Haltung fasziniert Nachlese zum Symposium Faszination Führung am 10.11.2015 Mit den Worten „Führung ist ein Scheißjob“ eröffnete Johannes Jurka, der Leiter der Akademie für Sozialmanagement, das diesjährige Symposium. Er zitierte damit das Titelblatt der März-Ausgabe des Wirtschaftsmagazins Brandeins. Ganz im Gegensatz zu dieser provokanten Aussage widmete die ASOM das Symposium anlässlich ihres 30-jährigen Jubiläums den faszinierenden Aspekten von Führung. Faszinierend kann auch ein Thema wie die Seilforschung sein. Reingard Lange, langjährige Leiterin der ASOM und jetzt Mitglied im Begleiter/innen-Team, zeigte in ihrem Impuls zum Tag unvermutete Parallelen aus einem aufs Erste dem Sozialbereich fernstehenden Gebiet auf. Nur durch Experiment lässt sich feststellen wie lange ein Seil hält, bis es reißt. So versteht auch die ASOM Führungsarbeit als eine nie endende aufmerksame Beobachtungs- und Forschungsaufgabe. Denn seit Gründung der ASOM gilt der Auftrag: „Leitungspersonen zu qualifizieren, dass sie notwendige Veränderung in den Organisationen gemeinsam mit den Mitarbeitenden bewältigen“. Bis heute hat er nichts von seiner Aktualität eingebüßt. Die notwendigen Veränderungen zu erkennen und sie zu managen ist eines der Aufgabenfelder des ASOMLeitungsmodells, das ein tragendes Element in der „30-jährigen Beziehungsgeschichte“ der ASOM-Lehrgänge darstellt. Dazu beschrieb Reingard Lange wesentliche Aspekte der ASOM-Lernkultur: • • • • Persönlichkeiten herausfordern und stärken Individuallernen und organisationales Lernen verbinden Unterschiedlichkeit nutzen Nutzen stiften im Feld Eine Frage der Haltung Eine Veränderung im professionellen Diskurs inspirierte Matthias Schüchner, Absolvent des Masterlehrgangs Management sozialer Innovationen, den die ASOM in Kooperation mit der FH Oberösterreich durchführt. Ihm fiel auf, dass in seinem beruflichen Umfeld zunehmend von Haltung gesprochen wurde. Das nahm er zum Anlass, um sich im Rahmen seiner Thesis i sowohl theoretisch als auch empirisch dem Themenfeld „Haltung und Organisation“ anzunähern. Im Rahmen seiner Forschungsarbeiten fiel ihm sofort auf: Der Begriff der Haltung erzeugt viel Zustimmung. Eine Hypothese dazu ist, dass diese Attraktivität des Haltungsbegriffs auf verstärkt wahrgenommene Unsicherheit zurückzuführen sei. Die schnelle Einigkeit erweise sich hierbei als problematisch. Matthias Schüchner zitierte Roland Reichenbach und sprach von Haltung als Faszination Führung Seite 1 von 4 einem „Überredungsbegriff“, der die Gefahr der Polemik und der Verwässerung in sich berge. In seinem Vortrag beschrieb Schüchner Haltung mittels drei Bestimmungen: Haltung könne wie ein Scharnier gesehen werden, das zwei Ebenen verbinde die allgemeine und die subjektive Ebene oder mit Hiltrud von Spiegel gesprochen „Kopf und Herz“. Zweitens sei Haltung situationsgebunden erlebbar. Damit verbunden sei die dritte Bestimmung: jene der situationsbezogenen Handlungsaufforderung. Wenn sich im professionellen Diskurs einer Branche etwas verändere, so habe das auch Bedeutung für Führung. Diese Verbindung stellte Karin Michaela Krischanitz, die Betreuerin der Masterthesis, her und nahm Bezug auf Möglichkeiten, Haltung in Organisationen nützlich und sinnstiftend zu diskutieren. Für Organisationen relevant sei die oben beschriebene Scharnierfunktion von Haltung von Führungskräften. Karin Michaela Krischanitz betonte die Bedeutung der Wahrnehmung von gesellschaftlichen Entwicklungen, deren Reflexion und die limitierende bzw. ermöglichende Haltung von Führungskräften. Auf die Frage, was haltungssensibles Management beinhalte, ging Matthias Schüchner näher auf die Ergebnisse seiner Interviews ein. Demzufolge wurden am häufigsten als Erfolgsfaktoren genannt: - Sicherheit der Mitarbeiter/innen in ihrem Handeln gewährleisten Gut geleitete Supervision Bewusst gestaltete Reflexionsräume Workshops Die energievollen Workshops gaben einen vertiefenden Einblick in verschiedene Modelle der Führungskräftebegleitung und konkrete Lernerfahrungen von Organisationen. Alle Workshops wurden von ASOM-Trainer/innen geleitet, größtenteils im Tandem mit Geschäftsführern und Personalentwickler/innen aus der Sozial- oder Privatwirtschaft. Einige Beispiele: Mag. Rainer Kinast erörterte den Lernprozess der Führungskräfte bei der Anwendung des „Modells der vier existenziellen Grundbedingungen“ als Basis der Führungskultur in der Vinzenzgruppe. Susanna Achleitner und Gabriele Hetzmannseder gingen der Frage nach ob Coaching eine Notwendigkeit oder ein Widerspruch zu guter Führung sei. Zentrale Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Führen und Lernen in Profitvs. Non-Profit-Organisationen thematisierten Elisabeth Anselm und Astrid Ewald. Die Abstracts zu den Workshops sind im Detail auf der ASOM-Website nachzulesen unter: http://www.asom.at/symposium-workshops.php Faszination Führung Seite 2 von 4 Interaktive Austauschrunde Angeregt durch den Vormittag und interviewende ASOM-Trainer/innen diskutierten die Teilnehmer/innen in der Sequenz nach der Mittagspause ihre Motivationen und Zugänge zu Führung. Fragen waren: Warum haben Sie eine Führungsfunktion übernommen? Was fasziniert Sie an Führung? Die meisten Befragten nannten die Möglichkeit zu gestalten als tragenden Grund für ihre Führungstätigkeit. Als weitere motivierende Faktoren wurden Sinn und Zweck der Arbeit genannt sowie die Freude daran, im Team Lösungen zu entwickeln sowie Rahmenbedingungen und Voraussetzungen zu schaffen, damit die Mitarbeiter/innen gerne gestalten. Resonanzgruppe Abschließendes Element des Symposiums stellte die von Johannes Jurka moderierte Summary zum Tag dar. Personalentwickler/innen und Führungskräfte aus mehreren Organisationen hatten das Symposium den Tag über begleitet und teilten ihre Eindrücke. Eva Hierzberger von der Caritas Steiermark zeigte sich angeregt vom Symposiumsvortrag am Vormittag. Sie selbst sei anfangs von den Gestaltungsmöglichkeiten als Führungskraft motiviert gewesen. Heute sehe sie die Aufgabe einer Führungskraft vor allem darin, den Boden aufzubereiten, damit Mitarbeiter/innen gut arbeiten und gestalten können. Eine Führungskraft sei jemand, die/der gut Freiräume geben kann. Als Kernkompetenzen nannte sie Netzwerkkompetenz und Humor. Gefragt, welche Herausforderungen Führungskräfte-Weiterbildungen in Zukunft aufgreifen sollten, nannte Eva Hierzberger wichtig sei Raum für die folgenden Themen: „Wie komme ich zu einer gesunden Haltung im Arbeiten?“ und „Was stärkt und kräftigt mich?“ Ein weiteres wichtiges Zukunftsthema sah sie im Bereich „Führen ohne Weisungsbefugnis“ und „Themenführerschaft“. Dem schloss sich Johanna Mayrhofer von der Caritas Wien an: Grundsätzlich sei es wichtig, das Thema Führung laufend zu thematisieren. Bei der Caritas Wien gebe es eine neue Regelung, welche Führungskräften nach der Grundausbildung innerhalb von zwei Jahren mindestens drei Fortbildungsmaßnahmen ermögliche – sei es an der ASOM, im Kardinal König Haus oder an einer anderen Einrichtung. Wichtig sei es, laufend strukturierten Austausch untereinander zu ermöglichen und sich davon bereichern zu lassen. Faszination Führung Seite 3 von 4 Auch Angela Jaksch vom Amt der Niederösterreichischen Landesregierung betonte, wie wichtig es sei, sich die Zeit zu nehmen, um sich mit wichtigen Führungsthemen auseinanderzusetzen. Wolfgang Gruber, Vorstandsvorsitzender der Sozialwirtschaft Österreich, rief dazu auf, ein stärkeres Branchenverständnis zu entwickeln und über die eigene Organisation hinaus an der zivilgesellschaftlichen Entwicklung mitzuarbeiten. Johannes Jurka wies abschließend auf die essenzielle Bedeutung von Reflexionsräumen hin, die den Austausch mit anderen Führungskräften ermöglichen. Er hob das Haltungsthema als wichtiges Zukunftsthema im Bereich der Führungskräfte-Weiterbildung hervor. Der nächste Masterlehrgang Management sozialer Innovationen startet im März 2016. Aus dem Symposium „Faszination Führung“ hat sich auch bereits ein ganz konkretes Angebot entwickelt: ein eigenes Seminar zum Thema Haltung. Den Termin und alle weiteren Infos dazu finden Sie in Kürze auf unserer Website: www.sozialmanagement.at i Schüchner, Matthias: Haltung und Organisation, Eine Untersuchung möglicher Zusammenhänge am Beispiel des Handlungsfeldes intensivpädagogischer Betreuungsformen. Masterarbeit im Rahmen des Lehrgangs Management sozialer Innovationen der Akademie für Sozialmanagement und der Akademie für Weiterbildung der Fachhochschule Oberösterreich. Wien 2015 Die Masterarbeit liegt in der Bibliothek der Akademie für Sozialmanagement auf. Faszination Führung Seite 4 von 4
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