Dienstag, 6. Oktober 2015 WIR AM NIEDERRHEIN NNR_1 | NR.232 Ihr lustigster Holland-Witz, Herr Sievers? LANDLEBEN Menschen an Rhein und Maas KALENDERBLATT Was macht ein Niederländer, nachdem seine Mannschaft Fußballweltmeister geworden ist? Er schaltet seine Play-Station aus! Ein Interview Von Ingo Plaschke Werner ist dagegen! Gegen die Langeweile in der Bundesliga und gegen den Bart von Franz Beckenbauer. Sonst hat der Frosch keine Probleme – außer: Er ist gegen das Ende des Goldoktobers. LEUTE, LEUTE Moyland ist Herrn Milbergs Liebling Schauspieler Axel Milberg mag das Museum Schloss Moyland. Im Juli war er dort, seine Frau Judith schleppte ihn Axel Milberg dorthin. Zu DrehFOTO: IMAGO arbeiten für die Reihe des Bayerischen Rundfunks „Mit Milbergs im Museum“. Das Konzept der Sendung: Frau Milberg, Kunsthistorikerin, erklärt ihrem Mann, unter anderem TatortKommissar, Werke der Kunstgeschichte. Amüsant. Vom Museum Moyland war er offensichtlich so beeindruckt, dass er ein Selfie schoss – und es in der Bild-Zeitung zu „Mein Lieblingsort“ erklärte. Wann die Moyland-Folge im TV läuft, steht noch nicht fest. Karl Marx’ Leben wird in Bocholt verfilmt Dieser Mann hat tatsächlich Geschichte geschrieben: Karl Marx. Das Leben des Philosophen, Journalisten und Karl Marx GesellschaftstheoFOTO: GETTY retikers wird gerade verfilmt. Szenen für die französisch-deutsch-belgische Kinoproduktion „Der junge Karl Marx“ unter der Regie von Regisseur Raoul Peck („Lumumba – Tod des Propheten“) sollen am Donnerstag im „TextilWerk“ in Bocholt gedreht werden. Das Industriemuseum dient als Kulisse einer Baumwollspinnerei in Manchester, die dem Vater von Friedrich Engels, einst Partner von Karl Marx, gehörte. B.DENKT: „Freut euch an den Farben der Blätter, bevor ihr bedauert, dass sie bald fallen.“ Christian Behrens, Kleinkünstler vom Niederrhein, kleine-welten.de IMPRESSUM NIEDERRHEINREDAKTION Homberger Str. 4, 47441 Moers Leitung: HEIKE WALDOR-SCHÄFER. Telefon: 02841 1407-80 Telefax: 02841 1407-89 E-Mail: [email protected] Am Niederrhein. Herbstferien! Selbst wenn die Nordsee zu kalt erscheint, ein paar Tage Holland gehen immer. Aus diesem Grund ein Gespräch mit einem echten Niederlande-Kenner: mit Dirk Sievers, Reisebuchautor. Heineken oder Grolsch? Heineken. Damit ist man im Ausland generell gut beraten. Koffie oder Thee? Der Filterkaffee schmeckt mir in den Niederlanden genauso wenig wie bei uns. Ich bevorzuge schwarzen Tee. Mit Zucker. Ohne Milch. Sagen Sie einfach „Holland“ oder politisch korrekt „Niederlande“? Guter Punkt. Ich nehme es tatsächlich etwas genauer und sage „Niederlande“. Es sei denn, ich fahre in meine Lieblingsprovinz NoordHolland... Warum ausgerechnet Niederlande – und nicht ein Reiseführer über die Seychellen oder wenigstens Italien? Das war ein wenig Schicksal. Der Verlag suchte damals nach Autoren für neue Reiseführer. Ein sehr guter Freund, der in dieser Zeit als freier Mitarbeiter für den Verlag aktiv war, stellte den Kontakt her und wenig später wurden mir wahlweise die Reiseziele Niederlande oder Norwegen angeboten. Man war verlagsintern offenbar in die zweite Hälfte des Alphabets vorgestoßen... Als Rheinländer entschied ich mich gerne für unseren direkten Nachbarn. Nach neun Auflagen: Langsam wird’s langweilig, oder? Auf den ersten Blick mag man das vermuten und sicherlich liegt darin auch etwas Wahres. Allerdings staune ich immer wieder, wie viel Neues sich auch nach gut 20 Jahren regelmäßiger Besuche noch entdecken lässt. Van Gogh oder Mondriaan? Ich könnte mir beide gut in den eigenen vier Wänden vorstellen, tendiere aber leicht zu einem Van Gogh – vielleicht die „Caféterrasse am Abend“. Harry Mulisch oder Cees Noteboom? Harry Mulisch und Cees Noteboom. Zitat aus Auflage 9, Seite 680: „Die angebotene Schiffsrundfahrt führt nicht direkt an das OosterscheldeSturmflutwehr heran. Weitaus lohnender ist eine Erkundung per pedes.“ Können Sie sich dort noch blicken lassen? Ich denke schon. Die Niederländer sind tolerant. Ein Leserzitat, Seite 466: „Man hat von dort Aussicht sowohl aufs Meer als auch auf den Hafen; für diesen Panoramablick muss man aber bezahlen.“ Wie viele Leserbriefe bekommen Sie eigentlich im Jahr? Die Zeit der klassischen Leserbriefe, die per Post durch die Lande geschickt werden, ist vorbei. Mittlerweile kommuniziert auch der Le- DIRK SIEVERS: EIN HOLLAND-VERSTEHER : Zur Person: Dirk Sie- vers. Jahrgang: 1966. Ausbildung: Chemiker. Beruf: Marketingleiter in der Pharmabranche. Wohnort: Hofheim am Taunus. Reiseschriftsteller für den Michael Müller-Verlag: seit 1990. Standardwerk: Niederlande. Aktuell die 9. Auflage! ser bevorzugt mittels Email. Das geht bekanntlich einfach und schnell, so dass aufs Jahr gerechnet ein paar Dutzend Rückmeldungen eingehen. Die meisten sind sehr positiv, sehr oft in Verbindung mit einem besonderen Tipp, den ich dann für die nächste Auflage ins Auge fassen kann. Wann waren Sie zuletzt in den Niederlanden, ohne dort zu arbeiten? Das kann ich kaum beantworten, da die Reisen immer eine Mischung aus Arbeit und Vergnügen sind. Ein Urlaub in den Niederlanden ist immer auch Recherche für die nächste Auflage. Amsterdam oder Rotterdam? Amsterdam. Diese Stadt ist einmalig. Zeeland oder Friesland? Mit Kindern: Zeeland. Ohne Kinder: Friesland. Käse, Mühlen, Tulpen: Welches Klischees über Holland nervt noch mehr? Es gibt erstaunlich viele Klischees, die zumeist gewichtige Argumente für (!) einen Besuch im Nachbarland liefern. Insofern nerven mich eher Aussagen im Sinne von „Was gibt es dort denn schon zu sehen?“ Na ja, zum Beispiel Käsemärkte, Mühlen, Tulpen. Pommes mit Weltkriegssoße, Holz an den Füßen und immer nur Vize-Weltmeister: Doch Sie behaupten, „der Holländer“ sei nicht komisch. Habe ich das geschrieben? In welchem Zusammenhang? Ich wäre überrascht. (Anm.d.Red: Ja, auf der Internetseite: www.michael-mueller-verlag.de) Ganz undiplomatisch: Wie steht es momentan um das deutsch-niederländische Verhältnis? Es wird kontinuierlich besser. Die jüngere Generation geht ganz unkompliziert miteinander um. Die schlimmen Ereignisse der letzten beiden Kriegsjahre, die das Verhältnis lange belastet haben, sind den positiven Erfahrungen im gegenseitigen Miteinander gewichen. Schön wäre es, wenn wir uns im Urlaub noch etwas mehr bemühen würden, ein paar nieder- : Das Buch: Niederlan- de, Dirk Sievers, 732 Seiten, Michael Müller Verlag, Erlangen, 26,90 Euro, ISBN 978-3-95654014-1. Wie gesagt: ein Standardwerk. Der Reiseführer hat mehr Seiten als ein anständiges Stück Holländerkäse Löcher hat. Lekker Lesestoff. ländische Worte zu nutzen. Irgendwann wird dann auch das manchmal noch vorhandene Bild des arroganten Deutschen komplett verschwinden. Mal ehrlich: Die hoch gelobte Toleranz der Niederländer ist doch auch bloß ein Klischee. Das Thema Klischee hatten wir schon – siehe oben. 20 Jahren Niederlande-Reiseführer tendiert die Zahl tatsächlich gegen Null. Trotzdem kann es vorkommen, dass ein Leser beispielsweise bemängelt, ein empfohlenes Restaurant existiere nicht mehr. Zwischen Recherche, Drucklegung und der Reise des Lesers liegen halt ein paar Monate, in denen sich manches ändern kann. Wie viele Beschimpfungen von Hoteliers und Gastronomen gibt es pro Ausgabe? Negativwerbung findet sich in einem Michael-Müller-Reiseführer nicht, so dass sich weder Hoteliers noch Gastronomen auf die Füße getreten fühlen. Der unmoralischste Bestechungsversuch, der bei Ihnen versucht wurde, war… Fehlanzeige. Mir bleibt nur mein Honorar. Kibbeling oder Nieuwe Haring? Nieuwe Haring. Frau Antje oder Sylvie van der Vaart? Frau Antje. Pannekoeken oder Poffertjes? Beides sind elementare Bestandteile meiner Überlebensstrategie in den Niederlanden. Sind wir uns einig: Holland wird niemals Fußball-Weltmeister! Ja. Sollte es dennoch gelingen, würde ich mich sehr freuen! Wie viele Hotels und CampingPlätze, Kneipen und Restaurants, Dörfer und Strände, die Sie erwähnen, haben Sie bloß vom Hörensagen beschrieben? Ich darf mich glücklich schätzen, dass wir dieses Gespräch aus Anlass der 9. Auflage führen. Nach gut Kunt u Nederlands spreken? Ich beherrsche die Sprache nur in Grundzügen. Der mit Abstand wichtigste Satz ist: Praat U Duits? Engels? Danach lässt sich das Gespräch in den allermeisten Fällen ganz problemlos auf Deutsch oder Englisch weiterführen. Immerhin stelle ich aber fest, dass mir das Lesen niederländischer Texte sehr leicht fällt. Und was ist typisch niederländisch an Ihnen? Ich reise sehr gerne. Das tun die Niederländer auch. Vadder Abraham oder André Rieu? Diese Frage möchte ich nicht beantworten. Frage an Dirk Sievers: Wird Wilhelm II. jemals von Huis Doorn zurückkehren. – „Nein. Er liegt dort gut.“ FOTO: PRIVAT Briefmarke zu Ehren der Flüchtlinge vom Niederrhein. FOTO: DEUTSCHE BUNDESPOST Die „Original 13“ aus Krefeld 6. Oktober 1683: Ankunft in Amerika Krefeld/Philadelphia. Wenn heutzutage über Flüchtlinge geredet wird, dann darf auch an diese geschichtsträchtige Episode erinnert werden: Heute auf den Tag genau vor 332 Jahren landet die erste Gruppe von Einwanderern aus Deutschland in Amerika. Bekannt sind diese 13 Quäkerund Mennonitenfamilien aus Krefeld und Umgebung unter dem Namen „Original 13“. Der historische Hintergrund ist aus heutiger Sicht höchst interessant: Krefeld bietet damals vielen Glaubensflüchtlingen eine Zuflucht. darunter übrigens auch einer Familie mit dem heute noch sehr vertrauten Namen Von der Leyen. Schon bald aber sind mehr Asylsuchende in der Stadt als die Bevölkerung verkraften will und vielleicht auch kann – Unmut macht sich breit, insbesondere über die Quäker und ihre eigenwilligen Sitten. Der Traum von einem gelobten Land führt auf die andere Seite des großes Teiches, nach Amerika. Am 6. Juli 1683 sticht die Galeone „Concord“ unter Kapitän William Jeffries mit 57 Passagieren im Hafen von Rotterdam in See. Die Fahrt führt in 74 Tagen über London an die Ostküste Amerikas: nach Philadelphia. Genau genommen nach Germantown, inzwischen ein Teil dieser Stadt, anfangs die erste deutsche Siedlung in der Neuen Welt. 300 Jahre später feiern die Städte Krefeld und Philadelphia die Ankunft der „Original 13“ groß unter dem Namen „Philadelphiade“. Was wir daraus lernen können, mag sich jeder selbst beantworten. MEIN NIEDERRHEIN Otto Pöll, Leiter des Regionalforstamtes Niederrhein 1 Bitte führen Sie den Satz fort: Der Niederrhein ist für mich... ... Heimat und der schönste Platz der Welt. 2 Welcher ist Ihr Lieblingsplatz hier? Die Bislicher Insel – und die Wälder, um dort Ruhe zu finden. 3 Was macht die Region sonst noch aus? Die Nähe zum Rhein, mit gut zu beobachtenden Schiffen. 4 Was sollte ein Fremder einmal gesehen oder erlebt haben? Radfahren auf dem Deich, in den Wäldern und unter den Alleen. 5 Was fehlt dem Land oder den Leuten? Eigentlich nichts, sie müssen nur glücklich zu sein.
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