Wechselbeziehung zwischen TA Luft und BVT am Beispiel der Eisen- und Stahlindustrie Wolfgang Volkhausen 1. Einleitung .......................................................................................................23 2. Ablauf des Sevilla Prozesses .........................................................................24 3. Bewertung des Sevilla Prozesses .................................................................25 4. Umsetzung der BVT-Schlussfolgerungen in die TA Luft ........................29 4.1. Umsetzungsfristen.........................................................................................29 4.2. Emissionswerte in Abhängigkeit der angewandten Technik....................29 4.3. Emissionsbandbreiten...................................................................................30 5. Fazit .................................................................................................................30 6. Quellen............................................................................................................31 Die Anforderungen aus den Dokumenten über die beste verfügbare Technik (BVTDokumenten) müssen spätestens vier Jahre nach Veröffentlichung der BVT-Schlussfolgerungen von Anlagenbetreibern eingehalten werden. Mit der Pflicht zur Umsetzung der Schlussfolgerungen, den BVT-M Dokumenten in nationales Recht verliert die TA Luft zumindest im Abschnitt 5.4 zu den besonderen Regelungen für bestimmte Anlagenarten erheblich an Eigenständigkeit. Der Sevilla-Prozess stellt systembedingt nicht immer sicher, dass am Ende des Prozesses ein BVT-Dokument steht, dass allen Qualitätsanforderungen genügt. Da Mängel bei der nationalen Umsetzung nicht mehr korrigierbar sind, ist eine aktive Mitarbeit bereits im Sevilla-Prozess erforderlich. Ungeachtet dessen sollte die nationale Umsetzung in die TA Luft nach harmonisierten Regeln erfolgen, die der Systematik der BVT-Schlussfolgerungen entsprechen. 1. Einleitung Mit der Richtlinie 2010/75/EU über Industrieemissionen (IED), die im November 2010 veröffentlicht [2] und am 2. Mai 2013 abschließend in deutsches Recht umgesetzt wurde, ist der Prozess der Festlegung des Standes der Technik und von Emissionsgrenzwerten neu definiert. Das entscheidende Element zur Festlegung des Standes der Technik sind die Dokumente über die beste verfügbare Technik (BVT-Dokumente), die im so genannten, Sevilla-Prozess erarbeitet werden. Diese Dokumente definieren 23 Recht und Umsetzung Wechselbeziehung zwischen TA Luft und BVT Recht und Umsetzung Wolfgang Volkhausen in ihren Schlussfolgerungen, die besten verfügbaren Techniken und enthalten – als Emissionsbandbreiten -assoziierten Emissionswerte, die unter Anwendung der besten verfügbaren Techniken einhaltbar sind. Bei der Umsetzung in das jeweilige nationale Recht dürfen die Grenzwerte in Genehmigungen die oberen Emissionsbandbreiten nicht überschreiten. Damit verlagert sich nahezu vollständig der Prozess der Meinungsund Entscheidungsfindung in den sog. Sevilla-Prozess und auf die europäische Ebene zu den Kernfragen: • Was ist Stand der Technik? und: • Welche Emissionswerte lassen sich unter Anwendung des Standes der Technik realisieren? Die Anpassung an den Stand der Technik regelt das BImSchG in § 48. Die Umsetzung an den Anlagenbetrieb hinsichtlich Emissionswerte und anderen in den BVT-Schlussfolgerungen genannten, die Luftreinhaltung und die Energieeffizienz betreffenden Anforderungen erfolgt in Deutschland durch die Anpassung der TA Luft. Die ersten Arbeitsentwürfe zu einer Neufassung der TA Luft liegen seit Mitte 2015 vor. Mit der Umsetzung der Schlussfolgerungen der BVT-Dokumenten in nationales Recht verringern sich für die TA Luft erheblich die Eigenständigkeit und Ausgestaltungsmöglichkeiten bei den in Abschnitt 5.4 genannten besonderen Regelungen für bestimmte Anlagenarten Bei einer technischen Verwaltungsvorschrift wie der TA Luft ist die fachliche Expertise von Unternehmen, Verbänden und Behörden essenziell für die Qualität des Dokumentes. Aus diesem Grunde geht hierbei ein technischer Austausch nach Art. 13 der IED-Richtlinie deutlich über die übliche Anhörung beteiligter Kreise hinaus. Vielfach ist aber bei vielen Betroffenen noch nicht die Kenntnis gereift, dass der technische Austausch im Sevilla-Prozess sehr frühe und intensiv erfolgen muss. 2. Ablauf des Sevilla Prozesses Der Sevilla Prozess ist im bereits zitierten Art. 13 der IED-Richtlinie beschrieben und geregelt. Unter Federführung des das European IPPC Bureau (EIPPCB) in Sevilla wird aus Vertretern der Mitgliedsstaaten, nicht staatlichen Einrichtungen und der Industrie, eine sogenannte Technische Arbeitsgruppe gebildet. Diese hat die Aufgabe und das Ziel, die Grundlagen für das BVT-Merkblatt zu erarbeiten. Das Sevilla-Büro ernennt einen oder mehrere Autoren, der oder die das BVT-Dokument mithilfe der von der Arbeitsgruppe zur Verfügung gestellten Informationen und Daten insbesondere zu den • angewandten Techniken zur Minderung von Emissionen, • den damit verbundenen, 24 • Emissionen in die Luft und das Wasser, • Energieverbräuchen sowie • Erzeugung von Abfällen und Nebenprodukten erstellt. Mitgliedstaaten und Industrieverbände melden Referenzanlagen, für die die vorgenannten Informationen und Daten erhoben werden sollen. Hierzu wurde zuletzt in dem BVT-Dokument über Großfeuerungsanlagen (LCP) ein Fragebogen entwickelt, der die Datenerfassung vereinheitlichen und vereinfachen sollte. Regelmäßig werden in der Phase der Datenerhebungen von Autoren auch einzelne Referenzanlagen besichtigt. Auf Basis der Informationen aus der Datenerhebung erstellt das Sevilla-Büro einen ersten Entwurf des BVT-Dokumentes, das auch bereits BVT-Schlussfolgerungen enthalten kann [3]. Die Mitglieder der Technischen Arbeitsgruppe haben daraufhin die Möglichkeit, das Dokument zu kommentieren. Für das BVT-Dokument über Großfeuerungsanlagen wurden z.B. dem Sevilla-Büro etwa 8.000 Kommentare und Änderungswünsche übermittelt. Der Autor fügt die Kommentare in einem finalen Entwurf (Final Draft) des BVT-Dokumentes zusammen und terminiert die Abschlusssitzung der Technischen Arbeitsgruppe (final TWG-Meeting). Der finale Entwurf wird gemeinsam mit den in einem separaten Dokument zusammengestellten Entwurf der BVT-Schlussfolgerungen rechtzeitig vor der Abschlusssitzung der Technischen Arbeitsgruppe veröffentlicht. In der bis zu einer Woche dauernden Abschlusssitzung werden in der Regel ausschließlich die BVT-Schlussfolgerungen besprochen. Die Vorschläge des Autors können hier durch die Mitglieder der Arbeitsgruppe noch erheblich verändert werden. Die Erarbeitung des BVT-Dokumentes ist mit Ende dieser Sitzung innerhalb der TWG abgeschlossen. Es folgt ein Komitologieverfahren (Abstimmung der Mitgliedsstaaten) mit verbindlichen Festlegungen der BVT-Schlussfolgerungen, die dann im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden und innerhalb von vier Jahren national umzusetzen sind. 3. Bewertung des Sevilla Prozesses Wie bei allen europäischen Gesetzgebungsverfahren ist die Gestaltungsmöglichkeit zu Beginn eines jeden Rechtsetzungsverfahren am größten. Dasselbe gilt im Prinzip auch für die Definition der besten verfügbaren Technik in den BVT-Dokumenten. Der in vorangegangen Abschnitt beschriebene Ablauf des Prozesses und die Gestaltungsmöglichkeiten sind in Bild 1 skizziert. Je früher und intensiver sich Industrie und Ländervertreter gleichermaßen in den Sevilla-Prozess einbringen, umso größer ist die Chance, dass nationale oder technische Besonderheiten berücksichtigt werden. 25 Recht und Umsetzung Wechselbeziehung zwischen TA Luft und BVT Recht und Umsetzung Wolfgang Volkhausen hohe Gestaltungsmöglichkeit Nationales Recht geringe Gestaltungsmöglichkeit Kick-off Meeting Bild 1: Erarbeitung BVTDokument Final Draft + BVT-Schlussfolgerungen Nationale Umsetzung Entwicklung der BVT-Dokumente und Möglichkeiten aus deren Gestaltung Die sich aktuell in der Überarbeitung befindliche TA Luft zeigt, dass die mit den BVT-Schlussfolgerungen assoziierten Emissionslevel nahezu unverrückbar in das deutsche Regelwerk Eingang finden. Diese Emissionsbandbreiten sind rechtsverbindlich als Grenzwerte zu übernehmen. Lediglich bei den übrigen Schlussfolgerungen, die im Sprachgebrauch als weiche Schlussfolgerungen bezeichnet werden, besteht ein begrenzter Spielraum bei der Ausgestaltung. Jedes BVT-Dokument ist nur so gut wie die Qualität der Daten und Informationen, die ein Autor des jeweiligen BVT-Dokumentes erhalten konnte. Dabei hat ein Autor auch stets Kompromisse zwischen Behörden der EU-Mitgliedstaaten, Industrie- und Umweltverbänden zu finden. Hierzu einige Beispiele zur Kompromissfindung in einem BVT-Dokument: Anwendung der BVT-Schussfolgerungen Nach deutschem Verständnis müssten im Prinzip nur die mit der Anwendung der besten verfügbaren Technik assoziierten Emissionswerte (BATAEL) in den BVT-Schlussfolgerungen beschrieben sein. Weitergehende Anforderungen sind den Anlagengenehmigungen vorbehalten. Viele Mitgliedstaaten erwarten jedoch gerade mit dem BVT-Dokument eine Vorlage für eine Anlagegenehmigung, um Individualentscheidungen zu vermeiden. Bei diesen Mitgliedstaaten ist das Bestreben groß, möglichst viele Zusatzinformationen in die BVT-Schlussfolgerungen zu integrieren, die nach dem deutschen Verständnis in Nebenbestimmungen geregelt würden. Die Folge ist eine zunehmend hohe Anzahl von BVT-Schlussfolgerungen, die dann wiederum zwingend national umgesetzt werden müssen. So enthielt das BVT-Dokument zur Eisen- und Stahlerzeugung in 2012 95 Schlussfolgerungen und das Dokument zu Großfeuerungsanlagen 2015 mehr als 80 Schlussfolgerungen. Die Vorläuferdokumente enthielten noch etwa halb so viele Schlussfolgerungen. 26 Qualität von Emissionsdaten Ausschlaggebend für die Umsetzbarkeit der BVT-Schlussfolgerungen sind die in das BVT-Dokument eingegangenen Daten. Bei weit verbreiteten Industrieprozessen können mehrere Hundert Referenzanlagen zu berücksichtigen sein. Aufgrund der Fülle von Informationen werden die Informationen zu den Referenzanlagen, in jüngster Zeit standardisiert, mit einem Fragebogen erhoben. Der Vorteil dieses Verfahrens ist, dass die Daten sehr leicht ausgewertet werden können. Schwerer wiegt der Nachtteil dieses Verfahrens: Eine Schlussfolgerung über die durch Anwendung der besten verfügbaren Technik assoziierten Emissionswerte ist deutlich mehr als der bloße Mittelwert aus einer Anzahl von n Referenzanlagen. Vielmehr ist die Fachkompetenz des Autors gefordert zu erkennen, welche technischen Rahmenbedingungen den assoziierten Emissionswerten zugrunde liegen. Eben diese, für die Interpretation der Ergebnisse immanent wichtigen Rahmenbedingungen können, bedingt durch die Struktur der Fragebögen, gar nicht erst in die Datenerhebung eingehen oder spätestens bei einer automatisierten Auswertung verlorengehen. So wurden bei dem BVT-Dokument über Großfeuerungsanlagen für die Kraftwerke zur Nutzung von Prozessgasen untere Emissionsbandbreiten für Stickoxide festgelegt, die sich nicht in dieser Form aus der Datenerhebung ableiten ließen. In dem vorliegenden Fall wurden Daten einer einzigen Anlage zugrunde gelegt, die in dem Referenzjahr ein für das Emissionsverhalten nicht repräsentatives Gas eingesetzt hatte. Unter realistischen Bedingungen hätte der untere Emissionswert doppelt so hoch sein müssen. Bandbreiten von Emissionswerten in den Schlussfolgerungen Es ist üblich und Wunsch vieler Mitgliedstaaten, die Emissionswerte, die mit der Anwendung der besten verfügbaren Technik verbunden sind, als Bandbreiten anzugeben. Diese Bandbreite kann bei Anwendung derselben Technik bis zu einer 10-Potenz betragen. Diese Bandbreite ist das Ergebnis aller aus der Datenerhebung eingegangenen Emissionswerte, die hier in der Regel als Jahresmittelwerte angegeben wurden. In den Schlussfolgerungen wird bei Angabe der Bandbreite nicht differenziert, welche betrieblichen Rahmenbedingungen den Emissionswerten zugrunde liegen. Fachkompetenz des Autors eines BVT-Dokumentes Es sollte selbstverständlich sein, dass ein Autor für ein BVT-Dokument auch Fachmann auf diesem Gebiet ist. Das BVT-Dokument über Eisen-und Stahl war in 2012 eher ein Glücksfall, der eine Abweichung von der Regel darstellte. Dieser Autor war langjähriger Fachmann auf dem Gebiet der Metallerzeugung. Ein weiterer Vorteil war, dass er aus Deutschland kommend, die Systematik des deutschen Rechtes unwillkürlich mitbrachte. Tatsächlich ist es nämlich eine Ausnahme, wenn ein Autor eines BVT-Dokumentes aus dem Fachgebiet stammt, für das er das Dokument erstellen soll. Ursachen hierfür sind, dass es offenbar für viele Mitgliedsstaaten schwierig ist, Autoren für ein BVT-Dokument abzustellen. Wenn sich zudem, wie es die Regel ist – die Zeitpläne für die Erstellung von 27 Recht und Umsetzung Wechselbeziehung zwischen TA Luft und BVT Recht und Umsetzung Wolfgang Volkhausen Dokumenten verzögern, ist dann nur noch dem Zufall überlassen, welches Dokument gerade zur Bearbeitung ansteht. Es obliegt dann dem persönlichen Engagement eines Autors, sich auch in eine fachfremde Thematik einzuarbeiten. Die Überarbeitung des BVT-Dokumentes, z.B. für die Weiterverarbeitung von Stahl war erst 2012, dann für 2014 vorgesehen. Es ist nahezu unmöglich, einen Autor, sofern sich jemand für dieses Spezialgebiet findet, für eine solch lange Zeitspanne vorzuhalten. Vielmehr wird ein gerade verfügbarer Autor diesem BVT-Dokument zugeordnet werden. Wechsel des Autors eines BVT-Dokumentes Die Zeitpläne für die Erstellung eines Dokumentes verschieben sich nicht nur regelmäßig, sie werden zudem noch häufig und zum Teil deutlich überschritten. Das BVTDokument über Großfeuerungsanlagen war für 1,5 Jahre angesetzt. Tatsächlich befindet sich das Dokument nun im vierten Jahr seiner Bearbeitung. Mit den üblicherweise befristeten Verträgen von 2 bis 3 Jahren ist eine Bearbeitung innerhalb der üblichen Vertragslaufzeit eines Autors ausgeschlossen. Bei dem vorgenannten BVT-Dokument fand der erste Autorenwechsel noch vor dem ersten Treffen der Arbeitsgruppe statt. Bis zur Abschlusssitzung waren es insgesamt vier Autorenteams, die dieses BVT-Dokument bearbeitet hatten. Da – wie zuvor beschrieben – für viele Informationen zum Verständnis der Prozesse und angewandten Techniken die Fragebögen nicht ausreichen, werden häufig mit den Autoren Hintergrundgespräche zu den zur Verfügung gestellten Informationen geführt. Diese sind gerade dann erforderlich, wenn ein fundiertes Branchenwissen erforderlich ist, um die zur Verfügung gestellten Informationen angemessen bewerten zu können. Dazu zählen auch Besichtigungen von Anlagen. Ein Wechsel von Autoren bedeutet nicht nur einen Bruch in der Kontinuität. Vielmehr ist damit auch das Wissen um die branchenspezifischen Detailinformationen verloren. Ablauf der Abschlusssitzung Wie bereits beschrieben, werden in der Abschlusssitzung in der Regel ausschließlich die BVT-Schlussfolgerungen besprochen. Weil die BVT-Schlussfolgerungen eigenständige Dokumente sind, erfolgen hier die Diskussionen um die mit der Anwendung der besten verfügbaren Technik assoziierten Emissionswerte, häufig losgelöst von den technischen Beschreibungen im BVT-Dokument. Dies ist umso mehr der Fall, wenn – wie zuvor beschrieben – durch unzureichende Datenerhebung in den Fragebögen Hintergrundinformationen nicht vorliegen oder durch die beschriebenen Autorenwechsel verlorengegangen sind. Gewichtiger ist, wenn in einer Abschlusssitzung die Diskussion um BAT-AEL bewusst von technischen Hintergründen abgekoppelt kann zu Schlussfolgerungen führen, die mit der eingesetzten Technik nicht umsetzbar sind. So wurden in dem BVT-Dokument über Großfeuerungsanlagen in dem BAT-AEL für Quecksilber beschlossen, die sich so aus der Datenerhebung nicht ableiten lassen und für die es in Europa auch keine 28 Referenzanlagen existierten. In demselben Kapitel BVT-Dokument wurden für Prozessgase aus der Eisen- und Stahlerzeugung Entstickungstechniken als beste verfügbare Technik anerkannt, die in dem Sektor gar nicht zum Einsatz kommen. 4. Umsetzung der BVT-Schlussfolgerungen in die TA Luft 4.1. Umsetzungsfristen Gemäß Art. 21 IED-Richtlinie sind die in den BVT-Dokumenten genannten Schlussfolgerungen innerhalb von vier Jahren nach der Veröffentlichung im EU-Amtsblatt national umzusetzen. Wenn die Umsetzung über die bloße Anpassung neuer Grenzwerte hinausgeht und weitergehende Maßnahmen oder neue Konzepte zur Emissionsminderung zur Einhaltung der neuen Anforderungen erforderlich sind, ist eine Übergangsfrist von vier Jahren völlig unzureichend. Wenn z.B. aufgrund von Schlussfolgerungen Nachrüstungen oder Neubauten größerer Abgasreinigungseinrichtungen erforderlich werden, ist hierfür in der Regel ein Zeitbedarf für Planung, Genehmigung und Errichtung neuer Anlagen zu berücksichtigen, der die gesetzliche Umsetzungsfrist von vier Jahren deutlich übersteigt. Der deutsche Gesetzgeber behält sich vor, bei der Anpassung an den Stand der Technik weitergehende Anforderungen zu stellen. Der zeitliche Engpass wird somit noch verschärft, wenn auf nationaler Ebene ein weiteres Jahr für die Prüfung verwand wird, oder ob sich der Stand der Technik weiterentwickelt hat [1]. 4.2. Emissionswerte in Abhängigkeit der angewandten Technik Zwischen den BVT-Schlussfolgerungen und dem Stand der Technik besteht ein erheblicher systematischer Unterschied: • Die BVT-Dokumente beschreiben vorrangig Techniken. In den Schlussfolgerungen wird abgeleitet, welche mit der Anwendung der besten verfügbaren Technik assoziierten Emissionswerte erreichbar sind. Häufig werden in den BVT-Schlussfolgerungen mehr als nur eine Technik beschrieben. Jede einzelne Technik steht hier dabei in der Regel gleichrangig nebeneinander und enthält einzelne und voneinander unabhängige BAT-AEL. • Die TA Luft enthält in der Regel für jeden Schadstoff in dem anlagenspezifischen Teil nur einen Emissionswert, ohne dass damit Techniken zu dessen Einhaltung verbunden sind. Das Konzept der TA Luft ist technikunabhängig; die Festlegung von Emissionswerten erfolgt aus dem Prinzip der Vorsorge. 29 Recht und Umsetzung Wechselbeziehung zwischen TA Luft und BVT Recht und Umsetzung Wolfgang Volkhausen Grundvoraussetzung zur Umsetzbarkeit der BVT-Schlussfolgerungen ist eine Anpassung der Systematiken. Da die Novellierung der TA Luft insbesondere die Anpassung an die BVT zum Ziel hat, sollten zukünftig in der TA Luft entsprechend der Systematik in den BVT- Schlussfolgerungen die Emissionswerte in Abhängigkeit von der angewandten Technik festgelegt werden. Stattdessen ist es bei der Novellierung der TA Luft vorgesehen, die technikabhängigen Emissionswerte aus den BVT-Schlussfolgerungen hierarchisch abgestuft umzusetzen. Der jeweils niedrigere Emissionswert soll danach für Neuanlagen und der weniger ambitionierte Emissionswert soll für Altanlagen gelten. Dieser Ansatz verkennt, dass die damit verbundenen Techniken in den BVT-Schlussfolgerungen in der Regel gleichrangig nebeneinander stehen. Bei der Eisen- und Stahlindustrie führt der vorgenannte Ansatz dazu, dass zumindest für Neuanlagen nur noch Gewebefilter eingesetzt werden dürfen. Tatsächlich aber gibt es weiterhin noch eine Reihe von Anwendungsfällen, bei denen aus technischen Gründen nur Elektrofilter oder Naßentstaubungen eingesetzt werden können. Diese Filtertechniken haben trotz höherer Emissionslevel als Gewebefilter weiterhin ihre technische Begründung. Eine Abstufung als Altanlagen wäre hier nicht sachgerecht. 4.3. Emissionsbandbreiten Die Emissionsbandbreiten in den BVT-Schlussfolgerungen sind, da sie sich aus Jahresmittelwerten und ungeachtet der betrieblichen Rahmenbedingungen ergaben, grundsätzlich anders zu bewerten als Grenzwerte, bezogen auf den Tagesmittelwert in der TA Luft. Um den Unterschied zwischen realen Emissionswerten im Jahresmittel und Grenzwerten im Tagesmittel angemessen zu würdigen, wurde bei der Umsetzung des BVT-Dokuments zur Eisen- und Stahlerzeugung in die TA Luft in der Regel der obere Wert der Bandbreite als Emissionswert nach TA Luft interpretiert. In einem anderen Fall wurde für den Entwurf der Neufassung der TA Luft für Neuanlagen der untere Wert der Bandbreite als Emissionswert für Altanlagen und der obere Wert als Emissionswert nach TA Luft für Altanlagen empfohlen. 5. Fazit Der Sevilla Prozess ist systembedingt mit erheblichen Schwachstellen behaftet. Bei der Frage, ob die BVT-Schlussfolgerungen in nationales Recht umzusetzen sind, hat der deutsche Verordnungsgeber keinen Ermessenspielraum. Dagegen besteht bei der Frage, wie die Umsetzung erfolgt, durchaus noch Bedarf zu einer Harmonisierung der Anforderungen. Bei der nationalen Umsetzung muss frühzeitig, d.h. spätestens nach der Abschlusssitzung der technischen Arbeitsgruppe, Klarheit über zukünftigen Anforderungen aufgrund der Schlussfolgerungen bestehen. 30 Unter der Voraussetzung, dass die Schlussfolgerungen eindeutig und zweifelsfrei definiert sind, sollten sie 1:1 in das deutsche Rechtssystem übernommen werden. Bei der Übernahme von BVT-Schlussfolgerungen sollte die von der Anwendung einer Technik abhängige Festlegung von Emissionswerten übernommen werden. Die Umsetzung von BVT-AEL als Grenzwert nach TA Luft ist bislang noch nicht einheitlich. Hier sollte grundsätzlich der obere Wert der Bandbreite der BVT-AEL herangezogen werden. 6. Quellen [1] § 48 (1a) Satz 2 BImSchG [2] Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (IVU-Richtlinie) [3] Suhr, M.: Beteiligungsmöglichkeiten der Industrie im Sevilla-Prozess. Umweltbundesamt, August 2013 31 Recht und Umsetzung Wechselbeziehung zwischen TA Luft und BVT Kostenfreie Artikel 0–6% 13 – 51 % 57 – 77 % Insgesamt 37,22 Millionen Tonnen Anteil % 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 80 – 100 % Garten- und Parkabfälle biologisch abbaubar Abfälle aus der Biotonne Kompostierung Verbrennung 6,8 % 11,6 % sonstige Abfälle Metalle, Holz Textilien andere getrennt eingesammelte Abfälle 31,4 % 0,5 % Sperrmüll 6,4 % 3,7 % Glas 5,1 % Hausmüll, hausmüllähnliche Gewerbeabfälle gemeinsam über die öffentliche Müllabfuhr eingesammelt D Recycling Gemischte Verpackungen/ Kunststoffe 12,8 % eu ts ch la Be nd Sc lg N hw ien ie e de de rla n Ö st nd e D rre e ä ic Lu nem h xe a r Fr mb k an ur k g G ro Fin reic ßb n h rit lan an d nie Ita n Sp lie Slo an n w ien e Po nie rt n ug Ts Irla al ch n ec d h U ien ng ar Po n Es len t G Slo lan rie w d ch ak en ei la n M d a Zy lta Le per tt n la Lit nd Ru au m en Bu änie lg n ar ie EU n 27 Anteil % 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Deponierung Abfallbehandlung in der EU-27 – Stand 2010 Papier, Pappe Kartonagen 15,8 % 37,2 % Schweden Norwegen 92 19 93 19 94 19 95 19 96 19 97 19 98 19 99 20 00 20 01 20 02 20 03 20 04 20 05 20 06 20 07 20 08 20 09 20 10 20 11 19 Finnland 19 91 Produktion Mio. t 105 100 95 90 85 80 75 70 65 60 Estland Lettland Dänemark Österreich Irland Belgien Leichtverpackungs-Sammelware Grobzerkleinerung Großbritannien Dänemark Konditionierung Belgien Frankreich Deutschland Leichtgut > 220 mm Flüssigkeitskartons Alu PE PP PS Rumänien Bulgarien Schweiz sensorgestützte automatische und ggf. manuelle Produktkontrolle Weißblech Tschechien Slowakei Österreich Ungarn Slowenien Italien Niederlande sensorgestützte automatische Klaubung und Wirbelstromscheidung Folien KunststoffHohlkörper Schweiz Leichtgut (MKS) Magnetscheidung Schwergut > 220 mm Luxemburg < 20 mm Siebklassierung Windsichtung Polen Deutschland Frankreich > 220 mm Litauen Niederlande PET Misch-PPK EBS Sortierrest kunststoffe Spanien USA 0 10 20 stoffliche Verwertung (Recycling) 30 40 50 Anteil % 60 energetische Verwertung 70 80 90 100 Portugal Griechenland Deponierung bereits erfüllt noch nicht erfüllt Herausgeber: Karl J. Thomé-Kozmiensky • Verlag: TK Verlag Karl Thomé-Kozmiensky WIE FINDE ICH DIE FÜR MICH INTERESSANTEN FACHARTIKEL? www. .de Möglichkeit 1: Fachartikel-Suche nach Thema Wenn Sie Artikel zu einem bestimmten Thema suchen, gehen Sie bitte auf „kostenfreie Artikel“ (zufinden im Bereich rechts oben auf unserer Startseite). Auf der linken Seite sind die Oberbegriffe alphabetisch aufgelistet. Teilweise untergliedern Sie sich noch in Unterthemen. Wenn Sie eines dieser Themen anklicken, finden Sie die dazu passenden, bei uns verfügbaren Beiträge mit den zugehörigen bibliographischen Angaben. Um das Dokument zu öffnen und herunterzuladen, klicken Sie bitte auf den entsprechenden Beitragstitel. Möglichkeit 2: Fachartikel-Suche nach Tagung Wenn Sie Artikel zu einer bestimmten Konferenz/aus einem bestimmten Tagungsband suchen, gehen Sie in den Bereich Fachbücher. Dort sind die im TK Verlag erschienen Bücher – thematisch geordnet – zu finden. 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