Fürstin Elsa o. Liechtenstein

1Elsa
Fürstin
o. Liechtenstein
von Altregierungschef Dr. Josef Hoop
Fürstin Elsa von Liechtenstein
von Aliregierungschef Dr. Joses Hoop
A l s F ü r s t i n E l s a i n den Morgenstunden des 28. September 1947 ihre Augen f ü r immer schloß, erklärte die Gemeinde Vitznau, wo sie als Sommergast weilte, diesen Tag zum
Trauertag. Mitfühlende Ergriffenheit herrschte im friedlichen T u n ten am Thunersee, wo die Fürstin den meisten T e i l der letzten
Jahre verbrachte. Und als in unsern Dörfern die Kirchenglocken
ihren Tod verkündeten, beklagte Liechtenstein den Velust ihrer ersten Landesmutter. Die Landestrauer hier, die Trauer dort, wo sie
nur einfacher Gast war, zeigen im besten, das; mit der Dahingeschiedenen ein Menschenleben erlosch, das über das M a ß des Gewöhnlichen hinausging.
Fürstin Elsa wurde am 6. J ä n n e r 1875 in Wien geboren. I h r
Elternhaus, das Haus des Ritters Wilhelm von Eutmann, eines
bekannten Großindustriellen, Religionswissenschafters und P h i l anthropen, der ob seiner Verdienste von Kaiser Franz Josef in den
Adelsstand erhoben wurde, gewährte ihr vornehme Erziehung in
sorgenloser Jugend. Ihre erste glückliche Ehe mit dem ungarischen
Edelmann Geza E r ö s de Bethlenfalfa trennte i m Jahre 1908 der
Tod des Gatten. A m 22. J u l i 1929 vemählte sie sich mit dem regierenden Fürst Franz von Liechtenstein.
Gaben des Geistes und Gefühle des Herzens hatten sie zu diesem R a n g und zu dieser Stellung geradezu vorbestimmt. A l s F ü r stin von Liechtenstein hatte sie ein Wirkungsfeld, das ihrer Natur
entsprach und auf dem sie deshalb unermüdlich tätig war. S i e wurde im wahrsten Sinne unsere Landesmutter. A l s sie im Sommer
1929 das erstemal a n der Seite des Fürsten unser Land betrat und
an den Triumphbogen der Gemeinden von der ganzen liechtensteinischen Bevölkerung mit Begeisterung begrüßt wurde und die F ü r stin selber ihre Zuneigung zu Land und Leuten verschwenderisch bekundete, war das BaNd geknüpft, das Volk und Fürstin in der Z u kunft zusammenhielt.
E s wäre vergebliches Bemühen, ihr damals einsetzendes W i r ken f ü r unser Land umfassend zu schildern. Deshalb seien im folgen-
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den auch nur ein paar wesentliche Einzelheiten wiedergegeben, die
aber die Fürstin einer ganzen Generation unvergeßlich machten und
die sie über ihren Tod hinaus mit unserem Lande verbinden.
Der Crundzuz ihres Wesens war Liebe und Güte. Ihre Sorge
und Freude war, helfen zu können i dem Kinde, dem Äugendlichen,
dem Greise. Der Jugend vorab. Das zeigte sich J a h r f ü r Jahr während ihres Sommeraufenthaltes auf Schloß Vaduz, als sie jeweils
die Kinder- und Volksschulen des Landes aufsuchte, sich mit den K l e i nen unterhiehlt und sie beschenkte. Das zeigte sich weiter an Weihnachten, wenn sie jedem Schulkinde ein Geschenk unter den Christbaum legen ließ. Wiederholt ließ sie die ganze Schuljugend nach
Vaduz kommen und auf dem Marktplatze entwikelte sich dann ein
Fest, das Eltern und Kinder im Banne hielt.. E i n fortlebendes
Zeugnis ihrer Liebe zur Jugend ist die „Franz- und Elsastistung f ü r
die Jugend", die sie im Jahre 1929 mit dem Fürsten errichtete »nd
deren Erträgnisse jungen Leuten ihre Lehr- oder Studienzeit finanziell erleichtern sollten. Der Pfadfinderbewegung, die auf ihre A n regung ins Leben trat, war sie eine stete und freigebige Förderin.
Freute sich die Fürstin an der Freude der Kleinen, so bedrückte
sie in gleichem M a ß e ihr Leid. Wenn sie zufällig von einem kranken
Kinde erfuhr, interessierte sie sich persönlich um es. erkundigte sich
nach seinem Befinden, beschaffte Arzneien oder suchte dem kleinen
Kranken sonstwie eine Freude zu machen. J a , wenn die Fürstin das
Land auch wieder verlassen hatte, erkundigte sie sich regelmäßig telephonisch nach dem Befinden ihrer kleinen Patienten. Die Fälle sind
zahlreich, daß sie durch Monate, ja durch Jahre hindurch Spitalsund Sanatoriumsaufenthalte ermöglichte.
Der gleichen mütterlichen Fürsorge erfreuten sich die Kranken
überhaupt. Wenn sie eine Möglichkeit sah, zu helfen, lieh sie nichts
unversucht und scheute keine Kosten. Diesem Helferwillen entsprach
die „Fürstin Elsastiftung" f ü r das S p i t a l in Vaduz, deren
Erträgnisse bestimmt waren, den Kranken den Aufenthalt im S p i tal in Vaduz zu erleichtern. Aber daneben gab sie Jahr f ü r J a h r
Tausende und Abertausende f ü r solche Zwecke, von denen niemand
erfuhr als der arme Kranke selbst.
F ü r Greise und Greisinnen spendete sie bis zu ihrem Tode jedes
Jahr eine Summe, die unter die ärmsten verteilt wurde.
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Aber nicht nur Leid zu lindern, war ihr B e d ü r f n i s , sondern
auch Leid zu verhüten. I h r Traum und letztes Sinnen war, das
ganze liechtensteinische Volk glücklich zu sehen. Die Steigerung der
sozialen Leistungen des Staates, der wirtschaftliche Fortschritt unserer Bevölkerung fanden i h r regstes Interesse. Wenn w i r zur M u n i fizenz des Fürsten Zuflucht nahmen, sei es f ü r das Land oder die
Gemeinden, war die Fürstin regelmäßig unsere wärmste B e f ü r worterin. I m stillen Jagdhaus Thalhof am Semmering, wo das
Fürstenpaar i n ländlicher Abgeschiedenheit die meiste Zeit des Jahres verbrachte, war sie die engste Mitarbeiterin des Fürsten. E s verging kaum ein Tag, an dem sie nicht — die „Sekretärin" wie sie
sich lachend nannte — telephonisch nach allem erkundigte, was i m
Lande vorging. Die hohe Intelligenz der Fürstin, ihre aus den
wiederholten Aufenthalten gewonnene Kenntnis von Land und Leuten trugen wesentlich bei zur raschen und treffenden Erledigung der
zu entscheidenden Fragen. Hiefür sei auch an dieser Stelle der verewigten Fürstin gedankt. Angesichts der hohen Gaben der Verblichenen und ihrer gewinnenden und bedeutenden Persönlichkeit ist
es kein Wunder, wenn sich um sie und den Fürsten ein illustrer
Kreis bildete. Künstler und Politiker, Kirchenfürsten und weltliche
Herrscher standen mit ihr in freundschaftlichem Kontakt und hörten
von ihr von ihrem lieben, schönen und glücklichen Ländchen.
A l s der Tod des Fürsten Franz im Jahre 1939 die glückliche
Gemeinschaft trennte, lebte sie fortab nur noch stillem Wohltun.
Nicht um sie zu vergessen, sondern um sie in ungetrübter Reinheit
in der Erinnerung fortleben zu lassen, blieb sie den S t ä t t e n fern,
an denen sie mit ihrem über alles geliebten Fürsten die schönsten
Stunden und Jahre verbrachte. I m Geiste aber blieb sie allen nahe,
die ihr einstmals nahe gestanden sind, den kleinen Freundinnen von
Balzers bis Ruggell und den vielen andern, die sie ihrer Zuneigung
für würdig fand.
A m 2. Oktober 1947 hat sich in Schaan die Gruft über der edlen und
gütigen Fürstin geschlossen. Ihre Wohltaten aber haben sich, wie einst
bei ihrer Namenspatronin der hl. Elisabeth von Thüringen, i n unzählige Rosen auf ihrem Grabe verwandelt, an dem ein dankbares
Volk ergriffen f ü r ihre einstige Fürstin betet.
Ruhe in Frieden, edle, gute Fürstin !
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