Rundschau 4892 8-9/2015 DIE FACHZEITSCHRIFT FÜR INTERNATIONALE HERRENMODE UND SCHNITT-TECHNIK AUSSTELLUNG Expo Milano SCHNITT-TECHNIK Slimline-Anzug IM BLICKPUNKT Philosophie der Patriarchen PITTI IMMAGINE UOMO FLORENZ FRÜHJAHR/SOMMER 2016 FARBENFROHE LEICHTIGKEIT PITTI UOMO THAT’S PITTI COLOR! Aussteller zeigen farbenfrohe Leichtigkeit D CIRCLE OF GENTLEMEN as Motto der Präsentation für die Frühjahr/Sommerkollektionen 2016 in der Fortezza da Basso heißt „That’s Pitti color“. Hier geht es um sehen und gesehen werden: stolz wie Pfauen warten die Pitti-People vor dem Messeeingang darauf fotografiert zu werden. Sie stellen sich in Pose, lächeln ins Objektiv, auf die Veröffentlichung in einem angesagten Blog hoffend. Ihr Look gleicht schon fast einer Uniform: eine sartoriale Jacke, ein farbiges Hemd mit extravaganter Krawatte oder Papillon und eine hochgekrempelte Hose. Auf keinen Fall fehlen dürfen der Florentiner Hut, eine 4 coole Tasche und die ultimative Sonnenbrille. Der Hauptaustragungsort der Florentiner Messe für zeitgenössischen Lifestyle ist die Fortezza da Basso, die sich als experimentierfreudiges Kaleidoskop mit diversen Installationen und Lichtspielen präsentiert. Ein Fest der Farben ist die Installation „Livingcolor“ am Eingang zum Obergeschoss des Hauptpavillons. Es geht um das perfekte Zusammenspiel von Dekor, Design und Mode, sie gehen immer wieder ein Bündnis ein, das für Spannung sorgt. So wurde Carlo Brandelli, experimentierfreudiger Chefdesigner des traditionellen Herren-Rundschau 8-9/2015 Korrespondentin Dr. Benigna Mallebrein MESSEBESUCHER CIRCLE OF GENTLEMEN Begleitet von Fanfarenklängen und Trommelschlägen marschierte ein Zug aus elegant gekleideten Fahnenträgern und Gefolgsleuten auf dem Campo vor der Kirche Santa Croce in Florenz ein. Ihre edlen Gewänder aus Samt, Brokat und Seide glänzten in der Abendsonne. Es geht dabei um ein traditionelles Fußballspiel, den ‘Calcio Storico Fiorentino’, einem Handballspiel ähnlich. Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht die Mannschaft der Ghibellinen, die gegen die der Guelfen antritt. Die Wurzeln dieses rauen Spiels liegen in der Renaissance, eine Wiederbelebung dieser historischen Sportart bildete den Auftakt der 88° Pitti-Modemesse, die dem spannenden Sportevent in ihrer Farbenfreude in nichts nachsteht. 5 PITTI UOMO Londoner Herrenmaßschneiders Kilgour in der Savile Row, von den Messe-Organisatoren gebeten, in diesem Jahr das Projekt Pitti Uomo 88° zu präsentieren. Der englisch-italienische Designer, er stammt aus einer Künstlerfamilie, zeigt seine Stilvisionen von heute im historischen Innenhof des Palazzo Medici-Riccardi. Ästhetik ist für ihn gleichbedeutend mit Kultur. Künstler wie Gerhard Richter, Carlos Scarpa, Mies van der Rohe und Pistoletto haben ihn zur transparenten Glas-Installation in Frühjahrspastelltönen inspiriert. Die Transparenz ist wichtig für ihn. So arbeitet er mit der Methode des „fusing“, d.h. anstelle der Taschen klebt er einen dünnen Streifen Stoff auf die linke Seite des Jacketts, so dass man meint, es sei ein Tascheneingriff. Ähnlich verfährt er mit weiteren Details. Bei diesem vom Purismus geprägten Stil setzt er auf klare, skulpturenhafte, ätherische Kreationen, die man, leicht wie sie sind, am besten direkt auf der Haut trägt. Auch das in das Sakko eingefügte Gilet ist nur eine Andeutung und nicht ausgearbeitet. Design und Mode heißt es auch bei Pitti Italics, dem Programm, mit dem Pitti Discovery die neuen Generationen der Modedesigner unterstützt. Der junge Wiener Arthur Arbesser (Studium an der Central Saint Martins in London) 6 Glas-Installation im Palazzo MediciRiccardi. KILGOUR-Chefdesigner Carlo Brandelli (r.) arbeitet mit der Methode des „fusing“ und fixiert dünne Streifen Stoff, um einen Tascheneingriff zu suggerieren. darf seine Schau in der Stazione Leopolda zwischen postmodernen Möbelstücken der 80er Jahre vom Studio Ettore Sottsass zeigen. Seine Kollektion nimmt die geometrischen Formen und Muster in knalligen Tönen wieder auf. In formloser Silhouette hasten hagere Models und Dressmen mit Bubikopf in langen weiten unisex Hosen, kurzen Hosenröcken, Mänteln und Kleidern über den Laufsteg. Arthur Arbesser, der Gewinner des Wettbewerbs „Who’s on next?“ im Jahr 2013 lebt und arbeitet in Mailand. Für den Erfolg der Messe sprechen die Daten: 1.578 Firmen davon 498 aus 100 verschiedenen Ländern nahmen an der Herrenmesse teil. Der Umsatz hat sich im Vergleich zum letzten Jahr um 3,8 % gesteigert. Auch der Export ist um 6,5 % gestiegen mit 8,7 Milliarden bei der Herrenmode (DOB 12,2 Milliarden). Von 30 000 Besuchern sind 20 000 Einkäufer, darunter Vertreter der größten Kaufhäuser weltweit. Herren-Rundschau 8-9/2015 PITTI UOMO CERRUTI-AUSSTELLUNG IM MUSEUM MARINO MARINI Elegant Code Pure Eleganz prägt die Ausstellung „Signor Nino“ im Museum Marino Marini. Es ist die erste Schau, die den Ideen und dem Stil von Nino Cerruti gewidmet ist, einem der wichtigsten Namen in der italienischen Modewelt seit fast fünfzig Jahren. Neben den eleganten Bronzeskulpturen des toskanischen Bildhauers Marino Marini (19011980) hängen die skulpturenhaften Unikate des „Herrn Nino“, Präsident der Stoffmanufaktur Lanifici F.lli Cerruti in Biella. Er sammelte über 500 Teile all die Jahre hinweg für sein Archiv, das er nun für die Florentiner Modemesse geöffnet hat, 65 Jahre Stoff- und Stilgeschichte zeigen 60 Modelle vor allem aus Merinowolle. Dieses Material wurde schon immer bei Cerruti auf die edelste Art, wie eine zweite Haut für den täglichen Anzug als auch für besondere Gelegenheiten verarbeitet. Seit dem Jahr 2000 stellt die Stofffirma, die zwischenzeitlich auch Konfektionsmode produzierte, nur noch feinstes Tuch her. Der schlanke, große ältere Herr Nino erinnert an eine Skulptur von Giacometti: „Ich kleide mich nur mit Anzügen, die mir gefallen, ob sie modisch sind oder nicht. Im Archiv hängen auch Anzüge, die ich heute noch, wenn ich Lust und Laune habe, trage, denn in den letzten Jahren habe ich nur selten weitere Anzüge erworben.“ Eigen ist allen Exponaten eine Nonchalance, zeitlose Eleganz und höchster ästhetischer Genuss, der sich zwischen Tradition und Innovation bewegt, an der Kreuzung zwischen dem Respekt vor hohen Regeln der Schneiderkunst, aber auch einem eigenwilligen Bruch von Konventionen, stets gepaart mit Selbstironie. Nino Cerruti, eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der italienischen Modewelt, im Interview mit den Rundschau-Autorinnen Susanne Schaller und Dr. Benigna Mallebrein. Herren-Rundschau 8-9/2015 7 STEFANO RICCI PITTI UOMO florentinische Modehaus Stefano Ricci wählte als Inspira- tion für die Sommerkollektion 2016 die Farbenlehre von Johann Wolfgang von Goethe. „Sicherlich hat das einzigartige Spektrum unserer Landschaft den Dichter zu diesem Studium inspiriert“, so Stefano Ricci, der seinerseits die Lehre Goethes als Quelle für seine ganz persönliche Farbempfindung sieht und auf seine textile Produktpalette überträgt. Die Intensität von Gold, die Zartheit von Pfirsich, der Reflex der Malve, das ikonenhafte Ricci-Blau, Türkis und Aquamarin erinnern an die Colorierung der Renaissancemaler und heben die dreidimensional gearbeitete Struktur der Stoffe, der Strickware und des Leders hervor. Für den Businessman wählt Ricci dreiteilige Anzüge mit sartorialem Schnitt aus der exklusiven Super 180’ Wolle, aber auch 2-Knopf-Sakkos in exklusivem Tartanmuster zu Baumwollhosen. Doppelreiher in Tönen, die von der Farbpalette des Tiepolo stammen könnten, zeigen sich mit abgestimmten Mokassins aus Krokodilleder, gerne mit handbedruckter Seidenkrawatte. 8 Stefano Ricci ließ sich durch die Farbenlehre von Johann Wolfgang von Goethe inspirieren. Ebenso wählte das Modehaus Töne, die der Colorierung des Renaissance Malers Tiepolo entstammen könnten. STEFANO RICCI Das ISAIA „Sartorial Neapolitan Power“ heißt die Sommer-Kollektion des traditionsreichen Modehauses Isaia, beispielgebend für die luxuriöse Herrenmode aus Neapel. Das Haus setzt auf sein Markenzeichen, die Koralle und auf Leinengewebe. Mit großer Erfahrung werden Kaschmir, Wolle, Seide, Baumwolle oder sogar Lycra gemischt. Was Farben und Stil betrifft, so ist die Kollektion vom amerikanischen Popkünstler Andy Warhol inspiriert, der Ende der siebziger Jahre zusammen mit Carlos Santana und Bob Dylan die Strömung „Neapolitan Power“ bildete. Herren-Rundschau 8-9/2015 BRUNELLO CUCINELLI Die „Leichtigkeit der Freiheit“ ist das Motto für Brunello Cucinelli. Ein großes Segelboot dekoriert den Messestand des erfolgreichen Unternehmers aus Solomeo. Die Trennung von Casualund Formalwear ist untergegangen, der Kurs richtet sich auf einen bequemen sommerlichen Lagenlook – ein Dialog von sartorialen und sportlichen Elementen. Anzüge (Ein- und Eineinhalbreiher), Jacken und Hemden in klassischer Form und Musterung werden durch legere Teile wie bedruckte Sweaters, Streifenpullis oder ausgewaschene Polo-Shirts aufgelockert. Auch Denimstoffe und sogar Jeanshosen mit – wohlgemerkt unterfütterten – Löchern hat sich Brunello Cucinelli an Bord geholt. Der freigeistige Globetrotter und Businessman trägt unter seinem hochwertigen NadelstreifenAnzug ein Sweatshirt mit sportivem Aufdruck. Zu seinen Basics gehören Jacken und Westen aus feinstem Wildund Nappaleder, zum Teil mit eleganten Perforationen, Blazer aus Seide/WolleGemisch, lässige Chinos aus Baumwolle oder Sommercord, Hosen mit Tunnelzug oder aufgesetzten Cargotaschen. Die Form folgt dem modernen Trend: die schmal geschnittenen Jacken unterstreichen den männlichen Oberkörper, das Profil der Hosen wird weicher. Harmonisch abgestimmte Farben – inspiriert an den Graustufen der Mineralien, sowie kühle Beigetöne und eine breite Blau-Palette, mit Akzenten in Mango, Mint und Blueberry – ermöglichen dem Kunden unkompliziertes Crossover. Falls eine steife Brise weht, stehen kürzere frühlingshafte Cabanjacken, mit- ISAIA Zeitgenössische Klassik tellange Parkas oder lange Regenmäntel zur Auswahl. Viel Wind in den Segeln hat das umbrische Unternehmen aus Deutschland bekommen. Der Grund: „Der deutsche Mann will Qualität und da Brunello Cucinelli stets daran arbeitet, diese 100% zu erfüllen, konnte die Firma Zuwachs verzeichnen“, so das Statement. „Früher kam der Mann zweimal im Jahr ins Geschäft, jetzt schaut er auch oft zwischendurch mal rein und sucht nach Neuem. Seiner Marke bleibt er dabei aber generell treu.“ Modisch schauen die neuen Männer also gerne mal über den Tellerrand. 9 PITTI UOMO BRUNELLO CUCINELLI Den Messestand von Brunello Cucinelli dekorierte ein großes Segelboot, an Bord die kompetente Mitarbeiter-Crew. 10 Herren-Rundschau 8-9/2015 LUBIAM Der Businessoder Tagesanzug erhält bei LUBIAM durch Mikrodessins und größere Revers mehr Präsenz. Herren-Rundschau 8-9/2015 LUBIAM-Kunden bevorzugen Modelle mit mehr Ausstattung und spielen mit Details. Dabei geht es neben dem perfekten Maß um stilprägende Elemente. „Japan ist für uns eine unerschöpfliche Inspirationsquelle“, so Giovanni Bianchi, Geschäftsführer von Lubiam und Style Director des Familienunternehmens aus Mantua. „Die Dessins der neuen Sommersakkos von LBM1911 sind dem Shibori entlehnt, einer antiken und traditionellen Technik der Stoffmalerei“. Gut erkennt man den sogenannten Shibori-Stil in dem blauweißen Webblazer aus Baumwolle und Leinen. Ein Eyecatcher der Kollektion ist auch das am Stück gewaschene dunkelrote Jackett aus doppelt gedrehter Baumwoll/Leinenfaser mit hellen Regimental-Streifen. Mit hochwertigen Leichtgewichten aus Wolle, Seide und Leinen kommt man auch bei Luigi Bianchi Mantova Sartoria dem reisenden Geschäftsmann entgegen. Der Business- oder Tagesanzug erhält durch Mikrodessins und größere Revers mehr Charakter. Mit dem Angebot Su misura, der Maßkonfektion aus eigenem Haus, hat Lubiam ins Schwarze getroffen: Zwischen Januar und April stieg der Umsatz des Produktzweigs um 70 % und aufgrund der riesigen Nachfrage schickt die Firma ihre Schneider rund um den Globus, um sogenannte Trunk Shows zu organisieren. „Der Kunde will immer mehr mit Ausstattung und Details spielen, es geht ihm neben dem perfekten Maß um stilprägende Möglichkeiten der Personalisierung. Er betrachtet den Anzug als eine Art Erzählung über sich und den eigenen Geschmack“. 11 PITTI UOMO Diskreter Charme: PAOLINIJackett mit abstrakt-floralem Jacquardmuster, paspelierten Tascheneingriffen, schmalem Spitzrevers in Seidensatin, veredelt durch eine Rose aus gepunktetem Stoff. 12 MANUEL RITZ Farbe, Fantasie und Leichtigkeit – die Kollektion von Paoloni soll eine Hymne an positive Frische sein. Die Firma aus der Region Marken ist seit 30 Jahren bekannt für Damen- und Herrenmode mit italienischem Fit und Styling in sartorialer Qualität. Jacken mit Texturen und Dessins, die an die 70er Jahre erinnern, deklinieren Blau-, Beige- und Brauntöne mit Farbblitzen in Orange, Gelb und Rubinrot. Neben Checks und Streifen setzt auch Paoloni auf den Denim-Effekt, sei es bei Jacken tinto in capo/stückgefärbt, in Wendeversion oder mit kontrastierenden weißen AMF-Nähten. Für besondere Anlässe bietet das "Paoloni Black Label" hochwertige Anzüge in Wolle/Seide-Mischung. Zur Gruppe Paoloni gehört auch die Marke Manuel Ritz, die auf der Pitti Uomo einen lässigen Total Look mit Finessen vorstellt. Ins Auge fällt der ungefütterte Blazer aus gewaschener Baumwolle/Leinen in Denim-Optik mit gestreiftem Innenleben und Ärmelpatches. Die Farbbotschaft für den nächsten Sommer lautet Blau in allen Tönen: uni oder gestreift, mit Mini- oder Karomuster und kernigen Texturen, modisch geprägt durch den Einsatz von Fil PAOLINI coupé. Dieses Gewebe ist auch unter dem Namen Lancé Decoupé oder Scherli bekannt: die eingewebten Fäden werden partiell abgeschnitten und lassen auf diese Weise Effekte und Musterungen zurück. Hosen, Barracuda-Blousons und Anzüge komplett aus Jersey führen Eleganz und Bewegungsfreiheit zusammen. Dehnbare Stoffe mit kuscheligen und dennoch kühlen Texturen sorgen im wahrsten Sinn des Wortes zu soften Übergängen zwischen Classic und Casual. Die Kollektion von MANUEL RITZ stellt einen lässigen Total Look mit Finessen vor. Eine Farbbotschaft ist das gestreifte Innenleben. Herren-Rundschau 8-9/2015 Mit einer Weinverkostung lockte die Firma CANTARELLI in ihre Cantina. Die Fachbesucher goutierten nicht nur Farbe und Struktur der ungefütterten Jacken aus Leinen, Wolle und Seide, sondern auch einen vollmundigen Rotwein aus der Toscana. Herren-Rundschau 8-9/2015 BUGATTI Im historischen Ambiente des Pavillons Polveria zeigt uns Sales Manager Oliver Schäfer die Sommerkollektion von Windsor. Baumwollblazer mit dezenten Waschungen, Leinenstrick in der Form eines knopflosen Sakkos, DenimOptiken, strukturierte Five-Pocket-Hosen, fließend sind die Übergänge zwischen Sportswear und Tailoring. Jersey und Sweat-Qualitäten spielen eine zentrale Rolle neben satinierter Baumwolle und Mischungen aus Leinen/Seide/ Wolle. Dominant sind gedeckte Grün-, Blau- und Grautöne. Die Silhouette? „Zweiknopf-Sakkos werden ein bisschen kürzer, mit einer durchschnittlichen Rückenlänge von 73 cm bei Größe 50. Die jungen Einreiher bekommen durch das steigende Revers einen knackigen, rassigen Schnitt“, so Oliver Schäfer. Die Fußweite ist eher schmal mit 36 cm, auch mit dezentem Aufschlag von etwa 2,5 cm. Zielgruppe der Windsor-Kollektion ist die New Generation, die vernetzt, mobil und flexibel ist. Ein Mann, der aber nicht unbedingt online shoppt, sondern Beratung und Kundenbetreuung schätzt. WINDSOR Sportlich und smart Auf der Pitti Uomo stellte Windsor auch erstmals die Sartorial Casual Collection – im Zeichen luxuriöser Entspanntheit vor: das Jackett aus gewaschener Wolle, unstrukturiert und ohne Schultereinlage, aus einem Tuch von Loro Piana knittert nicht und springt sofort in die Ausgangsbasis zurück. „Seabreeze, Blue Mood, Sunbleached und Essential“ – diese Suggestionen prägen die vier Kapsel-Kollektionen des nächsten Bugatti-Sommers. Die Looks setzen auf zwei Sakko-Modelle: das leichte, softe und teilgefütterte KomfortSakko im Modern Fit, in unterschiedlichen Blau- und Naturtönen, uni und gemustert, überwiegend aus Jersey (Mesh, Piqué und Wirkware). Dabei bleibt die Dehnbarkeit des Oberstoffes durch Stretcheinsätze im Rückenfutter voll funktionsfähig. Daneben gibt es garment washed Sakkos aus strukturiertem Cotton-Stretch mit sportiven Taschenformen, soft verarbeitet, teilweise ohne Schulterpolster. Unerlässlich ist die Single-Weste, in Kombination mit dem Sakko farblich eine Nuance heller oder dunkler. Die Koordinaten der Anzug-Kollektion von Bugatti: Passform Modern-Fit mit 74er Rückenlänge, die Hose hat eine Fußweite von 40 cm. Der Fashion-Anzug kommt noch schlanker und kürzer daher, er hat weiche, natürliche Schultern, drei aufgesetzte Taschen und ist halb gefüttert. Die Stoffe sind überwiegend aus 100 % Wolle, ca. 200 g leicht. 13 HARDY AMIES PITTI UOMO HARDY AMIES Starke Konzepte 14 Den Weltraum erobern, Grenzen überschreiten und erforschen, was es jenseits menschlicher Existenz gibt, aus diesem unvergänglichen Menschheitstraum schöpfte Mehmet Ali, Kreativdirektor bei Hardy Amies die Ideen für seine konzeptstarke Kollektion. Er trat dabei in die Fußstapfen des Marken-Vaters. Sir Hardy Amies hatte bereits im Jahr 1968 die Kostüme für Stanley Kubrick’s Film „2001: Odyssee im Weltraum“ realisiert. In seinen kreativen Science Fiction-Interpretationen vereint Mehmet Ali (wie damals auch Hardy Amies) die Savile Row-Verarbeitung mit dem typisch funktionsorientierten, futuristischen Stil der „Zeitlosigkeit“ des Universums. Die geschäftigen Männer auf der Erde werden im nächsten Sommer den cleanen Appeal zu schätzen wissen: mehrlagige Outfits, die an G suits mit Leuchtstreifen der ersten Luftfahrt-Tests erinnern, favorisieren Thermo-Regulierung. Ein spezieller ‘Filtration rib’-Stoff sorgt mit Seersucker-Modellen für Frischegefühl bei heißen Temperaturen. Ein Beispiel ist die weiße Nylon-Trainingsjacke mit Kapuze und Neonstreifen am Reißverschluss über langer Jacke mit grafischem Raster-Muster zu einem Prince of Wales-Anzug, dazu kräftig besohlte, dunkelgrüne Wildleder-Slipper. Ein weiteres Inspirationsfeld sind außerirdische Landschaften: während sie Kubrick mit nachkolorierten Bildern der Erde simulierte, verarbeitet Mehmet Ali GPS-Bilder, die er in Webstoffe umsetzt, zu zeitgenössischer Formalwear, wie dem dunkel gemusterten Einreiher, zu dem ein schwarzes T-Shirt getragen wird. Herren-Rundschau 8-9/2015 die perfekt dem Retro-Trend entsprachen. Zusammen mit dem Designer Nick Ashley, dem Sohn der berühmten Laura Ashley, wurden diese Modelle gekonnt aktualisiert. Die Stoffe kommen – mit Ausnahme von Loro Piana – traditionell aus Großbritannien. Heute betreibt Private White V.C. drei eigene Geschäfte in London und ist weltweit vertreten, Manufaktum ist ein deutscher Partner. Der Mood für den nächsten Sommer? „Light, airy and very british!“ Aber was ist denn so britisch? James Eden bringt es auf den Punkt: „Stil bedeutet Understatement. Wenn ein Mann den Raum betritt, sollte man ihn und nicht sein Outfit beachten. Die Kleider sollten nicht den Mann, sondern der Mann sollte die Kleider machen“. PRIVATE WHITE V.C. Nostalgischer Esprit Viele englische Labels haben die Florentiner Messe inzwischen für sich entdeckt. In der Pitti-Sektion „Futuro Maschile“, dem Concept Labor des neuen Formellen, treffen wir auf Private White V.C. aus Manchester, einer Traditionsfirma mit hundertjähriger Geschichte, wie wir von CEO James Eden erfahren, 1917 wurde sie von seinem Urgroßvater als klassische Manufaktur für Woll- und Schlechtwetterbekleidung errichtet. Dank der guten Produktionsqualität arbeitete die Fabrik häufig auch für andere Hersteller wie Burberry und Paul Smith. Später wuchs die preisgünstige Konkurrenz aus Übersee und so stand die Manufaktur 2009 vor dem Aus. James Eden stieg ein, um sein eigenes Label zu lancieren. Er griff auf die raffinierten Schnittmuster aus dem Archiv zurück, Herren-Rundschau 8-9/2015 Den weltreisenden Gentleman der 50er Jahre in Anzug und Krawatte, der sich in breiten Flugzeugsitzen zurücklehnt – sein Outfit und die entsprechende Stimmung möchte das niederländische Label Circle of Gentlemen wieder aufleben lassen. Der Herr trägt im nächsten Sommer z. B. einen schlanken blauen Nadelstreifen-Anzug, darunter ein Pepita-Hemd mit rundem Kragen und breiter sonnengelber Krawatte. Seine Destination: Portofino, Havana, Miami, London. Bequem zurückgelehnt haben sich Janjaap van Gent und Michel van Kommer sicherlich nicht, denn ihr 2006 initiiertes T-Shirt Label in Amsterdam hat sich nach acht Jahren zu einer PremiumMenswear-Marke gemausert. „Gut laufen wir in Schweden, Dänemark, Kanada, USA und auch in Deutschland, u.a. bei Breuninger, Peek&Cloppenburg oder Garderobe Berlin“, erklärt uns Michael Redda, Sales Manager, der das gut geschulte und freundliche Personal in den deutschen Departmentstores lobt. Die Preise? 145 Euro für ein Hemd und 399 bis 499 Euro für ein Sakko. Ein bisschen Business, ein bisschen Crazyness und vor allem ein Auge für Detail und Individualität zeichnet die Niederländer aus, die ihren „Circle of Gentlemen“ auch in Florenz mit einem ansprechenden Messeauftritt inszenierten, präparierte Totenkopfkäfer und Schmetterlinge in den Schaukästen haben sie auf extravaganten Drucken zum Leben erweckt. 15 Ein bisschen Crazyness und vor allem ein Auge für Details und Individualität kennzeichnet die niederländische Kollektion von CIRCLE OF GENTLEMEN. Leisure Time Ein kleiner Pavillon mit bunten Farbkleksen, Outfits in Eisfarben, dazu flotte Musik und eine Prosecco Bar Privée mit der Degustation eines Prosecco Superiore DOCG’, versetzen Pitti-Besucher sofort in gute Laune. Eine lebhafte ältere Dame empfängt uns, Olga Quinz, die stolze Mamma – österreichischen Ursprungs - von Paolo und Francesco Perenzin, den Inhabern der Marke DiMattia. Gleich zur Stelle auch der Papa, wie sich herausstellt ein „alter 16 CIRCLE OF GENTLEMEN PITTI UOMO Hase“ im Business: „Boss, Gerry Weber, Frapp, große deutsche Firmen und viele mehr belieferte meine Knitwear-Firma Peterson bei Treviso seit 1973 mit Maschenware. Jedes Jahr produzierten wir 1,5 Millionen Teile“, erzählt Giorgio Perenzin. „Meine Söhne wollten sich aber nicht mit Produktionsproblemen auseinandersetzen, sondern interessierten sich mehr für den Verkauf und das Design. Und so gründeten sie im Jahr 2000 ihre Marke DiMattia“. Bei 30 Mitarbeitern werden 40% Prozent der Ma- schenware ins Ausland verkauft. Die junge qualitätsorientierte Kollektion punktet mit smarten Details und mediterranem Esprit. Zu haben ist sie bereits im eigenen Showroom in der Via Montenapoleone in Mailand aber auch in Shops in Cannes und Dubai. Was DiMattia so besonders macht? Vater Perenzin überlegt keine Sekunde: „Es ist die Liebe und Leidenschaft. Ich glaube, man muss sich im Leben seiner selbst bewusst werden, um zu tun, was gefällt und erfüllt“. Herren-Rundschau 8-9/2015 DIMATTIA Links: Giorgio Perenzin, Olga Quinz mit den Söhnen Paolo und Francesco. Oben: Die Mitarbeiterinnen der Rundschau Dr. Benigna Mallebrein und Susanne Schaller im Gespräch mit Seniorchefin der Firma DIAMATTIA. ARMATA DI MARE CAPRI Herren-Rundschau 8-9/2015 Meeresluft & Co atmet man am StandStrand von Armata di Mare. Die maritime Atmosphäre sorgt für ein bisschen Erfrischung während der heißen Messetage. Diese erfolgreiche italienische Marke für Sportswear konzentriert sich im kommenden Sommer auf zwei Schwerpunkte. Erstens keine Verwendung von tierischen Produkten: das Innere der Multitasking-Funktionsjacken und Blousons ist aus einer kompakten Synthetikeinlage, der Oberstoff aus Nylonstretch ist wasserabstoßend. Zweitens der Einsatz einer speziellen Duftnote, die in Zusammenarbeit mit der traditionellen Parfümerie Dr. Vranjes in Florenz entwickelt wurde, die bei den Jacken der Capsule Collection “Onda” (Welle) dem Futter entströmt und für frischen Duft sorgt. Auch die Farben machen Ferienlaune: Sand, Ecrù, Hellund Dunkelblau. Fantasiereiche bunte Stoffe und Muster bei den Hemden und T-Shirts, superleichte Verarbeitung bei den Jacken und Hosen sorgen für besten Tragekomfort, nicht nur beim aufregenden Inselabenteuer oder beim Segeln im Mittelmeer. Die Schwesterfirma Invicta trumpft auf mit glänzenden Blousons, Steppjacken und Bootsjacken auch in modischem Viola. Farbenfroh präsentiert sich auch die Marke Capri. Aber außer dem Namen hat die Marke mit Capri nichts gemeinsam. Seit zwei Jahren produziert die Firma „Improti“ im grünen Umbrien in San Sepolcro, dem Heimatort des Renaissancekünstlers Piero della Francesca, ausgefallene Herrenmode. „Wir möchten den Lifestyle von Capri wider- spiegeln“, so Herr Guglielmo La Tana, Brandmanager und Stilist für Herrenmode. „Bei Capri denkt man doch gleich an Zitronen, Blüten, Margeriten, und immer wieder leuchtende Farben.“ So finden wir neben farbenfrohen Hemden auch weiße Hemden mit Ton-in-Ton Stickereien oder bunten Laser-Applikationen wie Froschmuster, Papageien, Eistüten etc. „Unsere Mode konzentriert sich auf das Wesentliche“, meint Herr Guglielmo. Drei Jackenmodelle und Hemden in 23 Farben. Vom Schnitt her sind die Baumwolljacken mit Blumendruck kurz und weich. Mit militärischen Anklängen zeigt sich die SaharaJacke aus Leinen und Seide, gefärbter Wolle und Polyester in Denimversion. Das Geschäft der Firma läuft gut, die Kunden leben vor allem in den USA, Asien und Italien. Ein neues Stand-Design mit Naturholz in skandinavischer Anmutung ist die Kulisse für die qualitätsvollen Sommerkreationen von Altea: Jacken, Pullis, Hemden und Hosen in Indigo-und Sorbetfarben sowie optisch effektvolle Patterns und 3D-Texturen stehen im Zeichen eines stimmigen „easy to wear“. La giacca maglia, ein „Pullover-Jackett“ aus Jersey, Wirkware oder Bouclé ist modischer Protagonist: mit hochgestelltem Revers, getragen über T-Shirt oder Pulli, zu festen weißen Baumwollchinos mit Bügelfalte. Für den besonderen Touch hat der Individualist die Qual der Wahl unter den reich sortierten Altea-Accessoires mit einer Vielzahl von Pochettes, Krawatten, Bandanas und Tüchern. 17 PITTI UOMO Sportswear versus Smart Casual NAEEM ANTONY ALTEA: Neu PulloverJacketts aus Jersey, Wirkware oder Bouclé. „Wir müssen unseren Kunden immer wieder sagen, dass La Martina eine Marke aus Argentinien ist, die bereits ihr 30-jähriges Jubiläum feiert. Unsere Kollektion ist dem Polo-Sport verpflichtet, Kernprodukte sind seit jeher Sattel, Stiefel und Schläger, erst später ist die Mode zu einem wichtigen Sektor geworden“, so Bastian Cummert, La Martina/Deutschland. Schon im letzten Jahr ist die Marke um 18 % gewachsen, obwohl Polo in Deutschland eher eine Randsportart ist. Beliebt sind die legendären Poloshirts, die mit einer neuen Faser verarbeitet werden. Durch den Zusatz von Aluminium werden die schädlichen Strahlen der Sonne abgeblockt, eingebaute Apps berechnen den Kalorienverbrauch beim Sport. La Martina setzt auf das DNA des Sports als traditionelles Kennzeichen dieser Herrenmode. Die Kollektion wird in sogenannten Kapseln präsentiert. Zum einen die Essentials mit vielerlei Druckmustern, hier spiegelt sich der Pottennio, der argentinische Dandy. Gegenpart ist der Gaucho als Inspirationsquelle, er verkörpert die Farbigkeit. Für die dem Guards Poloclub gewidmete Capsule Collection hat La Martina eine indisch inspirierte Farbpalette gewählt. Die spielerische Liaison von Tradition und Moderne macht die Guards-Jacke zum Highlight der Sommer-Kollektion. 18 Herren-Rundschau 8-9/2015 LA MARTINA Das Projekt The Latest Fashion Buzz richtet seine Schweinwerfer auf einige der talentiertesten internationalen Fashiondesigner der Männermode. Sie fokussieren ein neues Konzept der Moderne, dass sich dennoch im Rahmen des Formalen bewegt. Der Akzent des 34jährigen Naeem Antony verweist auf indische Wurzeln. „Mein Label heißt Helen Antony, weil meine Großmutter Helen mich zu dieser Tätigkeit angespornt hat. Sie war Schneiderin, nähte Anzüge und stellte Strickwaren her. Ich verbrachte mit ihr viel Zeit in Pakistan und lernte so das Handwerk von der Pike auf.“ Nach ihrem Tod wollte der inzwischen in London ansässige Naeem die Erinnerung an sie bewahren. Da zahlreiche Freunde und Bekannte seine selbst entworfene Kleidung schon immer bewundert hatten, beschloss er fünf Modelle zu entwerfen. Auf der Pitti Uomo zeigt er seine erste Sommerkollektion Coral reef mit Anklängen an die Farbenpracht und Tierwelt der Korallenriffe. Zum ersten Mal in Florenz dabei ist die Marke Mardon aus Korea mit einer exotischen Mischung aus westlicher Architektur à la Frank Lloyd Wright und asiatischer Silhouette. Raffiniert sind die weichen Stoffe aus einem Mix aus 40 % Viskose und 60 % Papier. Immer wieder tauchen Streifen und geometrisches Dessin auf den weiten Pullis, den Jacken und Hosen mit Bundfalte und Umschlag auf. Als Verschluss dient beim Blazer ein Inside Belt, ein Gürtel zwischen den beiden Jackenvorderteilen. Die Kapuzen und Schalkragen an den Jacken sind abnehmbar. Herren-Rundschau 8-9/2015 HELEN ANTONY Junge Designer 19 MOSCHINO PITTI UOMO Popkultur Menswear Guest Designer Jeremy Scott, Kreativdirektor der Maison Moschino erklärt: „Mir gefällt es, mit dem immer wieder erkennbaren Code von Franco Moschino zu spielen, ihn aktuell zu gestalten und mit innovativen Interpretationen dem Publikum zu präsentieren.“ Zum ersten Mal zeigt Scott in einer klassischen Schau, nach zwei Londoner Auftritten, seine Herrenkollektion im überfüllten Palazzo Corsini al Parione. Er richtet sich bei der Kollektion nach dem, was er selbst gerne trägt und was er in seiner Garderobe vermisst. Sein Kunde soll „verrückt, sexy und cool“ sein. Seit 2013 steht Jeremy Scott an der stilistischen Spitze der IkonenMarke, die 1983 von dem extravagan20 ten Franco Moschino gegründet wurde, der jedoch im Jahr 1994 frühzeitig verschied. „Ein Hauptcharakterzug der Mode von Moschino war schon immer der Humor und ich glaube ich habe diese DNA mit einer zeitgemäßen Sensibilität ins Rampenlicht gerückt”, erklärt der Kalifornier und zeigt eine Kollektion, in der er die Uniform des ‚Grand Prix’ Motorradrennfahrers Valentino Rossi, Giro d’Italia-Rennfahrer, mit dem Schwalbenschwanz-Frack des Casanova, den Jabot-Hemden des Spätbarocks und mit graphischen Zeichen, knalligen Farben und ausgeflippten Popelementen mischt. „Die Popkultur dominiert heute und ist Teil meiner Arbeit, man kann ihr nicht entfliehen“, so Jeremy Scott. Herren-Rundschau 8-9/2015 Hemden & Co Mit einem ausgefallenen Stand in royalem Blau – dem neuen Markenzeichen – präsentiert sich die renommierte schwedische Firma Eton. Auch hier dominiert im Sommer 2016 ein bunter Farbreigen. Ein Eton-Hemd kann der Mann bei jeder Gelegenheit tragen, wie es die neue Werbekampagne vorführt: als Dandy in St. Tropez flamboyant mit Druckelementen oder lässig beim Staubsaugen mit aufgekrempelten Ärmeln. Durch die Inszenierung von Total Looks stellt die Firma eine Art Stilbibel für den zeitgenössischen Mann vor. Fein eingewebte Popelinefäden geben dem Baumwollhemd Struktur. Wie immer spielt der Kreativdirektor Sebastian Dollinger gerne mit farbenfrohen Prints und Details wie eingewebten Sebastian Dollinger Punkten, wild gemusterten Krawatten, leichten fantasievollen Sommerschals, also für den extrovertierten Typ. „Man muss die Kunden motivieren, ausdrucksstarke Hemden zu tragen, mehr Mut zur Farbe und damit zum Sommer zu haben“. Seine „wilden“ Ideen inspirieren sich am Vorbild des berühmten Skateborders Ali Mulala. „Das Hemd verändert sich bei jeder Waschung, es lebt mit dem Träger, das kann nur gutgehen, wenn man mit Stoffen der Spitzenklasse arbeitet,“ so Dollinger. Farbig sieht es auch am Stand von Barba Napoli aus. Seit zwei Jahren wird die Marke auch erfolgreich in Deutschland vertrieben. Es handelt sich um einen klassischen HemdproduzenHerren-Rundschau 8-9/2015 ten, erklärt Giuseppe Galassi, der Vertreter für Deutschland. Neben der sportlichen und der Dandylife-Linie gibt es ein Zwischensegment, die Barba culto mit klassischen, aber lässigen Hemden in leichter Waschung. Monogramm, Knöpfe, Kragenform, alles ist individuell änderbar. Neuerdings werden auch Jacken produziert, kleingemustert aus Leinen/Baumwolle. Alle Produkte werden in Neapel hergestellt. LOUIS LEEMAN S. Malatesa Kunsthandwerk Schuh Vervollständigt wird ein Outfit letztendlich auch durch Accessoires, die Kleidung charakterisieren und unterstreichen sollen. Im nächsten Jahr feiert die Schuhfirma Moreschi, im Jahr 1946 von Mario Moreschi gegründet, ihr 70jähriges Bestehen. Seit Jahrzehnten gibt sie den unverwechselbaren Stil in der Herrenschuhmode an, der zum Lifestyle eines Who is Who gehört. In einer innovativen Stand-Szenografie kann man anhand eines Touch screens die Entwicklung des legendären Mokassins von 1951 bis 2015 verfolgen. Ein weiteres Video zeigt, wie die neun Teile für einen Schuh zusammengesetzt werden. Zu den Klassikern gehören drei Modelle, einmal aus rauem Büffelleder, dann im Stil der 60iger Jahre aus gefüttertem Kalbsleder und zuletzt die schlanke Linie aus sehr weichem Kalbsleder und dünner Sohle. Für den Sommer dürfen die Netz-Sportschuhe „Flying Dutchman“ für das Segelboot nicht fehlen. Sie werden in den Farben Rot, Blau und Beige angeboten. Wichtig ist, dass ein Schuh elegant, dennoch weich, bequem und leicht ist“, so die Kommunikationsmanagerin Ilaria Barnabei. Zeitlose, elegante Schuhe und Taschen mit einem Schuss Extravaganz präsentieren die beiden jungen Modedesigner Louis Leeman aus Deutschland und die Florentinerin Erica Pelosi mit ihrer Marke Louis Leeman im Palazzo Pandolfi. Stefano Malatesta, verantwortlich für die Produktion, führt dem Publikum vor, wie er einen Papierentwurf in ein dreidimensionales Modell umwandelt, maßgerecht zum passenden Ledermaterial. Im Ledermuster-Katalog kann man aus einem großen Sortiment wählen: laminiertes oder lackiertes Leder, Schlangendruck, Blüten- und Korallendesign. All diese faszinierenden Produkte werden in der Toskana gegerbt. MAISON MARCY Nicht nur für die Nacht Den ganzen Tag im Schlafanzug herumhängen? Was für viele ein geheimer Wunsch in unserem hyperaktiven Alltag ist, macht Maison Marcy mit einem ausgeschlafenen Konzept zu einem schnieken Dresscode. „Meine De Luxe-Pyjamas für Gentlemen und Ladies sind für den Tag und die Nacht. Kurz zum Bäcker gehen oder den Hund ausführen? Eine Jacke darüber und voilà: man ist trotzdem chic“, so der sympathische Belgier. Vor zwei Jahren war er, nach fast drei Jahrzehnten in der Bekleidungsindustrie, seiner Leidenschaft für Stoffe und Ideen gefolgt und seitdem designt er vornehme Wäsche aus hochwertiger Hemdenbaumwolle oder zarterem Tissue. Pop-Art Prints, mit buntem Tutti-Frutti oder roten Tomaten bedruckt, erfrischen die sommerlichen Kreationen für 2016. 21 PITTI UOMO Wettbewerbsteilnehmer Gewinner Vittorio Branchizio Der Frankfurter Designer Jörg BROSKA präsentierte ein Kaleidoskop an Dessins mit Einflüssen aus Afrika und dem Orient. Im Rahmen der Pitti Uomo findet seit einigen Jahren der Wettbewerb „Who is on next? statt, bei dem italienische oder in Italien ansässige Design-Talente im Bereich Männermode gesucht werden. Gewinner 2015 ist Vittorio Branchizio (2. v.l.) mit seiner innovativen Strickkollektion. Neben einem Geldpreis erhält er auch die Chance, während der nächsten Pitti Uomo (12.-15.1.2016) ein Event zu veranstalten. Dazu gehört eine Berichterstattung in der L’Uomo Vogue und auf Präsenz den Internetseiten von Condé Nast. Kreatives Joint Venture Jörg Broska präsentierte auf der Pitti Uomo exklusive handgefertigte Krawatten, Einstecktücher, Schals und Brillen – ein Kaleidoskop mit Einflüssen aus Afrika und dem Orient, RegimentalStreifen mit Patchworkoptik und Dessins, die moderne architektonische Strukturen zitieren. Seit sechs Jahren ist der Modedesigner aus Frankfurt mit seiner ManufakturKollektion auf dem Markt. Nicht das Große, Auffällige und Spektakuläre in22 teressiert ihn, sein Interesse gilt Details, die sich verankern. „Ich habe für jede Warengruppe einen Spezialisten, der das Produkt fertigt. Davon sind 80 % in Italien, weitgehend in Como. Von dort kommen zum größten Teil auch die Naturmaterialien wie feines Leinen, Baumwolle, Kaschmir, Kaschmir/Seide und Twill“, erklärt Jörg Broska. Alle Dessins werden von ihm selbst entwickelt, für jede Saison stellt er eine Farbkarte mit 60 Couleurs zusammen. „Ich kam z.B. für diese Saison mit 182 Ideen nach Como, dann habe ich zehn Tage mit kreativen Mittelpersonen gearbeitet, Farben und Muster ausgewählt, und am Ende übernahm der Grafiker das Finetuning“, erläutert Jörg Broska seinen Produktionsflow. Auch beim Druck ist Know-How gefragt: „Wir arbeiten im Digitaldruck auf doppelpenetriertem Weg, damit die Rückseite beispielsweise eines Tuches wie seine Vorderseite aussieht. Mit sieben FarbHerren-Rundschau 8-9/2015 Fazit Formalwear wird durch Sport-, Rockund Popelemente aufgelockert. Die Grenzen zwischen formaler Kleidung und Upper Casual sind fließend. „Sartorial“ ist das Zauberwort, umgesetzt in wertigen und funktionellen Leichtgewichten. Dreidimensionale Webstrukturen, Jacquards, Mini-Muster oder dezente Waschungen lockern bei Jacken aus Wolle/Leinen/Seide oder Anzügen in feinstem knitterfreiem Wolltuch die Oberflächen auf. ColorCodes sind Blau in allen Nuancen, sowie Natur- und Grautöne, oft vermitteln optimistische Sorbetfarben mediterranes Feeling. Signalfarben wie Orange und Neongelb brechen förmliche Looks auf. kalotten läuft der Farbkopf, auf jeder Kalotte sitzt ein Behältnis mit Penetril, eine Trägerflüssigkeit, die die Farbe beim Druckvorgang tief ins Gewebe bringt“. Nur eine exakte Justierung garantiert ein vollendetes Dessin. Die Einstecktücher liegen wie Federn in der Hand: „Sie sind aus 18 Momme Twill Seide, d.h. ein Quadratmeter Seide wiegt etwa 130 Gramm. Aus diesem Material macht Hermes Druckkrawatten, wir verwenden es sogar für Tücher und Bandanas“. Auch Juweliere bestellen bei Jörg Broska: “Sie schlingen die Tücher um Uhren oder Spangen, damit diese dann von ihren Kundinnen am Handgelenk getragen werden“. Im Bereich Krawatten arbeitet der Stilist mit einer englischen Manufaktur zusammen. Zur Kollektion gehört auch eine Baumwollkrawatte in Jeansoptik: „Sie ist neunfach gefaltet, ohne Einlage und komplett von Hand genäht. Ihre Festigkeit erhält sie über das Material“, so der Frankfurter. Seine Lieblingskrawatte? „Je nach Outfit, aber immer in Proportion mit der Reversbreite des Sakkos. Ich mache im Grunde keinen Unterschied zwischen einer Seiden- oder einer Casualkrawatte“. Weltweit verkauft Jörg Broska in vierzig renommierten Stores; in Deutschland u.a. bei Lodenfrey (München), Möller&Möller (Hannover), Tom Reimer (Hamburg) und Diehl & Diehl (Frankfurt). Herren-Rundschau 8-9/2015 In der Abendgarderobe überraschen die Smokings mit aparten Mikrodessins, auch in Blau und Creme, oft mit Schalrevers im gleichen Ton oder einer Kontrastfarbe. Key-Item in allen Sparten bleibt das Softjackett in Jersey, Strick- oder Wirkware, darunter ein T-Shirt, leichte Polos und Pullis anstelle von Hemden mit steifen Kragen, dazu körpernah konstruierte, meist knöchellange Hosen. Anstelle von Sakkos können sich zu dieser krawattenlosen Eleganz auch legere Blousons oder kernige Leinenstrickjacken gesellen; Jeans und Denim-Optiken sind omnipräsent. Must have im Sommer 2016 wird auch eine knackige, reinweiße Chino mit Bügelfalte sein. Damenund Herrenmode kommen sich im Zeitgeist immer näher. Aus diesem Grund wurde auch die Pitti W Woman Precollection durch die Sektion „Open“ ersetzt, die gender-übergreifende Mode und Accessoires präsentiert, tragbar für Sie und Ihn. Dort sind Batikjacken, hyperweibliche Hemden im Blusenschnitt in den Farben Aquamarin, Orange und Rottönen zu entdecken. Stefano Ricci, Präsident der Pitti Uomo Immagine, zeigt sich dennoch in der Pressekonferenz zuversichtlich, dass sich trotz der zunehmenden Beliebtheit der Unisex-Mode, in Zukunft „die Damen als Damen und die Herren als Herren kleiden werden“. Dr. Benigna Mallebrein und Susanne Schaller Prints, oft mit einem Schuss Ironie oder Exotikanklängen, sind besonders bei Casual Smart-Looks ein beliebtes Stilmittel. 23
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