doch jetzt erzählt sie Helena

Datum: 24.12.2015
Hauptausgabe
Solothurner Zeitung AG
4501 Solothurn
058/ 200 47 74
www.solothurnerzeitung.ch
Medienart: Print
Medientyp: Tages- und Wochenpresse
Auflage: 22'207
Erscheinungsweise: 6x wöchentlich
Themen-Nr.: 833.009
Abo-Nr.: 833009
Seite: 23
Fläche: 58'625 mm²
Heidi Maria Glössner als fasziniert als Helena von Sparta, die erbarmungslos und ergreifend ihren «Schlampenmonolog» hält.
Die Geschichte ist männlich,
doch jetzt erzählt sie Helena
Stadttheater Solothurn Schweizer Erstaufführung des Einfrau-Stückes
«Helena - Plädoyer für eine Schlampe» mit einer grossartig intensiven Heidi Maria Glössner
VON ALGELICA SCHORRE
Sie, die Schönste aller Frauen. Sie, die Arco, 2011 uraufgeführt, ist ein erbar- intensiv, dass auf ihre zornige Frage,
Hure. Sie, die «Massenvernichtungswaf- mungsloses Stück, ein ergreifender Mower denn eigentlich die Mythen und
fe»: Die schöne Helena ist in die Jahre nolog.
Geschichten geschrieben habe (Männer
gekommen und wendet sich aus der
natürlich), ein Seufzen durch das PubliVorhölle zur Ewigkeit, in die ihr Vater Helenas Sehnsucht
Zeus sie geschickt hat, an das Theater- Heidi Maria Glössner («Die Herbst- kum ging: «Ja, das ist wahr!» Und wenn
publikum. Das Publikum soll über sie zeitlosen») spielt die Halbgöttin Helena die Glössner - mit dem Rücken zum Puurteilen, ihr «Schlampentribunal» sein in ihrer Sehnsucht nach dem von Zeus blikum, umgeben von
- aber erst, wenn sie ihr Leben mit ei- verweigerten Tod, nach Stille eindring- Zerrspiegeln - aufzählt,
genen Worten geschildert hat.
lich, berührend; Helena in ihrer Verbit- wen sie alles angefleht
Das Stück «Helena - Plädoyer für ei- terung, in ihrer Auflehnung erschre- hat, ihr den geliebten Pane Schlampe» des Spaniers Miguel del ckend und verstörend. Und sie spielt so ris zurückzugeben, dann
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Prinz Paris von Troia, in den sie sich gen des Zweikampfs mit Menelaos. Dieverliebt und ihm folgt. Durch ihn fühlt ser zerrt Helena an den Haaren durch
Tragödin, die wie im
klassischen griechischen
sie sich lebendig. «Doch Troia: Sie soll das Elend sehen, das sie
Freiheit und Glück sind angerichtet hat.
Theater die Zuschauer
zu Tränen rührt.
Ihr Leben dem Publikum erzählen
das kann Helena nur, wenn sie zwischendurch zur Flasche mit dem ägyp-
tischen Trunk greift, der sie empfindungslos macht.
Helena von Sparta
Begehrt, verfolgt, vergewaltigt
Was ist Schönheit? «Wenn nur der
schön ist, der geliebt wird, dann war
ich nie schön», zieht sie Bilanz. Sie wur-
de begehrt, verfolgt, vergewaltigt. Mit
neun Jahren zum Sexspielzeug des The-
«Freiheit und Glück
sind flüchtige
Begleiter, die am
Leben oder am Tod
zerschellen.»
seus gemacht, lebte sie dann mit dem
ungeliebten Menelaos auf Sparta. Dann
begegnet sie ihrem Märchenprinzen,
flüchtige Begleiter, die
am Leben oder am Tod «Meine einzige Schuld: Liebe»
Und sie resümiert: «Was ich getan hazerschellen.» Auf Troia
wird sie nicht gerade be, habe ich aus Liebe getan. Das ist
herzlich
empfangen. meine einzige Schuld.» Helena hat sich
Schubladendenken: Auf frei geredet. Jetzt ist es ihr egal, wie das
Sparta war sie die über- Publikum sein Urteil über sie fällt. Man
irdische Schönheit, auf solle mit Schuldzuweisungen und KrieTroia ist sie die Schlampe, die ihren gen nur so weitermachen wie bisher,
Mann verlassen hat. Und als der blutige «bis ihr alle krepiert». Denn: «Meine
Krieg um Troia beginnt, ist sie an die- Chance vergessen zu werden, ist eure
Auslöschung.»
sem schuld.
Das Premierenpublikum am Dienstag
Agamemnon lässt mit seinen Mitstreitern über 1000 Schiffe Kurs auf im Stadttheater würdigte die grossartidas reiche Troia nehmen. «Dafür soll ge Leistung von Heidi Maria Glössner,
ich wirklich der Grund gewesen sein?», sowie die Inszenierung von Patricia
fragt Helena das Publikum. Nein, den Berchtold mit standing ovations.
Männern ging es um Gier nach Ruhm:
«Ehre nannten sie es, doch Habgier war Weitere Aufführungen: 28.1.16, 19:30 Uhr,
es.» Die zehnjährige Belagerung ist 6.2.16, 19:00 Uhr, Dauer: 70 Minuten,
schrecklich; Paris will nichts mehr mit Stadttheater Solothurn.
ihr zu tun haben. Er stirbt an den Fol-
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