Ozan Demircan Teheran - Deutsch

Handelsblatt vom 12.11.2015
Autor:
Seite:
Demircan, Ozan
055
Kommentar:
DIHK, AHK
RENÉ HARUN
Der Türöffner
Er soll der deutschen Wirtschaft in Iran den Teppich ausrollen.
Ozan Demircan Teheran.
Sein Amtsantritt ist gerade ein paar
Wochen her, doch sein Telefon höre
schon jetzt kaum auf zu klingeln. Alle
wollen sie von René Harun, 42, wissen,
wie sie in Iran Geschäfte machen können. Sein erster Rat: "Sie müssen sich
das mit eigenen Augen ansehen", erklärt
er, "am Telefon glaubt niemand, dass
hier ein Markt mit derart großem Potenzial wartet."
Harun ist der neue Chef der deutsch-iranischen Auslandshandelskammer
(AHK) in Teheran. Nachdem deutsche
Unternehmen wegen der Sanktionen des
Westens jahrelang von der Wirtschaft
des Landes abgeschnitten gewesen
waren, könnte jetzt eine Renaissance
deutscher Exporte in das Land beginnen.
Haruns Auftrag: Er soll der deutschen
Wirtschaft in Iran den Teppich ausrollen.
Seit der Einigung auf das Atomabkommen zwischen dem Westen und Iran
steigen die Chancen, dass das WirtAbbildung:
Abbildung:
Urheberinformation:
schaftsembargo schon bald Stück für
Stück abgebaut wird. Harun, der selbst
sagt, dass er die Landessprache noch
lernen müsse, hat jahrelang für die
Kammer in Russland gearbeitet, seit
2011 sogar als Geschäftsführer für die
Industrieregion in und um Sankt Petersburg. Er kennt sich aus mit schwierigen
politischen Bedingungen und Sanktionen. Er sei Wunschkandidat des Deutschen Industrie- und Handelskammertags gewesen, heißt es.
Und noch mehr: Er kann die Visitenkarten der deutschen Exporteure in Russland gut gebrauchen. "Viele, die in
Russland engagiert sind, rufen jetzt bei
mir an", sagt er. Gerade Mittelständler
würden nach einer Kompensation für
ausgefallenes Geschäft mit Russland
suchen.
Seine Kontakte in die deutsche Wirtschaft sind aber nicht der einzige
Schlüssel zum Erfolg. Die iranische
Wirtschaft tickt anders als die deutsche:
"Es gilt hier immer noch das Prinzip,
dass der Ältere grundsätzlich recht hat
und Mitarbeiter nur das tun, was man
ihnen sagt."
Wie auswendig gelernt listet Harun die
Branchen auf, bei denen er die größten
Chancen auf Umsatz in dem Land vermutet: Maschinen- und Anlagenbauer
könnten auf ein Riesengeschäft hoffen,
zudem gebe es in der Medizin- und
Gesundheitstechnik einen großen
Bedarf.
Harun holt eine Grafik aus seinen Unterlagen, die den Handel zwischen
Deutschland und Iran darstellt. In der
Vergangenheit ist der Außenhandel
demnach von 4,4 auf 2,4 Milliarden
Euro gesunken, hauptsächlich wegen
des Embargos. Nach Schätzungen seiner Kammer könnte er in den nächsten
drei bis fünf Jahren jedoch auf über
zehn Milliarden Euro ansteigen. Harun
wird daran gemessen werden, ob er dies
möglich machen kann.
René Harun: Der Lübecker war jahrelang Chef der Außenhandelskammer in Sankt
Petersburg.
AHK Teheran
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