AUS DER PRAXIS 1 Heiße Luft bringt Geld in die Kasse Strom und Wärme erzeugt die BN Nordhümmlinger Biogas GmbH & Co KG aus Börger im Emsland seit sieben Jahren. Seit 2010 wird ein drittes Produkt vermarktet: hochwertiger Dünger, der durch die Trocknung des Gärproduktes erzeugt wird. Das nährstoffreiche Granulat wird vom niederländischen Düngemittelproduzenten MeMon weiterverarbeitet. Die Produktion des Düngers ermöglicht eine optimale Wärmenutzung und reduziert die Nährstoffüberschüsse in der von der intensiven Viehhaltung geprägten Region. Von Steffen Bach H eiße, trockene Luft schlägt Wilfried Sievers ins Gesicht, als er die Tür zum Wärmegang der Trocknungsanlage öffnet. „Hier strömt die Luft durch die Wärmetauscher in die Trockner“, erklärt der Land- und Energiewirt aus Börger im Emsland. 90 Grad heißes Wasser aus dem Kühlsystem des Blockheizkraftwerkes erwärmt die hineinströmende Luft so sehr, dass man vor dem Wärmetauscher nicht stehen bleiben kann ohne Hautverbrennungen zu riskieren. Auf der gegenüberliegenden Längsseite des schmalen Raumes befindet sie der Bandtrockner, eine etwa 15 Meter lange, zwei Meter breite und drei Meter hohe mit glänzenden Blechen verkleidete Anlage. 34 Im Trockner wird ein Teil der Gärprodukte aus der Biogasanlage zu einem nährstoffreichen Granulat verarbeitet. In die Biogasproduktion ist der Emsländer, der einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Bullenmast, Futterbau und Industriekartoffelanbau betreibt, vor sieben Jahren eingestiegen. Gemeinsam mit zwei weiteren Landwirten aus dem Dorf gründete er die BN Nordhümmlinger Biogas GmbH &Co KG. Im ersten Schritt wurde die Anlage für ein Blockheizkraftwerk mit einer elektrischen Leistung von 500 Kilowatt (kW) ausgelegt. Weil Sievers sich von Anfang an die Option für eine Erweiterung offen halten wollte, habe er sich entschieden, eine gewerbliche Anlage anzumelden. Für den Standort zwei Kilometer außerhalb des Ortskerns stellte die Gemeinde einen Bebauungsplan auf. Die Fermenter werden ausschließlich mit nachwachsenden Rohstoffen (Mais und Grünroggen) beschickt. Auf den Einsatz von Mist und Gülle werde dagegen verzichtet. Nach 120 Tagen Verweilzeit im Fermenter wird das Substrat ins Gärproduktlager gepumpt. Wärme für Schule und Freibad Inzwischen liefern die vier Fermenter mit einem Gesamtvolumen von 8.800 Kubikmetern Biogas für drei Blockheizkraftwerke mit einer elektrischen Gesamtleistung von 1.700 BIOGAS Journal | 4_2012 AUS DER PRAXIS 2 3 kW. Ein 835-kW-Blockheizkraftwerk steht direkt an der Biogasanlage. Ein weiteres BHKW mit einer Leistung von 500 kW wurde bei Mitgesellschafter Alfons Gerdes aufgebaut. Der Landwirt und Lohnunternehmer nutzt einen Teil der Wärme selbst und beliefert darüber hinaus eine Caritas-Werkstatt. Das dritte 370-kW-BHKW steht im Ortskern und versorgt über ein Nahwärmenetz Schule, Kindergarten und Freibad. Als dann noch in direkter Nachbarschaft zur Biogasanlage vier Hähnchenmastställe mit insgesamt 160.000 Plätzen gebaut wurden, konnte ein weiterer Wärmekunde gewonnen werden. „Auch wenn wir viel Wärme verkaufen konnten, wurde doch immer noch Energie über die Wärmetauscher in die Luft geblasen, vor allem im Sommer“, ärgerte sich Wilfried Sievers. Dies sei einer der Gründe gewesen, sich mit dem Thema Gärprodukttrocknung zu beschäftigen. Auf einer Messe lernten die Gesellschafter das Konzept der niederländischen Firma MeMon kennen. Das Unternehmen kauft den Biogasproduzenten die getrockneten Gärprodukte ab, um sie als Düngemittel weiterzuverarbeiten. In den Niederlanden wurde auch die Trocknungstechnik entwickelt. Das Besondere an BIOGAS Journal | 4_2012 4 dem System sei, dass auf eine Separation der Gärprodukte verzichtet wird, erklärt Wilfried Sievers. MeMon bevorzuge dieses Verfahren, weil sich das getrocknete Gärprodukt so besser verarbeiten lasse und mehr Nährstoffe im Granulat gebunden werden. Trocknung ohne Separation Mit einem Trockensubstanzgehalt von sechs bis sieben Prozent wird das Gärprodukt aus dem Lagerbehälter zur Trocknungsanlage gepumpt. In einem Mischbehälter wird das flüssige Gärprodukt mit bereits getrockneten Gärresten vermengt. Das so befeuchtete Granulat gelangt anschließend auf den Bandtrockner, der aus vielen miteinander verbundenen zwei Meter langen und etwa zehn Zentimeter breiten Lochblechen besteht. Durch die Öffnungen der Lochbleche strömt von unten die heiße Luft und verdampft das Wasser. Das getrocknete Granulat wird zunächst in einem kleinen Silo zwischengelagert, damit immer genug Material für den weiteren Trocknungsvorgang vorhanden ist. Erreicht das Silo einen definierten Füllstand, fördert eine Schnecke einen Teil des Granulats in die benachbarte Lagerhalle. Ein Viertel der Gärproduktmenge, rund 4.500 Ku- F 5 1 Neben dem Gärproduktlager wurde die Halle mit dem Trockner und dem Düngerlager errichtet. 2 Vier Hähnchenställe werden mit der Abwärme des 835-kW-BHKW an der Biogasanlage beheizt. Wenn die Ställe keine Wärme benötigen, nutzt Winfried Sievers die Energie zum Trocknen des Gärproduktes. 3 Eine Förderschnecke transportiert das getrocknete Gärprodukt vom Trockner in das benachbarte Lager. Alls vier bis sechs Wochen wird der Dünger per Lkw abgeholt. 4 Die optimale Nutzung der Wärmeenergie und die Produktion eines transportwürdigen Düngers sind für Wilfried Sievers die beiden entscheidenden Vorteile des Trocknungskonzepts. 5 Durch die Trocknung ist aus dem flüssigen Gärprodukt ein transportwürdiger, nährstoffreicher Dünger entstanden. 35 AUS DER PRAXIS 2011 Innovation Vor dem Trocknen wird das flüssige Substrat mit bereits getrocknetem Gärprodukt in dem quer liegenden Mischbehälter vermengt. Eine Förderschnecke transportiert die breiige Substanz anschließend auf den Bandtrockner. bikmeter, verarbeitet der Trockner so zu 400 Tonnen hochwertigem Dünger. Wirtschaftlich, effizient, präzise und wendig. Der PistenBully 300 GreenTech ist das ideale Fahrzeug für die Einbringung von Silage. Die breite X-Track-Kette verdichtet das Silagematerial besser als Radfahrzeuge und garantiert ein problemloses Vorwärtskommen sowie einen höheren und steileren Überbau der Silowände. PistenBully 300 GreenTech – eine Investition, die sich für Sie lohnt! Luftwäscher Produziert ASL Die Abluft des Trockners durchläuft einen dreistufigen Luftwäscher. In der ersten Stufe wird Staub, in der zweiten Stufe Ammoniak gebunden, und in der dritten Stufe werden Aerosole abgeschieden. Durch den Zusatz von Schwefelsäure reagiert der Ammoniak FOTOS: STEFFEN BACH Für perfekte Silage-Einbringung und mehr...: PistenBully 300 GreenTech. zu Ammoniumsulfat, das als Flüssigdünger oder Düngerzusatzstoff für Gülle verwendet werden kann. Rund 300 Kubikmeter Flüssigdünger werden so jährlich produziert. Wie schnell sich der Bandtrockner bewegt, hängt von der bereitgestellten Wärmeenergie und damit von der Geschwindigkeit des Trocknungsvorgangs ab. Wenn die Abwärme des BHKW für die Beheizung der Hähnchenställe benötigt werde, kommt an der Wenn Sie mehr zum PistenBully 300 GreenTech wissen möchten, dann rufen Sie uns an. Kässbohrer Geländefahrzeug AG Kässbohrerstraße 11, 88471 Laupheim Tel.: +49 (0) 7392/900-0 Fax: +49 (0) 7392/900-445 www.pistenbully.com Durch die Wärmetauscher (links) wird die erhitzte Luft in den Trockner geblasen. Ein dreistufiger Filter reinigt die Abluft von Staub, Ammoniak und Aerosolen. BIOGAS Journal | 4_2012 AUS DER PRAXIS ng Biogasverdichtu ung B io g as tr o ck n ung B io g a s r e i n ig vice Akt ivkohle Ser Eine Schneckenwalze sorgt für die gleichmäßige Verteilung des zu trocknenden Gärproduktes auf dem Bandtrockner. Trocknung weniger Wärme an. Der Bandtrockner läuft dann langsamer oder bleibt so lange stehen bis wieder genug heiße Luft zum Trocknen vorhanden ist. Ausgelegt sei der Trockner für eine Wärmeleistung von 500 kW. Gesteuert wird die Anlage über zwei Temperaturfühler. Aus der Temperaturdifferenz von einströmender und ausströmender Luft wird die Trocknungsgeschwindigkeit abgeleitet. Optimale Wärmenutzung Durch die automatische Steuerung sei der Arbeits- und Kontrollaufwand gering. Ein weiterer großer Vorteil des Verfahrens sei, dass sich die BHKW-Wärme optimal nutzen lasse, betont Wilfried Sievers. Die Hähnchenmastställe würden die Wärmeenergie nicht kontinuierlich benötigen. Hohe Mengen seien notwendig, wenn die Gebäude zu Beginn eines neuen Mastdurchgangs aufgeheizt werden müssen. Im weiteren Verlauf einer Mastperiode sinke der Energiebedarf. Für die Trocknungsanlage seien die schwankenden Wärmemengen dagegen kein Problem. So könne die Abwärme des BHKW ganzjährig optimal genutzt werden. Phosphor und Kali werden gebunden Aus Sicht des Anlagenbetreibers biete das Verfahren weitere Vorteile. Weil auf eine Separation des Gärproduktes verzichtet wird, BIOGAS Journal | 4_2012 sind in dem Granulat Phosphor, Kalium und organischer Stickstoff vollständig gebunden. Dies sei vor allem für Biogasanlagen in Gebieten mit Nährstoffüberschüssen ein wichtiger Aspekt. Eine Tonne enthalte durchschnittlich 31 Kilogramm organischen Stickstoff, 120 Gramm Ammoniumstickstoff, 20 Kilogramm Phosphat (P2O5) und 56 Kilogramm Kali (K2O). Pro Tonne zahlt der niederländische Abnehmer 45 Euro. Etwa alle sechs Wochen werde der Dünger abgeholt. Für die Bezahlung gebe es bestimmte Kriterien. Höhere Preise lassen sich erzielen, wenn in der Biogasanlage ausschließlich pflanzliche Rohstoffe eingesetzt werden und das Gärprodukt vor der Trocknung nicht mechanisch separiert wird. „Wenn wir den Dünger selbst vermarkten würden, könnten wir möglicherweise höhere Preise erzielen“, meint der Anlagenbetreiber. Fraglich sei aber, ob die Mehrerlöse den Vermarktungsaufwand decken könnten. Durch die gesicherte Abnahme könne man sich auf das Kerngeschäft, die Biogasproduktion, konzentrieren. Biogas optimal nutzen! Biogaskonditionierung kompakte Bauweise individuelle Auslegung Zwei-Filter-System Geringere Kosten für Ausbringung des Gärproduktes Die 300.000-Euro-Investition in die Trocknungsanlage habe sich gelohnt, bilanzieren die Betreiber. Wirtschaftlich interessant sei das Verfahren in Regionen mit Nährstoffüberschüssen. Den Kosten für Investiti- F Brockhaus Lennetal GmbH Kahley 12 – 14 · 58840 Plettenberg Telefon: +49 (0) 2391 6090-0 · Fax: -60 [email protected] AUS DER PRAXIS Bis zu 90 Grad heißes Wasser aus der Kühlung des Blockheizkraftwerkes erhitzt im Wärmetauscher die einströmende Luft. 38 on, Finanzierung, Wartung, Arbeit, Strom, Wasser und Schwefelsäure stehen Einahmen aus dem Verkauf des Düngers und dem KWK-Bonus gegenüber. Hinzu komme, dass er Kosten für die Ausbringung des Gärproduktes einspart und den ASL-Flüssigdünger nutzen kann. In Regionen mit Nährstoffüberschüssen rechne sich die Anlage ab einem Wärmeverbrauch von 2.000 Megawattstunden pro Jahr, hat Wilfried Sievers ermittelt. Ausgelegt sei der Trockner für 500-kW-Biogasanlagen, aber schon bei einer elektrischen Leistung ab 370 kW sei das Konzept wirtschaftlich tragfähig. Für das Emsland mit einer hohen Viehdichte von 2,5 Großvieheinheiten je Hektar könnte die Gärresttrocknung ein Weg sein, besser mit den Nährstoffüberschüssen fertig zu werden. Zurzeit seien in dem Landkreis Biogasanlagen mit einer elektrischen Leistung von rund 100 Megawatt am Netz. Sievers schätzt, dass mindestens die Hälfte der Wärmeenergie bisher nicht genutzt wird. Theoretisch könnten damit rund 400.000 Tonnen Wasser aus Gärprodukten verdampft werden. Zurück blieben 40.000 Tonnen hochwertiger, transportwürdiger Dünger. Während Winfried Sievers die Vorteile der Gärprodukttrocknung erläutert, arbeitet der Bandtrockner leise klappernd weiter. Der Behälter mit dem Trockengut ist inzwischen so voll, dass ein Teil des Granulats ins benachbarte Lager gefördert werden muss. Nebenan rieseln die kleinen schwarzen Körner aus dem Ende des Rohres auf den fast vier Meter hohen Schüttkegel. Winfried Sievers greift einmal in das Granulat und lässt die Körner durch seine Finger rieseln. D Autor Steffen Bach Klußkamp 1 · 49163 Hunteburg Tel. 0 54 75/13 13 E-Mail: [email protected] BIOGAS Journal | 4_2012
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