Konzeption - Volkssolidarität

Konzeption
Volkssolidarität
Pößneck e.V.
Mädchenheim
Betreutes Jugendwohnen
Betreutes Wohnen
„Mutti mit Kind“
Einrichtung:
Mädchenheim
Betreutes Jugendwohnen
Betreutes Wohnen „Mutti mit Kind“
Wende dein
Gesicht der
Sonne zu, dann
fallen die
Schatten hinter
dich.
Träger:
Volkssolidarität Pößneck e.V.
Wernburger Weg 15a
07381 Pößneck
Dr.-Wilhelm-Külz-Straße 5
07381 Pößneck
Tel.: 03647 / 423722
Fax.: 03647 / 447910
Tel.: 03647 / 4403-0
Fax.: 03647 / 440333
Leiterin:
Frau Kornelia Kühn
Geschäftsführer:
Herr Helmut Weißbrich
Inhaltsverzeichnis
EINFÜHRUNG ................................................................................................................................................ 2
1. ALLGEMEINE ANGABEN....................................................................................................................... 2
1.1 GRUNDANSATZ ........................................................................................................................................... 2
1.1 ERSTGESPRÄCH .......................................................................................................................................... 2
1.2 UMGEBUNG DES MÄDCHENHEIMS ............................................................................................................ 3
2. MÄDCHENHEIM ....................................................................................................................................... 4
2.1
ERHÄLT HILFE? – ZIELGRUPPE .............................................................................................. 4
2.2
SOLL ERREICHT WERDEN? – ZIELE ....................................................................................... 4
2.3
WIRD DARAUF HINGEARBEITET? – AUSGESTALTUNG DER HILFE .......................................... 5
2.3.1 GESETZLICHE GRUNDLAGEN UND LEISTUNGEN....................................................................................... 5
2.3.2 BESONDERE MERKMALE DER ARBEIT ...................................................................................................... 7
2.3.2.1 Psychologische Arbeit ........................................................................................................................... 7
2.3.2.2 Soziales Kompetenztraining .................................................................................................................. 7
2.3.2.3 “Luna“ – unsere Therapiehündin ........................................................................................................... 8
2.3.2.4 Physiotherapeutische Arbeit .................................................................................................................. 8
2.3.2.5 Heimsprecher ......................................................................................................................................... 8
2.3.2.6 Belohnungssystem ................................................................................................................................. 8
3. BETREUTES JUGENDWOHNEN ........................................................................................................... 9
3.1
ERHÄLT HILFE? – ZIELGRUPPE ............................................................................................. 9
3.2
SOLL ERREICHT WERDEN? – ZIELE ....................................................................................... 9
3.3
WIRD DARAUF HINGEARBEITET? – AUSGESTALTUNG DER HILFE ........................................ 10
3.3.1 GESETZLICHE GRUNDLAGEN UND LEISTUNGEN..................................................................................... 10
3.3.3 BESONDERE MERKMALE DER ARBEIT .................................................................................................... 11
3.3.3.1 Psychologische Arbeit durch hausinterne Psychologin ....................................................................... 11
3.3.3.2 Physiotherapeutische Arbeit durch hausinterne Physiotherapeutin ..................................................... 11
4. BETREUTES WOHNEN „MUTTI MIT KIND“................................................................................... 12
4.1
ERHÄLT HILFE? – ZIELGRUPPE ........................................................................................... 12
4.2
SOLL ERREICHT WERDEN? – ZIELE ..................................................................................... 12
4.3
WIRD DARAUF HINGEARBEITET? – AUSGESTALTUNG DER HILFE ........................................ 13
4.3.1 GESETZLICHE GRUNDLAGEN UND LEISTUNGEN..................................................................................... 13
4.3.2 BESONDERE SCHWERPUNKTE UNSERER ARBEIT .................................................................................... 14
4.3.2.1 Krabbelgruppe ..................................................................................................................................... 14
4.3.2.2 Psychologische Arbeit durch hausinterne Psychologin ....................................................................... 14
4.3.2.3 Physiotherapeutische Arbeit durch hausinterne Physiotherapeutin ..................................................... 15
ANHANG 1: VERGLEICH DER HILFE „MUTTI MIT KIND“ GEMÄß §§ 19 UND 34 SGB VIII ....................... 16
1
Einführung
„Weil ich ein Mädchen bin“ – so lautet das Motto von
Mädchenheim, Betreutes Jugendwohnen und Betreutes
Wohnen „Mutti mit Kind“. Wir wollen den Mädchen,
Jugendlichen und jungen Frauen in unserer Einrichtung
ein Zuhause schaffen, in dem sie mit psychologischer
und pädagogischer Hilfe ihre individuellen Problemlagen verarbeiten und bewältigen lernen. Grundlage hierfür sind vertrauensvolle und tragfähige Beziehungen
zwischen Mädchen und Pädagoginnen bzw. Psychologinnen. Darin spiegelt sich unser Leitbild wider, welches von humanistisch betontem Handeln, also
einer positiv wertschätzenden Grundhaltung gegenüber den Mädchen, geprägt ist.
Die drei genannten Bereiche existieren als separate Abteilungen in einem Haus und sind in Trägerschaft der Volkssolidarität Pößneck e.V.. Dieser Träger versteht sich als parteipolitisch und konfessionell unabhängiger gemeinnütziger Verein der freien Wohlfahrtspflege und ist Mitglied im Paritätischen Wohlfahrtsverband.
Im Folgenden sind Zielgruppe, Ziele und Ausgestaltung der Hilfe aufgeführt. Detailliertere und
zusätzliche Auskünfte gibt hierzu die Leistungsbeschreibung der Einrichtung.
1. Allgemeine Angaben
1.1 Grundansatz
Auch wenn wir den bei uns lebenden jungen Menschen nicht ihre Eltern ersetzen können, wollen
wir ihnen ein Zuhause gestalten, in dem sie sich wohl fühlen und in dem sie gerne wohnen. In dieser Aufgabe vereinen sich neben Erziehung eine Vielzahl scheinbarer Gegensätze: Warmherzigkeit
& Strenge, Hilfe & Kontrolle, Lob & Tadel, Belohnung & Strafe, Grenzen & Freiheiten, Rechte &
Pflichten, Freiheiten & Schranken, Individualität & Gruppensinn, Standard & Persönlichkeit. In den
folgenden Ausführungen wird sichtbar, wie sehr sich all diese Dinge gegenseitig beeinflussen und
im Antagonismus stehen. Sie bedingen sich gegenseitig und können nur im Miteinander helfend
wirksam werden. Doch eins ist all diesen Eigenschaften gemeinsam: Sie werden von uns mit dem
Ziel angewandt, aus diesen Mädchen Persönlichkeiten heranwachsen zu lassen, die befähigt sind,
ihr Leben selbst zu gestalten, zu bewältigen und sich ein eigenes Zuhause zu schaffen.
1.1 Erstgespräch
Auf Initiative des Jugendamtes ermöglichen wir allen Beteiligten, also Mädchen, Sorgeberechtigten
und Jugendamt, sich innerhalb unserer Einrichtung mit uns zu einem Erstgespräch zusammen zu
setzen, um gemeinsam die Situation zu besprechen. Darin darf uns das Mädchen seine Wünsche
mitteilen, wir erzählen von dem Ablauf in unserer Einrichtung und das Jugendamt steckt weitere
Rahmenbedingungen (z.B. Kontakt mit Eltern) fest. Innerhalb dieses ersten Treffens steht eine
Problemanalyse im Mittelpunkt, worin Ziele des Aufenthalts und zeitlicher Rahmen thematisiert
werden. Erst dann wird über eine Aufnahme in unsere Einrichtung entschieden, wobei folgende
Fragestellungen handlungsleitend sind:
* Können die erkannten Störungen der Betroffenen bewältigt werden?
* Reicht das Fachdienstangebot bzw. das erreichbare ambulante Angebot aus?
* Lässt sich diese Problematik mit der Problemlage der Mitbewohner vereinbaren?
Spricht die Beantwortung dieser Fragen nicht konkret gegen eine Aufnahme des Mädchens, bestätigt die Heimleiterin die Aufnahmebereitschaft unsererseits gegenüber dem Jugendamt. Wenn alle
Absprachen bereits innerhalb des Aufnahmegesprächs erfolgen, kann sich das Mädchen mit Zustimmung aller Beteiligten gleich für eine Aufnahme mit Probezeit entscheiden.
2
1.2 Umgebung des Mädchenheims
Auch wenn sich nicht alles um das Mädchenheim dreht,
liegt unsere Einrichtung in Zentrumsnähe. Die Verbindung zu größeren Städten, z.B. Gera, Jena, Saalfeld und
Erfurt ist durch öffentliche Verkehrsmittel ist gewährleistet. Im Zuge der 1. Landesgartenschau im Jahr 2000 hat
sich das Pößnecker Stadtbild verschönert. Unser Städtchen liegt im Orlatal und ist von einer schönen Landschaft
umgeben, bestehend aus großen Waldgebieten, vielen
Seen und Stauseen mit zahlreichen Rad- und Wanderwegen.
Pößneck und Umgebung bieten vielfältige Freizeitangebote im sportlichen und kulturellen Bereich:
* Mehrgenerationenhaus mit Jugendclub, Tanz- und Theatergruppe
* verschiedene Sportvereine (z.B. Wassersport, Volleyball, Beachvolleyball, Kegeln oder
Handball, Aikido, Sambatrommeln)
* Naherholungsgebiet „Griebse“ mit „Trimm-Dich-Pfad“
* Freibad und Erlebnisbäder mit Sauna
* Kegel- und Bowlingbahnen
* Reiterhof, Streichelzoo
* Selbstverteidigungskurse
* Kino
* Diskotheken
* Bibliothek
* Sommerrodelbahn
* Fitnessstudio
* Wanderrouten
Darüber hinaus bieten Pößneck und Umgebung bekannte Sehenswürdigkeiten:
* Heimatmuseum Pößneck
* Gotisches Rathaus
* Saalfelder Feengrotten
* Burg Ranis
* Leuchtenburg
* Bismarckturm
* Döbritzer Höhlen
* Hohenwartetalsperre
* Märchenwald Saalburg
* Wasserkraftmuseum Ziegenrück
* Burg Greifenstein mit Falkenschau
Pößneck verfügt weiterhin über eine Vielzahl an Einkaufszentren im Zentrum und im Gewerbegebiet sowie über Großbetriebe wie der GGP Media und die Berggold Süßwarenfabrik. Vor Ort sind
Allgemeinmediziner und Fachärzte für Augenheilkunde, Chirurgie, Frauenheilkunde/ Geburtshilfe,
Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Innere Medizin, Nervenheilkunde sowie Zahnärzte, Kieferorthopäden
und Therapeuten ansässig. Zusätzlich verfügt Pößneck über ein Krankenhaus, die Thüringen-Klinik.
Auch das generationsübergreifende Sozialzentrum der Volkssolidarität stellt einen wichtigen Bestandteil des städtischen sozialen Netzes dar, wobei die Kindereinrichtungen, Begegnungsstätten,
3
ein Lehrlingswohnheim und ein Übergangswohnheim wichtiger Bestandteil sind und durch das Betreute Wohnen „Mutti mit Kind“ mit genutzt werden.
2. Mädchenheim
2.1
erhält Hilfe? – Zielgruppe
Im Mädchenheim finden Mädchen im Alter ab 12 Jahren ein Zuhause, die
 nach einem Aufenthalt in der Kinder- und Jugendpsychiatrie
nicht in ihr Elternhaus zurückkehren können.
 Vernachlässigung, Misshandlung, sexuelle Gewalt oder andere
Formen seelischer Gewalt erfahren haben.
 sich aufgrund ihrer familiären Situation in einer Krise befinden.
 nicht drogen- oder alkoholabhängig sind.



Oftmals betreuen wir Mädchen in Folge eines Psychiatrieaufenthalts nach, indem wir sie stabilisieren und ihnen mit psychologischer und pädagogischer Hilfe in der Aufarbeitung ihrer Vergangenheit helfen. Aufgrund erlebter Gewalt ist eine Diagnose oft schwierig, da schwere Traumatisierungen eine Vielzahl von Symptomen nach sich ziehen. Die Mädchen leiden unter Ängsten, Alpträumen, posttraumatischen Belastungsstörungen, zeigen Rückzugsverhalten, unangemessenes Sexualverhalten und selbstverletzendes Verhalten. Dadurch und aufgrund unangemessenen Sozialverhaltens verschlechterten sich ihre Schulleistungen, liefen sie von zu Hause weg oder missbrauchten
Alkohol und andere Drogen. Es kostet sie viel Anstrengung, dieses Verhalten bei uns abzulegen.
2.2
soll erreicht werden? – Ziele
In den halbjährlich stattfindenden Hilfeplänen werden mit allen Beteiligten konkrete Ziele vereinbart, die fortwährend forciert und dann geprüft werden. Neben diesen individuell festgelegten Maßgaben handeln wir innerhalb unserer Arbeit nach folgenden Zielen:



 Identität als eigenständige Person mit gesundem Selbstwert und Selbstverantwortung
 positive Aufarbeitung und Integration von Erfahrungen in das eigene Leben
 Finden und Festigen von alltagstauglichen Lösungswegen
 Bewusstsein eigener Stärken, Schwächen und Grenzen im Alltag (Eigenreflektion)
 Änderung negativer Verhaltensauffälligkeiten
 Strategien zum Befriedigen der Bedürfnisse nach Ruhe und Entspannung
 eigenständiges Wissen um Pflichten und Tätigen dieser Aufgaben
 Entwicklung von Verantwortungsgefühl, Fähigkeit zum eigenen Bedürfnisaufschub
 Nutzen vorhandener Ressourcen und Wecken schlummernder Ressourcen
 angemessener Umgang mit Finanzen
 Wiederaufnahme/ Weiterführung der Schullaufbahn
 Rückkehr zur Familie oder Befähigung zu selbständiger Lebensführung nach Volljährigkeit
4
Die Mädchen lernen während dieser gemeinsamen Arbeit, sich neue Ziele zu setzen und positive
Erfolge zu erzielen, die ihnen Lob einbringen. Sie entscheiden, ob sie während ihres Lebens bei uns
emotionale Nähe annehmen oder Distanz aufrecht erhalten möchten.
2.3
wird darauf hingearbeitet? – Ausgestaltung der Hilfe
Die Ausgestaltung der Hilfe gestaltet sich sehr vielseitig für die Mädchen, indem wir einerseits individuell auf sie eingehen und andererseits einen klaren, strukturierten Ablauf vorgeben. Im Folgenden werden sowohl das Alltagsgeschehen als auch die Besonderheiten unserer Arbeit beleuchtet.
2.3.1 Gesetzliche Grundlagen und Leistungen
Im Mädchenheim leben Mädchen, die durch das Jugendamt nach den gesetzlichen Grundlagen
gemäß der §§ 27 i. V. m. 34 oder 41 SGB VIII oder nach § 35a SGB VIII untergebracht wurden.
Entsprechend ihrem Bedarf und den Absprachen mit dem Jugendamt erhalten sie psychologische
und pädagogische Unterstützung. Sowohl die einzelnen Wochentage als auch die gesamte Woche
sind klar und transparent für die Mädchen strukturiert – ihnen ist der Ablauf bekannt.
Der Wochenablauf der Mädchen gestaltet sich klar geregelt und folgt in der Regel im gleich bleibenden Ablauf, wie im Folgenden dargestellt:
- Schule, Haushalt1, „Sambatrommeln“
Montag
- Schule, Haushalt, „Soziales Kompetenztraining“ mit Psychologin
Dienstag
- Schule, Haushalt, Einkauf (1 Erzieher + 2 Mädchen), Gitarrenunterricht
Mittwoch
- Schule, Haushalt, „Familienabend“ (gemeinsame Abendgestaltung)
Donnerstag
- Schule, Haushalt, Obst- und Gemüseeinkauf , Schwimmbad/ Aerobic
Freitag
- Ausschlafen bis 9 Uhr, Hausgroßputz, gemeinsame Unternehmung,
Samstag
- Ausschlafen bis 11 Uhr, Haushalt, gemeinsame Unternehmung, Freizeit
Sonntag
Auch der Schulalltag ist klar geregelt und folgt in der Regel folgendem gleichbleibendem Ablauf:
ca. 5.00 – 8.00 Uhr
- selbständig aufstehen, Körperpflege, Frühstück, zur Schule gehen
ca. 8.00 – 13.00 Uhr - Schule/ Ausbildung (dauert ggf. länger)
ca. 13.00 – 17.00 - Regenerationspause nach Schule, Zeit zum Relaxen in Haus und Hof
- gemeinsames Kaffeetrinken
Uhr
- Erledigen der Dienste
- Freizeitbeschäftigung
- Gespräche mit der Psychologin und Pädagoginnen
- Hausaufgabenzeit
17.00 – 17.45 Uhr
- gemeinsames Abendbrot (Vorbereiten durch 1 Erzieher + 2 Mädchen)
17.45 – 19.00 Uhr
- „Hausmeister“ (d.h. eine Pädagogin und ein Mädchen kontrollieren und
benoten Zimmerordnung)
19.00 – 22.00 / 14.00 - persönlicher Ausgang
- persönliche Hygiene, Vorbereitung auf Zimmer- und Nachtruhe
Uhr
(gestaffelt entspre- - auf Wunsch „Gute-Nacht-Geschichten“, Gespräche zur Verarbeitung der
chend des Alters)
Tagesgeschehnisse
Diese klare Strukturierung des Alltags gibt den Mädchen Sicherheit und hilft ihnen, sich einzuleben, Vertrauen aufzubauen und sich mit ihrer oft traumatisierenden Vergangenheit auseinanderzusetzen. Das belastet sie zeitweise und bringt zunächst zusätzliches Konfliktpotential zu Tage, ist
jedoch in Hinblick auf ihre Zukunft unabdingbar.
1
Haushalt meint hier die einzelnen Aufgaben im Haushalt, die jedes Mädchen täglich zu erledigen hat.
5
Darüber hinaus erfolgt die Ausgestaltung der Hilfe wie folgt:

 Erhöhung des
 Einbeziehung
Selbstwertgefühls durch Lob und Kritik ihres Verhaltens
der Vorgeschichte in die pädagogische und psychologi-
sche Arbeit
 bewusste Wahrnehmung der eigenen Stärken, Schwächen und Grenzen
 Erlernen des Umgangs mit Misserfolgen
 Aushalten von Konfliktsituationen und angemessene Reaktion darauf
 Kritikfähigkeit trainieren (Annehmen und angemessenes Äußern von
Kritik)
 lernen, sich eine eigene Meinung zu bilden und diese zu äußern
 Aufbau von Verantwortungsbewusstsein (Aufgaben im Haushalt,


Einstehen für Fehler)
 Aufklärung bzgl. Entwicklung und Veränderung des Körpers
 Elternarbeit (Unterstützung beim Aufbau von Kontakten oder Pflege
bestehender Kontakte zu Familienangehörigen, regelmäßige Telefonate
oder persönliche Gespräche, Auswertung der Heimfahrten, Gespräche
mit Eltern bzgl. unseren Erziehungsmethoden und Aufzeigen von Alternativen im Umgang mit Mädchen)
 Hilfe bei Haushaltsführung und Erlernen einer selbständigen Lebensführung
 Hilfestellung bei eigenständiger Strukturierung des Alltags
 Organisieren von Freizeitaktivitäten und Entfalten individueller Interessen/ Fähigkeiten
 psychologische Einzelgespräche
 gemeinsames Ausüben von Hobbys (z.B. Sambatrommeln, Tanz,
Aikido, Schwimmen)
 Verdeutlichung der gegenwärtigen Situation und Finden eines neuen
Lebensrhythmus
 Trainieren eines angemessenen Umgangs mit Geld
 schulische Unterstützung, z.B. Zusammenarbeit mit Lehrern, Hausaufgabenhilfe
 Suche/ Beginn einer Ausbildung
Da diese Mädchen meist unter benachteiligten familiären Lebensbedingungen aufgewachsen sind
und oft soziale und materielle Nöte, aber auch körperliches und seelisches Leid ertragen mussten,
kommen sie bei uns teilweise mit vielen Verhaltensauffälligkeiten an und wollen beginnen, sich der
Herausforderung einer „gelingenderen“ Lebensbewältigung zu stellen. Viele von ihnen haben zuvor
einige Wochen in einer Kinder- und Jugendpsychiatrie verbracht – sie erfahren in unserer Einrichtung intensive Nachbetreuung. Die Mädchen haben die Chance, zu stabilen Persönlichkeiten heran
zu wachsen, die ihr Leben positiv bewältigen und mit Konflikten umgehen können. Ist die Hilfe bis
zur Volljährigkeit angedacht, bereiten wir sie bereits auf das Betreute Jugendwohnen vor, welches
in Kapitel 4 näher erläutert wird.
Das Mädchenheim als geschützte Einrichtung ist durch ein familiennahes Konzept charakterisiert.
Dieses familiennahe Miteinander kommt sowohl im Kontakterziehersystem als auch in den gemeinsamen Unternehmungen und Zusammenkünften aller Mitbewohner zum Klären von Missverständnissen und Problemen zum Ausdruck. Jeden Donnerstagabend treffen sich alle Mädchen mit einem
Erzieher, um gemeinsam einen harmonischen „Familienabend“ zu gestalten. Neben Beauty- und
Massageabenden werden Quiz, Märchenstunde, Buchvorstellung, uvm. mit den Mädchen veranstaltet, aber auch ferne Länder und deren Lebensverhältnisse vorgestellt und gemeinsam diskutiert.
6
2.3.2 Besondere Merkmale der Arbeit
Wesentliche Charaktereigenschaften liegen neben der familienähnlichen Gestaltung in der Elternarbeit, der schulischen und emotionalen Förderung. Weitere Merkmale sind im Folgenden aufgeführt.
2.3.2.1 Psychologische Arbeit
Unsere hausinterne Psychologin begleitet unsere Mädchen in deren Alltag. Kommen die Mädchen
in unsere Einrichtung, erstellt die Psychologin eine umfangreiche Eingangsdiagnostik. Auf einer
Vertrauensbasis erarbeitet sie mit den Mädchen neue Erklärungsmodelle und Ressourcen, die deren Denken und Fühlen bzgl. ihrer Defiziterfahrungen im positiven Sinne verändern.
Genauer beschrieben beinhaltet das anfangs stabilisierende und stärkende Behandlungsschritte,
um auf dieser Basis die Traumainhalte sicherer und dosierter in geschütztem Rahmen zu bearbeiten.
Damit entwickeln die Mädchen ihre Lebensgeschichte neu, indem sie diese förderlicher interpretieren und damit für sie annehmbarer, aber doch nicht verfälscht wird. Hier können sie neue Denkund Verhaltensweisen ausprobieren, die mit angenehmeren Fühlen und Empfindungen einhergehen. In der Aufarbeitung traumatischer Erfahrungen passt die Psychologin sich in ihrer Arbeit den
entwicklungspsychologischen Aspekten der Mädchen, entsprechend deren Alter, an.
Indem unsere Psychologin tagsüber in unserer Einrichtung arbeitet, erlebt sie die Mädchen in ihrem
Alltag, kennt deren Hintergründe und erfährt in der Begleitung des Hilfeverlaufs von deren Stärken
und Schwächen. Der schnellere Aufbau einer intensiven Vertrauensbasis wird möglich und fördert
die psychologische Arbeit mit den Mädchen. Dieses authentische und transparente Erleben verhindert Missverständnisse, da eine direkte Rückkopplung mit den Pädagoginnen möglich ist. Es ist ihr
möglich, bei starken Konflikten Kriseninterventionen durchzuführen und Situationen für alle Beteiligten zu entspannen. Derartige Krisen werden mit den Mädchen im Nachhinein besprochen.
Darüber hinaus werden die Mädchen in ihren sozialen Kompetenzen gestärkt. Innerhalb der Einzelarbeit geht die Psychologin gezielt auf die
individuellen Bedürfnisse der Mädchen ein, wobei
das Miteinander mit den anderen Mädchen besprochen wird. Fällt es einem Mädchen z.B.
schwer, Anschluss an die Gruppe zu finden, wird
das aufgegriffen. Zeitweise wird „Gruppe“ einberufen – d.h., alle Mädchen treffen sich in einem
Raum und Probleme werden mit allen thematisiert. Schwelende Konflikte innerhalb der Gruppe
werden offen besprochen. Unsere Psychologin
gibt Impulse, ist Sprachrohr für die verschiedenen
Botschaften und übersetzt diese ggf., um sie verstehbar zu machen. Sie kennt Hintergründe und kann diese erklären, ebenso wie sie Stoppschilder
bei Grenzüberschreitungen setzt.
Neben dem Stress im Alltag werden auch Konzentrations- und Entspannungsübungen eingebaut, z.B. Autogenes Training, Einschlafübungen und Progressive Muskelrelaxation nach Jacobsen.
Die pädagogische Arbeit ist damit sehr eng mit der psychologischen Arbeit verknüpft, was für alle
Beteiligten eine Transparenz und dem zu Folge ein gesundes Arbeiten ermöglicht.
Weiterhin führt unsere Psychologin Tests hinsichtlich einer schulischen/ beruflichen Laufbahn
mit ihnen durch, um mit dem jeweiligen Mädchen eine realistische Perspektive zu erarbeiten.
2.3.2.2 Soziales Kompetenztraining
Da alle bei uns wohnenden Mädchen Schwierigkeiten haben, ihre Forderungen, Gefühle und Bedürfnisse ihren Mitmenschen angemessen mitzuteilen, übt unsere Psychologin mit Unterstützung
einer weiteren Fachkraft mit den Mädchen, wie sie diesen Spagat zwischen sozialer Anpassung und
individuellen Bedürfnissen händeln können. Sie lernen, in solchen Situationen für sich und ihre
Umwelt akzeptable Kompromisse zu finden und zu verwirklichen. An diesem wöchentlich einmal
stattfindenden Sozialen Kompetenztraining nehmen alle Mädchen teil.
7
Dabei werden folgende konkrete Verhaltensweisen durch Rollenspiele, u.a. Methoden trainiert:
* Versuchungen (z.B. Alkohol) zurückweisen – Nein sagen
* Änderungen bei störendem Verhalten verlangen
* Unterbrechungen im Gespräch unterbinden
* Gespräche beginnen, aufrechterhalten & beenden
* erwünschte Kontakte arrangieren und unerwünschte beenden
* Komplimente akzeptieren & machen
* um Gefallen bitten
* Reagieren auf Kritik
* Widerspruch äußern
* sich entschuldigen
* Schwächen eingestehen
* Gefühle offen zeigen
2.3.2.3 “Luna“ – unsere Therapiehündin
Hallo, ich bin Luna, die tierische Unterstützung.
Ich fühle mich hier zwischen den ganzen Mädels sehr wohl – ich bin ja schließlich
auch eins. Trotzdem kümmern sich zwei von ihnen besonders gut um mich. Sie kaufen mir
Hundefutter und einer von ihnen ist immer auf unseren Spaziergängen dabei, während
die anderen Mädchen sich abwechseln. Die Mädchen haben mich sehr schnell gern und
vertrauen mir. Das hilft ihnen, ihre Ängste zu überwinden. Zuerst streicheln sie mich, später lassen sie von
den Erwachsenen emotionale Zuwendung zu. Weil viele von ihnen Schlimmes erlebt haben, müssen sie
erst richtig lernen, wie man richtig auf andere reagiert. Also helfe ich ihnen dabei, sich auf ihre
Mitmenschen einzulassen – das ist nicht immer einfach. Aber es geht ihnen dann besser. Sie
erfahren sich in ihrer positiven Wirksamkeit und bauen ein positiveres Selbstbild auf,
um dann weitere Schritte zu wagen. Mir macht diese Arbeit trotz allem
Stress sehr viel Spaß – und die Mädchen arbeiten gut mit.
2.3.2.4 Physiotherapeutische Arbeit
Eine ausgebildete Pädagogin unserer Einrichtung ist zugleich ausgebildete Physiotherapeutin. Mit
Übungen der Entspannungsgymnastik gibt sie den Mädchen Tipps zu gesunder Körperhaltung
und kann spezielle Übungen zeigen. Die Rückenschule dient daneben ihrem seelischen Wohlbefinden, denn Rückenschmerzen sind oft zugleich ein Anzeichen seelischer Last. Durch das Aufbauen
von Spannkraft in ihrer Körperhaltung können sie ein neues Körpergefühl entwickeln, welches sich
wiederum auf ihre Psyche, insbesondere ihren Selbstwert, auswirkt.
Besonderes Augenmerk liegt auf der Massage, denn hier verschwindet
eine eventuell bestehende Berührungsangst automatisch. Das Zulassen
von körperlicher Nähe und zugleich der angenehme Abbau von Spannungen ermöglicht den Mädchen ein völliges Loslassen und Entspannen von einem stressigen Alltag und wirkt erholsam für die Psyche.
2.3.2.5 Heimsprecher
Die Heimsprecherin ist in der Zeit ihres Aufenthalts zu einer stabilen, positiven und respektablen
Größe innerhalb der Gruppe herangereift. Die bestehenden Regeln und Grenzen sind von ihr verinnerlicht, sodass sie diese auch nach außen vertritt und sich für deren Durchsetzung bei den Mädchen
einsetzt. Ein bestehendes Rechts- und Unrechtsbewusstsein hilft ihr, ein objektives Bild zu erlangen
und dementsprechend Entscheidungen mit zu treffen, die ein neutrales und gerechtes Handeln ermöglichen. In ihrer Vorbildwirkung vermittelt sie in Streitsituationen zwischen den Mädchen und
vertritt ebenso die Ansagen der Pädagoginnen. Die Heimsprecherin hat ein offenes Ohr für die
Probleme und Sorgen der anderen Mädchen und bemüht sich, ihnen zu helfen.
2.3.2.6 Belohnungssystem
Innerhalb eines Belohnungssystems schätzen die Pädagoginnen täglich mit einer Note von 1 – 5 ein,
wie die Mädchen ihre festgelegte Aufgabe im Haus erledigt, ihr Zimmer in Ordnung gehalten und
sich verhalten haben. Die Zimmerordnung wird durch eine Pädagogin und ein Mädchen, den sog.
„Hausmeister“, bewertet, indem diese nach dem Abendbrot durch die Zimmer gehen. Dieser
„Hausmeister“ wechselt ebenso wie die Dienste und die Aufgaben in der Küche wöchentlich. Am
Ende des Monats wird der Notendurchschnitt der drei Bereiche errechnet. Die ersten drei Plätze
erhalten eine kleine Belohnung, z.B. Schmuck oder Süßigkeiten.
8
3. Betreutes Jugendwohnen
erhält Hilfe? – Zielgruppe
3.1
Im Betreuten Jugendwohnen leben Jugendliche und junge volljährige Frauen, die




mindestens 16 Jahre alt sind.
zuvor im Mädchenheim gewohnt haben (Aufnahme
anderer Jugendlicher nur in Ausnahmefällen).
sich im Prozess der Verselbständigung befinden und
nur noch zeitlich begrenzte pädagogische Unterstützung benötigen.
nicht alkohol- oder drogenabhängig sind.
Im Betreuten Jugendwohnen vereint sich ein weiterer Rahmen als im Mädchenheim
mit einem engeren Betreuungsnetz als üblich im Betreuten Jugendwohnen. Dieser
fließende Übergang zur Verselbständigung soll ihnen helfen, in ihre Verantwortung
hereinwachsen zu können.
3.2
soll erreicht werden? – Ziele
Ziel dieser Unterstützung ist insbesondere die Verselbständigung der Jugendlichen. Sie gestalten ihr
Leben weitestgehend selbständig in eigenem Wohnraum. Besonders wichtige Aspekte, die in dem
Hauptziel der Verselbständigung vereint sind, sind folgende:













Kennen der eigenen Stärken, Schwächen und Grenzen
gefestigte Identität als eigenständige Person, Erhöhung des Selbstwertgefühls
selbständige Nutzung eigener Ressourcen
Entfaltung der eigenen Persönlichkeit
Fähigkeit zur Eigenreflektion
soziale Kompetenzen und gesunde soziale Beziehungen
weiterführende Aufarbeitung und Integration negativer Erfahrungen & Traumata
Aushalten von Konflikten und Festigen von Problemlösungsstrategien
selbständige Organisation, Koordination und Wahrnehmung jeglicher Termine
Umgang mit Behörden und Ämtern
Finden/ Ausüben/ Abschließen einer geeigneten Ausbildung
Bestehen eines sicheren Netzwerkes, das in Notsituationen Unterstützung bietet
eigene Haushaltsführung mit wirtschaftlicher & finanzieller Selbständigkeit
Diese Ziele sollen nach Entwicklungsstand und Möglichkeiten der Jugendlichen in Abstimmung
mit dem Jugendamt erreicht sein, wenn sie unsere Einrichtung verlassen, um selbständig zu leben.
9
3.3
wird darauf hingearbeitet? – Ausgestaltung der Hilfe
Für die Jugendlichen, die nun in eigenen Wohnungen im Haus leben, wird
die Ausgestaltung der Hilfe auf o.g. Ziele ausgerichtet, wobei wir einerseits individuell auf sie eingehen und andererseits Selbständigkeit in
Rechten und Pflichten fördern und fordern. Im Folgenden werden sowohl
das Alltagsgeschehen als auch die Besonderheiten unserer Arbeit erklärt.
3.3.1 Gesetzliche Grundlagen und Leistungen
In dieser Verselbständigungsphase leben die Jugendlichen entsprechend ihres Entwicklungsstandes
nach §§ 27 i. V. m. 34 SGB VIII oder § 35a SGB VIII bei uns. Haben sie ihr 18. Lebensjahr vollendet, sind wir bereit sie laut §§ 41 i. V. m. 34 SGB VIII weiter zu unterstützen.
Die Jugendlichen erhalten im Betreuten Jugendwohnen innerhalb des Alltags begleitende Unterstützung. Dennoch verläuft ihr Schulalltag in folgender Routine:
ca. 5.00 – 7.00 Uhr
ca. 7.00 – 15.00 Uhr
ca. 15.00 – 18.00
Uhr
ca. 18.00 – 22.00
Uhr
- selbständiges Aufstehen, Frühstück, persönliche Hygiene
- Schul- oder Ausbildungsbesuch
- Einkäufe, Gespräche mit der Pädagogin/ Psychologin, Wohnungsreinigung, Schulvorbereitung, individuelle Freizeit, Vorbereitung Abendessen
- Abendessen, individuelle Interessen bzw. gemeinsame Unternehmung
- Nachtruhe
Während der Alltag im Mädchenheim genau strukturiert gewesen ist, erfahren die Jugendlichen hier
mehr Freiheiten, die es im angemessenen Rahmen zu gestalten gilt. Hier wenden sie das Gelernte
an, indem sie Prioritäten setzen müssen, z.B. entweder Freunde zu besuchen, sich auf die Schule
vorbereiten oder den Haushaltspflichten nachkommen. Gerade zu Beginn unterstützen wir sie hierbei verstärkt, so dass sie neben ihren Rechten ihre Pflichten eigenständig wahrnehmen.
An schulfreien Tagen gestalten die Jugendlichen ihren Alltag individuell, wobei sie das zuvor mit
ihren jeweiligen Kontakterziehern besprechen.
Um die o. g. Ziele zu erreichen, erhalten die Jugendlichen/ jungen Volljährigen die notwendige und
geeignete pädagogische und psychologische Unterstützung. Je nachdem, inwieweit sie an folgenden
Punkten noch Unterstützung benötigen, helfen wir ihnen dabei.
 Fördern einer positiven Selbstverantwortung
 Festigen bereits erlernter Problemlösungsstrategien
 Hilfe zur Selbsthilfe, d.h. Suchen, Auswählen, Nutzen von Auswegen
 Ressourcennutzung (Nutzen, Wecken, Entfalten, Finden von Ressourcen)
 Weiterführung der Aufarbeitung traumatischer Erfahrungen durch
Psychologin
 Besprechen und Reflektieren von Partnerschaftsbeziehungen
 Hilfe bei Haushaltsführung (z.B. Finanzen, Einkauf, Mahlzeiten, Haushaltsführung)
 Finden einer angemessenen Ausbildung/ Beruf
 Begleitung zu Terminen bei Ämtern und Behörden
 Entwickeln von Zukunftsperspektiven (z.B. Wohnungssuche, Bewerbung)
 eigenständige Haushaltsführung mit wirtschaftlicher & finanzieller
Selbständigkeit
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Die Gestaltung der Hilfe orientiert sich an den individuell gesetzten Zielen, die mit dem Jugendamt
vereinbart worden sind. Wenn die Jugendlichen in eigenen Wohnraum ziehen, sollen sie diese Dinge selbständig tätigen und in der Lage sein, ihren Alltag ohne unsere Unterstützung zu managen.
3.3.3 Besondere Merkmale der Arbeit
Die Jugendlichen leben, ebenso wie die jungen Mütter, in eigenen
Wohnungen mit Küche und Bad. Für diese Wohnbereiche sind sie
hinsichtlich der Gestaltung und Ordnung verantwortlich. Wesentliche
Charaktereigenschaften der Arbeit liegen, angelehnt an die Arbeit im
Mädchenheim, in der Elternarbeit, der schulischen, der emotionalen und der familienähnlichen Gestaltung. Letzteres wird in lockererem Rahmen realisiert, indem sich die Jugendlichen mit den jungen Müttern jeden Mittwochabend zum gemeinsamen Kochen und Essen treffen.
3.3.3.1 Psychologische Arbeit durch hausinterne Psychologin
Auf der bereits bestehenden Vertrauensbasis, die die Jugendlichen während ihres Aufenthalts im
Mädchenheim mit unserer Psychologin aufgebaut haben, erarbeitet die Psychologin mit ihnen weiterführend Erklärungsmodelle und Ressourcen, die deren Denken und Fühlen bzgl. ihrer Defiziterfahrungen im positiven Sinne verändern.
Neu erlernte Denk- und Verhaltensweisen, die mit angenehmeren Fühlen und Empfindungen einhergehen, werden vertieft und alltagstauglich anwendbar gemacht.
Indem unsere Psychologin tagsüber mit den Jugendlichen arbeitet, erlebt sie diese in ihrem Alltag,
kennt deren Hintergründe und geht auf deren Stärken und Schwächen ein. Diese Transparenz im
Alltagsgeschehen verhindert Missverständnisse, da eine direkte Rückkopplung unter den Fachkräften möglich ist. Konflikte und Probleme werden direkt thematisiert und bearbeitet. Alte Mechanismen, wie z.B. Lügen oder Tricksen, greifen an der Stelle weniger. Diese sofortige Hilfestellung und
Übung im Alltag hilft ihnen, sich ihrer Wirksamkeit bewusster zu werden und später in
entsprechenden Situationen adäquat zu reagieren. Sie lernen, auf die eigenen Signale bewusster und
kontrollierter zu reagieren. Indem Situationen mit ihnen reflektiert werden, erkennen sie Anzeichen
für den Verlauf ihrer eigenen Reaktion und ihr Handeln. Die Jugendlichen lernen, beides positiv zu
ändern und Verantwortung dafür zu übernehmen. In extrem schwierigen Situationen führt unsere
Psychologin Kriseninterventionen durch, die die Situation entspannen und später mit allen Beteiligten reflektiert werden.
Darüber hinaus werden die Jugendlichen in ihren sozialen Kompetenzen gestärkt. Innerhalb der
Einzelarbeit geht die Psychologin gezielt auf deren individuellen Bedürfnisse ein. Neben dem
Stress im Alltag werden auch Konzentrations- und Entspannungsübungen eingebaut, z.B. Autogenes Training, Einschlafübungen und Progressive Muskelrelaxation nach Jacobsen.
Weiterhin führt unsere Psychologin Tests hinsichtlich einer schulischen/ beruflichen Ausbildung
mit ihnen durch, damit wir uns mit den Jugendlichen dahingehend informieren können und sie eine
geeignete Ausbildungsstätte mit geeigneten und angemessenen Anforderungen finden.
3.3.3.2 Physiotherapeutische Arbeit durch hausinterne Physiotherapeutin
Eine ausgebildete Pädagogin unserer Einrichtung ist gleichzeitig ausgebildete Physiotherapeutin.
Mit Übungen der Entspannungsgymnastik gibt sie den Jugendlichen bzgl. einer gesunden Körperhaltung Tipps und kann spezielle Übungen zeigen. Die Rückenschule dient daneben dem seelischen Wohlbefinden der Jugendlichen, denn Rückenschmerzen sind oft gleichzeitig ein Anzeichen
seelischer Last. Durch das Aufbauen von Spannkraft in ihrer Körperhaltung können sie ein neues
Körpergefühl entwickeln, welches sich wiederum auf ihre Psyche, insbesondere ihren Selbstwert,
auswirkt.
Besonderes Augenmerk liegt auf der Massage. Das Zulassen von körperlicher Nähe und zugleich
der angenehme Abbau von Spannungen ermöglicht den Jugendlichen ein völliges Loslassen und
Entspannen von einem stressigen Alltag und wirkt für die Psyche erholsam.
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4. Betreutes Wohnen „Mutti mit Kind“
erhält Hilfe? – Zielgruppe
4.1
Im Betreuten Wohnen „Mutti mit Kind“ finden junge Mütter ab 13 Jahren ein vorübergehendes Zuhause, die:
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ein oder mehrere Kinder unter 6 Jahren haben.
einen erzieherischen Bedarf oder Defizite in Persönlichkeitsentwicklung oder (Bedrohung von einer) seelische(n) Behinderung haben.
nicht alkohol- oder drogenabhängig sind.
Mittels pädagogischer und ggf. psychologischer Hilfe unterstützen wir die jungen Mütter in ihrer eigenen Entwicklung und der damit verbundenen Erziehung ihrer Kinder. Dabei steht
die Sicherung des Kindeswohls an erster Stelle. Junge schwangere Frauen, die vor der Geburt in
unsere Einrichtung kommen, verbringen zur Eingewöhnung die Zeit bis zur Schwangerschaft im
Mädchenheim. Dort werden sie auf die Geburt und die damit einhergehenden Veränderungen vorbereitet, beteiligen sich jedoch ebenso an allen Haushaltsaufgaben und dem gesamten Ablauf.
4.2
soll erreicht werden? – Ziele
In den halbjährlich stattfindenden Hilfeplangesprächen werden mit allen Beteiligten konkrete Ziele
vereinbart, die fortwährend forciert und dann geprüft werden. Neben diesen individuell festgelegten
Maßgaben handeln wir innerhalb unserer Arbeit nach folgenden Zielen:
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Erfahrung von Geborgenheit und Nähe, die die Mutter an ihr Kind weitergibt
Bestehen einer sicheren Mutter-Kind-Bindung
Bedürfnisse des Kindes mit eigenen Bedürfnissen in Einklang bringen
eigenständige Pflege und Erziehung des Babys/ Kleinkindes
Entwicklung einer selbständigen und eigenverantwortlichen Elternrolle
Fördern einer gesunden körperlichen, geistigen, seelischen Entwicklung durch die Mutter
Wahrnehmen regelmäßiger Kinderarztbesuche, Behördengänge u.a. Termine
Fähigkeit zur Strukturierung des Alltags, gemessen an den Bedürfnissen des Kindes
Entwicklung, Förderung, Stärkung der Erziehungsfähigkeit (Elternautonomie)
Aushalten von Problemsituationen und angemessener Umgang mit Konflikten
Fähigkeit zur Eigenreflektion
angemessener, selbständiger Umgang mit Finanzen
Entwicklung einer schulischen/ beruflichen Perspektive
perspektivisch Leben in eigenem Haushalt ohne unsere Unterstützung
12
4.3
wird darauf hingearbeitet? – Ausgestaltung der Hilfe
Für die jungen Mütter wird die Ausgestaltung der Hilfe auf o.g. Ziele ausgerichtet, wobei die Entwicklung einer sicheren Mutter-Kind-Bindung an erster Stelle steht. Wir gehen dafür einerseits individuell auf die Mütter und ihre Kinder ein, fördern und fordern andererseits aber auch ihre Selbständigkeit bzgl. ihrer Rechte und Pflichten. Im Folgenden werden sowohl das Alltagsgeschehen als
auch die Besonderheiten unserer Arbeit beleuchtet.
4.3.1 Gesetzliche Grundlagen und Leistungen
Die jungen Frauen erhalten im Betreuten Wohnen „Mutti mit Kind“ Unterstützung gemäß dem vom
Jugendamt und ggf. weiteren Institutionen festgestellten Bedarf, der sich an den Inhalten der §§ 19,
27 i. V. m. 342 (oder 41) oder 35a SGB VIII orientiert, nach denen sie bei uns untergebracht wurden. Die Arbeit mit ihnen beinhaltet folgende Schwerpunkte:
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Vorbereitung auf Geburt des Babys
auf Wunsch Begleitung zu und bei Geburt
Förderung der Identität als eigenständige Person
Erhöhung des Selbstwertgefühls
Einbeziehung der Vorgeschichte in die psychologische und pädagogische
Arbeit
Klärung und Pflege der Beziehungen zu Partner, Angehörigen und Kindesvater
Hilfe bei Haushaltsführung und Erlernen einer selbständigen Lebensführung
bewusste Wahrnehmung der eigenen Stärken, Schwächen und Grenzen
psychologische Einzelgespräche (entsprechend des bestehenden Bedarfs)
Hilfe bei Pflege & Erziehung des Kindes je nach Entwicklungsstand der
Mutter
Rollenklärung
Klären und Fördern der Mutter-Kind-Bindung
elementarpädagogische und kompensatorische Förderangebote für die
Kinder
Finden des neuen Lebensrhythmus, gemessen an Bedürfnissen des Kindes
einrichtungsinterne Krabbelstunde
Babybetreuung durch Pädagoginnen während Schulbesuch/ Ausbildung
Gespräche zum Umgang mit Liebe und Sexualität (Partnerschaftsfähigkeit)
Hilfestellung bei Strukturierung des Alltags (z.B. Erstellen von Wochenplänen und Speiseplänen)
Trainieren eines angemessenen Umgangs mit Finanzen
Unterstützung im Umgang mit Behörden, Ärzten und Beratungsstellen
Unterstützung bei schulischer/ beruflicher Ausbildung und Berufstätigkeit
Innerhalb des Lernprozesses einer „gelingenderen“ Lebensbewältigung müssen die jungen Frauen
sich häufig mit der eigenen Persönlichkeit auseinandersetzen, um ihren Kindern eine gute Erziehung zukommen lassen zu können. Indem sie zu stabilen Persönlichkeiten heranwachsen, sind sie
einerseits ihren Kindern Vorbild, andererseits aber auch in der Lage, zu ihnen eine sichere MutterKind-Bindung aufzubauen und eine gelingende Erziehung zu ermöglichen.
2
Aufgrund der unterschiedlichen Inhalte dieser §§ gestaltet sich die Hilfe entsprechend verschieden (vgl. Anlage 1).
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Der Schulalltag ist an eine Struktur angelehnt, deren Rahmen den Jugendlichen Stabilität und Sicherheit gibt und gestaltet sich wie folgt:
ca. 5.00 – 7.00 Uhr
- aufstehen, Frühstück, persönliche Hygiene
- ggf. Unterstützung bei Versorgung des Kindes durch Pädagoginnen
ca. 7.00 – 15.00 Uhr - Kindertagesstätte oder Betreuung durch hausinterne Pädagoginnen
- Schul- oder Ausbildungsbesuch
ca. 15.00 – 18.00 - Versorgung der Kinder ggf. mit Unterstützung durch Pädagoginnen
- gemeinsames Kaffeetrinken, Einkäufe, Gespräche mit Pädagogin und
Uhr
ggf. Psychologin
- Wohnungsreinigung, Spiel- und Beschäftigungszeit mit dem Kind,
Schulvorbereitung, Vorbereitung Abendessen
ca. 18.00 – 21.30 - Abendessen, Zu-Bett-bringen der Kinder
- Nachgehen individueller Interessen/ gemeinsamer Unternehmungen
Uhr
An schulfreien Tagen gestalten die jungen Frauen ihren Alltag individuell, wobei zuvor mit den
Pädagoginnen der Tagesablauf besprochen wird.
4.3.2 Besondere Schwerpunkte unserer Arbeit
Bei der Umsetzung o.g. Ziele verhelfen neben den täglichen Anforderungen bei der Ausgestaltung
der Hilfe die Arbeit mit den Eltern der minderjährigen Mütter, eine familiennahe Gestaltung der
Hilfe, die emotionale Unterstützung der Mütter und Hilfe im schulischen Bereich. Weitere Schwerpunkte unserer Arbeit sind im Folgenden aufgeführt.
4.3.2.1 Krabbelgruppe
Jeden Mittwochnachmittag gestalten die Pädagoginnen eine
Stunde für alle Mütter mit ihren Kindern, in denen sie sich
z.B. mit Fingerübungen, Spielen, Kinderliedern und -reimen
intensiver und bewusster mit ihren Kindern beschäftigen.
Obwohl dies unter Anleitung geschieht, beschäftigen sich in
dieser Stunde die Mütter mit ihren Kindern individuell. Dies
dient der Förderung einer sicheren Mutter-Kind-Bindung.
Darüber hinaus nehmen die Mütter diese Beschäftigungsmöglichkeiten mit in ihren Alltag und können diese selbständig anwenden.
4.3.2.2 Psychologische Arbeit durch hausinterne Psychologin
Indem unsere Psychologin tagsüber in unserer Einrichtung arbeitet, begleitet sie die jungen Frauen,
die nicht nach § 19 SGB VIII bei uns wohnen, im Verlauf der Hilfe, erlebt sie in ihrem Alltag,
kennt deren Hintergründe und erfährt von deren Stärken und Schwächen. Transparenz ist möglich,
indem die pädagogische Arbeit eng mit der psychologischen Arbeit verknüpft ist. Dieses authentische Erleben verhindert Missverständnisse, da eine direkte Rückkopplung mit den Pädagoginnen
möglich ist. Konflikte und Probleme können so direkt thematisiert und bearbeitet werden, was den
jungen Frauen oft noch nicht vertraut ist, aber umso schneller greift. Alte Mechanismen, wie z.B.
Lügen oder Abhauen, greifen an der Stelle weniger. Diese sofortige Hilfestellung im Alltag hilft
ihnen, später in entsprechenden Situationen adäquat zu reagieren. Sie lernen, die eigenen Signale
und die ihrer Kinder bewusster wahrzunehmen und entsprechend darauf zu reagieren. Mit Situationsbesprechungen werden sie für ihre Rolle als Mutter sensibilisiert. Sie erfahren sich selbst als
„sicheren Hafen“ für ihre Kinder, indem sie Verantwortung für diese als selbstverständlich übernehmen und darin gestärkt werden können.
Die Förderung der Mutter-Kind-Bindung geschieht neben dem Reflektieren von Situationen
durch Informationen zu diesem Thema. Die Mütter werden in ihrer emotionalen Bindung zu ihren
Kindern gestärkt und für Entwicklungsaufgaben sensibilisiert. Das Wissen um die eigene psychoemotionale Verfassung hilft ihnen, sich und ihr Handeln zu verstehen und dementsprechend auf
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eigene Signale zu reagieren. Mit diesem Wissen um die eigene Person können sie sich ihren Kindern bewusster und sensibilisierter zuwenden. Diese psychologische Hilfe im Alltag gibt den jungen Frauen Sicherheit und einen verlässlichen Rahmen. In ihrer intensiven Arbeit mit den jungen
Frauen begleitet unsere Psychologin darüber hinaus Hilfeplangespräche und ist dort neben der
Kontakterzieherin sowohl Bezugsperson als auch Sprachrohr, indem sie psychologische Hintergründe erkennt und erklären kann.
Neben dem Stress im Alltag werden in den Abendstunden, wenn die Kinder schlafen, auch Entspannungsübungen eingebaut, z.B. Autogenes Training und Progressive Muskelrelaxation nach
Jacobsen.
Weiterhin führt unsere Psychologin Tests hinsichtlich einer Ausbildung mit ihnen durch, um sowohl geeignet als auch zukunftsorientiert mit ihnen arbeiten zu können.
4.3.2.3 Physiotherapeutische Arbeit durch hausinterne Physiotherapeutin
Eine ausgebildete Pädagogin unserer Einrichtung ist zugleich ausgebildete Physiotherapeutin, was
die Mütter einmal wöchentlich nutzen können. Angeboten wird Entspannungsgymnastik, Rückbildungsgymnastik nach der Schwangerschaft, Rückenschule und Massage. Diese Rückenschule
mit Tipps zu gesunder Körperhaltung und speziellen Übungen dient auch ihrem seelischen Wohlbefinden, denn Schmerzen in diesem Bereich sind oft zugleich ein Anzeichen seelischer Last. Durch
das Aufbauen von Spannkraft in ihrer Körperhaltung können sie zugleich ein verändertes
Körpergefühl entwickeln, welches sich auf ihre Psyche, insbesondere ihren Selbstwert, auswirkt.
Besonderes Augenmerk liegt auf der Massage, denn das Zulassen von körperlicher Berührung und
Nähe und zugleich der angenehme Abbau von Spannungen ermöglicht ihnen ein völliges Loslassen
und Entspannen. Dies dient der Beruhigung innerhalb des Alltags und ist Erholung für ihre Psyche.
Derartige Möglichkeiten der Entspannung können auch bei den Kindern durchgeführt werden, z.B.
die Colon-Massage bei Hartleibigkeit und Darmkrämpfen.
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