LANDGERICHT

FÜRSTLICHES
LANDGERICHT
Aktenzeichen bitte immer anführen
10 JV.2015.42
ON 6
Regierung des Fürstentums
Liechtenstein
Ministerium für Inneres, Justiz und
Wirtschaft
Regierungsgebäude
9490 Vaduz
Vaduz, 19.08.2015/SCSA
Vernehmlassung betreffend die Abänderung des 25. Hauptstückes
des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (Totalrevision des
Miet- und Pachtvertrags) und die Totalrevision des Verfahrens in
Bestandstreitigkeiten (Teilrevision der ZPO sowie Abänderung der
EO)
LNR 2015-435 BNR 2015/719
REG 0141
Sehr geehrte Damen und Herren
Zu dem im Betreff angeführten Vernehmlassungsbericht übermittle ich Ihnen
noch eine im Nachgang eingereichte Stellungnahme des LR Mag Konrad
Lanser.
Mit freundlich«
m
t. .
työG&ß
.A-.
Grüssen
Dr. Paul-Meier, LL.M.
Landgerichtspräsident
Beilage erwähnt
SPANIAGASSE 1 • 9490 VADUZ • TELEFON +423 - 236 61 11 • TELEFAX +423 - 236 65 39
FÜRSTLICHES
LANDGERICHT
LANDGERICHTSPRÄSIDENT
£ 19. Aug. 2015
Mag. Konrad Lanser
POSTAUFGABE:
ÜBERBRACHT:
An den Präsidenten
des Fürstlichen Landgerichtes
Vaduz, 18. August 2015
Vernehmlassung - Totalrevision des AAiet- und Pachtvertrages
Totalrevision des Verfahrens in Bestandstreitigkeiten
Sehr geehrter Herr Präsident
Zum oben angeführten Vernehmlassungsbericht der Regierung vom 19.
Mai 2015, LNR 2015-435, nehme ich wie folgt Stellung:
Einleitend ist festzuhalten, dass eine Revision der bestandvertraglichen
Vorschriften (des ABGB) und die entsprechende Revision des
Bestandverfahrens grundsätzlich zu begrüssen ist. Auch wenn es in der
Vergangenheit verhältnismässig wenige gerichtliche Streitigkeiten aus
Miet- und Pachtverhältnissen gegeben hat, betreffen die im Rahmen der
unentgeltlichen Rechtsberatung an das Gericht herangetragenen
Anfragen zu einem doch sehr erheblichen Anteil gerade mietrechtliche
Angelegenheiten. Dabei stellt(e) sich immer wieder heraus, dass eine
(etwas) detailliertere gesetzliche Regelung verschiedener Bereiche des
Mietrechtes durchaus wünschenswert ist.
Mit der gegenständlichen Regierungsvorlage erfolgt nun eine recht
umfangreiche Überarbeitung des Bestandrechtes nach dem Vorbild der
Bestimmungen des schweizerischen Obligationenrechts (Art. 253 bis 273c
und Art. 275 bis 300 chOR). Wenngleich es zweifellos Sinn macht, eine
Rezeptionsvorlage, für die man sich bei einer Totalrevision des Miet- und
Pachtvertragsrechtes einmal entschieden hat, möglichst vollständig und
als „Gesamtkonzept" zu übernehmen, seien zu der gegenständlichen
sehr umfangreichen Gesetzesrevision doch ein paar Ausführungen
erlaubt:
SPANIAGASSE 1 • 9490 VADUZ • TELEFON +423 - 236 61 11 • TELEFAX +423 - 236 65 39
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In § 1090 Art. 66ff ABGB und § 560 ZPO wird nunmehr parallel zum
Verfahren über die gerichtliche Aufkündigung ein Anfechtunasverfahren
(offensichtlich nur für aussergerichtliche Kündigungen) geschaffen, und
zwar nach dem Vorbild der Art. 271 ff chOR. Nach Schweizer Recht ist
diese Anfechtung nun aber der wesentliche Rechtsbehelf des Mieters,
um zu verhindern, dass eine ausgesprochene Kündigung (nach
verstrichener Anfechtungsfrist) ihre vollen Wirkungen entfalten und
Grundlage eines Ausweisungsgesuchs sein kann. Im chMietrecht kommt
der Anfechtung einer Kündigung also eine ganz andere Bedeutung zu
als
im
liechtensteinischen
Bestandverfahren
(mit
gerichtlicher
Aufkündigung und Einwendungen dagegen bzw. Räumungsklage).
Die aussergerichtliche Aufkündigung ist - jedenfalls nach der geplanten
Gesetzesänderung - nur mehr eine privatrechtliche Gestaltungs­
erklärung; ob ihre Voraussetzungen gegeben waren und sie daher die
angestrebte Wirkung entfaltet hat, wird nach den Ausführungen im VB
als Vorfrage im Räumungsprozess (allenfalls Feststellungsverfahren) zu
prüfen sein. Welchen weitergehenden praktischen Nutzen die Einführung
eines Anfechtungsverfahrens für diese aussergerichtliche Kündigung
dann noch haben soll, wird nicht näher begründet.
Wenn ein Mieter der Meinung ist, dass eine aussergerichtlich
ausgesprochene Kündigung nicht wirksam oder unzulässig ist, wird er dies
dem Vermieter mitteilen und wird dieser-wenn er einen exekutierbaren
Räumungstitel gegen den Mieter haben will - eine Räumungsklage (oder
allenfalls eine nach der öLehre und Rechtsprechung unter bestimmten
Voraussetzungen zulässige gerichtliche Aufkündigung als „milderes
Mittel") einbringen. Von einem Anfechtungsverfahren hat - salopp
formuliert - niemand etwas: Wenn die Anfechtungsklage abgewiesen
wird, wird aus der aussergerichtlich ausgesprochenen Kündigung
trotzdem kein Exekutionstitel, aufgrund dessen der Vermieter die
vermietete Wohnung zwangsweise räumen lassen kann. Wird der Klage
stattgegeben, dann haben die Parteien an und für sich ebenfalls „nur"
die Feststellung in Urteilsform, dass die aussergerichtliche Kündigung nicht
wirksam war und das Bestandverhältnis (möglicherweise) noch aufrecht
ist. Auch aufgrund dieser Überlegungen wird es in der Praxis
möglicherweise so sein, dass ein Mieter, der der Ansicht ist, dass eine
aussergerichtliche Kündigung unzulässig ist, keine Anfechtungsklage
einbringen wird, sondern die Kündigung einfach dem Vermieter
gegenüber als unzulässig ablehnen und warten wird, bis der Vermieter
ihn auf Räumung klagt oder gerichtlich aufkündigt, wo er dann seine
Einwendungen - die ähnlich sein können und werden wie im Fall einer
Anfechtungsklage - erheben kann. § 560 ZPOneu wird man wohl so
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auszulegen haben, dass der Mieter nach Fristablauf nur das
Anfechtungsrecht (im Aktivprozess) und nicht auch das Recht verloren
hat, seine entsprechenden Einwendungen im Räumungsprozess (auf der
Passivseite) zu erheben.
Wie dem auch sei: Der praktische Nutzen dieses „Parallelverfahrens" (vgl.
VB Seite 125 unten) ist nicht unbedingt nachvollziehbar. Wie ausgeführt
hat das Anfechtungsverfahren im schweizerischen Mietrechtsverfahren
eine Bedeutung, die es aufgrund des dort anders geregelten
Bestandverfahrens in Liechtenstein nie haben kann, sodass allenfalls zu
überlegen ist, ob dieses Verfahren in den liechtensteinischen
Rechtsbestand überhaupt übernommen werden soll.
In § 1090 Art. 53f ABGB werden - mit Anpassungen - die Vorschriften der
Art. 268 und 268a chOR (Retentionsrecht des Vermieters) übernommen.
Gleichzeitig werden § 1101 ABGB (samt Hofdekret vom 10. April 1837 JGS
Nr. 151) aufgehoben und Art. 294 Abs. 1 EO angepasst. Hierzu wird im VB
u.a. ausgeführt, dass sich die Regelung des geltenden § 1101 ABGB in
der Praxis grundsätzlich bewährt habe (weshalb der Art. 53
zugrundeliegende Art. 268 chOR nur mit Anpassungen rezipiert werde)
und in den Art. 294 bis 296 EO Bestimmungen zur Sicherung bzw.
Durchsetzung des Retentionsrechtes enthalten wären (weshalb sich die
Rezeption von Art. 268b chOR erübrigen würde).
Gerade weil sich das Retentionsrecht in der Praxis bewährt hat und die
Bestimmungen des § 1101 ABGB und der Art. 294 bis 296 iVm Art. 20 EO
eine recht stimmige Einheit bilden, stellt sich die Frage, wieso das
Retentionsrecht nunmehr teilweise neu geregelt wird, was das stimmige
Bild möglichweise zu trüben geeignet ist. Vor allem die Bestimmung des
Art. 54 wirft mehr Fragen auf, als solche gelöst werden. Der Sinn dieser
Bestimmung ist - was die praktische Relevanz anlangt - nicht ohne
weiteres nachvollziehbar, vor allem wenn man bedenkt, dass der - hier
neu eingeführte - gute Glaube des Vermieters ohnedies zu vermuten ist
und die Frage, ob vom Mieter eingebrachte, aber offensichtlich nicht
ihm gehörige Sachen, vom Retentionsrecht erfasst sind oder nicht, erst
und frühestens in einem Widerspruchsverfahren (gemäss Art. 295 Abs. 3
iVm Art. 20 EO) zu entscheiden ist und entschieden wird. Um diesen
guten Glauben des Vermieters zu zerstören, müsste dem Vermieter das
Dritteigentum im Zeitpunkt der Einbringung angezeigt werden. Eine
solche - in der Schweiz offensichtlich vorkommende - Praxis der
Information des Vermieters über unter Eigentumsvorbehalt gelieferten
Sachen scheint jedoch unnötig.
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Im Hinblick darauf, dass im Fall einer refentionsweisen Beschreibung Arf.
20 EO über das Widerspruchsverfahren sinngemäss zur Anwendung
gelangt und dadurch Dritte ihre Rechte an den vom Vermieter
eingebrachten Sachen geltend machen können und Art. 20 EO für
solche Streitigkeiten ein entsprechendes Verfahren vorsieht, stellt sich
nämlich die Frage, ob eine Regelung wie in Art. 54 überhaupt notwendig
ist. Das Retentionsrecht wird - wenn überhaupt - frühestens mit der
refentionsweisen Beschreibung „schlagend" und wird in einem
anschliessenden Verfahren im Sinne des Art. 20 EO über ein allfällig
strittiges Recht an einer eingebrachten Sache entschieden. In diesem
Verfahren kann der Dritte sein Recht an der Sache - in der Regel relativ
einfach durch urkundlichen Nachweis des Eigentumsvorbehalts nachweisen und scheint es daher gar nicht notwendig, auf Wissen oder
Wissenmüssen des Vermieters abzustellen.
Dass der Gerichtsvollzieher im Rahmen der refentionsweisen
Beschreibung das Wissen bzw. Wissenmüssen des Vermieters über das
Dritteigentum an der eingebrachten Sache zu überprüfen und
dementsprechend die retentionsweise Beschreibung (um solche fremde
Sachen) eingeschränkt vorzunehmen haben wird, wird wohl nicht
beabsichtigt sein. Jedenfalls wird das Retentionsrecht durch das
Abstellen auf den guten Glauben des Vermieters - ohne ersichtliche
Notwendigkeit - verkompliziert.
In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass nach dem
chSchKG ein Vermieter mit dem Antrag auf Aufnahme eines
Retentionsverzeichnisses (Art. 283 Abs. 1 SchKG) das Retentionsrecht zur
betreibungsrechtlichen Vollstreckung bringt. Das Retentionsverzeichnis
bildet die Grundlage für eine anschliessende Betreibung auf
Pfandverwertung. Im Unterschied dazu ist nach der Exekutionsordnung
für die Verwertung der retentionsweise beschriebenen Gegenstände
noch die exekutive Pfändung nach Art. 172 EO (Beschreibung und
Aufnahme der Gegenstände in ein Pfängungs- und Schätzungsprotokoll)
notwendig.
Schliesslich kommt noch dazu, dass Art. 268a Abs. 2 chOR - die
Rezeptionsvorlage für Art. 54 Abs. 2 - in der chLehre relativ umstritten ist
und als zu weitgehend kritisiert wird. Aufgrund des Gesetzestextes könnte
der Schluss gezogen werden, dass dem Vermieter nahe gelegt wird, eine
ordentliche Kündigung auszusprechen, wenn ihm der Verlust des
Pfandrechts nicht genehm ist. So gesehen wäre eine auf diese
Gesetzesbestimmung gestützte Kündigung mitunter nicht als treuwidrig
anzusehen.
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Summa summarum scheint es überlegenswert, die bestehenden,
bewährten
Vorschriften
über
das
Retentionsrecht
und
das
entsprechende Verfahren insgesamt unverändert zu lassen, zumal auch
gelegentlich auftauchende Fragen im Zusammenhang mit dem
Retentionsrecht
Erlöschen/Aufhebung
einer
pfandweisen
Beschreibung - durch die gegenständliche Novelle ohnedies nicht
beantwortet werden.
In den vorgeschlagenen Bestimmungen des § 1090 ABGB ist immer
wieder davon die Rede, dass der Mieter etwas „bei Gericht anfechten
kann" (Art. 60ff), „das Gericht anrufen kann" (Art. 48 Abs. 2) oder etwas
„gerichtlich geltend machen" kann/muss (Art. 25f) oder der Mieter (vom
Vermieter) „verlangen kann" (etwa Art. 20, 23) oder der Vermieter den
Untermieter „(dazu) anhalten kann" (Art. 32 Abs. 2), es mangelt jedoch
im Wesentlichen an Vorschriften darüber, ob diese Rechtsschutzanträge
- deren konkrete Ausgestaltung zumindest teilweise im Dunkeln bleibt im streitigen oder ausserstreitiqen Verfahren einzubringen und zu
entscheiden sind [was wohl auch darauf zurückzuführen ist, dass es in der
Schweiz kein Ausserstreitverfahren wie in Liechtenstein gibt und
dementsprechend die Rezeptionsvorlage nichts in diese Richtung
enthält]. Nur vereinzelt erfolgen solche Zuweisungen in das streitige bzw.
ausserstreitige Verfahren.
Zu den Gesetzesbestimmungen betreffend die Hinterlegung des
Mietzinses (Art. 25f) wird im VB, Seite 63 dritter Absatz, ausgeführt, dass
das gerichtliche Hinterlegungsverfahren im
Ausserstreitverfahren
durchzuführen ist und gleiches für das Ausfolgungsverfahren gelte;
entsprechend sei Art. 259i chOR („das Verfahren richtet sich nach der
ZPO.") nicht zu rezipieren. Trotz dieser Ausführungen, die keinen
Niederschlag im Gesetzestext finden, (oder gerade deswegen) bleiben
Unklarheiten bestehen, insbesondere weil gleichzeitig von der
Mieterklage/Vermieterklage gesprochen wird. Im Ausserstreitverfahren
heissen die Rechtschutzanträge der Parteien nun aber nicht Klage,
sondern Antrag. Hier wäre eine klarere Regelung über die
anzuwendende Verfahrensart oder zumindest die nähere Regelung, was
zum Hinterlegungs- und Ausfolgungsverfahren gehört, wünschenswert.
Gegenstand der „Klage" des Vermieters soll nach den Ausführungen im
VB die Herausgabe des Mietzinses unter dem eingeschränkten
Blickwinkel des Bestandes der Berechtigung des Mieters zur Hinterlegung
sein. So wie diese „Vermieterklage" formuliert ist, müsste man diese als
Teil des Ausfolgungsverfahrens ansehen und damit wohl im
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Ausserstreitverfahren behandeln. Gegenstand der Mieterklage kann
nach den Ausführungen des VB die blosse Beseitigung des Mangels
betreffen, aber auch die Herabsetzungs- und/oder Schadenersatz­
ansprüche aus mangelhafter Mietsache umfassen sowie auf Ersatz der
Kosten der Ersatzvornahme gehen. Über eine solche „Klage" könnte im
streitigen Verfahren verhandelt werden. Genau so gut könnte man aber
im Zusammenhang mit Art. 26 Abs. 1 auch damit argumentieren, dass
die Geltendmachung dieser Ansprüche - auch aus Gründen der
Einheitlichkeit des Verfahrens - Teil des Hinterlegungsverfahrens ist.
(Auch) Nach der schweizerischen Lehre und Rechtsprechung können
beispielsweise Schadenersatzansprüche im Sinne des Art. 259e chOR (=
Art. 24) im Rahmen des Hinterlegungsverfahrens geltend gemacht
werden.
Eine zweite punktuelle - und einzige ausdrückliche - Regelung findet sich
in Art. 74, wo ausgesprochen wird, dass sich das Verfahren über
aussergerichtliche wie auch gerichtliche Kündigungen sowie über
Erstreckungsbegehren nach den Bestimmungen der ZPO richtet.
Nachdem es bei der aussergerichtlichen Kündigung kein gerichtliches
Verfahren gibt (geben kann), wird mit dieser Bestimmung wohl das
Verfahren über die Anfechtung aussergerichtlicher Kündigungen
gemeint sein.
Eine weitere (indirekte) Zuweisung könnte aus Art. 48 Abs. 2 erschlossen
werden: Die Anrufung des Gerichts nach dieser Bestimmung wäre im
Zusammenhang mit Art. 49b, 49h Abs. 1 EheG iVm Art. 1 Abs. 2 lit. c
AussStrG allenfalls - als Teil des Eheschutzverfahrens - im Verfahren
ausser Streitsachen zu behandeln.
Aufgrund dieser Erwägungen wäre die eine oder andere ausdrückliche
Klarstellung über die anzuwendende Verfahrensart wünschenswert.
Allenfalls wäre auch eine Prüfung dahin vorzunehmen, ob nicht - neben
einer sich schon aus den ZPO-Bestimmungen ergebenden Zuweisung
zum streitigen Verfahren - manche Entscheidungen über einzelne,
bestimmt zu bezeichnende Angelegenheiten bzw. Ansprüche der
Parteien aus dem Bestandverhältnis explizit dem Ausserstreitverfahren
zugewiesen werden sollten, weil für die Erledigung solcher „Streitigkeiten"
das Ausserstreitverfahren (mit amtswegiger Sachverhaltsfeststellung
[Untersuchungsprinzip], rechtlichem Gehör sowie einer unformalistischen
Behandlung der Anträge und einer besonderen Unterstützung der
Verfahrensbeteiligten) „besser geeignet" ist, als der streitige Zivilprozess.
Als grobe Vorlage für eine solche Zuständigkeitszuweisung könnte § 37
ÖMRG dienen.
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Eine klare Verweisung auf das Aussersfreitverfahren oder auf den
streifigen Zivilprozess ist nicht nur sinnvoll, sondern auch für eine
entsprechend klare Rechtsdurchsetzung unbedingt erforderlich.
Punktuelle Regelungen wie beispielsweise zu den Art. 25 und 26, welche
sich zudem nur aus den Gesetzesmaterialien und nicht aus dem Gesetz
selbst ergeben, führen nur zu unnötigen Zwischenstreitigkeiten über die
Zulässigkeit des streitigen oder ausserstreitigen Rechtsweges.
Im Folgenden noch ein paar Ausführungen zu einzelnen Bestimmungen:
Zu § 1090 Art. 3 Abs. 2 ABGB:
Aufgrund
der
unterschiedlichen
quantitativen
Kriterien
(Nettowohnfläche) für Wohnungen und Einfamilienhäuser könnte - im
Unterschied zur Rezeptionsvorlage - der Eindruck entstehen, dass das
qualitiative Erfordernis „luxuriös" nur für Wohnungen gilt. Diesbezüglich ist
allenfalls eine Klarstellung erforderlich.
Der Begriff „luxuriös" ist zudem recht unbestimmt. Die im VB angeführten
Literaturstellen füllen diesen Begriff auch nicht mit justiziablem Inhalt. Mit
der von der Regierung über die Rezeptionsvorlage hinaus
vorschlagenden
objektiveren
Bemessung
nach
der
reinen
Nettowohnfläche wollte man - so die Ausführungen im VB - Unschärfen
vermeiden. Der Begriff „luxuriös" bleibt demgegenüber ein durch und
durch „unscharfer", weil sich der Gesetzgeber darüber ausschweigt,
welches die Merkmale für eine luxuriöse Wohnung und für ein luxuriöses
Einfamilienhaus sind. Es wäre jedenfalls hilfreich, zumindest in den
Gesetzesmaterialien Luxusmerkmale anzuführen oder zumindest ein paar
Kriterien darzustellen, an Hand derer ein luxuriöser Charakter einer
Wohneinheit geprüft werden kann.
Zu § 1090 Art. 4 ABGB:
Diese Bestimmung scheint etwas weit formuliert. Von einem nichtigen
Koppelungsgeschäft wird man wohl nur sprechen können, wenn der
Mieter eigentlich nur Mieter werden oder bleiben will und in dieser
Situation zu einem weiteren Geschäft gedrängt wird. Wenn jedoch der
Geschäftswille des Mieters dagegen zumindest mit gleicher Intensität auf
den Abschluss der beiden gekoppelten Geschäfte gerichtet ist, wird ein
Koppelungsgeschäft nicht, jedenfalls nicht ohne weiteres angenommen
werden können. So gesehen wird der Grossteil von in der Praxis
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vorkommender „Koppelungsgeschäften" (Miete von Geschäftsräumen
in Verbindung mit der Übernahme eines in diesen Räumlichkeiten
bestehenden
Geschäfts,
sogenannte
Bierlieferungsverträge,
Wohnungsmiete mit einer aus finanzierungsmässigen Notwendigkeiten
hinausgeschobener Eigentumsübertragung, Hauswart-/Hausbesorgerwohnung etc.) nicht unter diese Bestimmung fallen.
Der Katalog der in Abs. 2 dieser Bestimmung aufgezählten
möglicherweise missbräuchlichen Rechtsgeschäfte schafft diesbezüglich
mehr Unklarheit, weil beispielsweise ein von Anfang an als Miete/Kauf
ausgestaltetes zusammengesetztes Rechtsgeschäft wohl kein gesetzlich
verpöntes Rechtsgeschäft darstellt. Gleiches gilt nach schweizerischer
Lehre und Rechtsprechung für den Erwerb von Aktien, wodurch der
Mieter Aktionär der Aktiengesellschaft wird, die Eigentümerin des
Mietobjektes ist oder für die Miete von Geschäftsräumen in
genossenschaftlich organisierten Gewerbezentren, wenn der Mieter
auch die Verpflichtung übernimmt, Genossenschafter zu werden und
Anteilsscheine zu zeichnen. Die gekoppelte Verpflichtung des Mieters,
Möbel zu kaufen, wird auch nicht immer, sondern nur dann nichtig sein,
wenn sie mit dem Mietverhältnis in keinem Zusammenhang steht. Eine
zusätzliche Verpflichtung des Mieters, sich gegen bestimmte Risiken, die
in seinen Verantwortungsbereich fallen, zu versichern, wird wohl
zweifellos zulässig sein. So gesehen wirft Abs. 2 leg. cit. mehr Fragen auf
als dass solche gelöst werden.
Sofern
eine
ausdrückliche
gesetzliche
Regelung
von
Koppelungsgeschäften überhaupt notwendig ist, wäre allenfalls zu
überlegen, auf den Katalog in Art. 4 Abs. 2 zu verzichten und in Abs. 1
leg. cit. neben den beiden dort genannten Voraussetzungen als weitere
Voraussetzung ausdrücklich festzuschreiben, dass die Koppelung
missbräuchlich
sein
muss,
der
Abschluss
des
gekoppelten
Rechtsgeschäftes also die (vom Mieter nicht gewollte) erzwungene
Folge des Mietvertragsverhältnisses ist.
Zu § 1090 Art. 13 Abs. 3 ABGB:
Bei der Einräumung einer Zahlungsfrist von mindestens vier Wochen für
die schriftliche Mahnung ist zu berücksichtigen, dass auch im Fall einer
mehr oder weniger unmittelbar nach Ablauf der Zahlungsfrist
eingebrachten fristlosen gerichtlichen Kündigung aufgrund der
Vorschriften der §§ 562 Abs. 1 (Einwendungsfrist von vier Wochen) und
563 ZPO insgesamt zweieinhalb bis drei Monate vergehen, bis der
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Vermieter frühestens über einen rechtskräftigen Räumungstitel verfügt
und während welchen Zeitraumes der Mieter (möglicherweise) keine
Miete bezahlt. Gerade dies soll nach den Ausführungen im VB (Seite 51
erster Absatz) gerade verhindert werden.
Die gleichen Überlegungen gelten auch für die Frist des § 1090 Art. 15
Abs. 3 ABGB.
Zu § 1090 Art. 14 Abs. 3 ABGB:
Diese Bestimmung hinterlässt ein paar offene Fragen: Die Bank darf eine
Sicherheit nur mit Zustimmung beider Parteien oder gestützt auf einen
rechtskräftigen Zahlbefehl / eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung
herausgeben. Zum Zahlbefehl wird im VB einerseits eine schweizerische
Lehrmeinung zitiert, wonach es sich bei dem Zahlbefehl nur um einen
vom Vermieter gegen den Mieter angestrengten Zahlbefehl handeln
kann. Nach den übrigen Ausführungen im VB scheint jedoch auch ein
Zahlbefehl des Mieters gegen den Vermieter zulässig zu sein. Wie dieser
Zahlbefehlsantrag nun zu formulieren ist, kann dem VB nicht entnommen
werden. Entgegen den schweizerischen Betreibungsvorschriften kann ein
Zahlbefehl jedenfalls nicht eine Anweisung an die Depotbank enthalten,
einen bestimmten Betrag aus der Sicherheit dem Vermieter, den
restlichen Saldo dem Mieter auszubezahlen (vgl. § 577 ZPO: „Zur
Eintreibung von Forderungen an Geld oder andern vertretbaren Sachen
..."). Ebenso könnte mit einem Zahlbefehlantrag ein Begehren auf
Zustimmung zur Ausfolgung der Sicherheit nicht gestellt werden.
Darüber hinaus ist das Anführen von Zahlbefehl und Gerichtsurteil
insofern unvollständig, als gegebenenfalls auch ein Rechtsöffnungs­
beschluss als „Herausgabetitel" in Frage kommt. Die Unterscheidung in
der Rezeptionsvorlage zwischen Zahlungsbefehl und Gerichtsurteil wird ja
wohl nur darauf zurückzuführen sein, dass in der Schweiz die
Zahlungsbefehle nicht vom Gericht, sondern von den Betreibungsämtern
erlassen werden. In Liechtenstein sind sowohl Zahlbefehle als auch
Rechtsöffnungsbeschlüsse als
auch Urteile jeweils
gerichtliche
Entscheidungen, sodass die erwähnte Unterscheidung in der
Rezeptionsvorlage (Zahlungsbefehl/Gerichtsurteil) nicht übernommen
werden muss, sondern diese Entscheidungen im Gesetzestext einfach in
„rechtskräftige gerichtliche Entscheidung" zusammengeführt werden
können.
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Auch
wenn
diese
Gesetzesbestimmung
wörtlich
mit
der
Rezeptionsvorlage des Art. 257e chOR übereinstimmt, besteht an und für
sich doch ein Widerspruch zwischen dem ersten und zweiten Satz dieses
Abs 3. Nach dem ersten Satz darf die Bank die Sicherheit nur mit
Zustimmung beider Parteien oder eben aufgrund einer rechtskräftigen
gerichtlichen Entscheidung herausgeben. Andererseits kann - gemeint ist
offensichtlich zusätzlich - der Mieter von der Bank die Rückerstattung der
Sicherheit verlangen, wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt sind,
welchem Verlangen die Bank aber an und für sich nach dem ersten Satz
dieser Gesetzesbestimmung nicht entsprechen dürfte. Wenn die
qualifizierte Untätigkeit des Vermieters die dritte Variante sein soll, nach
der die Bank verpflichtet ist, die Sicherheit herauszugeben, wäre es
empfehlenswert, dies im Gesetz auch klar zu formulieren.
Der VB schweigt sich darüber aus, wann ein Mietverhältnis als beendigt
anzusehen ist. In der Praxis zeigt sich nun verschiedentlich, dass der
Zeitpunkt der Beendigung eines Mietverhältnisses nicht immer zweifelsfrei
festgestellt werden kann, weil etwa ein Kündigungsschreiben von der
Gegenpartei nicht akzeptiert wird, über den Kündigungstermin Streit
besteht, eine (tatsächliche) Übergabe des Bestandobjektes verspätet
oder gar nicht durchgeführt wird etc. Mitunter wird ein Mietverhältnis
auch erst nach dem Termin der gerichtlichen Aufkündigung beendigt,
indem über Ersuchen der Parteien eine (gerichtlich durchzuführende)
Räumung des Bestandobjektes um einige Zeit aufgeschoben wird,
sodass grundsätzlich erst mit tatsächlicher Räumung von einer
„Beendigung des Mietverhältnisses" im Sinne des Art. 14 Abs. 3
gesprochen werden könnte. Wenn nun im VB davon die Rede ist, dass
Normadressat dieser Gesetzesbestimmung (Abs. 3 leg. cit.) vor allem die
aufbewahrende Bank ist, welche zu prüfen hat, ob die Voraussetzung zur
Herausgabe erfüllt sind, ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass
zumindest einige der oben aufgezählten Umstände von einer Bank
mitunter schwer nachgeprüft werden können und ein Mieter sich
gegebenenfalls schwer tut, der Bank gegenüber den Beendigungstermin
(Rückgabe der Mietsache) und damit den Ablauf der Jahresfrist
nachzuweisen.
Unter einer „rechtlichen" Geltendmachung wird in der Schweiz
offensichtlich eine gerichtliche Geltendmachung (bzw. nach dortigem
Recht auch die Einreichung eines Betreibungsbegehrens beim
Betreibungsamt) verstanden, sodass nichts dagegen und die
Rechtsklarheit dafür spricht, dies auch so in das Gesetz zu schreiben und
„rechtlich" durch „gerichtlich" zu ersetzen.
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Zu § 1090 Art. 31 ABGB:
Unter
Grundstücke
sind
offensichtlich
entsprechend
der
Rezeptionsvorlage (das ZGB bezeichnet die unbeweglichen Sachen als
Grundstücke) - unbewegliche Sachen zu verstehen. So gesehen wären zumal der Begriff „unbewegliche Sache" an anderer Stelle (§ 1090 Art. 38
ABGB oder §§ 560f ZPO) in unterschiedlicher Bedeutung verwendet wird
- zur Vermeidung von Missverständnissen allenfalls ein paar
Klarstellungen und insbesondere bei dieser Gesetzesstelle ein Hinweis auf
Art. 34 SR, in welchem die „Grundstücke" aufgezählt sind,
wünschenswert. [Das Anführen des Art. 556 SR auf Seite 68 des VB dürfte
ein Versehen sein und müsste wohl Art. 537 SR heissen.]
Abschliessend soll nicht unerwähnt bleiben, dass aufgrund der
vorgesehenen doch recht erheblichen Erweiterung der Rechte der
Parteien des Bestandvertrages mit einer Zunahme gerichtlicher
Streitigkeiten zu rechnen ist, was zweifellos zu einer Mehrbelastung bei
den Gerichten führen wird.
Mit freundlichen Grüssen