Milcherzeuger bastelt eigene Futter-App

Fotos: Lefting
Fütterung
Direkt nach dem Befüllen seines Futtermischwagens trägt Heinz-Michael Nolte die Futtermengen in eine selbst entwickelte
Futter-App ein. Sein Smartphone ist in einer speziellen Halterung in der Schlepper-Kabine befestigt.
Milcherzeuger bastelt
eigene Futter-App
Milcherzeuger Heinz-Michael Nolte und sein Sohn Udo haben eine eigene
Fütterungs-Software für das Smartphone entwickelt. top agrar hat die Tüftler auf
ihrem Milchviehbetrieb in Warburg besucht.
N
och 1 900 kg Maissilage bis zur
Zielration“, blinkt es auf dem
Handy von Milchviehhalter
Heinz-Michael Nolte. Er befüllt seinen
Mischwagen mit dem Frontlader und
tippt anschließend das exakt geladene
Gewicht in sein Smartphone ein.
Mit einer selbst entwickelten Fütterungs-Software erfasst der Milchviehhalter die verschiedenen Futterkomponenten und ermittelt den Futterverbrauch seiner 75 Milchkühe. So will er
seine Fütterung optimieren, Restmengen reduzieren und an der Milchleistung feilen. Der Clou: Die App für das
Smartphone funktioniert unabhängig
vom Fabrikat des Futtermischwagens.
R 24
top agrar 12/2013
Für die Umsetzung der Idee hat Nolte
zunächst mit seinem Fütterungsberater
eine Zielration ausgerechnet. Diese hat
er anschließend in einer Tabelle in seiner Fütterungs-Software hinterlegt.
Wie funktioniert die App? Bevor der
Milchviehhalter nun eine Futterkomponente in den Futtermischwagen füllt,
stellt er die Kuhzahl und die Zeit bis
zur nächsten Fütterung in seinem
Smartphone ein. Basierend auf der Zielration berechnet das Programm nun die
Tagesration. Nolte liest die notwendige
Menge der Futterkomponenten von seinem Display ab, z. B. 1 500 kg Grassilage
1. Schnitt. Während er den Mischwagen
Maschinenbaustudent Udo Nolte hat die
App für seinen Vater programmiert.
Schnell gelesen
• Der Milchviehbetrieb Nolte
hat eine eigene Futter-App
entwickelt.
• Mithilfe der Software doku-
mentiert der Betrieb die
Futterkomponenten und die
Futtermenge.
• So füttert er genauer, redu-
ziert Restmengen und senkt
die Futterkosten.
Mit der Futter-App können Noltes ihre
Futtermengen genau dokumentieren.
belädt, gibt er die tatsächlich geladene Menge, die die Waage des Futtermischwagens anzeigt, in die Anwendung ein, z.B. 1 560 kg Gras.
Ist das Programm mit dem Internet
verbunden, sendet es die Futterdaten
bei Bedarf an eine E-Mail-Adresse. So
lassen sich die Daten auch vom PC abrufen und in einer Excel-Tabelle auswerten sowie grafisch darstellen. Nolte
kann auch die Futterkosten in das Programm einpflegen. Über eine Schnittstelle mit seiner Molkerei greift er auf
die Milchanlieferungsdaten zurück.
So kann er Rückschlüsse von den eingesetzten Futterkomponenten auf die
Milchmenge, die Milchinhaltsstoffe oder
die Tiergesundheit ziehen. Über die tatsächlich gefütterten Mengen kann Nolte
ebenfalls die Erträge seines Grundfutters berechnen.
App gegen Zettelwirtschaft: Die Idee
für eine eigene Software kam HeinzMichael Nolte während der täglichen
Fütterung. Er wollte die Komponenten
und tatsächlich gefütterten Mengen genau erfassen. Deshalb notierte er seine
Fütterungsdaten zunächst handschriftlich in einer Liste.
IDEEN SIND GEFRAGT
Haben Sie auf Ihrem Betrieb auch
eine tolle Idee umgesetzt, die
Ihre tägliche Arbeit erleichtert?
Dann schicken Sie eine E-Mail an
[email protected] mit dem
Stichwort Rind. Die besten Ideen
werden im Heft vorgestellt.
Nach einer Weile hatte der Milchviehhalter zwar viele Zahlen gesammelt, aber der Nutzen war eher gering.
„Der Datenwust blieb auf einem Stapel
liegen. Mir fehlte einfach die Zeit,
um die vielen Daten in den Computer
zu übertragen“, erinnert sich HeinzMichael Nolte. Schließlich überlegte
sich der Milcherzeuger, gemeinsam mit
seinem Sohn Udo, ein Konzept für eine
mobile Datenerfassung.
Udo Nolte hatte immer schon großes
Interesse an technischen Entwicklungen und programmierte über zwei Jahre
die App in Eigenregie. Darauf ist sein
Vater sehr stolz: „Dank der App haben
wir nicht nur alle Daten gespeichert, wir
sind auch viel flexibler geworden.“ Denn
da das Programm die optimale Tagesration je nach Zeitpunkt und Kuhzahl
neu berechnet, kann sich auch eine
Aushilfskraft oder Urlaubsvertretung
schnell in die Fütterung einarbeiten.
Auf die Investition in ein herkömmliches Fütterungs-Programm von ihrem
Futtermischwagen-Hersteller haben die
Noltes bewusst verzichtet: „Wir wollten
ein Produkt, das mit allen Fabrikaten
funktioniert und uns unabhängig
macht.“ Zwar würden die Daten bei den
Fütterungs-Softwares der Hersteller
oftmals automatisch von der Mischerwaage übertragen und müssten im Gegensatz zu Noltes App nicht manuell in
das Smartphone eingegeben werden.
Dafür sei der Aufpreis mit rund 4 000 €,
besonders für Betriebe mit kleineren
Herden, aber kaum rentabel.
Familie Nolte testet die Futter-App
nun schon seit über zwei Jahren und
spürt auch wirtschaftliche Vorteile für
den Betrieb. Heinz-Michael Nolte füttert nun genauer, hat weniger Restfutter im Trog und insgesamt eine bessere
Futter-Effizienz. Deshalb vermarktet
Udo Nolte die Vollversion seiner Android-App auch über den Google AppStore unter dem Begriff „Futtermischung“ für 100 € Lizenzgebühr pro
Jahr. Er bietet auch eine kostenlose
Testversion an.
Sandra Lefting