g20-gipfel 2017 – hamburg darf nicht zur festung

Landesmitgliederversammlung 20.02.2016
Antrag: A-01
AntragstellerInnen: Landesvorstand GRÜNE Hamburg, Martin Bill (KV Nord), Ulrike Sparr (KV Nord), Filiz Demirel (KV Altona),
Mareike Engels (KV Altona)
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G20-GIPFEL 2017 – HAMBURG DARF NICHT ZUR FESTUNG WERDEN
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Deutschland ist Gastgeberland für das Gipfeltreffen der »Gruppe der zwanzig wichtigsten Industrieund Schwellenländer« (G20) im Jahr 2017. Am 12. Februar verkündete Angela Merkel, dass Hamburg,
das bereits Austragungsort des Außenministertreffens der OSZE sein wird, auch Gastgeber des G20Gipfels 2017 ist.
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Wir Grüne haben zu keinem Zeitpunkt die Idee verfolgt, den G20-Gipfel nach Hamburg zu holen.
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Wir verstehen Hamburg als „Tor zur Welt“ und damit den Idealen einer nachhaltigen Entwicklung verpflichtet. Hamburg ist Sitz von Institutionen der Vereinten Nationen und der Idee einer dauerhaften
globalen Zusammenarbeit in verbindlichen und legitimierten Organisationen verpflichtet. Die G20
sind wesentlich breiter gefasst als die G8 – und sie umfassen neben den Industrie- auch eine ganze
Reihe von Schwellenländern. Dennoch bleibt eine grundsätzliche Kritik bestehen: Sie sind eine inoffizielle Nebenstruktur, die eine verbindliche globale Zusammenarbeit unter dem Dach der Vereinten Nationen nicht ersetzen kann.
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Die Gipfeltreffen der vergangenen Jahre haben immer wieder gezeigt: An den Austragungsorten waren
die Sicherheitsvorkehrungen immer sehr hoch und somit besteht die Gefahr, dass Grundrechte, insbesondere das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit massiv eingeschränkt werden. Wir wollen, dass das
öffentliche Leben von dem Gipfel möglichst wenig beeinträchtigt wird. Auch der damals kritische Einsatz der Bundeswehr beim G8-Gipfel in Heiligendamm kehrt ins Gedächtnis zurück, ebenso wie die im
Nachhinein durch den Bundesgerichtshof als rechtswidrig erklärte Razzien, die auch in Hamburg
durchgeführt wurden.
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Wir wollen, dass Hamburg aus der berechtigten Kritik an den G20-Gipfeltreffen der Vergangenheit
Konsequenzen zieht. Daher fordern wir als Hamburger Grüne Senat und Bürgerschaft auf:
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1. Hamburg für das Gipfeltreffen und dessen Vorbereitungen nicht zu einer Festung werden zu
lassen. Das Sicherheitskonzept muss sicherstellen, dass insbesondere das Recht auf Demonstrationsfreiheit während des Gipfeltreffens ausgeübt werden kann. Die regelmäßige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat hierzu festgestellt, dass eine Demonstration in Sicht
und Hörweite des Adressatenkreises ermöglicht werden muss.
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2. die Wahrung von Grund- und Bürgerrechten, die Einhaltung der Befugnisse von Polizei und
Bundeswehr sowie die stets unbedingte Orientierung an dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
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3. keine zusätzliche dauerhafte Installation von Videoüberwachung des öffentlichen Raums in
Folge des G20 Gipfels
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4. Vertreter*innen der UNO und von Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften sowie politische Vertreter aus Nicht-G20-Ländern für den Zeitraum des Gipfeltreffens ebenfalls nach Hamburg zu einem alternativen Gipfeltreffen einzuladen und ihnen auf diese Weise den Austausch
und die Formulierung von gemeinsamen Forderungen zu ermöglichen.
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5. Die Wahl des Veranstaltungsortes zu überprüfen. Der Veranstaltungsort sollte so gewählt werGrüne Hamburg
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Antrag: A-01
den, dass möglichst wenig Einschränkungen der Hamburger Bevölkerung damit einhergehen
und die Ausübung des Demonstrationsrechts ebenso möglich ist, wie die Gewährleistung des
Ablaufs des Gipfels.
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6. Transparenz über die entstehenden Kosten und deren Verteilung herzustellen.
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Begründung:
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Mit G20 hat sich zur Jahrtausendwende ein loser Zusammenschluss von Staaten gebildet, die ca. 90
Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP) erwirtschaften. Die G20 beanspruchen für sich
selbst, ein „premium forum for international economic governance“ (G20 2009) zu sein. Auch wenn sich
die G20 im Laufe der Jahre immer mehr institutionalisiert hat, so ist sie doch im Vergleich zu internationalen Organisationen wie den Vereinten Nationen, aber auch der Weltbank oder dem Internationalen Währungsfonds ein informeller Zusammenschluss mit einer ebenso willkürlichen wie exklusiven
Mitgliedschaft. Internationale Organisationen arbeiten auf Basis internationaler Verträge in einem klaren Rahmen und mit einem klaren Mandat. Wenn die Regierungen der Mitgliedsstaaten der G20 mit
der Arbeitsweise und Beschlussfähigkeit dieser Organisationen nicht zufrieden sind, ist es ihre Aufgabe, diese Organisationen weiterzuentwickeln und zu reformieren.
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Bundeskanzlerin Angela Merkel hat 2011 zur G20 ausgeführt: „Wir haben die 20 Länder der G20, die
nicht mehr für sich allein sprechen, sondern die in diesem Rahmen eigentlich nur Positionen vertreten,
die sie vorher in ihren regionalen Bündnissen abgestimmt haben. Legitimation für Entscheidungen resultiert dann überhaupt erst aus Beschlüssen der Vereinten Nationen. Die Vereinten Nationen sind sozusagen das legitimierte Dach der Welt, von dem aus Beschlüsse wirklich festgelegt und in Resolutionen verbindlich gemacht werden können. Das heißt, es ist durchaus wichtig, dass wir Gremien haben,
in denen wir uns vorbereiten. Aber dann ist es auch wichtig, dass eine Legitimation für alle hergestellt
wird.“1
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Nichts spricht gegen Gespräche einzelner Staaten und Staatengruppen untereinander zur Vorbereitung
von Beschlüssen innerhalb internationaler Organisationen. Doch die G20-Gipfeltreffen werden nicht
als solche betrachtet. Vielmehr werden diese von den zwanzig Staaten so inszeniert, dass sie als das
eigentliche Entscheidungsgremium für globale Beschlüsse erscheinen.
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Angela Merkel: Rede der Bundeskanzlerin beim 33. Evangelischen Kirchentag in Dresden, 4. Juni 2011.
Grüne Hamburg
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