Wechselbeziehung zwischen TA Luft und BVT am Beispiel der Eisen

Wechselbeziehung zwischen TA Luft und BVT
am Beispiel der Eisen- und Stahlindustrie
Wolfgang Volkhausen
1. Einleitung .......................................................................................................23
2. Ablauf des Sevilla Prozesses .........................................................................24
3. Bewertung des Sevilla Prozesses .................................................................25
4. Umsetzung der BVT-Schlussfolgerungen in die TA Luft ........................29
4.1. Umsetzungsfristen.........................................................................................29
4.2. Emissionswerte in Abhängigkeit der angewandten Technik....................29
4.3. Emissionsbandbreiten...................................................................................30
5. Fazit .................................................................................................................30
6. Quellen............................................................................................................31
Die Anforderungen aus den Dokumenten über die beste verfügbare Technik (BVTDokumenten) müssen spätestens vier Jahre nach Veröffentlichung der BVT-Schlussfolgerungen von Anlagenbetreibern eingehalten werden. Mit der Pflicht zur Umsetzung
der Schlussfolgerungen, den BVT-M Dokumenten in nationales Recht verliert die
TA Luft zumindest im Abschnitt 5.4 zu den besonderen Regelungen für bestimmte
Anlagenarten erheblich an Eigenständigkeit. Der Sevilla-Prozess stellt systembedingt
nicht immer sicher, dass am Ende des Prozesses ein BVT-Dokument steht, dass allen
Qualitätsanforderungen genügt. Da Mängel bei der nationalen Umsetzung nicht mehr
korrigierbar sind, ist eine aktive Mitarbeit bereits im Sevilla-Prozess erforderlich.
Ungeachtet dessen sollte die nationale Umsetzung in die TA Luft nach harmonisierten
Regeln erfolgen, die der Systematik der BVT-Schlussfolgerungen entsprechen.
1. Einleitung
Mit der Richtlinie 2010/75/EU über Industrieemissionen (IED), die im November
2010 veröffentlicht [2] und am 2. Mai 2013 abschließend in deutsches Recht umgesetzt
wurde, ist der Prozess der Festlegung des Standes der Technik und von Emissionsgrenzwerten neu definiert. Das entscheidende Element zur Festlegung des Standes der
Technik sind die Dokumente über die beste verfügbare Technik (BVT-Dokumente),
die im so genannten, Sevilla-Prozess erarbeitet werden. Diese Dokumente definieren
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Recht und Umsetzung
Wechselbeziehung zwischen TA Luft und BVT
Recht und Umsetzung
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in ihren Schlussfolgerungen, die besten verfügbaren Techniken und enthalten – als
Emissionsbandbreiten -assoziierten Emissionswerte, die unter Anwendung der besten
verfügbaren Techniken einhaltbar sind. Bei der Umsetzung in das jeweilige nationale
Recht dürfen die Grenzwerte in Genehmigungen die oberen Emissionsbandbreiten
nicht überschreiten. Damit verlagert sich nahezu vollständig der Prozess der Meinungsund Entscheidungsfindung in den sog. Sevilla-Prozess und auf die europäische Ebene
zu den Kernfragen:
• Was ist Stand der Technik? und:
• Welche Emissionswerte lassen sich unter Anwendung des Standes der Technik
realisieren?
Die Anpassung an den Stand der Technik regelt das BImSchG in § 48. Die Umsetzung
an den Anlagenbetrieb hinsichtlich Emissionswerte und anderen in den BVT-Schlussfolgerungen genannten, die Luftreinhaltung und die Energieeffizienz betreffenden
Anforderungen erfolgt in Deutschland durch die Anpassung der TA Luft.
Die ersten Arbeitsentwürfe zu einer Neufassung der TA Luft liegen seit Mitte 2015
vor. Mit der Umsetzung der Schlussfolgerungen der BVT-Dokumenten in nationales
Recht verringern sich für die TA Luft erheblich die Eigenständigkeit und Ausgestaltungsmöglichkeiten bei den in Abschnitt 5.4 genannten besonderen Regelungen für
bestimmte Anlagenarten
Bei einer technischen Verwaltungsvorschrift wie der TA Luft ist die fachliche Expertise
von Unternehmen, Verbänden und Behörden essenziell für die Qualität des Dokumentes. Aus diesem Grunde geht hierbei ein technischer Austausch nach Art. 13 der
IED-Richtlinie deutlich über die übliche Anhörung beteiligter Kreise hinaus.
Vielfach ist aber bei vielen Betroffenen noch nicht die Kenntnis gereift, dass der technische Austausch im Sevilla-Prozess sehr frühe und intensiv erfolgen muss.
2. Ablauf des Sevilla Prozesses
Der Sevilla Prozess ist im bereits zitierten Art. 13 der IED-Richtlinie beschrieben und
geregelt.
Unter Federführung des das European IPPC Bureau (EIPPCB) in Sevilla wird aus
Vertretern der Mitgliedsstaaten, nicht staatlichen Einrichtungen und der Industrie,
eine sogenannte Technische Arbeitsgruppe gebildet. Diese hat die Aufgabe und das
Ziel, die Grundlagen für das BVT-Merkblatt zu erarbeiten.
Das Sevilla-Büro ernennt einen oder mehrere Autoren, der oder die das BVT-Dokument
mithilfe der von der Arbeitsgruppe zur Verfügung gestellten Informationen und Daten
insbesondere zu den
• angewandten Techniken zur Minderung von Emissionen,
• den damit verbundenen,
24
• Emissionen in die Luft und das Wasser,
• Energieverbräuchen sowie
• Erzeugung von Abfällen und Nebenprodukten
erstellt. Mitgliedstaaten und Industrieverbände melden Referenzanlagen, für die die
vorgenannten Informationen und Daten erhoben werden sollen. Hierzu wurde zuletzt
in dem BVT-Dokument über Großfeuerungsanlagen (LCP) ein Fragebogen entwickelt,
der die Datenerfassung vereinheitlichen und vereinfachen sollte.
Regelmäßig werden in der Phase der Datenerhebungen von Autoren auch einzelne
Referenzanlagen besichtigt.
Auf Basis der Informationen aus der Datenerhebung erstellt das Sevilla-Büro einen
ersten Entwurf des BVT-Dokumentes, das auch bereits BVT-Schlussfolgerungen
enthalten kann [3].
Die Mitglieder der Technischen Arbeitsgruppe haben daraufhin die Möglichkeit, das
Dokument zu kommentieren. Für das BVT-Dokument über Großfeuerungsanlagen
wurden z.B. dem Sevilla-Büro etwa 8.000 Kommentare und Änderungswünsche
übermittelt.
Der Autor fügt die Kommentare in einem finalen Entwurf (Final Draft) des BVT-Dokumentes zusammen und terminiert die Abschlusssitzung der Technischen Arbeitsgruppe
(final TWG-Meeting). Der finale Entwurf wird gemeinsam mit den in einem separaten
Dokument zusammengestellten Entwurf der BVT-Schlussfolgerungen rechtzeitig vor
der Abschlusssitzung der Technischen Arbeitsgruppe veröffentlicht.
In der bis zu einer Woche dauernden Abschlusssitzung werden in der Regel ausschließlich die BVT-Schlussfolgerungen besprochen. Die Vorschläge des Autors können hier
durch die Mitglieder der Arbeitsgruppe noch erheblich verändert werden.
Die Erarbeitung des BVT-Dokumentes ist mit Ende dieser Sitzung innerhalb der TWG
abgeschlossen. Es folgt ein Komitologieverfahren (Abstimmung der Mitgliedsstaaten)
mit verbindlichen Festlegungen der BVT-Schlussfolgerungen, die dann im Amtsblatt
der EU veröffentlicht werden und innerhalb von vier Jahren national umzusetzen sind.
3. Bewertung des Sevilla Prozesses
Wie bei allen europäischen Gesetzgebungsverfahren ist die Gestaltungsmöglichkeit zu
Beginn eines jeden Rechtsetzungsverfahren am größten. Dasselbe gilt im Prinzip auch
für die Definition der besten verfügbaren Technik in den BVT-Dokumenten.
Der in vorangegangen Abschnitt beschriebene Ablauf des Prozesses und die Gestaltungsmöglichkeiten sind in Bild 1 skizziert.
Je früher und intensiver sich Industrie und Ländervertreter gleichermaßen in den
Sevilla-Prozess einbringen, umso größer ist die Chance, dass nationale oder technische
Besonderheiten berücksichtigt werden.
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Recht und Umsetzung
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hohe
Gestaltungsmöglichkeit
Nationales Recht
geringe
Gestaltungsmöglichkeit
Kick-off
Meeting
Bild 1: Erarbeitung
BVTDokument
Final Draft +
BVT-Schlussfolgerungen
Nationale
Umsetzung
Entwicklung der BVT-Dokumente und Möglichkeiten aus deren Gestaltung
Die sich aktuell in der Überarbeitung befindliche TA Luft zeigt, dass die mit den
BVT-Schlussfolgerungen assoziierten Emissionslevel nahezu unverrückbar in das
deutsche Regelwerk Eingang finden. Diese Emissionsbandbreiten sind rechtsverbindlich als Grenzwerte zu übernehmen. Lediglich bei den übrigen Schlussfolgerungen,
die im Sprachgebrauch als weiche Schlussfolgerungen bezeichnet werden, besteht ein
begrenzter Spielraum bei der Ausgestaltung.
Jedes BVT-Dokument ist nur so gut wie die Qualität der Daten und Informationen,
die ein Autor des jeweiligen BVT-Dokumentes erhalten konnte. Dabei hat ein Autor
auch stets Kompromisse zwischen Behörden der EU-Mitgliedstaaten, Industrie- und
Umweltverbänden zu finden.
Hierzu einige Beispiele zur Kompromissfindung in einem BVT-Dokument:
Anwendung der BVT-Schussfolgerungen
Nach deutschem Verständnis müssten im Prinzip nur die mit der Anwendung
der besten verfügbaren Technik assoziierten Emissionswerte (BATAEL) in den
BVT-Schlussfolgerungen beschrieben sein. Weitergehende Anforderungen sind den
Anlagengenehmigungen vorbehalten. Viele Mitgliedstaaten erwarten jedoch gerade
mit dem BVT-Dokument eine Vorlage für eine Anlagegenehmigung, um Individualentscheidungen zu vermeiden. Bei diesen Mitgliedstaaten ist das Bestreben groß,
möglichst viele Zusatzinformationen in die BVT-Schlussfolgerungen zu integrieren, die
nach dem deutschen Verständnis in Nebenbestimmungen geregelt würden. Die Folge
ist eine zunehmend hohe Anzahl von BVT-Schlussfolgerungen, die dann wiederum
zwingend national umgesetzt werden müssen.
So enthielt das BVT-Dokument zur Eisen- und Stahlerzeugung in 2012 95 Schlussfolgerungen und das Dokument zu Großfeuerungsanlagen 2015 mehr als 80 Schlussfolgerungen. Die Vorläuferdokumente enthielten noch etwa halb so viele Schlussfolgerungen.
26
Qualität von Emissionsdaten
Ausschlaggebend für die Umsetzbarkeit der BVT-Schlussfolgerungen sind die in das
BVT-Dokument eingegangenen Daten. Bei weit verbreiteten Industrieprozessen können
mehrere Hundert Referenzanlagen zu berücksichtigen sein. Aufgrund der Fülle von
Informationen werden die Informationen zu den Referenzanlagen, in jüngster Zeit
standardisiert, mit einem Fragebogen erhoben.
Der Vorteil dieses Verfahrens ist, dass die Daten sehr leicht ausgewertet werden können.
Schwerer wiegt der Nachtteil dieses Verfahrens: Eine Schlussfolgerung über die durch
Anwendung der besten verfügbaren Technik assoziierten Emissionswerte ist deutlich
mehr als der bloße Mittelwert aus einer Anzahl von n Referenzanlagen. Vielmehr ist
die Fachkompetenz des Autors gefordert zu erkennen, welche technischen Rahmenbedingungen den assoziierten Emissionswerten zugrunde liegen. Eben diese, für die
Interpretation der Ergebnisse immanent wichtigen Rahmenbedingungen können, bedingt durch die Struktur der Fragebögen, gar nicht erst in die Datenerhebung eingehen
oder spätestens bei einer automatisierten Auswertung verlorengehen.
So wurden bei dem BVT-Dokument über Großfeuerungsanlagen für die Kraftwerke zur
Nutzung von Prozessgasen untere Emissionsbandbreiten für Stickoxide festgelegt, die
sich nicht in dieser Form aus der Datenerhebung ableiten ließen. In dem vorliegenden
Fall wurden Daten einer einzigen Anlage zugrunde gelegt, die in dem Referenzjahr
ein für das Emissionsverhalten nicht repräsentatives Gas eingesetzt hatte. Unter realistischen Bedingungen hätte der untere Emissionswert doppelt so hoch sein müssen.
Bandbreiten von Emissionswerten in den Schlussfolgerungen
Es ist üblich und Wunsch vieler Mitgliedstaaten, die Emissionswerte, die mit der Anwendung der besten verfügbaren Technik verbunden sind, als Bandbreiten anzugeben. Diese
Bandbreite kann bei Anwendung derselben Technik bis zu einer 10-Potenz betragen.
Diese Bandbreite ist das Ergebnis aller aus der Datenerhebung eingegangenen Emissionswerte, die hier in der Regel als Jahresmittelwerte angegeben wurden. In den Schlussfolgerungen wird bei Angabe der Bandbreite nicht differenziert, welche betrieblichen
Rahmenbedingungen den Emissionswerten zugrunde liegen.
Fachkompetenz des Autors eines BVT-Dokumentes
Es sollte selbstverständlich sein, dass ein Autor für ein BVT-Dokument auch Fachmann
auf diesem Gebiet ist. Das BVT-Dokument über Eisen-und Stahl war in 2012 eher ein
Glücksfall, der eine Abweichung von der Regel darstellte. Dieser Autor war langjähriger
Fachmann auf dem Gebiet der Metallerzeugung. Ein weiterer Vorteil war, dass er aus
Deutschland kommend, die Systematik des deutschen Rechtes unwillkürlich mitbrachte.
Tatsächlich ist es nämlich eine Ausnahme, wenn ein Autor eines BVT-Dokumentes aus
dem Fachgebiet stammt, für das er das Dokument erstellen soll. Ursachen hierfür sind,
dass es offenbar für viele Mitgliedsstaaten schwierig ist, Autoren für ein BVT-Dokument
abzustellen. Wenn sich zudem, wie es die Regel ist – die Zeitpläne für die Erstellung von
27
Recht und Umsetzung
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Dokumenten verzögern, ist dann nur noch dem Zufall überlassen, welches Dokument
gerade zur Bearbeitung ansteht. Es obliegt dann dem persönlichen Engagement eines
Autors, sich auch in eine fachfremde Thematik einzuarbeiten.
Die Überarbeitung des BVT-Dokumentes, z.B. für die Weiterverarbeitung von Stahl war
erst 2012, dann für 2014 vorgesehen. Es ist nahezu unmöglich, einen Autor, sofern sich
jemand für dieses Spezialgebiet findet, für eine solch lange Zeitspanne vorzuhalten. Vielmehr wird ein gerade verfügbarer Autor diesem BVT-Dokument zugeordnet werden.
Wechsel des Autors eines BVT-Dokumentes
Die Zeitpläne für die Erstellung eines Dokumentes verschieben sich nicht nur regelmäßig, sie werden zudem noch häufig und zum Teil deutlich überschritten. Das BVTDokument über Großfeuerungsanlagen war für 1,5 Jahre angesetzt. Tatsächlich befindet
sich das Dokument nun im vierten Jahr seiner Bearbeitung. Mit den üblicherweise
befristeten Verträgen von 2 bis 3 Jahren ist eine Bearbeitung innerhalb der üblichen
Vertragslaufzeit eines Autors ausgeschlossen.
Bei dem vorgenannten BVT-Dokument fand der erste Autorenwechsel noch vor dem
ersten Treffen der Arbeitsgruppe statt. Bis zur Abschlusssitzung waren es insgesamt
vier Autorenteams, die dieses BVT-Dokument bearbeitet hatten.
Da – wie zuvor beschrieben – für viele Informationen zum Verständnis der Prozesse
und angewandten Techniken die Fragebögen nicht ausreichen, werden häufig mit den
Autoren Hintergrundgespräche zu den zur Verfügung gestellten Informationen geführt.
Diese sind gerade dann erforderlich, wenn ein fundiertes Branchenwissen erforderlich
ist, um die zur Verfügung gestellten Informationen angemessen bewerten zu können.
Dazu zählen auch Besichtigungen von Anlagen.
Ein Wechsel von Autoren bedeutet nicht nur einen Bruch in der Kontinuität. Vielmehr
ist damit auch das Wissen um die branchenspezifischen Detailinformationen verloren.
Ablauf der Abschlusssitzung
Wie bereits beschrieben, werden in der Abschlusssitzung in der Regel ausschließlich
die BVT-Schlussfolgerungen besprochen. Weil die BVT-Schlussfolgerungen eigenständige Dokumente sind, erfolgen hier die Diskussionen um die mit der Anwendung
der besten verfügbaren Technik assoziierten Emissionswerte, häufig losgelöst von den
technischen Beschreibungen im BVT-Dokument. Dies ist umso mehr der Fall, wenn
– wie zuvor beschrieben – durch unzureichende Datenerhebung in den Fragebögen
Hintergrundinformationen nicht vorliegen oder durch die beschriebenen Autorenwechsel verlorengegangen sind.
Gewichtiger ist, wenn in einer Abschlusssitzung die Diskussion um BAT-AEL bewusst
von technischen Hintergründen abgekoppelt kann zu Schlussfolgerungen führen, die
mit der eingesetzten Technik nicht umsetzbar sind. So wurden in dem BVT-Dokument
über Großfeuerungsanlagen in dem BAT-AEL für Quecksilber beschlossen, die sich
so aus der Datenerhebung nicht ableiten lassen und für die es in Europa auch keine
28
Referenzanlagen existierten. In demselben Kapitel BVT-Dokument wurden für Prozessgase aus der Eisen- und Stahlerzeugung Entstickungstechniken als beste verfügbare
Technik anerkannt, die in dem Sektor gar nicht zum Einsatz kommen.
4. Umsetzung der BVT-Schlussfolgerungen in die TA Luft
4.1. Umsetzungsfristen
Gemäß Art. 21 IED-Richtlinie sind die in den BVT-Dokumenten genannten Schlussfolgerungen innerhalb von vier Jahren nach der Veröffentlichung im EU-Amtsblatt
national umzusetzen.
Wenn die Umsetzung über die bloße Anpassung neuer Grenzwerte hinausgeht und
weitergehende Maßnahmen oder neue Konzepte zur Emissionsminderung zur Einhaltung der neuen Anforderungen erforderlich sind, ist eine Übergangsfrist von vier
Jahren völlig unzureichend.
Wenn z.B. aufgrund von Schlussfolgerungen Nachrüstungen oder Neubauten größerer
Abgasreinigungseinrichtungen erforderlich werden, ist hierfür in der Regel ein Zeitbedarf für Planung, Genehmigung und Errichtung neuer Anlagen zu berücksichtigen,
der die gesetzliche Umsetzungsfrist von vier Jahren deutlich übersteigt.
Der deutsche Gesetzgeber behält sich vor, bei der Anpassung an den Stand der Technik weitergehende Anforderungen zu stellen. Der zeitliche Engpass wird somit noch
verschärft, wenn auf nationaler Ebene ein weiteres Jahr für die Prüfung verwand wird,
oder ob sich der Stand der Technik weiterentwickelt hat [1].
4.2. Emissionswerte in Abhängigkeit der angewandten Technik
Zwischen den BVT-Schlussfolgerungen und dem Stand der Technik besteht ein erheblicher systematischer Unterschied:
• Die BVT-Dokumente beschreiben vorrangig Techniken. In den Schlussfolgerungen wird abgeleitet, welche mit der Anwendung der besten verfügbaren Technik
assoziierten Emissionswerte erreichbar sind.
Häufig werden in den BVT-Schlussfolgerungen mehr als nur eine Technik beschrieben.
Jede einzelne Technik steht hier dabei in der Regel gleichrangig nebeneinander und
enthält einzelne und voneinander unabhängige BAT-AEL.
• Die TA Luft enthält in der Regel für jeden Schadstoff in dem anlagenspezifischen
Teil nur einen Emissionswert, ohne dass damit Techniken zu dessen Einhaltung
verbunden sind.
Das Konzept der TA Luft ist technikunabhängig; die Festlegung von Emissionswerten
erfolgt aus dem Prinzip der Vorsorge.
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Recht und Umsetzung
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Grundvoraussetzung zur Umsetzbarkeit der BVT-Schlussfolgerungen ist eine Anpassung der Systematiken. Da die Novellierung der TA Luft insbesondere die Anpassung
an die BVT zum Ziel hat, sollten zukünftig in der TA Luft entsprechend der Systematik
in den BVT- Schlussfolgerungen die Emissionswerte in Abhängigkeit von der angewandten Technik festgelegt werden.
Stattdessen ist es bei der Novellierung der TA Luft vorgesehen, die technikabhängigen
Emissionswerte aus den BVT-Schlussfolgerungen hierarchisch abgestuft umzusetzen.
Der jeweils niedrigere Emissionswert soll danach für Neuanlagen und der weniger
ambitionierte Emissionswert soll für Altanlagen gelten.
Dieser Ansatz verkennt, dass die damit verbundenen Techniken in den BVT-Schlussfolgerungen in der Regel gleichrangig nebeneinander stehen.
Bei der Eisen- und Stahlindustrie führt der vorgenannte Ansatz dazu, dass zumindest
für Neuanlagen nur noch Gewebefilter eingesetzt werden dürfen. Tatsächlich aber
gibt es weiterhin noch eine Reihe von Anwendungsfällen, bei denen aus technischen
Gründen nur Elektrofilter oder Naßentstaubungen eingesetzt werden können. Diese
Filtertechniken haben trotz höherer Emissionslevel als Gewebefilter weiterhin ihre
technische Begründung. Eine Abstufung als Altanlagen wäre hier nicht sachgerecht.
4.3. Emissionsbandbreiten
Die Emissionsbandbreiten in den BVT-Schlussfolgerungen sind, da sie sich aus Jahresmittelwerten und ungeachtet der betrieblichen Rahmenbedingungen ergaben,
grundsätzlich anders zu bewerten als Grenzwerte, bezogen auf den Tagesmittelwert
in der TA Luft.
Um den Unterschied zwischen realen Emissionswerten im Jahresmittel und Grenzwerten im Tagesmittel angemessen zu würdigen, wurde bei der Umsetzung des
BVT-Dokuments zur Eisen- und Stahlerzeugung in die TA Luft in der Regel der obere
Wert der Bandbreite als Emissionswert nach TA Luft interpretiert.
In einem anderen Fall wurde für den Entwurf der Neufassung der TA Luft für Neuanlagen der untere Wert der Bandbreite als Emissionswert für Altanlagen und der obere
Wert als Emissionswert nach TA Luft für Altanlagen empfohlen.
5. Fazit
Der Sevilla Prozess ist systembedingt mit erheblichen Schwachstellen behaftet.
Bei der Frage, ob die BVT-Schlussfolgerungen in nationales Recht umzusetzen sind,
hat der deutsche Verordnungsgeber keinen Ermessenspielraum. Dagegen besteht bei
der Frage, wie die Umsetzung erfolgt, durchaus noch Bedarf zu einer Harmonisierung
der Anforderungen.
Bei der nationalen Umsetzung muss frühzeitig, d.h. spätestens nach der Abschlusssitzung der technischen Arbeitsgruppe, Klarheit über zukünftigen Anforderungen
aufgrund der Schlussfolgerungen bestehen.
30
Unter der Voraussetzung, dass die Schlussfolgerungen eindeutig und zweifelsfrei definiert sind, sollten sie 1:1 in das deutsche Rechtssystem übernommen werden. Bei der
Übernahme von BVT-Schlussfolgerungen sollte die von der Anwendung einer Technik
abhängige Festlegung von Emissionswerten übernommen werden.
Die Umsetzung von BVT-AEL als Grenzwert nach TA Luft ist bislang noch nicht
einheitlich. Hier sollte grundsätzlich der obere Wert der Bandbreite der BVT-AEL
herangezogen werden.
6. Quellen
[1] § 48 (1a) Satz 2 BImSchG
[2] Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010
über Industrieemissionen (IVU-Richtlinie)
[3] Suhr, M.: Beteiligungsmöglichkeiten der Industrie im Sevilla-Prozess. Umweltbundesamt, August 2013
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Wechselbeziehung zwischen TA Luft und BVT
Kostenfreie Artikel
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Insgesamt 37,22 Millionen Tonnen
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Abfälle
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getrennt
eingesammelte
Abfälle
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3,7 %
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Hausmüll, hausmüllähnliche Gewerbeabfälle
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öffentliche Müllabfuhr
eingesammelt
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Recycling
Gemischte
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Kunststoffe
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noch nicht erfüllt
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