Unterricht Biologie

Zu diesem Heft
Zum Weglaufen fehlen ihnen die Beine. Kein schützender Panzer umgibt sie. Pflanzen setzen daher
oft chemische Cocktails als «Appetitzügler» ein.
Die Braunalge Dictyota dichotoma schützt sich vor
hungrigen Meeresbewohnern durch einen üblen
Geruch. In friedlichen Zeiten dienen die gespeicherten Duftkomponenten der Osmoregulation.
Erst wenn die Alge verletzt wird – beispielsweise
durch den Biss kleiner Krebse –, werden die Chemikalien freigesetzt und bilden zusammen einen
abschreckenden schwefligen Geruch. Ebenso neu
wie die Erkenntnisse über die Verteidigungsstrategie der Alge ist übrigens die Feststellung, dass marine Krebse Duftbouquets wahrnehmen können.
Die «Sprache» der Pflanzen ist noch lange nicht
völlig entschlüsselt. Dass Pflanzen überhaupt in
der Lage sind, untereinander zu kommunizieren
und sogar andere Lebewesen zu Hilfe «rufen»
können, kann das Interesse von Schülerinnen und
Schülern an dem meist unterschätzten stummen
«grünen Mobilar» in ihrer Umwelt erhöhen.
Auch unscheinbare Wasserflöhe können im
Zusammenhang mit Signalstoffen an unterrichtlicher Attraktivität gewinnen: Bei unwillkürlich abgegebenen Kairomonen ihrer Fressfeinde legen sie
eine Art Harnisch an. Je nach Stand ihrer methodischen Kompetenzen können sich die Lernenden
angeleitet oder weitgehend selbstständig auf Ursachensuche begeben.
Eigene praktische «Forschungen» ermöglicht
die Kastanienminiermotte, die inzwischen fast
bundesweit verbreitet ist. Statt wie früher überwiegend am Borkenkäfer lässt sich das Prinzip von
Pheromonfallen daher heute am Beispiel dieses
kleinen Schmetterlings nahezu vor jeder Schultür
demonstrieren. Bau, Kontrolle und Auswertung
von Pheromonfallen für die Kastanienminiermotte
bieten sich als Thema für Projektprüfungen an, die
in einigen Bundesländern zum Ende der Sekundarstufe I vorgesehen sind.
Die übrigen Unterrichtsbeispiele in diesem
Heft behandeln Signalstoffe, die ihre Wirkung im
Körper eines Menschen entfalten: Die Rolle des
Insulins innerhalb des Glucose-Stoffwechsels ist
ein geradezu klassisches Unterrichtsthema, das
in diesem Heft bilingual aufgearbeitet wird. Auch
wer die Fremdsprache aus seinem Biologieunterricht heraushalten möchte, sollte den Artikel nicht
überblättern, sondern methodische Anregungen
daraus ziehen.
Der «Fall Ashley» liegt nicht allzu lange zurück
und hat schon Nachahmer gefunden. Die 9-jährige
schwer behinderte Ashley wird auf Betreiben ihrer
Eltern durch Hormongaben und die Entfernung
der Gebärmutter im Entwicklungsstand eines Kindes gehalten. Katie in Großbritannien war 15 Jahre
alt, als ihre Mutter einen Antrag auf Hysterektomie
stellte. Die ethische Bewertung der von den Eltern
durchgesetzten Maßnahmen schließt eine Betrachtung körpereigener Hormone und künstlicher
Hormongaben ein.
Zu den «Signalstoffen» mit oft weitreichenden
Folgen zählen Drogen, die ihre Wirkung im Gehirn
entfalten. Wenn die Belastungen des Alltags auf
die Seele drücken, erscheint der Griff zu einem
Stimmungsaufheller außerordentlich verlockend.
Das Lifestyle-Medikament «Prozac» genoss jahrelang in der amerikanischen Gesellschaft einen
guten Ruf. Erst allmählich mehrten sich die Belege, dass die Einnahme dieses Serotoninhemmers
mit unerwünschten Nebenwirkungen verbunden
ist. Die physiologischen Ursachen sind noch nicht
endgültig geklärt. Aber genau das sollte Schüler
und Schülerinnen nachdenklich machen …
Ihre Redaktion Unterricht Biologie
Unterricht Biologie
Signalstoffe
Heft 331 | Herausgeberin: Ulrike Spörhase-Eichmann
BASISARTIKEL
2
Ulrike Spörhase-Eichmann
Signalstoffe
UNTERRICHTSMODELLE
Sek. I
11
Sek. I
16
Sek. I
22
Sek. I/II
35
Sek. /II
41
Konstantin Klingenberg
Wehrhafte Wasserflöhe – Winzlinge mit Helm und Rüstung
Anne Weinreuter, Karlheinz Köhler und Andreas Martens
Pheromone in der Anwendung:
Kastanienminiermotten als Schulbesucher
Simone Zürcher
Insulin und der Glucose-Stoffwechsel – Diabetes mellitus
Ulrike Spörhase-Eichmann
Prozac – die Modepille
Michael Linkwitz
Die Sprache der Pflanzen:
Chemische Signalstoffe als Verteidigungsstrategie
BEIHEFTER
Sek. I
25
Sek. I
33
Gabriele Teutloff
Ashley
Gabriele Teutloff
Der «Fall Ashley»
MAGAZIN
48
Reimer Hinrichs und Barbara Dulitz
Aufgabe pur: Lachs als Sondermüll
Reimer Hinrichs
50
Aufgabe pur: Das Skelett – mehr als eine Stütze?
51
Infos & Termine
Mitarbeit erwünscht
Krebse sind überall*
Herausgeber: Prof. Dr. Andreas Martens/Karsten Grabow, Karlsruhe
Basiskonzept Kompartimentierung*
Herausgeber: Prof. Dr. Wilfried Probst, Flensburg
Ernährung*
Herausgeber: Prof. Dr. Norbert Grotjohann, Bielefeld
Vielfalt des Menschen*
Herausgeber: Prof. Dr. Ulrich Kattmann, Oldenburg
Neobionten*
Herausgeber: Prof. Dr. Carsten Hobohm, Flensburg
Bitte melden Sie sich bei der Redaktion unter
[email protected] oder 0511/40004-401
UNTERRICHT BIOLOGIE 331 | 2008
1