Friedrich Irrgang – Der Pionier des Brünner „Tagesboten“

Friedrich Irrgang – Der Pionier des Brünner „Tagesboten“
Vor 100 Jahren, am 23. 11. 1850 erschien die erste Nummer einer Brünner Zeitung
unter dem Namen „Brünner Fremdenblatt". Aus diesem Anlaß gibt der Verfasser einen
kurzen Rückblick über die Entwicklung der Brünner Presse.
Wer von uns Brünner kennt nicht die Firma Friedrich Irrgang? Ich will versuchen, so gut
es geht, ein Bild vom Werden dieses so beliebten und bekannten Betriebes aufzurollen.
Friedrich Irrgang. — Am 12. August 1817 erblickte er als Sohn eines Weimarer
Hofbeamten das Licht der Welt. Nach der üblichen Schul- und Lehrzeit kam er mit L. W.
Seidel, seinem Neffen, einem Wiener Verlagsbuchhändler und Ferd. Buschak, der aus
Berynia in Galizien stammte und bisher in verschiedenen Buchhandlungen zu Lemberg
und Wien tätig war, zusammen. Sie beschlossen, in Brünn eine Buchhandlung zu
eröffnen; was sie im Jahre 1848 in die Tat umsetzten. Der Start des Geschäftes stand
unter einem glücklichen Stern; denn bereits 6 Jahre später, also im Jahre 1854 erwarben
Irrgang und Buschak eine Druckerei — und zwar „auf der Schanze" — (in den unteren
Räumen des späteren Hotels Padowetz. —
Im Jahre 1850 versuchte der Schriftsteller Wilhelm Goldbach, den Brünnern eine Zeitung
vorzulegen. Er benannte sie: „Das Brünner Fremdenblatt", das eine Auflage von
ungefähr 500 Exemplaren aufwies. Die erste Nummer erschien am 23. 11. 1850. Er
erzählte uns in dieser Zeitung Ereignisse von Nah und Fem, Theaternachrichten, Unfälle
usw. — Leider fand die Zeitung nicht den erwarteten Anklang und Goldbach sah sich
gezwungen, ein Jahr später 1851 seine Zeitung an Friedr. Irrgang und Buschak zu
verkaufen. — Diese stützten nun die erworbene Zeitung mit ihren Erfahrungen und
gaben dem Blatt den Titel: „Neuigkeiten".
Durch die Tatkraft Irrgangs und Buschaks, vergrößerte sich die Druckerei — und im
Jahre 1857 modernisierten sie den Betrieb durch das Aufstellen einer Schnellpresse. Die
Zeitung gewann nicht nur in Brünn immer mehr an Ansehen und Bedeutung, sondern
ganz Mähren war ihr Absatzgebiet. Irrgang gab darum seiner Zeitung im Jahre 1869 den
stolzen Titel: „Tagesbote für Mähren" und 3 Jahre später erweiterte er den Titel:
„Tagesbote für Mähren und Schlesien".
Außer der deutschen Zeitung erschien in ihrem Verlag auch die tschechische Zeitung:
„Morava" — Irrgang errichtete einen Zeitungsverschleiß, der das Vor bild vieler späterer
Unternehmungen war. Am 24. 4. 1878 starb Ferd. Buschak, so führte Irrgang den
Betrieb allein weiter. Ein Jahr später (1888) stellte Irrgang in seinem Betriebe eine
Zeitungsschnelldruckpresse auf; es war die erste Rotationsmaschine in MährenSchlesien. Bis weit über das 80. Lebensjahr führte Irrgang sein Werk und erst 1897
mußte er krankheitshalber zurücktreten und er verkaufte den Betrieb, sein Lebenswerk,
an Rudolf v. Rohrer. — 2 Jahre später (1899) starb Friedrich Irrgang; doch sein Name
lebte in der Firmenbezeichnung weiter.
Der Tagesbote war damals schon eine große und weitverbreitete Zeitung, der man die
Herkunft, des vor 50 Jahren erschienenen „Brünner Fremdenblattes" nicht mehr
anmerkte.
Mit dem neuen Jahrhundert, dem 1. Januar 1900, erschien der Tagesbote; um den
Ansprüchen der Brünner folgen zu können, erstmalig als Morgen- und Abendblatt. — Das
Jahr 1900 bedeutete für den Betrieb ein glückliches Jahr. Im April wurde der Satz mittels
neuer Setzmaschinen (mit Linotype-Zeilensatz) hergestellt.
Rudolf v. Rohrer erwarb 1904 von der Stadt einen Bauplatz an der Ecke SalzamtsgasseKirchengasse. — Unermüdlich wurde gebaut, — und bereits am 10. November 1905
konnte die Firma Irrgang übersiedeln.
Der Weltkrieg 1914/18 konnte der Firma keinen Schaden zufügen. Die Auflage stieg über
10 000 Exemplare weit hinaus. Nach Kriegsende führte die Zeitung den schlichten Titel:
„Tagesbote". Die Firma erstarkte immer mehr und das zu betreuende Gebiet wurde
immer größer. In alle Städte, Dörfer und Einödhöfe der Grenzgebiete drang die Zeitung;
dazu war es notwendig, neben dem Tagesboten andere Zeitungen ins Leben zu rufen.
Um all dies zu bewältigen wurde im Jahre 1926 eine Frankenthaler Rotationsmaschine
aufgestellt. — Neben dem Tagesboten erschien dann das „Volksblatt für Mähren" und
das „Volksblatt für Böhmen". —
Vom Globus Verlag kaufte die Firma Irrgang im Jahre 1937 die Zeitung: „Morgenpost".
Weitere Zeitungen erschienen im selben Verlag, und zwar das „Olmützer Tagblatt",
„Preßburger Tagblatt" und das „Ostrauer Tagblatt". 1938 gab man dem Tagesboten den
Titel: „Volksdeutsche Zeitung". Durch die Umstellung im Jahre 1939 wurde die Zeitung
endgültig mit dem Titel: „Brünner Tagblatt" versehen.
Die Ereignisse von 1945 zerstörten uns Brünnern alles, was wir und unsere Vorfahren in
unermüdlicher und harter Arbeit geschaffen hatten. Seit dieser Zeit besaßen die Brünner
keine eigene Zeitung mehr. Erst ab Dezember 1948 hat es sich der Brünner Heimatbote
zur Aufgabe gemacht, die Heimatvertriebenen aus Brünn und Umgebung zu betreuen
und versucht, den Landsleuten in bescheidener Form die Heimatpresse in der Fremde zu
ersetzen.
Erfried Jeannot, (13a) Neumarkt/Opf. (BHB 1950)