zu Hause. Seine Frau könne wegen der Tochter und vor
allem aus gesundheitlichen Gründen nicht arbeiten. Als Beiblatt werde eine Kostenauflistung beigefügt, die
zur Zeit der Berechnung gültig gewesen sei.
Auf die vom Kläger vorgelegten Anlagen 1 bis 6 (Gerichtsakte Seite 21 bis 49) wird verwiesen.
Mit Schriftsatz vom 02.12.2014 beantragte der Beklagte,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wurde auf die einzelnen Einwände des Klägers eingegangen und dargelegt, warum diesen
nicht Rechnung getragen werden könne. Ergänzend wurde darauf hingewiesen, dass eine Neuberechnung
des Kostenbeitrages ab 01.01.2014 noch nicht erfolgt sei. Mittlerweile habe der Arbeitgeber die
Lohnabrechnungen übermittelt und es errechne sich ab 01.01.2014 ein Kostenbeitrag von monatlich 50,00
EUR.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 08.12.2014 wurden die Beteiligten zu einer Entscheidung durch
Gerichtsbescheid angehört. Der Beklagte erklärte hierzu sein Einverständnis (Schriftsatz vom 15.12.2014).
Mit Schriftsatz vom 23.12.2014 erklärte der Kläger, die Berechnungsblätter seien für ihn verwirrend. Fakt
sei, dass er 272,00 EUR nicht zahlen könne und auch bereit sei, in Insolvenz zu gehen. Sie würden vom
Jugendamt nur hintergangen bzw. systematisch verarscht. Sie hätten bis heute kein Kilometergeld für
Benzin erhalten. Der Sohn werde nicht mit der Bahn gebracht und sie würden regelmäßig gezwungen das
Kind zu holen. Sie bekämen keine Zahlungen wie versprochen. Es sei beim Sohn keine Besserung
eingetreten, im Gegenteil, seine Aussprache habe sich verschlechtert und sein Verhalten gegenüber den
Geschwistern auch. Es sei ihm unmöglich, 272,00 EUR zu zahlen. Sie seien nie richtig aufgeklärt worden
und es würden nur Forderungen gestellt. Inzwischen sei es soweit, dass sie schon fast keinen Kontakt mehr
zum Jugendamt hätten. Noch einmal würde er sich nicht auf das Jugendamt einlassen. Er bitte um
Aufklärung über die Berechnungen.
Mit Schriftsatz vom 09.01.2015 erwiderte der Beklagte, bereits mit Schreiben vom 16.01.2014 seien dem
Kläger die einzelnen Punkte des Berechnungsblattes ausführlich erläutert worden. Die Erstattung der
Fahrtkosten für das Bringen und Holen von A. im dreiwöchigen Rhythmus sei bereits mit Schreiben vom
16.01.2014 in Aussicht gestellt worden. Nach Abschluss des Verfahrens würden die zu erstattenden
Fahrtkosten mit dem zu fordernden Kostenbeitrag verrechnet. Der notwendige Unterhalt des Kindes
umfasse nicht Aufwendungen, die im Rahmen von Umgangskontakten beim Kostenbeitragspflichtigen
entstünden. Die Eltern hätten die durch Umgangskontakte entstehenden Kosten grundsätzlich selbst
aufzubringen. Beigefügt ist ein Erläuterungsschreiben des Beklagten vom 09.01.2015 betreffend die
Berechnung des - nicht streitgegenständlichen - Kostenbeitrages ab 01.01.2014 (Gerichtsakte Seite 69 f.).
Der Kläger äußerte hierzu mit Schriftsatz vom 28.01.2015, der Beklagte habe es erstmalig fertig gebracht,
seine Berechnungen zu erklären. Das erwähnte Schreiben vom 29.09.2014 habe er nie erhalten. Für die
Zeit von September 2013 bis Dezember 2013 wollte das Jugendamt 1.008,33 EUR. Das Einkommen sei
aber 2013 nicht höher als im Jahre 2014. Zudem sei er seit Juni 2013 von seiner Frau getrennt, was vom
Jugendamt erst im November 2013 anerkannt worden sei. Den Steuerbescheid von 2014 habe er noch
nicht. Mit den monatlich 50,00 EUR sei er einverstanden, soweit sie mit den bisher anfallenden „Unkosten“
abgerechnet würden, nämlich den Fahrtkosten in Höhe der tatsächlich aufgewendeten Kilometer so wie
anfänglich unter Zeugen besprochen, zudem mit der Aufwandsentschädigung, die er täglich für die
Aufenthalte des Sohnes bei sich zu Hause erhalten solle. Auf den weiteren Schriftsatz des Beklagten vom
09.02.2015 wird verwiesen. Mit Schriftsatz vom 19.02.2015 machte der Kläger noch geltend, das
Jugendamt habe erst eingelenkt, seit er das Verwaltungsgericht bemüht habe. Die ihm zustehenden
Fahrtkosten und Aufenthaltskosten sowie die Berechnung für 2015 fehlten noch, zudem die
Nachberechnung für 2013 von September bis Dezember. Auf die weiteren Ausführungen des Beklagten im
Schriftsatz vom 18.03.2015 wird verwiesen.
Ergänzend wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakte dieses Verfahrens verwiesen.
Entscheidungsgründe:
1. Über die Klage kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, der als Urteil wirkt,
entschieden werden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art
aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Halbsatz 1 VwGO). Die Beteiligten
wurden gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
2. Das rechtliche Begehren des Klägers, der keinen ausdrücklichen Klageantrag gestellt hat, ist nach seinen
Ausführungen dahingehend zu verstehen (§ 88 VwGO), dass er eine Überprüfung des
Kostenbeitragsbescheides des Beklagten vom 26.11.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides
vom 08.08.2014 - insbesondere der zugrundeliegenden Berechnungen - mit dem Ergebnis wünscht, nicht
bzw. nur in geringem Umfang und unter Verrechnung von Fahrtkosten für den Umgang mit seinem Sohn zu
einem Kostenbeitrag für die stationäre Hilfe zur Erziehung für diesen Sohn herangezogen zu werden.
Die so verstandene Klage ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Der Kostenbeitragsbescheid des Beklagten vom 26.11.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides
vom 08.08.2014 erweist sich nach gerichtlicher Überprüfung als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in
seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Der Kläger dringt mit den Einwendungen gegen seine Heranziehung zu einem Kostenbeitrag bzw. dessen
Höhe (insbesondere fehlende Berücksichtigung der Miete und sonstiger Lebenshaltungskosten, des
Unterhaltes für die Tochter seiner Frau aus erster Ehe und des Trennungsunterhaltes für seine Frau) nicht
durch.
Gegenstand der Klage ist im Übrigen ausschließlich der geforderte monatliche Kostenbeitrag von 275,00
EUR im Zeitraum 11.09.2013 bis 31.12.2013 (insgesamt 1.008,33 EUR). Über den Kostenbeitrag ab
01.01.2014 wurde zwar informiert, aber (noch) kein Leistungsbescheid erlassen, der gegebenenfalls sofern ein Einverständnis des Klägers nicht besteht - Gegenstand eines verwaltungsgerichtlichen
Streitverfahrens sein könnte.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hinsichtlich der vorgenommenen Kostenbeitragsberechnung und
ihrer Begründung zunächst auf den angefochtenen Bescheid vom 26.11.2013 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 08.08.2014 samt der anliegenden Berechnungsblätter Bezug genommen (§
117 Abs. 5 VwGO).
Ergänzend ist hervorzuheben bzw. hinzuzufügen:
a. Der Kläger und seine Ehefrau haben die stationäre Hilfe zur Erziehung für den gemeinsamen Sohn A.
beantragt und sie wurden über die öffentlichrechtliche Kostenbeitragspflicht und die Folgen für die
Unterhaltspflicht ausführlich und gewissenhaft aufgeklärt (siehe Beiakt I, Seite 5 ff.).
Die diesbezüglichen Einwände des Klägers sind - vorsichtig formuliert - deshalb nicht nachvollziehbar.
b. Der Beklagte hat zur Berechnung des Kostenbeitrages die richtige, rechtlich verpflichtende Methode
angewandt, die in § 93 SGB VIII festgeschrieben ist. Die vom Kläger angestellte „Auflistung der Ausgaben“
(Gerichtsakte Seite 49) findet im Gesetz dagegen keine Stütze, da § 93 SGB VIII in den Absätzen 2 und 3
genau vorschreibt, welche Ausgaben vom Einkommen abgesetzt werden dürfen. Da diese Abzugsposten
den Kostenbeitrag des Pflichtigen zulasten der Steuermittel der Allgemeinheit mindern, sind die
gesetzlichen Vorgaben in § 93 Abs. 3 SGB VIII einzuhalten. Einen Abzug von Mietzahlungen (samt
Nebenkosten) und allgemeinen Lebenshaltungskosten sieht das Gesetz nicht vor. Vielmehr sind sie in
angemessenem Umfang aus dem dem Kläger verbleibenden Einkommen (siehe unten d.) zu bestreiten.
Der Normgeber hat hierfür keine Abzugsmöglichkeit vorgesehen. Entsprechendes gilt für die Aufwendungen
des Klägers zur Kontaktpflege mit seinem Jungen. Ausgaben, etwa für den Unterhalt von A. bei
Wochenendbesuchen, Geschenke und Ähnliches, sind regelmäßig aus dem verbleibenden Einkommen der
unterhaltspflichtigen Person zu tätigen, da das Gesetz einen Abzug solcher Ausgaben nicht vorsieht.
c. Da der Arbeitgeber des Klägers auf Veranlassung des Beklagten mittlerweile das Monatseinkommen für
den streitgegenständlichen Zeitraum September 2013 bis Dezember 2013 mitgeteilt hat (Beiakt I, Seite
173), ist dieses der Berechnung des Kostenbeitrages zugrunde zu legen (siehe BVerwG, U. v. 19.03.2013,
Az. 5 C 16/12 <juris> Rn. 25; erst für den Zeitraum ab 01.01.2014 gilt § 93 Abs. 4 SGB VIII in der neuen
Fassung). Für diesen Zeitraum errechnet sich ein durchschnittliches Monatseinkommen von 1.373,80 EUR,
zu dem die Unfallrente - die als Einkunft zweifellos zum Einkommen im Sinne von § 93 Abs. 1 SGB VIII
gehört - in Höhe von monatlich 412,04 EUR zu addieren ist, was ein Durchschnittseinkommen in Höhe von
1.785,85 EUR ergibt.
Da die angegebenen Versicherungsbeiträge und die Fahrtkosten zur Arbeit samt Raten für den Pkw mit
103,67 EUR die gesetzliche Pauschale von 25% gemäß § 93 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII unterschreiten, ist von
dem Durchschnittseinkommen diese Pauschale in Höhe von 446,46 EUR einkommensmindernd
abzuziehen, was zu einem bereinigten Einkommen von 1.339,39 EUR monatlich führt.
Das maßgebende Einkommen von 1.339,39 EUR liegt nach der Kostenbeitragsverordnung in der bis zum
03.12.2013 geltenden Fassung (weiterhin) in der Einkommensgruppe 7 (1.301,00 bis 1.450,00 EUR), so
dass sich an der in den Berechnungsblättern vom 09.01.2014, die Bestandteil des Widerspruchsbescheides
vom 08.08.2014 sind, vorgenommenen Zuordnung zur Gruppe 7 (errechnetes maßgebliches bereinigtes
Durchschnittseinkommen in Höhe von 1.437,81 EUR) aufgrund der Einkommensaktualisierung nichts
ändert.
Die Unterhaltsverpflichtung des Klägers gegenüber seiner ehelichen Tochter G. führt dann gemäß § 4 Abs.
1 Nr. 1 Kostenbeitragsverordnung zu einer Herabstufung auf die Einkommensgruppe 5 und damit zu einem
- gegenüber der Einkommensgruppe 7 reduzierten - Kostenbeitrag von 275,00 EUR monatlich.
Der (Trennungs-)Unterhalt gegenüber der Ehefrau ist in diesem Zusammenhang definitiv nicht
beitragsmindernd zu berücksichtigen, weil die Ehefrau des Klägers im Verhältnis zu dem gemeinsamen
Kind G. jedenfalls nicht gleichrangig unterhaltsberechtigt ist (§ 4 Kostenbeitragsverordnung). Sofern die
Ehefrau des Klägers überhaupt gegenüber dem Kläger unterhaltsberechtigt sein sollte, was angesichts des
Alters der 2006 geborenen Tochter G. und der eigenen Erwerbsobliegenheit schon mehr als fraglich ist, ist
sie es nur nachrangig gemäß der Rangfolge des § 1609 BGB. Nach § 92 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII hat der
öffentlichrechtliche Kostenbeitrag grundsätzlich Vorrang vor dem Unterhaltsanspruch nachrangig
Berechtigter; deren Unterhaltsansprüche sind insoweit nicht geschützt (siehe VG Ansbach, U. v.
20.03.2014, Az. AN 6 K 12.01662 <juris> Rn. 33/48). Entsprechendes gilt für etwaige Unterhaltsleistungen
des Klägers gegenüber der Tochter seiner (räumlich) getrennt lebenden Ehefrau aus erster Ehe.
Abgesehen davon, dass auch diese Tochter einen Unterhaltsanspruch gegen ihren Vater haben dürfte,
dürfen solch freiwillige Leistungen den gesetzlichen Kostenbeitrag des Pflichtigen zulasten
steuerfinanzierter Kinder- und Jugendhilfeleistungen gerade nicht schmälern.
Unterhaltsleistungen für die räumlich getrennt lebende Ehefrau und deren Tochter aus erster Ehe können
demzufolge auch weder zu einer Unangemessenheit der Heranziehung im Sinne von § 94 Abs. 1 SGB VIII,
noch zu einer besonderen Härte im Sinne von § 92 Abs. 5 SGB VIII führen (siehe VG Ansbach v.
20.03.2014, a. a. O., Rn. 55).
d. Die Heranziehung des Klägers zum Kostenbeitrag in Höhe von 275,00 EUR/Mo. ist für den
klagegegenständlichen Zeitraum auch „angemessen“ im Sinne des § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII.
Angemessenheit ist insbesondere dann gegeben, wenn dem (erwerbstätigen) Kostenbeitragspflichtigen
zumindest der unterhaltsrechtliche Selbstbehalt belassen wird (BVerwG, U. v. 19.08.2010, NJW 2011, 97
bis 100).
Dabei ist das Tatbestandsmerkmal in „angemessenem Umfang“ ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen
Anwendung der uneingeschränkten Überprüfung durch die Verwaltungsgerichte unterliegt (BVerwG vom
19.08.2010, a. a. O.). Gemessen an den elementaren Grundprinzipien des Unterhaltsrechts, wonach dem
Unterhaltspflichtigen der sogenannte Eigenbedarf bzw. Selbstbehalt zu belassen ist und jede
Unterhaltspflicht dort ihre Grenzen findet, wo dem Betroffenen nicht die Mittel für den eigenen notwendigen
Lebensbedarf verbleiben (BGH, U. v. 28.05.1984, NJW 1984, 1614 f.), soll der Kostenbeitragspflichtige
nach dem SGB VIII nicht schlechter gestellt werden als im Unterhaltsrecht und dem Beitragsschuldner
ebenso viel an Mitteln für den eigenen Lebensbedarf belassen werden wie dem Unterhaltspflichtigen
(BVerwG, a. a. O.). Dabei ist unter Selbstbehalt der Betrag zu verstehen, der dem Unterhaltspflichtigen von
seinem Einkommen mindestens für den eigenen Unterhalt erhalten bleiben muss, wobei diese Opfergrenze
allgemein etwas über dem Sozialhilfebedarf des in Anspruch Genommenen angesetzt wird (BGH, a. a. O.).
Die Höhe des Selbstbehalts ist dabei nach den jeweils einschlägigen unterhaltsrechtlichen Richtlinien der
Oberlandesgerichte zu bestimmen (BVerwG, a. a. O., Rn. 9), im vorliegenden Fall nach den
unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate in Süddeutschland (SüdL).
Auch darin ist eine Verminderung des Nettoeinkommens durch Miete nicht vorgesehen. Im notwendigen
Selbstbehalt sind bereits Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 360,00 EUR enthalten
(siehe dazu Nr. 21.6), wobei vorliegend für die Angemessenheit der Mietaufwendungen weiterhin zu
berücksichtigen ist, dass der Kläger von Ehefrau und Tochter getrennt, also bis auf die Besuchsaufenthalte
des Sohnes A., alleine lebt.
Deshalb verbleibt es bei einem monatlichen Nettoeinkommen in Höhe von 1.785,85 EUR (siehe oben c.),
von dem Werbungskosten in Höhe von 5%, d. h. 89,29 EUR, zum Abzug kommen, was ein
unterhaltsrechtlich bereinigtes Einkommen von monatlich durchschnittlich 1.696,56 EUR ergibt.
Bei einem Selbstbehalt von 1.000,00 EUR verbleiben ohne weiteres der Unterhalt für die Tochter G. (272,00
EUR monatlich) und der Kostenbeitrag für die Hilfe zur Erziehung des Sohnes A. (275,00 EUR).
Ein (ohnehin fraglicher, siehe oben c.) nachrangiger Unterhaltsanspruch der Ehefrau des Klägers zusammenlebend oder getrennt - kann in diesem Zusammenhang keine Berücksichtigung finden. Die
Unterhaltsansprüche nachrangig Berechtigter sind nach der Systematik der Regelung der §§ 91 ff. SGB VIII
nicht geschützt (siehe insbesondere § 92 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII). Die nach dem Einkommen gestaffelten
Pauschalbeträge der Kostenbeitragsverordnung berücksichtigen vor diesem Hintergrund bereits die
typische Situation von Familien und hier insbesondere weitere Unterhalts- und Kostenbeitragspflichtige
(siehe VG Ansbach v. 20.03.2014, a. a. O. <juris> Rn. 40). Es wäre somit systemwidrig, die im Rahmen der
Kostenbeitragsberechnung nicht zu berücksichtigenden Unterhaltspflichten (siehe oben c.) gegenüber der
Ehefrau über den „Umweg“ des unterhaltsrechtlichen Selbstbehaltes gleichwohl einfließen zu lassen (siehe
VG Ansbach v. 20.03.2014, a. a. O. <juris> Rn. 40/51). Im Ergebnis wirkt sich ein solcher
Unterhaltsanspruch bei der unterhaltsrechtlichen Vergleichsberechnung des Beklagten zutreffend auch
nicht aus (siehe Berechnungsblätter vom 09.01.2014, Nrn. 7 und 8, dem Kläger übermittelt in Anlage zum
Schreiben vom 16.01.2014, Beiakt I, Seite 119 bis 124).
Im Ergebnis ist festzuhalten, dass der Beklagte für den klagegegenständlichen Zeitraum 11.09.2013 bis
31.12.2013 zu Recht vom Kläger aufgrund des Bescheides vom 26.11.2013 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 08.08.2014 einen monatlichen Kostenbeitrag von 275,00 EUR fordert.
Lediglich ergänzend wird noch einmal darauf hingewiesen, dass die Kostenbeitragspflicht des Klägers ab
01.01.2014 nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist. Entsprechendes gilt für den notwendigen
Leistungsumfang betreffend die Familienheimfahrten von A. (der Kläger wünscht die „Erstattung des
Kilometergeldes“, der Beklagte stellt die Erstattung der Fahrtkosten für das Holen und Bringen von A. im
dreiwöchigem Rhythmus in Höhe der Kosten des öffentlichen Personennahverkehrs von 17,20 EUR für Hinund Rückfahrt in Aussicht). In diesem Zusammenhang ist jedoch vorsorglich und dringlich darauf
hinzuweisen, dass es beim Thema der Familienheimfahrten von A. nicht um eine Verminderung des vom
Kläger geforderten Kostenbeitrages geht. Vielmehr handelt es sich bei den - fachlich offenbar für dringend
notwendig erachteten - Familienheimfahrten von A. (siehe nur Vermerk vom 18.02.2013, Beiakt I, Seite 90)
um eine vom Kostenbeitrag zu trennende Frage des notwendigen Leistungsumfangs für A. gemäß §§ 34,
39 SGB VIII (Anspruchsberechtigte sind gemäß § 27 Abs. 1 SGB VIII die Personensorgeberechtigten). Die
insoweit anstehende Klärung - Bewerkstelligung der Familienheimfahrten, wenn A. nicht alleine mit
Verkehrsmitteln des öffentlichen Personennahverkehrs reisen kann -, ist nicht Gegenstand des
vorliegenden Verwaltungsstreitverfahrens betreffend den Kostenbeitrag des Klägers für die für seinen Sohn
A. gewährte Hilfe zur Erziehung (vgl. VG Saarland, Gerichtsbescheid v. 12.01.2011, Az. 3 K 1193/10 <juris>
Rn. 8 mit Bezugnahme auf die ministerielle Stellungnahme zur Frage der Erstattungsfähigkeit von
Fahrtkosten für Besuchskontakte im Rahmen von Jugendhilfeleistungen).
Rein vorsorglich ist jedoch ergänzend auch zu vermerken, dass es sich bei den Kosten der Ausübung des
Umgangsrechts (Besuchsfahrten der Eltern und die geforderte „Aufwandsentschädigung“ bei den
häuslichen Aufenthalten von A., siehe Gerichtsakte Seite 73) nicht um Kosten der Jugendhilfemaßnahme,
sondern um Aufwendungen handelt, die regelmäßig aus den verbleibenden Einkünften der
unterhaltspflichtigen Person zu tätigen sind (siehe oben b.).
Nach alledem bleibt die Klage vollumfänglich ohne Erfolg.
3. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 188 VwGO
gerichtskostenfrei. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.
V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach § 84 Abs. 2 Nr. 2 VwGO und § 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der
Berufung gegen diesen Gerichtsbescheid innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen
Verwaltungsgericht Bayreuth, Hausanschrift: Friedrichstraße 16, 95444 Bayreuth oder Postfachanschrift:
Postfach 110321, 95422 Bayreuth, schriftlich beantragen. In dem Antrag ist der angefochtene
Gerichtsbescheid zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte
vertreten lassen. Dies gilt auch für die Stellung des Antrags auf Zulassung der Berufung beim
Verwaltungsgericht erster Instanz. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und
Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt
die in § 67 Abs. 4 Sätze 4, 5 VwGO sowie in den §§ 3 und 5 des Einführungsgesetzes zum
Rechtsdienstleistungsgesetz bezeichneten Personen und Organisationen.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Gerichtsbescheids sind die Gründe darzulegen, aus
denen die Berufung zuzulassen ist.
Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Bayerischen
Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München oder
Postfachanschrift in München: Postfach 340148, 80098 München, Hausanschrift in Ansbach:
Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach, einzureichen.
Es wird darauf hingewiesen, dass die Berufung nur zuzulassen ist,
1. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Gerichtsbescheids bestehen,
2. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4. wenn der Gerichtsbescheid von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des
Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des
Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird
und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Anstelle der Zulassung der Berufung können die Beteiligten nach § 84 Abs. 2 Nr. 2 VwGO innerhalb eines
Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth,
Hausanschrift: Friedrichstraße 16, 95444 Bayreuth oder Postfachanschrift: Postfach 110321, 95422
Bayreuth, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle mündliche
Verhandlung beantragen.
Wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt.