Die Grossen ab und zu ärgern

Sport
Donnerstag, 15. Oktober 2015 / Nr. 238 Neue Luzerner Zeitung Neue Zuger Zeitung Neue Nidwaldner Zeitung Neue Obwaldner Zeitung Neue Urner Zeitung 33
Die Grossen ab und zu ärgern
VOLLEYBALL Mit der Verpflichtung des Aargauers
Noah Eichenberger gelingt dem NLA-Männerteam
von Luzern ein veritabler Coup. Dabei hatte
der 28-jährige Nationalspieler einst eine andere
Sportlerkarriere ins Auge gefasst.
Dario Bettello,
Trainer NLA-Frauen
Volley Top Luzern
Wo liegen die
Prioritäten?
THERES BÜHLMANN
[email protected]
Er hat eine offene und unbekümmerte Art, Noah Eichenberger ist eine Frohnatur. Dies erklärt auch das Attribut
Publikumsliebling, welches ihm die
Aargauer Presse beim Abschied aus
Schönenwerd verliehen hatte. Obwohl
er mit dem NLA-Verein während seines
vierjährigen Engagements nicht nur
sportliche Erfolge feiern konnte, «der
Cupfinal im letzten Jahr gegen Lausanne, den wir allerdings mit 2:3 verloren, war eines der Highlights», sondern
auch einen guten Teamspirit erlebte,
suchte er eine neue Herausforderung.
Er fand sie bei Volley Top Luzern, er
soll beim NLA-Aufsteiger eine Leaderfunktion übernehmen, die er stets angestrebt hat. «Schönenwerd setzte zuletzt auf meiner Diagonalposition auf
ausländische Spieler, wodurch ich zu
wenig Einsatzzeit bekam. Ich war so
etwas wie ein Joker, was mir nicht behagte, denn ich wollte spielen und nicht
auf der Bank sitzen», nennt der 28-Jährige, der an der Uni Bern Sport und
Geschichte studiert, einen der Gründe
für den Wechsel.
Die Liebe zum ... Handball
Das Luzerner Frauenteam wird neu
von Dario Bettello trainiert. Der
46-Jährige Tessiner über die Ziele
und einen Dämpfer vor der Saison.
Doch ohne Volleyball ging es nicht, und
Eichenberger verstärkte die Reihen des
2.-Liga-Vereins von Murten: «Ich wollte
damals wissen, ob es noch geht.» Es
ging – und wie. Jedenfalls bekam er ein
Angebot von den beiden NLA-Equipen
Lausanne und Schönenwerd. Der Rest
ist bereits erzählt.
Dario Bettello, Ihre Vorgänger
wollten in den letzten beiden Saisons die Playoffs erreichen, was
aber nie gelang. Wie lauten nun
Ihre Ziele?
Dario Bettello: Der Ligaerhalt hat
oberste Priorität. Wir wollen aber
auch die Weiterentwicklung des
Teams fördern, dies gilt besonders für
die Juniorinnen.
Die Rolle des Underdogs
Nun beginnt bei Luzern ein neues
Kapitel im Volleyballbuch des Noah
Eichenberger. «Ich wurde im Team sehr
gut aufgenommen», sagt der Aargauer.
Dass er überhaupt in der Leuchtenstadt
gelandet ist, sei nicht zuletzt auch ein
Verdienst von Trainerin Lauren Bertolacci. «Ich bin überzeugt von ihrer Vision
und schätze ihre Art sehr, sie will etwas
erreichen.» Und er fügt an: «Ein Spaziergang wird die erste NLA-Saison für uns
Luzerner bestimmt nicht, aber wir nehmen die Rolle eines Underdogs ein, was
durchaus auch ein Vorteil sein kann.»
Eichenberger ist der einzige EliteNationalspieler in den Reihen der Luzerner, die mit Michael Suter (Züri
Unterland) noch einen weiteren Akteur
mit NLA-Praxis engagierten. Erfahrungen sammeln heisst denn auch die
Devise für die Equipe «und uns darüber
freuen, wenn wir dem einen oder anderen der Grossen einen Punkt abknöpfen können».
Dabei stand seine volleyballerische
Karriere einst auf der Kippe. Eichenberger, in Lenzburg geboren und aufgewachsen, frönte auch noch dem
Handball und überlegte sich ernsthaft
einen Wechsel zu dieser Sportart. Doch
es kam anders, ganz anders. Bei der Der passionierte Surfer
Noah Eichenberger pendelt von seiner
Schweizer Meisterschaft der VolleyballJunioren belegte er mit seinem Lenz- Berner WG für die vier wöchentlichen
burger Team Platz 3.
Trainings nach Luzern, in eine Stadt,
Und da passierte etwas ganz Besonderes.
die ihm gefällt. Als
«In Schönenwerd
Noch auf dem Podest
passionierter Surfer,
der schon in den Geflüsterte ihm sein dasah ich jeweils
maliger Trainer Urs
wässern von Indonenur den AKW-Turm.»
sien, Costa Rica, Sri
Lier zu: «Du hast ein
N OA H E I C H E N B E R G E R ,
Lanka und Nicaragua
Aufgebot für die JuN E U Z U Z U G B E I LU Z E R N
nioren-Nationaldiesen Sport ausübte,
mannschaft.» Und
mag er den See – und
Eichenberger musste
schätzt auch das Paauf der Nachhausefahrt eine Knacknuss norama, «in Schönenwerd sah ich jelösen: Volleyball oder Handball. Er ent- weils nur den AKW-Turm». Ausgiebig
schied sich für Ersteres.
geniessen kann er die Luzerner Pracht
nicht, denn neben den Trainings mit
Der Einsatz bei Sursee
seinem Verein ist er zwei- bis dreimal
Und dann begann es, das volleybal- im Fitnessstudio anzutreffen. Und wenn
lerische Leben, «ich bin ein Wander- dann die Meisterschaft pausiert, kommt
vogel», mit einigen Stationen in ver- die nächste Herausforderung, und die
schiedenen Ligen: Aarau (2. Liga), Schö- heisst Nationalmannschaft. Im nächsten
nenwerd (1. Liga). Dann machte er bei Jahr steht die EM- und WM-Qualifikation
Sursees NLA-Team für ein Jahr Station, auf dem Programm.
Erst gilt der Fokus am Samstag der
bevor Amriswil (NLA) an der Reihe war.
Zwei Kreuzbandrisse und ein bakteriel- NLA-Premiere gegen Jona. Wie sagt doch
ler Infekt am Knie zwangen ihn zu einer Noah Eichenberger: «Unser Team belängeren Pause. Er schrieb sich damals steht aus einem guten Mix aus routian der Uni in Freiburg ein, der Volley- nierten und jungen Spielern. Und alle
ballsport rückte in den Hintergrund. geben richtig Gas, auch die Youngsters.»
NACHGEFRAGT
Sie haben neben den beiden Leistungsträgerinnen Jasmin Bieri und
Linda Kronenberg sieben junge
regionale Talente in Ihren Reihen.
Können diese Spielerinnen denn
die Erwartungen erfüllen?
Bettello: Für uns ist es positiv, dass
wir Akteurinnen mit NLA-Erfahrung
haben. Die jungen Spielerinnen zeigen aber in den Trainings, dass sie
gewillt sind, Verantwortung zu übernehmen.
Sie haben mit Elena Kountoura
und Leona Neumannova auf diese Saison hin zwei ausländische
Profis verpflichtet. Wie verläuft
diese Integration?
Bettello: Ich bin sehr zufrieden, wie
sich die Integration entwickelt. Das
Team funktioniert sehr gut, es ist
bereits eine Homogenität vorhanden.
Sie mussten vor dem Start einen
Dämpfer hinnehmen: Passeurin
Kountoura fällt verletzungsbedingt für zwei Monate aus. Wer
übernimmt nun diesen Part?
Bettello: Diese Situation ist tatsächlich
schwierig. Die 16-jährige Olivia Wassner wird diese Position übernehmen.
Wir müssen nun sehen, wie sich das
Ganze entwickelt.
Noah Eichenberger fühlt sich in Luzern, das Bild
entstand am Seeufer beim KKL, äusserst wohl.
Aber Wassner ist 16-jährig, spielte bisher in der Mitte und trainiert
erst seit drei Monaten auf dieser
Position. Ist dieser Druck nicht zu
gross für einen Youngster?
Bettello: Es ist klar, dass sie viel Druck
verspüren wird. Die Trainings haben
gezeigt, sie macht ihre Sache sehr gut.
Zudem kann sie auch auf die Unterstützung des Teams zählen.
THERES BÜHLMANN
Bild Dominik Wunderli
Luzern stellt nach sechs Jahren wieder zwei NLA-Equipen
DER VEREIN T.B. 2009 verschwand die
einstige Hochburg Innerschweiz auf der
Volleyball-Landkarte. Das NLA-Frauenteam des BTV Luzern zog sich nach
dem Abstieg vom Meisterschaftsbetrieb
zurück. Das gleiche Schicksal ereilte
auch die NLA-Männer-Equipe des VBC
Sursee. Bei den Männern ist die Zen­
tralschweiz seit 2013 wieder vertreten,
damals stieg Einsiedeln am grünen
Tisch in die oberste Liga auf. Im gleichen Jahr schafften auch die Frauen
des FC Luzern die Promotion.
rund 350 000 Franken. Geschäftsführer
in einem Teilzeitpensum ist Gabriel
Wey. Zudem gibt es neu eine Kommunikationsstelle, die Sandra Pfammatter
innehat. Die Teams in den untereren
Ligen bleiben beim FC Luzern und
beim VBC Luzern angeschlossen.
FRAUEN, NLA
Kader 2015/16: Elena Kountoura (Nationalität:
Griechenland, Position: Zuspiel, Jahrgang: 1992,
Grösse: 192 Zentimeter), Jasmin Bieri (Schweiz,
Libera, 1986, 158), Gabi Schottroff (Schweiz, Mitte,
1997, 192), Jana Wigger (Schweiz, Libera, 1998,
163), Djiana Radulovic (Schweiz, Aussen, 1998,
180), Vera Bachmann (Schweiz, Diagonal, 1996,
178), Esther Rohrer (Schweiz, Mitte, 1996, 186),
Leonie Bisang (Schweiz, Mitte, 1994, 185), Linda
Kronenberg (Schweiz, aussen, 1990, 172), Leona
Neumannova (Tschechien), Aussen, 1987, 180), Olivia Wassner (Schweiz, Zuspiel, 1999, 184).
Zwei Teams – ein Verein
Der Stadtluzerner Leistungssportverein Volley Top Luzern ist im April 2015
aus den NLA-Frauen des FC Luzern
und der NLA-Männermannschaft des
VBC Luzern (Aufsteiger) hervorgegangen. Unter einem Dach vereint, sollen
bei Volley Top Luzern die Rahmen­
bedingungen für den regionalen Leistungssport sowie für die Spielerinnen
und Spieler optimiert und verbessert
werden. Volley Top Luzern arbeitet mit
sechs Partnervereinen zusammen. Das
Budget für beide NLA-Teams beträgt
Zuzüge: Kountoura (Larnaka/Zyp), Wigger (Volleya
Obwalden), Radulovic (Steinhausen), Neumannova
(Nawaro Straubing/De), Wassner (Steinhausen).
Gehört zu den Leistungsträgerinnen bei Volley
Top Luzern: die 25-jährige Linda Kronenberg.
Archivbild Philipp Schmidli
Abgänge: Lauren Bertolacci (Trainerin Männer NLA).
Nathalie Dambendzet (Assistenzcoach Männer,
NLA), Mirjana Blazevic (Studium in Bern), Anahita
Aebli (Glaronia), Anna Andersen (FCL, NLB), Michelle
Hodel (FCL, NLB), Trainer Denis Milanez (Näfels).
Trainer: Dario Bettello (neu). – Assistenz-Coach:
Robin Zemp (neu).
1. Runde. Samstag: Düdingen - Volero Zürich
(16.30). – Sonntag: Franches-Montagnes - Luzern,
Aesch-Pfeffingen - Cheseaux (beide 17.00), Kanti
Schaffhausen - Toggenburg (17.30)
MÄNNER, NLA
Kader 2015/16: Jürg Gautschi (Nationalität:
Schweiz, Position: Libero, Jahrgang: 1984, Grösse:
163 Zentimeter), Peer Harksen (Schweiz, Zuspiel,
1995, 194), Florian Keller (Schweiz, Libero, 1991,
184), Nick Amstutz (Schweiz, Mitte, 1993, 194),
Luca Ulrich (Schweiz, Aussen, 1997 196), Lorenz
Eichhorn (Schweiz, Aussen, 1995, 190), Raphael
Zurgilgen (Schweiz, Aussen, 1983, 192), Noah
Eichenberger (Schweiz, Diagonal, 1987, 194), Michael Suter (Schweiz, Zuspiel, 1989, 181), Marcel
Häfliger (Schweiz, Mitte, 1988, 199), Frederic Wicki
(Schweiz, Aussen, 1998, 193), Reto Willimann
(Schweiz, Diagonal, 1991, 192).
Zuzüge: Harksen (Schönenwerd), Eichhorn (Schönenwerd), Eichenberger (Schönenwerd), Suter (Züri
Unterland). – Abgänge: Tobias Binz (Rücktritt), Stig
Döös (Emmen.
Trainerin: Lauren Bertolacci (bisher). – AssistenzCoach: Nathalie Dambendzet (neu).
Männer. 1. Runde. Freitag: Lugano - Armiswil
(20.00). – Samstag: Schönenwerd - Näfels (17.30).
Jona - Luzern, Chênois - Lausanne (beide 18.00).
– Sonntag: Näfels - Einsiedeln (15.00)