Pressemappe - Sammlung Prinzhorn

Pressemappe
Dubuffets Liste. Ein Kommentar zur Sammlung Prinzhorn von 1950
Bilder v.l.n.r.: Franz Karl Bühler, Ohne Titel, um 1909-1916; Anonym („Fall 419“), Ohne Titel, vor 1920; August Natterer, „Weltachse
mit Hase“ (II), um 1911-1917; alle Bilder © Sammlung Prinzhorn, Universitätsklinikum Heidelberg
Sammlung Prinzhorn, Universitätsklinikum Heidelberg, Klinik für Allgemeine Psychiatrie,
Voßstraße 2, 69115 Heidelberg, Tel.: +49 (0)6221 / 56 4492
Pressekontakt: Friederike Rauch, [email protected], Tel. +49 (0)6221 / 56 4725
Inhaltsverzeichnis
1.
Pressemitteilung
2.
Vorwort aus dem Katalog Dubuffets Liste. Ein Kommentar zur Sammlung Prinzhorn von
1950 hrsg. von Ingrid von Beyme und Thomas Röske
3.
Einführung
4.
Das Museum Sammlung Prinzhorn
5.
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Sammlung Prinzhorn, Universitätsklinikum Heidelberg, Klinik für Allgemeine Psychiatrie,
Voßstraße 2, 69115 Heidelberg, Tel.: +49 (0)6221 / 56 4492
Pressekontakt: Friederike Rauch, [email protected], Tel. +49 (0)6221 / 56 4725
1.
Pressemitteilung
Dubuffets Liste. Ein Kommentar zur Sammlung Prinzhorn von 1950
Bilder v.l.n.r.: Franz Karl Bühler, Ohne Titel, um 1909-1916; Anonym („Fall 419“), Ohne Titel, vor 1920; August Natterer, „Weltachse
mit Hase“ (II), um 1911-1917; alle Bilder © Sammlung Prinzhorn, Universitätsklinikum Heidelberg
Eröffnung am Mittwoch, den 16. Dezember 2015, 19 Uhr
Ausstellungsdauer: 17. Dezember 2015 bis 10. April 2016
Am 11. und 12. September 1950 besuchte der französische Maler Jean Dubuffet (1901–1985) die
Sammlung Prinzhorn in Heidelberg – nur fünf Jahre, nachdem er den Begriff „Art brut“ für eine rohe,
ungeschliffene, nichtakademische Kunst geprägt hatte. In einer Liste protokollierte und bewertete er
die gesehenen Werke – meist in knappen Worten (z. B. „extrêmement intéressant“, „pas bien“ oder
„médiocre“). Die Ausstellung rekonstruiert mit 120 Werken möglichst umfassend Dubuffets Blick auf
die Sammlung.
Dubuffets positive Bewertung der Sammlung
Hans Prinzhorns (1886–1933) Buch Bildnerei der Geisteskranken war für Dubuffet wie auch für viele
andere Künstler ein wichtiger Wegweiser für die Möglichkeiten in der Kunst. Als Dubuffet 1945 Art
brut zu sammeln begann, trat er in die Fußstapfen Prinzhorns. Mit seiner Beurteilung der Sammlung
Prinzhorn versuchte er sich von seinem großen Vorbild abzusetzen, sein Eindruck war jedoch bei weitem nicht so abwertend, wie es in der kunstgeschichtlichen Forschung lange Zeit vermutet wurde.
Dass seine Einschätzung von Prinzhorns „Meistern“ mitunter kritisch, die Bewertung der Sammlung
im Großen und Ganzen aber sehr positiv ausfiel, ist ein überraschendes Ergebnis der Ausstellung. Zu
sehen sind u.a. berühmte Klassiker wie Franz Karl Bühlers Fabeltier (für Dubuffet nur „mittelmäßig“)
und August Natterers Weltachse mit Hase („keine große Sache“). Gezeigt werden aber auch Künstler,
Sammlung Prinzhorn, Universitätsklinikum Heidelberg, Klinik für Allgemeine Psychiatrie,
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die in Prinzhorns Publikation unberücksichtigt blieben und aufgrund von Dubuffets Liste nun erstmals
ins Licht der Öffentlichkeit rücken, z. B. ein anonymer Zeichner („Fall 419“), der auf Tabakeinwickelpapier einen faszinierenden Figurenkosmos entstehen ließ („extrem interessant“).
Jean Dubuffet und Hans Prinzhorn – der Künstler und der Wissenschaftler
Obwohl sich Prinzhorns und Dubuffets Perspektiven gleichen – beide waren auf der Suche nach ursprünglicher Kreativität und schätzten Werke, die möglichst wenig von Bildung und Kultur geprägt
waren – bevorzugte Dubuffet das Ungeübte und ließ sich von künstlerischer Vorbildung und professioneller Anmutung eher abschrecken. Dubuffet betrachtete die Heidelberger Sammlung als Künstler
und Sammler und suchte nach herausragenden Werken, genauso wie bei der Gestaltung seiner eigenen
Sammlung. Für ihn war die „Invention“ der Form, des Sujets sowie der verwendeten Mittel ausschlaggebend. Der Kunsthistoriker und Arzt Hans Prinzhorn hingegen behielt in der Regel alles, was Ärzte
an die psychiatrische Universitätsklinik schickten, um ein möglichst breites Studienmaterial zusammenzutragen.
Die Sammlung Prinzhorn nach dem Zweiten Weltkrieg
Jean Dubuffet war der erste Künstler nach dem Zweiten Weltkrieg, der die Sammlung besuchte. Zur
gleichen Zeit wurde die Sammlung auch in Avantgarde-Kunstkreisen wieder wahrgenommen. Bis in
die frühen 1930er Jahre hatte eine Reihe von Künstlern die Sammlung besucht. Doch nach dem Zweiten Weltkrieg war es ruhig um die Sammlung geworden. Die Werke wurden in zwei Schränken verwahrt und nicht ausgestellt. Viele dachten vermutlich, die Sammlung sei im Zweiten Weltkrieg vernichtet worden. Doch sie blieb von den nationalsozialistischen Psychiatern verschont, vermutlich weil
ein Teil der Werke während des Zweiten Weltkrieges in der Wanderausstellung „Entartete Kunst“ als
Vergleichsmaterial zur Verfügung gestellt worden war. Jean Dubuffets Besuch 1950 war somit auch
für die Sammlung von großer Bedeutung, denn er zog wieder Aufmerksamkeit auf sie zum Zeitpunkt
der sich formierenden Nachkriegskunst.
Die Rezeption der Sammlung heute
Mit der Rezeption der Sammlung heute befasst sich die in Heidelberg lebende amerikanische Künstlerin Janet Grau in ihrem Videoprojekt „extrem interessant“ in einem der Kabinette des Museums. Eine
Gruppe von Betrachtern geht in Bildbeschreibungen auf die von Dubuffet beurteilten Arbeiten ein und
schildert ihre persönlichen Eindrücke. Im Video wird die Beschreibung dokumentiert, nicht aber das
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zu beschreibende Werk. Der Besucher ist somit gezwungen, sich anhand der gehörten Beschreibungen
sein eigenes Bild zu machen.
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog: Dubuffets Liste. Ein Kommentar zur Sammlung Prinzhorn von
1950, hrsg. von Ingrid von Beyme und Thomas Röske, Sammlung Prinzhorn Heidelberg 2015, Verlag
Das Wunderhorn, 29,80 Euro.
Für die Unterstützung der Ausstellung danken wir
Sammlung Prinzhorn, Universitätsklinikum Heidelberg, Klinik für Allgemeine Psychiatrie,
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Ingrid von Beyme und Thomas Röske
Vorwort
Psychiatrische Universitätsklinik Heidelberg, Aufnahme
von 1895
2005 warf Jean-Hubert Martin im Düsseldorfer
Museum kunstpalast mit der Ausstellung „Jean
Dubuffet und Art brut“ neues Licht auf Zusammenhänge zwischen Dubuffets Kunst und seiner Faszination für „Kunst jenseits der Kunst“
(Michel Thévoz). Auch die Sammlung Prinzhorn
war mit einer Auswahl von Klassikern des historischen Bestandes vertreten. Man wusste damals von Dubuffets Besuch in Heidelberg am 11.
und 12. September 1950, vor allem aus dem Interview, das John MacGregor 1976 mit ihm geführt
hatte. Auf dieser schmalen Grundlage schrieb
Thomas Röske einen Beitrag für den Katalog der
Ausstellung. Da Dubuffets Urteil im Rückblick
kritisch war, spekulierte er darüber, was der
Künstler in Heidelberg gesehen haben mochte
und warum es ihm nicht gefallen hatte. Erst kurz
vor Eröffnung der Ausstellung – zu spät, um im
Katalog berücksichtigt zu werden – tauchte überraschend ein erhellendes Dokument auf, eine
zweiseitige maschinengeschriebene Auflistung
Dubuffets über die von ihm in Augenschein genommenen Werke. Doch nicht nur das, die Liste
enthielt auch Wertungen, meist knapp gefasst,
wie „extrêmement intéressant“ „pas bien“ oder
„médiocre“. So ließ sich mit einem Mal sehr viel
differenzierter nachvollziehen, wie Dubuffet bei
seinem Besuch auf die Heidelberger Sammlung
reagiert hatte. Das schien eine geradezu ideale
Grundlage für eine Ausstellung zu sein: Die Idee
zu „Dubuffets Liste“ war geboren.
Die Aufstellung versetzt uns in die Lage, annähernd genau rekonstruieren zu können, von
welchen Künstler_innen Dubuffet welche Werke
gesehen hat. Dubuffets Liste führt 36 Fall-Nummern auf, die er mit Prinzhorns Pseudonymen
oder, wenn möglich, mit Klarnamen ergänzte.
Dass sich Dubuffet an Prinzhorns Publikation
Bildnerei der Geisteskranken (1922) orientierte,
ist offensichtlich: Er verweist auf Abbildungen,
teilweise sogar mit Seitenzahlen. Auch alle zehn
von Prinzhorn vorgestellten „schizophrenen
Meister“ sind aufgeführt. Vorerst war es reine
Spekulation, warum jene und vielleicht nicht andere Künstler und Künstlerinnen es auf Dubuffets Liste geschafft haben. Doch dann tauchte
erneut ein bisher unbeachtetes Dokument auf,
das neues Licht auf die von Dubuffet vorgefundene Situation wirft: Es handelt sich um ein 1949
erstelltes Inventar, das die Aufbewahrung des
Heidelberger Bestandes in Schubladen zweier
Schränke nach Fallnummern wiedergibt. So
lässt sich im Abgleich dieser Schranklisten mit
Dubuffets Liste nicht nur nachvollziehen, welche
Schubladen er vermutlich in welcher Reihenfolge öffnete, sondern auch, was er dachte, als er
diese Werke er zu Gesicht bekam – und welche
Werke er wahrscheinlich gar nicht gesehen hat.
Dubuffet versuchte sich mit einer eigenen Einschätzung von seinem großen Vorbild Prinzhorn
abzusetzen. Seine Bewertung, die er zunächst
handschriftlich und dann später in einer maschinengeschriebenen Aufstellung festhielt, war
bei weitem nicht so abwertend, wie aufgrund
seiner retrospektiven Angaben lange Zeit vermutet wurde. Dass sein Urteil über Prinzhorns
„Meister“ mitunter kritisch, die Bewertung der
Sammlung im Großen und Ganzen aber sehr
7
positiv ausfiel, ist eine überraschende Erkenntnis. Die Heidelberger Schau, die vom St. Gallener
Museum im Lagerhaus übernommen wird, ermöglicht der kunstgeschichtlichen Forschung
nun erstmals, Dubuffets Vorstellung von Art
brut anhand von Werken der Sammlung Prinzhorn im historischen Kontext zu konkretisieren.
Das war bisher nur am Beispiel von Dubuffets
eigener Collection de l’Art brut möglich, die
sich heute in Lausanne befindet und neben der
Sammlung Prinzhorn das international wichtigste Museum für Outsider Art darstellt.
In unserem Eingangskabinett zeigen wir zusätzlich das Videoprojekt „extrem interessant“ der in
Heidelberg lebenden amerikanischen Künstlerin
Janet Grau. Sie filmte im Vorfeld der Ausstellung
jeweils zwei Gesprächspartner aus einer heterogenen Gruppe, die sich über die von Dubuffet be-
werteten Kunstwerke unterhalten. Dabei dokumentierte sie nur die jeweilige Beschreibung,
nicht das zu beschreibende Werk selbst. Der
Betrachter hat in der Ausstellung Gelegenheit,
sich auf die Suche der besprochenen Werke zu
machen, die historische Einschätzung Dubuffets
mit den videodokumentierten Schilderungen
heutiger Betrachter abzugleichen und schließlich
sein eigenes „Schubladendenken“ zu überprüfen
und in Frage zu stellen.
Wir danken der Collection de l’Art Brut und der
Fondation Dubuffet für die Unterstützung dieses
Projekts, indem sie uns das Notizbuch und die
Liste Dubuffets zur Verfügung stellten. Für die
Übersetzung des Textes von Baptiste Brun herzlichen Dank an Christine Piehler. Der Henkel AG
& Co. KGaA, Heidelberg und der Stadt Heidelberg danken wir für finanzielle Unterstützung.
3.
Einführung
Am 11. und 12. September 1950 besuchte der französische Maler Jean Dubuffet (1901–1985)
die Sammlung Prinzhorn in Heidelberg – nur fünf Jahre, nachdem er den Begriff „Art brut“
für eine rohe, ungeschliffene, nichtakademische Kunst geprägt hatte. In einer hand- und später
maschinengeschriebenen Liste protokollierte und bewertete er die gesehenen Werke, meist in
knappen Worten wie „außerordentlich interessant“, „bewundernswert“ oder „nicht gut“. Er
führte 36 Fall-Nummern auf, die er mit Prinzhorns Pseudonymen oder mit Klarnamen – sofern er sie auf signierten Werken entschlüsseln konnte – ergänzte. Seine Aufstellung versetzt
uns in die Lage, annähernd genau rekonstruieren zu können, welche Werke Dubuffet gesehen
hat.
1950 war die Sammlung in zwei Holzschränken untergebracht. Anhand von wieder aufgetauchten Ablageregistern, die bei einer Bestandsinventur der Sammlung Prinzhorn 1949 erstellt wurden, kann man sogar nachvollziehen, in welcher Reihenfolge Dubuffet die Originale
sichtete: Seine Liste folgt dem Schubladeninhalt des Hauptschranks („Schrank 1“), der sich
wiederum an Prinzhorns Publikation Bildnerei der Geisteskranken (1922) orientierte. In diesem Schubladenschrank wurden auch „Fälle“ aufbewahrt, die Prinzhorn nicht publiziert hatte,
die aber gemeinsam mit den „Prinzhorn-Fällen“ geordnet nach der Komplexität der Gestaltung zusammen in Schubfächern aufbewahrt wurden. Diejenigen „Fälle“, die bei Prinzhorn
unberücksichtigt blieben und die Dubuffet besonders schätze, verglich der Franzose mit
Künstlern aus seiner eigenen Collection de l’Art Brut: Jean Mar[chand] und Aimable Jayet.
Trotz Sprachbarriere schätzte Dubuffet – wie viele andere Kunstschaffende – Prinzhorns
Buch, vor allem wegen seiner zahlreichen Abbildungen: für ihn war es ein wichtiger Wegweiser für künstlerische Ausdrucksmöglichkeiten jenseits der akzeptierten kulturellen
Kunst. Auf seiner Liste verweist er mehrfach, zum Teil mit Seitenzahlen, auf Prinzhorns Reproduktionen.
Sammlung Prinzhorn, Universitätsklinikum Heidelberg, Klinik für Allgemeine Psychiatrie,
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Die Ausstellung ist so aufgebaut, dass man in der Reihenfolge der Liste (die als „Ausstellungsführer“ ausgehändigt wird) die von Dubuffet begutachteten Originale betrachten kann.
Die Hängung berücksichtigt – mit den Genzel-Skulpturen im Parterre beginnend – zunächst
neun der zehn „schizophrenen Meister“ Prinzhorns. Wenn August Klett aus dieser Abfolge
herausfällt, so deshalb, weil Dubuffet die Klett-Schublade erst öffnete, nachdem er sich auf
der rechten Schrankhälfte von der Schrankmitte nach unten durchgearbeitet und bereits andere
Fälle gesichtet hatte. Erst dann fuhr er im „Fach 5“ mit der Beurteilung des letzten Meisters
Klett fort, um sich danach den darüber liegenden Schubladenfächern zu widmen.
Auffällig ist, dass sich Dubuffet gerade bei der Bewertung der von Prinzhorn besonders geschätzten „Meister“ von seinem großen Vorbild distanzierte. Dubuffets Kritik an Prinzhorns
‚Top 10‘ lässt sich folgendermaßen zusammenfassen: Karl Genzel (Pseudonym
Brendel), Peter Meyer (Moog) und Clemens von Oertzen (Viktor Orth) werden kommentarlos
aufgezählt. Vier der Lieblinge Prinzhorns findet Dubuffet nicht besonders gut: Franz Bühler
(Pohl): „mittelmäßig“, August Natterer (Neter): „keine große Sache“, Josef Schneller (Sell):
„nicht sehr interessant“, Heinrich Wieser (Welz): „nicht gut“. Nur drei von zehn bewertete
Dubuffet explizit positiv: Hermann Behle (Beil): „sehr gut“, Johann Knopf (Knüpfer):
„extrem gut“, und August Klett (Klotz): „sehr schön, sehr interessant“.
Obwohl sich Prinzhorns und Dubuffets Perspektiven gleichen – beide waren auf der Suche
nach ursprünglicher Kreativität und schätzten Werke, die möglichst wenig von Bildung und
Kultur geprägt waren – bevorzugte Dubuffet das Ungeübte und ließ sich von künstlerischer
Vorbildung und professioneller Anmutung eher abschrecken. Im Fall des Kunstschlossers
Karl Bühler war Dubuffet die Distanz zur „art culturel“ wohl zu gering, wohingegen Prinzhorn daran offenbar gerade die Nähe zum Expressionismus schätzte. Bei August Natterer verhielt es sich ähnlich: Seine Vereinnahmung durch die Surrealisten war wohl die Ursache dafür, dass Dubuffet Natterers künstlerisches Werk als „keine große Sache“ abtat.
Dass Dubuffets Urteil über die Sammlung gleichwohl im Großen und Ganzen sehr positiv bis
enthusiastisch ausfiel, ist ein überraschendes Ergebnis der Ausstellung. Sein Eindruck war bei
Sammlung Prinzhorn, Universitätsklinikum Heidelberg, Klinik für Allgemeine Psychiatrie,
Voßstraße 2, 69115 Heidelberg, Tel.: +49 (0)6221 / 56 4492
Pressekontakt: Friederike Rauch, [email protected], Tel. +49 (0)6221 / 56 4725
weitem nicht so abwertend, wie es in der kunstgeschichtlichen Forschung aufgrund seiner
eigenen retrospektiven Angaben lange Zeit vermutet wurde.
3.
Das Museum Sammlung Prinzhorn
Die einzigartige Sammlung Prinzhorn ist seit September 2001 öffentlich zugänglich, nachdem das
ehemalige Hörsaalgebäude der Neurologischen Klinik für Museumszwecke umgestaltet wurde. Der
Kunsthistoriker und Assistenzarzt der Heidelberger Psychiatrischen Klinik Hans Prinzhorn (18861933) legte zwischen 1919 und 1921 eine Sammlung bildkünstlerischer und schriftlicher Werke von
Anstaltsinsassen an. Heute würde man von so genannter ‚Outsider Art‘ und Aufzeichnungen Psychiatrie-Erfahrener sprechen. Die historische Sammlung umfasst etwa 6.000 Werke: Zeichnungen, Aquarelle, Briefe, Texte, Notationen, Bücher, Hefte, Collagen – zum Teil auf schwer zu erhaltenden Gebrauchspapieren – sowie rund 150 Ölgemälde, 30 textile Arbeiten und 70 Holzskulpturen. Sie entstanden zwischen 1840 und 1930 und stammen von rund 435 Anstaltsinsassen aus dem deutschen Sprachraum, wenige kamen aus Italien, Frankreich, Polen und Japan nach Heidelberg. Auch aktuell wächst
die Sammlung beständig: Die Neuerwerbungen seit 1945 umfassen bis heute 16 .000 Objekte. Zeitgenössische Künstler reagieren auf die historischen Werke und antworten in wechselnden Ausstellungen
auf die Themen aus der Psychiatrie.
Sammlung Prinzhorn
Voßstraße 2
69115 Heidelberg
Besucherinformation: +49 (0)6221 / 56 4739
www.sammlung-prinzhorn.de
Öffnungszeiten:
Di bis So 11–17 Uhr, Mi 11-20 Uhr, Mo geschlossen
Öffentliche Führungen: Mi 18 Uhr und So 14 Uhr
Buchungen: +49 (0)6221 / 56 4492
Eintritt:
Euro 5,- / ermäßigt Euro 3,Sammlung Prinzhorn, Universitätsklinikum Heidelberg, Klinik für Allgemeine Psychiatrie,
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Verwendungsrechte: Die Bilder sind nur im Rahmen einer Berichterstattung über die Ausstellung bei Nennung der angegebenen Bildunterschrift sowie des Copyrights für die Presse frei.
Franz Karl Bühler, Ohne Titel, um 19091916, Inv.Nr. 2941 © Sammlung Prinzhorn,
Universitätsklinikum Heidelberg
Anonym („Fall 419“), Ohne Titel, vor 1920,
Inv.Nr. 4654 © Sammlung Prinzhorn,
Universitätsklinikum Heidelberg
Anonym („Fall 419“), Ohne Titel, vor 1920,
Inv.Nr. 4653 © Sammlung Prinzhorn,
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mit Hase“ (II), um 1911-1917; Inv.Nr. 174
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Meta Anderes, Ohne Titel, 1918, Inv.Nr.
1663 © Sammlung Prinzhorn,
Universitätsklinikum Heidelberg
Oskar Herzberg, „Der Wackelfels“, 1914,
Inv.Nr. 3933 © Sammlung Prinzhorn,
Universitätsklinikum Heidelberg
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