14 Bergedorf D Meldungen TAGESFAHRT Essen wie damals bei Oma Bergedorf-West (cr). Gutes Essen wie bei Oma wird den Teilnehmern einer Ausfahrt des Awo-Seniorenclubs Bergedorf-West serviert: Am Freitag, 18. September, geht es dazu nach Bosau am Plöner See. In „Schmidts Gasthof“ werden „kulinarische Genüsse aus Omas Rezeptbuch“ angeboten – ein Büfett mit Fliederbeersuppe beziehungsweise Birnen, Bohnen und Speck. Nach dem Mittagessen geht es mit dem Bus ins Umland. Wer für 39,50 Euro mitfahren möchte, kann sich von sofort an bei Jürgen Schenk unter Tel. 738 19 33 anmelden. Abfahrt: 10 Uhr, Buskehre Friedrich-Frank-Bogen. TERMINE 6. August 10.00-13.00: Kostenlose Beratung zu Behördenschreiben, Anträgen etc. (Westibül, Friedrich-FrankBogen 59) 14.00-16.00: Musik von Horst Sombert am Keyboard (Awo-Seniorentreff im Lichtwarkhaus, Holzhude 1) 14.00-19.00: Badeaufsicht durch den Verein SiWa am Allermöher See 19.00: Weinabend mit Sommelière Alexandra (Café Chrysander im Schlosspark) 20.30: US-Hillbilly-Duo „Hymn for her” beim Club am Donnerstag (Happy Billard, Kurt-A.-KörberChaussee 73) 7. August 14.00-19.00: Badeaufsicht durch den Verein SiWa am Allermöher See 15.00-19.00: DRK-Blutspende (DRK-Altentagesstätte, Leuschnerstraße 103) 15.00: Symbole des Judentums, Vortrag mit Dr. Gundula Krüger (Haus im Park, Gräpelweg 8) „MITTENDRIN!“ Bauernhof, Strand und mehr Bergedorf cr). Ein Ausflug zum Kinderbauernhof in Kirchdorf steht am Donnerstag, 13. August, beim Verein „mittendrin!“ für Menschen mit und ohne Behinderung auf dem Programm. Zwölf Kinder ab sechs Jahre können mitfahren. Geplant sind weiterhin ein Ausflug zum Elbstrand (20. August) oder zu Planten un Blomen (24. August). Weitere Infos gibt es unter der Telefonnummer (040) 888 80 60 KURSUS Radeln lernen plus Kinderbetreuung Bergedorf (cr). Eine Kinder- betreuung wird jetzt bei dem Kursus „Fahrradfahren für Frauen“ angeboten, den Peri Arndt (SPD-Bürgerschaftsabgeordnete) mit der TSG vom 31. August bis 11. September plant. Weitere Infos gibt das Büro von Peri Arndt unter Telefon (040) 72 54 46 02. DONNERSTAG 6. AUGUST 2015 Fünf Preisträger zu Gast LITERATURWETTBEWERB Großes Finale Ende August im Schloss Bergedorf (upb). Zum großen Finale des AstroArt-Literaturwettbewerbs 2015 im Schloss haben alle fünf Preisträger zugesagt. Damit verspricht der Abend des 29. August im Bergedorfer Wahrzeichen wieder ein vielfältiges Erlebnis zu werden: Von 18 Uhr an lesen am letzten Sonnabend dieses Monats die Preisträger im großen Saal ihre prämierten Kurzgeschichten, die die Jury aus 535 Einsendungen ausgewählt hat. Der Eintritt ist frei. Von heute an drucken wir die besten fünf Geschichten in umgekehrter Reihenfolge in unserer Zeitung. Den Anfang macht „Die Uhr ohne Zeiger“, mit der Dietmar Schubert aus Wiesbaden Platz fünf belegt. Er wird auch die Lesung am 29. August eröffnen, bei der jeder Autor von einem Jury-Mitglied vorgestellt wird. Weiterer Höhepunkt des Abends ist die Amtseinführung der Bergedorfer SchlossSchreiberin 2015: Suse Schröder (31) aus Berlin wird für einen Monat im Schloss arbeiten und zu Lesungen einladen. Was sie zudem mit den Bergedorfern plant, stellt die Autorin am Abend ihrer Amtseinführung vor. Sie erhält ein Stipendium von 1500 Euro und bezieht bis Ende September eine Wohnung in Bergedorf. Mit der Berlinerin Suse Schröder bekleidet nach den beiden Österreichern Eva WoskaNimmervoll (2013) und Mortimer M. Müller (2014) erstmals eine deutsche Autorin das Amt des Bergedorfer SchlossSchreibers. Der mit insgesamt 1600 Euro dotierte AstroArt-Literaturwettbewerb und das Schloss-Schreiber-Stipendium werden von der Hamburger Volksbank und dem Bezirksamt gesponsert. Präsentiert von unserer Zeitung ist es ein Projekt des Fördervereins Kulturelle Initiativen um die Initiatoren Ella Marouche und Huug van’t Hoff. Die Berlinerin Suse Schröder (31) ist Bergedorfs neue SchlossFoto: Radecke Schreiberin. „Die Uhr ohne Zeiger“ ASTROART Dietmar Schubert belegt mit dieser Geschichte Platz fünf des Literaturwettbewerbs MONTAG Die Uhr auf dem Bahnsteig hat keine Zeiger. Gerüste. Betonsegmente. Der Wind weht Baustaub durch die Bahnhofshalle. – Intercity nach Köln. Dann umsteigen. Es ist Mai. Ich denke an Karla, die Schöne. Benny ist voller Erwartungen. Vor uns sieben Tage Amsterdam. Nach der Ankunft Streifzug durchs Viertel. Dann ins Café. Kopfstand, erfahren wir, heißt die Verbindung von Bier und Genever, an der Benny Geschmack findet. Ich trinke Koffie verkeerd, Milch mit Kaffee. DIENSTAG Nach dem Bilderrausch im Van-Gogh-Museum sitzen wir in einem Arbeitercafé. Die miese Kopie des Mannes im Goldhelm im barocken Gipsrahmen ist von einer bunt blinkenden Weihnachtslichterkette umrahmt. Rembrandt dreihundertfünfzig Jahre später. Mit einem Euro zwanzig mein billigster Koffie verkeerd in Amsterdam. Sexshow im Moulin Rouge. Beim Heimweg durchs Rotlichtviertel setzt sich die Kälte in unsere Hautporen. Sehnsucht nach Karla. Tag sechs Genever. Bier zählt nicht. Karla hat keine langen Haare. Wenn sie mal nicht arbeitet, dann fotografiert sie. Auch im Urlaub ist sie ständig mit der Kamera unterwegs. FREITAG Im Botanischen Garten sehen wir eine Welwitschia. Die Pflanze, die am ältesten wird. Über 2000 Jahre. Karla, die Kluge, hat mir von ihr erzählt. Zwei lange, halbvertrocknete Blätter kriechen über den Sandboden. Die bildhaften Holländer nennen die Welwitschia Zwei Blätter, die nicht sterben. Man sieht ihr an, dass sie ihre Kräfte schont. Nur so kann man wohl so ein Alter erreichen. „Es ist fünf Genever“, sagt Benny. Er schwankt schon beträchtlich. „Wird Zeit, dass wir noch einen nehmen und dann ab ins Bett.“ Ich sehe auf die Uhr. Mitternacht. „Wie ist das mit der Zeit?“, sage ich. „Mit der Zeit?“ Benny kratzt sich am Kopf. „Die gibt’s nur, damit nicht alles gleichzeitig passiert. Oder anders gesagt: Du kannst eine Flasche Genever nicht in einer Sekunde austrinken.“ Wie oft habe ich mich schon gefragt, was das soll, Karla und ich. Ob sie inzwischen gemerkt hat, dass ich nicht zu Hause bin? Ob sie mich vermisst? Am SAMSTAG Haarlemer Plein stampft eine riemengetriebene Dampforgel den Eingang zur Fußgängerzone platt. Sie begräbt alle anderen Geräusche unter sich. Benny zuckt in Breakdance-Rhythmen. Die Zeit unterteilt in abgehackte Intervalle. Gestottertes Leben. Die Betreiber der Höllenorgel, ein alter Mann und ein etwa zehnjähriger Junge, bewegen sich mit ihren kupfernen Bettelschalen wie meschugge inmitten des Lärms, als würden sie von einem wild gewordenen Puppenspieler gelenkt. Niemand gibt Geld. Alle versuchen, dem Getöse zu entrinnen. Wir erreichen die stillen Inseln der Westerdoks. Hier schläft die Zeit und liegt als Katze verkleidet auf der Fensterbank eines alten Hauses. MITTWOCH Bei der Grachtenfahrt erfahren wir, dass einmal pro Woche ein Auto ins Wasser fällt. Ein alter Turm am Ufer. Der Dumme Jakob erhielt seinen Spitznamen, weil seine Turmuhr in den vergangenen Jahrhunderten immer falsch ging. Die scheinbare Realität gemessener Zeit. Karla, die Erfolgreiche. Arbeitet siebzig Stunden die Woche. Und mehr. Ihre immer willkommene Ausrede. Nie hat sie Zeit. DONNERSTAG Am frühen Abend Bummel durch den Vondelpark. Wir schauen den Frauen nach. „Es gibt noch Mädchen mit langen Haaren“, sagt Benny. „Hatte auch mal eine. Früh eine Stunde und abends eine Stunde, bis die trocken sind, nach dem Waschen. Nie wieder eine mit langen Haaren.“ Wir setzen uns in eine Gartenkneipe. Das Gebäude sieht aus wie ein Ufo. Benny gibt die Zeit inzwischen in Genever an. Achtzehn Uhr ist zwei Genever, denn er beginnt Nachmittags um vier. Inzwischen hat sein Dietmar Schubert stammt aus Sachsen-Anhalt und lebt heute in Wiesbaden. Dazwischen liegen turbulente Jahrzehnte, denn der studierte Ingenieur gehörte zu den Menschen, die die DDR im denkwürdigen Sommer 1989 über Ungarn verließen. Nach einem Fernstudium der Belletristik und Sachliteratur schreibt er Erzählungen und Kurzgeschichten, ist seit 1996 Mitglied in mehreren Autorengruppen. Von Schubert stammen unter anderem Beiträge zu den „Kulinarischen LiteraturHäppchen“ (Berlin 2004), „Maleen. Das Buch“ (Frankfurt 2006) und zur „Genussliga“ (2014). Auf den Grachtenbrücken im Rotlichtviertel lungern Bettler und Rauschgiftdealer herum. Die Puppen in den Schaufenstern blicken meist ausdruckslos. Karla, die ungefährliche. Von ihr ist keine Nähe zu befürchten. SONNTAG Mittags tragen mich die Wellen des Ozeans aus dem Concertgebouw auf die Straße. Debussys La Mer im Ohr, drifte ich benommen ins Stedelijk-Museum. Der Nachmittag wie im Rausch. Erstaunt sehe ich auf die Uhr, als sie mich hinauswerfen. Die Laternen vor dem Café van Zuylen verströmen ihr sanftes Abendlicht. Auf dem Kopfsteinpflaster glänzt die Nässe des letzten Regengusses. Die junge Frau am Nebentisch zeigt netzbestrumpfte Beine. Ein letzter Hund trottet mit seinem Frauchen vor der Scheibe vorbei. MONTAG Der ICE verlässt Amsterdam. Wir jagen durch die holländische Ebene. Klischeebeladene Bilder mit Schafen und Windmühlen ziehen vorüber. Ankunft zu Hause. Ich schaue nach der Bahnhofsuhr. Sie hat noch immer keine Zeiger. Abends rufe ich Karla an. „Ich war in Amsterdam“, sage ich. „Ich habe dir geschrieben.“ „In Amsterdam? Heute? Was du immer erzählst.“ Ich schweige. „Unsere Verabredung fürs Wochenende,“ sagt Karla, „es geht nicht. Ich muss dienstlich nach London.“ „Nach London“, sage ich. „Schade... – Und was ist heute und morgen und übermorgen?“ „Keine Zeit“, sagt sie. Ich sitze am offenen Küchenfenster. Die Mauersegler jagen ums Haus. Weit hinten, überm Taunus, geht die Sonne unter. Mir ist, als hätte ich eine Woche jenseits der Zeit verbracht, als hätte mir ein anonymer Gönner sieben Tage geschenkt. Ich hätte jetzt Benny anrufen können. Nur mal so. Um zu schauen, ob er irgendetwas über unsere Reise sagen würde. Und das würde er garantiert. Wenn wir wirklich in Amsterdam gewesen sind. Aber ich will nicht. Auf dem Tisch sieben Briefe an Karla.
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