Landesentwicklungsplan 2025, zweites Beteiligungsverfahren Ergänzende Stellungnahme Industrie- und Handelskammer zu Köln, der Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg und der Handwerkskammer zu Köln zu den Besonderheiten der Region Köln/Bonn Wir tragen die „Fachliche Stellungnahme der Industrie- und Handelskammern sowie der Handwerkskammern in Nordrhein-Westfalen zum Entwurf des Landesentwicklungsplans“ im zweiten Beteiligungsverfahren in vollem Umfang mit. Dieser regionale Beitrag versteht sich als Ergänzung, der die spezifischen Anforderungen der Region Köln/Bonn darstellt und auf regionale Besonderheiten eingeht. Die unberücksichtigten Anliegen unserer ergänzenden Stellungnahmen im ersten Beteiligungsverfahren halten wir aufrecht. Grundsätzlicher Aktualisierungsbedarf mit Blick auf Flüchtlingszuwanderung Wir begrüßen, dass unsere Anregungen mit Blick auf das Flächensparziel (6.1-2) aufgegriffen wurden. Angesichts der verbleibenden Vorgaben zur Begrenzung des Flächenverbrauchs gehen uns die Anpassungen allerdings nicht weit genug. Die Gründe dafür haben wir bereits in unserer Stellungnahme im ersten LEP-Beteiligungsverfahren genannt. Zusätzlich weisen wir darauf hin, dass die Vorgaben zur Reduzierung des Flächenverbrauchs unter der Annahme eines landesweiten Bevölkerungsrückgangs getroffen wurden. Wir möchten an dieser Stelle positiv anmerken, dass unsere Darstellungen zu der gegen den Landestrend verlaufenden Bevölkerungsentwicklung in der Region Köln/Bonn Eingang in den aktuellen LEP-Entwurf gefunden haben. Durch die Entwicklung der letzten Monate und angesichts der Tatsache, dass eine dauerhafte Reduzierung der Flüchtlingsmigration noch nicht absehbar ist, sind die Demographie-Prognosen landesweit hinfällig geworden und damit auch die Rückschlüsse daraus auf den Flächenbedarf. Bereits jetzt werden leerstehende Gewerbeflächen zur Unterbringung von Flüchtlingen genutzt, so dass sich bestehende Engpässe bei verfügbaren gewerblichen Flächen verstärkt haben. Künftig werden zur Bewältigung des Bedarfs an Wohnraum in den ASBs vermehrt Wohngebiete ausgewiesen, was zu Lasten der ebenfalls möglichen Darstellung von Gewerbegebieten in den ASBs geht. Hiervon sind besonders Unternehmen und Handwerksbetriebe betroffen, die sich durch eine enge räumliche Bindung an ihre Kunden auszeichnen. Integration kann darüber hinaus nur gelingen, wenn Arbeitsplätze für unsere neuen Mitbewohner vorhanden sind, was ein ausreichendes Gewerbeflächenangebot voraussetzt. Anstatt die Kommunen zu einem Verzicht auf Flächenentwicklung anzuhalten, müssen Spielräume für die Flächenerweiterungen eingeräumt werden. So steht etwa die Stadt Köln seit Monaten unter hohem Handlungsdruck, zugewiesene Flüchtlinge mit Wohnraum zu versorgen. Zum Stand Oktober 2015 waren in Köln 8.980 Flüchtlinge untergebracht und weiterhin ist mit hohen Zugangszahlen zu rechnen. Mit Blick auf über 250 Flüchtlinge, die der Stadt Köln pro Woche zugewiesen werden, geraten die ohnehin knappen Wirtschaftsflächen zusätzlich unter Druck. Bereits jetzt stehen kaum noch Flächen zur Verfügung (siehe auch S. 66-68, Regionale Perspektiven, Bezirksregierung Köln, Oktober 2015). Die mit den Änderungen des Baugesetzbuches geschaffenen Möglichkeiten, Flüchtlingsunterkünfte auch in Gewerbe- und Industriegebieten unterzubringen, führen zu direkter Flächenkonkurrenz. Auch in den Kreisen wirkt sich die Flüchtlingszuwanderung auf die Flächenansprüche aus. Das Gewerbeflächengutachten für den Rheinisch-Bergischen Kreis ermittelte bereits 2013 einen Mangel an großen Wirtschaftsflächen. Auch deshalb hat der Rheinisch-Bergische Kreis zwischen 2006 und 2013 mehr als sechs Prozent seiner Betriebe im verarbeitenden Gewerbe verloren. Ziel ist es, zumindest die bestehenden Betriebe zu halten und mit ausreichend geeigneten Flächen versorgen zu können. Besonders in Leverkusen ist die Flüchtlingsunterbringung auf den wenigen verfügbaren gewerblichen Reserveflächen problematisch. Beispielsweise wird an der Solinger Straße eine der wenigen gewerblichen Potenzialflächen durch die Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge zweckentfremdet. Darüber hinaus stehen Flächen im Innovationspark Leverkusen, in dem auch Unternehmen ansässig sind, die Lärm erzeugen und im Drei-Schicht-Betrieb arbeiten, für die Flüchtlingsunterbringung zur Diskussion. Im Rhein-Erft-Kreis erzeugt die wirtschaftliche Dynamik regelmäßigen Bedarf an neuen Gewerbe- und Industrieflächen. Einer der Gründe dafür ist laut regionaler Gewerbeflächenanalyse der „Überschwappeffekt“ aus Köln. Die Zuwanderungssituation wird diesen Effekt noch erhöhen. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass im Durchschnitt nur zwei Drittel der Flächen, die im Regionalplan für Industrie und Gewerbe zur Verfügung stehen, für Unternehmenszwecke nutzbar sind. Das ist das Ergebnis der von der IHK NRW in Auftrag gegebenen landesweiten Studie „Vom Brutto zum Netto – Unterschiede zwischen regionalplanerisch gesicherter und tatsächlich gewerblich nutzbarer Fläche in den IHK-Bezirken Nordrhein-Westfalens“ (www.ihk.koeln.de, Dok-Nr: 113345). Gründe für die Diskrepanz liegen etwa in den seit Mitte der 1990er Jahre eingeführten umweltbezogenen Regelungen. Für das GIB Pulheim-Ost, zeigt das Gutachten, dass nur 48 Prozent der GIB-Fläche am Ende gewerblich nutzbar ist. Im Oberbergischen Kreis stellte die Gewerbeflächenanalyse 2013 einen eklatanten Fehlbedarf an Industrieflächen fest. Daher wurden im Jahr 2015 sowohl geeignete Industrie-Potentialflächen als auch Tauschflächen identifiziert, die im Gegenzug zurückgenommen werden können. Die Potentialund Tauschflächen fanden Eingang in das Gewerbe- und Industrieflächenkonzept, das aktuell von allen Kommunen geprüft wird. Nach Beschlussfassung durch die politischen Gremien soll das Gesamtkonzept als Grundlage für die Neuaufstellung des Regionalplans im Kapitel für Wirtschaftsflächen verankert werden. Ziel ist es, den Kommunen genügend geeignete Flächen zur Verfügung zu stellen. Die oben genannte Studie „Vom Brutto zum Netto“ zeigt beispielhaft für das GIB Herreshagen in Gummersbach, dass nur 47 Prozent der GIB-Fläche gewerblich nutzbar ist. Im Rhein-Sieg-Kreis haben sich die verfügbaren kommunalen Gewerbeflächen in den letzten 20 Jahren von 1.200 ha auf rund 168 ha reduziert. Die momentane Zuwanderungssituation wird diese Reserve weiter verringern. Dem Kreis wird jedoch eine weiterhin starke wirtschaftliche Entwicklung prognostiziert. Um zusätzliche Flächenpotenziale für Gewerbe- und Industrieansiedlungen zu ermitteln, wurde ein Gewerbeflächenkonzept erstellt. Die Ergebnisse dieser Untersuchung werden in die Neuaufstellung des Regionalplans im Abschnitt Wirtschaftsflächen einfließen. Die genannte Studie „Vom Brutto zum Netto“ zeigt beispielhaft für das GIB Hünscheider Hof in Königswinter, dass gerade einmal 31 Prozent der GIB-Fläche gewerblich nutzbar sind. Die Bundesstadt Bonn hat in der Vergangenheit den planerischen Schwerpunkt auf die Ausweisung neuer Verwaltungs- und Bürostandorte gelegt und leidet nun unter einem Flächendefizit für Gewerbe und Industrie. In der wachsenden Stadt stehen zudem Wirtschaftsflächen in Konkurrenz zu dringend benötigten Wohnbauflächen. In dem für den Rhein-Sieg-Kreis aufgestellten Gewerbeflächenkonzept wird diese Problematik aufgegriffen und analysiert. Eine interkommunale Flächenentwicklung und 2 Auslagerung von nachgefragtem Bedarf an die angrenzenden Kommunen wird empfohlen, um dem Markt gerecht werden zu können. Die Bundesstadt Bonn plant zusätzlich zum Gutachten des RheinSieg-Kreises ein eigenes Gutachten, welches die Nachfrage und Potenziale von Gewerbeflächen analysieren soll. Auch dieses Gutachten wird in die Ausgestaltung des Regionalplanes einfließen. Das mangelnde Angebot an kleinteiligen Gewerbeflächen birgt besonders in der Stadt Bonn die Gefahr, dass kundennahe Handwerksbetriebe noch stärker als bisher gezwungen werden, sich in die umliegenden Kreise zu verlagern. Die Stadt Bonn weist bereits jetzt mit 7,9 Handwerksbetrieben pro 1.000 Einwohner eine geringe Betriebsdichte auf. Köln und Leverkusen liegen mit 9,8 deutlich darüber und die Kreise, der Rhein-Erft-Kreis mit 11, der Rhein-Sieg-Kreis mit 11,5, der Oberbergische Kreis mit 12,1 und der Rheinisch-Bergische Kreis mit 13,9, liegen weit höher. Die meisten Handwerksbetriebe erbringen Dienstleistungen vor Ort. Mit einer weiteren Auslagerung von Betrieben in das Umland der Metropolen Köln und Bonn wird somit zugleich der gewerbliche Pendlerverkehr erhöht. Die derzeitige Verkehrssituation in und um Köln und Bonn führt volks- und betriebswirtschaftlich zu Schäden. Handwerksbetriebe bezifferten im Frühjahr 2015 die durch Staus verursachten Schäden auf rund 15.000 Euro pro Jahr und Betrieb. Die Verkehrslage wird sich aufgrund der zahlreichen Großbaustellen in der Region in der nächsten Dekade nicht entspannen. Verankerung der Metropolregion Rheinland, Grundsatz 5-2 Wir begrüßen die im Grundsatz 5-2 niedergelegte Verankerung der Metropolregion Rheinland. Landesbedeutsame Häfen und Wasserstraßen, Ziel 8.1-9 Unter Ziel 8.1-9 ist Köln als einer von mehreren Standorten für landesbedeutsame öffentlich zugängliche Häfen aufgeführt. Wir gehen davon aus, dass mit dem Symbol für die zwei räumlich voneinander getrennten Standorte der landesbedeutsamen Häfen die Häfen Niehl und Godorf gemeint sind, wie dies auch in der Fortschreibung des Hafenkonzeptes des Landes NRW zum Ausdruck kommt. Die Formulierung bzw. zeichnerische Festlegung dazu ist allerdings nicht eindeutig. Zwar wurde entsprechend unserer Anregung gegenüber dem ersten Entwurf die explizite Erwähnung des Hafens Köln-Deutz gestrichen, die zeichnerischen Festlegungen wurden wohl nicht korrigiert. Daher regen wir dringend an, eindeutig darzustellen, dass sich hinter dem Symbol in der zeichnerischen Festlegung die zwei räumlich voneinander getrennten Standorte des Niehler Hafens und des Godorfer Hafens verbergen; etwa würde ein weiterer Punkt in den zeichnerischen Festlegungen auf dem Hafen Godorf zur Klarheit beitragen. Dies ist insbesondere deshalb von Bedeutung, weil der Hafen Godorf als einziger Hafenstandort in Köln über potentielle Erweiterungsflächen verfügt, die im Rahmen der prognostizierten Zunahme des Verkehrs auf dem europäischen TEN-Netz Rotterdam-Genua dringend benötigt werden, um die Straßen entsprechend der Zielsetzung des LEP-Entwurfs vom Güterverkehr zu entlasten. Grünzüge, Kapitel 1. Einleitung, Ziel 7.1-5, zeichnerische Darstellung Wir begrüßen die nunmehr nachrichtliche Darstellung der regionalen Grünzüge in den zeichnerischen Festlegungen. Im Gegensatz zur zeichnerischen Festlegung im Vorentwurf des LEP entfaltet die nachrichtliche Darstellung keine Bindungswirkung. Vielmehr können „Im Zuge der Fortschreibung der Regionalpläne … Abgrenzungsänderungen der nachrichtlichen Darstellungen des LEP erfolgen, die im LEP nicht aktualisierend nachvollzogen werden“ (Kapitel 1). Den Zielcharakter der Grünzüge stellen wir in Frage. Unglücklich finden wir die Formulierung zu Ziel 7.1-5 „Die Festlegung der regionalen Grünzüge in den Regionalplänen soll auf der Basis der im LEP nachrichtlich dargestellten Grünzüge erfolgen und diese weiterentwickeln; …“. Diese Formulierung intensiviert die Wirkung der abgebildeten Grünzüge über die nachrichtliche Darstellung hinaus. Aus unserer Sicht sollten sich die Regionalpläne an den im LEP dargestellten Grünzügen „orientieren“. 3 In diesem Zusammenhang möchten wir nochmals darauf hinweisen, dass der im LEP-Entwurf nachrichtlich dargestellte Grünzug an der südlichen Stadtgrenze Kölns die Trassenfindung für einen künftigen Lückenschlusses zwischen der linksrheinischen Autobahn A 555 und der rechtsrheinisch verlaufenden Autobahn A 59 behindern könnte. Für die Neubaustrecke gibt es unter 1271 bis 1273 eine Anmeldung zum Bundesverkehrswegeplan. Der Bau einer neuen Rheinbrücke im Kölner Süden bei Wesseling, idealerweise als Verlängerung der L 150, ist bedeutsam für die gesamte Wirtschaftsregion Köln/Bonn. Mit dem Hinweis beabsichtigen wir nicht die planerische Festlegung zur Trassenführung (denn dies ist Angelegenheit der Fachplanung). Vielmehr verdeutlicht das Beispiel, dass die nachrichtlich dargestellten Grünzüge gegebenenfalls zurückstehen müssen. Januar 2016 4
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