Fachtagung: Bioland-Futter für Bioland

Bienen
Tierhaltung
Bioland-Futter für Bioland-Bienen
Pestizide in der Landwirtschaft treffen Imker besonders. Auf der diesjährigen Bioland-Imkertagung forderten
die Bio-Imker, gegenüber der Politik viel offensiver gegen den Einsatz von Pestiziden vorzugehen.
Nicht nur der Informationsaustausch, sondern auch die persönliche Begegnung und das
direkte Gespräch sind den Bioland-Imkern wichtig.
B
io-Imkern ist angesagt und
jedes Jahr steigt die Zahl der
Bioland-Imker um zehn Prozent.
Das war auch an der Resonanz auf die
diesjährige Bioland-Imkertagung Ende
Februar in Fulda zu spüren. Rund 100
Teilnehmer diskutierten über die Auswirkung von Pestiziden in der konventionellen Landwirtschaft auf Bienen und
Honig, die Bienengesundheit, Wachs und
die Zuckerfütterung im Winter. Auch das
weitere Vorgehen bei der Entwicklung
einer „guten fachlichen Praxis“ in der
Bioland-Bienenhaltung stand auf der
Tagesordnung.
„Altwachs“ irreführend
Für Mittelwände dürfen laut BiolandRichtlinien nur Entdeckelungswachs und
Wachs aus Naturbau verwendet werden.
Eingeschmolzene Brutwaben gelten als
sogenanntes Altwachs, das Bioland nicht
für Mittelwände zulässt. Gegen die Verwendung des Begriffs „Altwachs“ sprach
sich Bioland-Imker Ralf Bärwald aus. Die
Bezeichnung klinge nach einem minderwertigen Produkt, was es jedoch nicht sei,
sagte er. Sein Kollege Albrecht Pausch
schlug vor, eine klare Sprachregelung zu
treffen und sie in den Kommentaren zu
den Bioland-Richtlinien, die in Zukunft
allen Imkern zugänglich sein werden, zu
veröffentlichen.
Bienen im Gewächshaus
In den Bioland-Richtlinien ist der Einsatz
von Bienen zur Bestäubung nicht geregelt. Mit der Frage, ob Bienen in Gewächshäusern zur Bestäubung eingesetzt werden dürfen, wird sich der neu berufene
Bundesfachausschuss Imker befassen. Es
gibt Hinweise, dass Bienen hohe Verluste
im Gewächshaus erleiden. Diesen möchte
der Bundesfachausschuss nachgehen:
„Wir werden uns genauer damit befassen
und erst mal Fakten sammeln“, versprach
Pausch.
Haltungskonzept gegen
die Varroa überdenken
„Wie kommen wir heraus aus der Varroabehandlung?“ Diese Frage beschäftigt jeden Imker. Dr. Ralph Büchler vom Bieneninstitut in Kirchhain versuchte mit
seinem Vortrag Antworten zu geben. Gibt
es Bienen, die ohne Varroabehandlung
überleben? „Ganz eindeutig ja“, sagte der
Wissenschaftler. Es gibt auch in Mitteleuropa solche Völker. Im Schnitt überleben sie sieben Jahre. Schwarmbildung ist
ein natürlicher Befreiungsschlag von der
Varroa. Überlebende Bienenvölker in den
USA, zeigen Studien, haben die Fähigkeit
erworben, die Milben zu dezimieren, indem sie befallene Brut ausräumen. Damit
unterbrechen sie den Vermehrungszyklus
der Milbe. Eine neuere wissenschaftliche
Arbeit zeigt den großen Einfluss der Haltungsbedingungen auf dieses „Putzverhalten“ der Bienen. Werden Völker mit einem
Abstand von mindestens 60 Metern einzeln aufgestellt, begünstigt dies das Ausräumverhalten. Büchler nannte diesen
Effekt vertikale Selektion. „In der üblichen
Bundesfachausschuss
Der Bioland-Bundesfachausschuss (BFA)
Imker, der sich am Vorabend der Imkertagung beriet, hat in dieser Zusammensetzung zum letzten Mal getagt. Turnusgemäß löst er sich auf und wird vom
Bioland-Präsidium in Kürze neu berufen. Albrecht Pausch, der seit 15 Jahren Mitglied im Ausschuss ist, kann aus
zeitlichen Gründen nicht mehr den Posten
des Sprechers übernehmen. Er und die
übrigen Mitglieder – mit Ausnahme von
Hans-Jürgen Müller und Bernhard Worf –
wollen im neuen Ausschuss mitarbeiten.
Weitere Interessenten meldeten sich am
nächsten Tag, als das Thema im Plenum
angesprochen wurde. Eine anschließende Abfrage unter den Tagungsteilnehmern nach ihren Favoriten für den Ausschuss lieferte ein erstes Stimmungsbild.
Es soll an das Bioland-Präsidium weitergeleitet werden. Dass Mitglieder Empfehlungen für die Besetzung des Bundesfach-
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Fotos: U. Hoffmeister
Rund 100 Imker reisten nach Fulda zur Bioland-Imkertagung.
Reihenaufstellung der Völker erleben wir
jedoch, dass das schwächste Volk alle infiziert“, sagte Büchler. „Wir müssen unsere
Haltungsbedingungen ändern“, sagte er
und empfahl sieben Regeln:
Völker mit großen Abständen aufstellen
So wenig Eingriffe wie möglich in die
Nestordnung vornehmen, jede Durchsicht
des Schwarms ist eine Störung
Wann lohnt es sich, einen Pkw-Anhänger anzuschaffen? Berater
Hans Rosen rechnete gemeinsam mit den Teilnehmern des
Marketingsseminars.
Völker stark vermehren und verjüngen,
jährlich Jungvölker bilden
Saisonale Brutpausen durch Brutentnahme oder Absperren der Königin schaffen
Varroabehandlungsmittel nur an den
Schadschwellen orientiert einsetzen
Auffällige Völker mit guten Königinnen
umweiseln
Konsequent auf Krankheitsresistenz
auslesen
Der Vortrag enthielt gute Denkanstöße.
Die Praxis wird zeigen, inwieweit diese
Vorschläge auch für die Bioland-Bienenhaltung praktikabel und umsetzbar sind.
Bald nur noch BiolandZucker erlaubt
„Bioland-Zucker ist knapp und kann den
Bedarf der Imker, aber auch den der
Winzer und der Bäcker in diesem Jahr
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Imker wird neu berufen
ausschusses aussprechen, ist ein Novum
bei Bioland, aber auch ein Stück weit gelebte Basisdemokratie.
Nachrichten aus dem BFA
Bioland soll sich für ein ganz grundsätzliches Verbot des Spritzens von Pestiziden
in die Blüte, insbesondere beim Raps,
aussprechen.
Amitraz ist ein in der Bio-Imkerei nicht
zugelassenes Varroazid. Der Bundesfachausschuss sprach sich dafür aus, auch zukünftig risikoorientiert Wachs auf Amitraz
zu beproben. Die Kontrollstellen sollen in
die Art der Probenentnahme eingewiesen
werden.
Es sind zwei neue Varroazide entwickelt
worden, eine davon auf Basis des natürlichen Rohstoffes Hopfen. Der Bundesfachausschuss will erst nach der Zulassung
dieser Mittel für Deutschland darüber entscheiden, ob Bioland sie empfehlen will
und dann gegebenenfalls bei der EUKommission die Aufnahme in die EU-Ökoverordnung beantragen. Den Imkern wird
angeraten, die Varroaresistenzzucht zu
fördern.
Die Interpretationen der Bioland-Richtlinien für Imker soll allen Interessierten
über die Homepage zugänglich gemacht
werden. Bisher arbeiten nur die Kontrollstellen und Berater mit diesen Kommentaren.
Die Enzymaktivität zeigt an, wie schonend der Honig behandelt wurde. Einige
Sommerhonige bestehen jedoch aus
Mischungen von enzymstarken und enzymschwachen Honigen und lassen kein
eindeutiges Urteil zu. Im Zweifelsfall soll
zukünftig der sogenannte HMF-Gehalt
dieser Honige über deren naturbelassene
Qualität mitentscheiden, um Wärmeschäden auszuschließen.
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Tierhaltung
Bienen
Die nächste bundesweite BiolandImkertagung ist vom 10. bis 13. Februar 2017, der Ort wird noch bekannt gegeben.
nicht decken“, so Bioland-Imker Ansgar
Westerhoff. Das soll sich im kommenden
Jahr aber ändern, berichtete sein Kollege Wolfgang Markowis, der sich auf die Information eines Lieferanten berief. Damit
sei der richtige Zeitpunkt gekommen, die
Regelung und Ausnahmegenehmigungen
neu zu formulieren, betonte er.
Bisher kann ausnahmsweise Bio-Rohrzucker oder Bio-Rübenzucker verfüttert
werden. Dieses Zugeständnis soll es in
Zukunft nicht mehr geben, weil dann die
Nachfrage nach Bioland-Zucker gedeckt
werden kann. Bioland-Tiere sollen Bioland-Futter fressen, so Markowis, und da-
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mit auch die Bioland-Erzeugung stärken.
Die Imker auf der Tagung sprachen sich
mit großer Mehrheit dafür aus, nur noch
Bioland-Rübenzucker zuzulassen. Bei
Nichtverfügbarkeit soll auf Antrag auch
EU-Bio-Rübenzucker erlaubt sein.
Pestizide: Imker dürfen
nicht Opfer werden
Pestizidrückstände im Honig sind ein großes Thema für jeden Imker. Für BiolandHonig gilt außerdem: Die Kunden erwarten, dass er weitestgehend frei von
Rückständen ist. Problematisch kann konventioneller Raps sein, dem man als Imker jedoch kaum aus dem Weg gehen
könne, wie ein Teilnehmer formulierte.
Bio-Raps steht nur auf wenigen Flächen.
Der Vorschlag, Informationen der Imker
zu auffälligen Honiganalysen und zu Vergiftungen oder Auffälligkeiten von Völkern
zu sammeln und allen zur Verfügung zu
stellen, begrüßten die Teilnehmer. Der
Bundesfachausschuss soll dafür einen
Abfragebogen entwerfen.
Große Einigkeit bestand unter den Imkern darin, eine politische Forderung zu
Pestizidrückständen im Honig zu formulieren und sie riefen zum Verbot von Blütenspritzungen auf. „Wir müssen offensiv
vorgehen. Sonst geraten wir in die Situation, dass wir in Zukunft unakzeptable
Rückstände im Honig haben könnten und
das wir dann die Leidtragenden sind“, bekräftigte Holger Fuchs-Bodde-Gottwald.
Ein weiterer Vorschlag war, sich mit dem
Deutschen Imkerbund und den Berufsimkern zusammenzuschließen. So könne
man eine gemeinsame Forderung aufstellen und größere Aufmerksamkeit in der
Öffentlichkeit erreichen.
Ulrike Hoffmeister, Journalistin aus Mühbrook
Interesse an Bioland-Zertifizierung ungebrochen
Obwohl bereits im Vorfeld regionale Einführungskurse mit
80 Teilnehmern stattfanden, nahmen wieder etwa 20 umstellungsinteressierte Imkerinnen und Imker am Einführungskurs
in Fulda teil.
Mit 60 Teilnehmern übertraf ein neu angebotenes Marketingseminar am Samstag alle Erwartungen. Dort ging es vor allem um die Fragen der Wirtschaftlichkeit bei der Erzeugung
von Bienenprodukten, der Vermarktung und Veredelung. Unter welchen Bedingungen lohnt sich die Wanderimkerei? Wie
kalkuliert man den Verkaufspreis? Das waren die am häufigsten gestellten Fragen. Aber es ging nicht nur um den Honigverkauf. Auch Pollen, Propolis, Bienenwachs, Gelee Royal und
Bienengift sind Produkte, für die es einen Markt gibt. Einkünfte erzielen Imker auch mit dem Verkauf von Wirtschaftsvölkern,
Ablegern, Schwärmen, mit der Königinnenzucht und mit der
Verarbeitung zu Aufstrichen, Honig-Weinen, Spirituosen und
Essigen. Es wurden diverse Imkereigrößen durchkalkuliert und
auch ausgiebig über die Rentabilität, Pflichten und Rahmenbedingungen bei der Beschäftigung von Mitarbeitern informiert.
Gerade für kleinere Imkereien bieten sich in der Region gute
Vermarktungschancen. Dort können auch kleine Vermarktungsprojekte interessant sein. Allerdings sollte auch hier genau gerechnet werden, was sich lohnt, betont der Bioland-Berater Hans Rosen.
Derzeit sind 400 Imker Mitglied bei Bioland, ein Drittel der Imker im Vollerwerb, ein weiteres Drittel im Nebenerwerb und ein
Drittel ist Landwirt.
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