Dreizehntes Gehalt – Dr. Constanze Oberkirch, Rainer Hartmann, Christoph Fleige – TK Lexikon Steuern – 14. Dezember 2015 Dreizehntes Gehalt HI520860 Zusammenfassung LI1924281 Begriff Das 13. Gehalt ist eine Sonderzahlung und wird in Höhe eines Monatsarbeitsgehalts ausgezahlt. Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung Arbeitsrecht: Gesetzlich normiert ist das 13. Gehalt nicht. Rechtsprechung: Anspruch auf anteilige Auszahlung bei Ausscheiden im laufenden Jahr (BAG, Urteil v. 7.9.1989, 6 AZR 637/88); Unzulässigkeit von Stichtagsregelungen (BAG, Urteil v. 13.11.2013, 10 AZR 848/12). Lohnsteuer: Der Lohnsteuerabzug für das 13. Gehalt ergibt sich aus § 39b Abs. 3 EStG. Die Anforderungen zur möglichen Umwandlung in steuerfreie Kindergartenzuschüsse regelt R 3.33 Abs. 5 LStR. Diese Anforderungen sind auch auf andere Steuervergünstigungen anzuwenden, die daran geknüpft sind, dass der Arbeitgeber diese Leistungen zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbringt. Sozialversicherung: § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB IV regelt die Zuordnung von Einmalzahlungen zu einem bestimmten Entgeltabrechnungszeitraum. Die beitragsrechtlichen Bestimmungen für einmalig gezahltes Arbeitsentgelt enthält für alle Sozialversicherungszweige § 23a SGB IV. Kurzübersicht Entgelt 13. Monatsgehalt (Arbeitslohn) LSt pflichtig SV pflichtig* *aber: Regelungen zur Märzklausel und zu Einmalzahlungen. Arbeitsrecht 1 Anspruchsgrundlage HI726780 HI6702709 Ein gesetzlicher Anspruch auf Auszahlung eines 13. Monatsgehalts besteht nicht. Ein Anspruch muss durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Einzelvertrag begründet werden. 2 Rechtsnatur HI6702710 Ob es sich bei der Zusage der Sonderzuwendung um ein 13. Gehalt mit Entgeltcharakter oder eine Gratifikation handelt, die andere Ziele bezweckt (z. B. Honorierung von Betriebstreue), ist durch Auslegung der vertraglichen Regelung zu ermitteln. Im Regelfall handelt es sich bei der als "13. Gehalt" bezeichneten Zuwendung um eine Gegenleistung für die durch den Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistung und damit um Arbeitsentgelt. Das 13. Gehalt gehört aber z. B. ebenso wie eine Weihnachtsgratifikation oder eine Jahresabschlussvergütung nicht zum durchschnittlichen Arbeitsverdienst im Sinne des § 11 BUrlG, bleibt also beim Urlaubsentgelt außer Betracht. Das 13. Monatsgehalt gehört zu den "besonderen Zuwendungen, die im Zusammenhang mit dem Weihnachtsfest oder Jahresende gezahlt werden" im Sinne des § 11 Abs. 4 Satz 4 Nr. 2 5. VermBG. [ 1 ] 3 Fortzahlung im Krankheitsfall HI6702711 Bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist grundsätzlich das vertragsgemäße Arbeitsentgelt fortzuzahlen, also auch das 13. Monatsgehalt. Dies gilt jedoch nur für die Dauer des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung. [ 2 ] Achtung Kürzungsmöglichkeit bei längerer Krankheit Wird ein 13. Monatsgehalt als arbeitsleistungsbezogene Sonderzahlung vereinbart, so entsteht für Zeiten, in denen bei Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit kein Entgeltfortzahlungsanspruch mehr besteht, auch kein anteiliger Anspruch auf das 13. Monatsgehalt. Einer gesonderten arbeitsvertraglichen Kürzungsvereinbarung bedarf es in diesem Falle nicht. [ 3 ] 4 Anteiliger Anspruch HI6702712 Beim 13. Gehalt handelt es sich regelmäßig um die Gegenleistung des Arbeitgebers für laufend erbrachte Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer. Der Arbeitnehmer erwirbt also im Laufe des Jahres – ggf. anteilig – Ansprüche auf Zahlung des 13. Gehalts. Wird in einem Arbeitsvertrag ein 13. Monatsgehalt vereinbart und wird das Arbeitsverhältnis im Laufe des Jahres beendet, so steht im Zweifel dem Arbeitnehmer das 13. Monatsgehalt im Austrittsjahr anteilig zu, wenn die Parteien des Arbeitsvertrags nichts anderes vereinbart haben; dieser Teilanspruch ist aber, wenn nichts anderes vereinbart ist, erst an dem Tag fällig, an dem auch bei Verbleiben im Betrieb das 13. Monatsgehalt fällig wäre. [ 4 ] 5 Stichtagsklauseln HI6702713 Der Arbeitgeber, der ein 13. Monatsgehalt zusagt, kann die Voraussetzungen bestimmen, unter denen der Arbeitnehmer den Anspruch haben soll. Eine Stichtagsklausel ist aber bei Sonderzuwendungen mit Mischcharakter oder reinem Entgeltcharakter nicht zulässig. Eine Sonderzahlung, die auch Gegenleistung für im gesamten Kalenderjahr laufend erbrachte Arbeit darstellt, kann in Allgemeinen Geschäftsbedingungen regelmäßig nicht vom Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31.12. des betreffenden Jahres abhängig gemacht werden. [ 5 ] Im entschiedenen Fall hatte der Arbeitgeber eine Weihnachtsgratifikation gezahlt, die aber nicht nur die Betriebstreue honorierte, sondern nach den Feststellungen des BAG auch Entgelt für erbrachte Arbeitsleistung darstellte. Da das 13. Gehalt in aller Regel Entgeltcharakter hat [ 6 ] , ist eine diesbezügliche Stichtagsklausel meist unwirksam. Entgelt 1 Dreizehntes Gehalt ist steuerpflichtiger sonstiger Bezug HI726781 HI2765856 Ein 13. Monatsgehalt gehört zum (steuerpflichtigen) Arbeitslohn. Dies gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer einen arbeitsrechtlichen Anspruch auf eine solche Leistung hat, z. B. weil der Tarifvertrag dies vorsieht, oder ob die Zahlung freiwillig erfolgt. Die Lohnsteuererhebung ist nach den für sonstige Bezüge geltenden Regelungen vorzunehmen. Der Zeitpunkt der Besteuerung bestimmt sich nach dem Zufluss. 2 Berücksichtigung als Einmalzahlung HI2757418 In der Sozialversicherung ist das 13. Monatsgehalt beitragsrechtlich als Einmalzahlung zu behandeln und dem Entgeltabrechnungszeitraum der Auszahlung zuzuordnen. [ 7 ] Wenn durch diese Zuordnung die monatliche Beitragsbemessungsgrenze überschritten wird, werden die vor der Auszahlung liegenden Entgeltabrechnungszeiträume des laufenden Kalenderjahres berücksichtigt. Etwas anderes gilt, wenn die Einmalzahlung in der Zeit vom 1.1. bis zum 31.3. eines Jahres geleistet wird und durch diese Zuordnung im laufenden Kalenderjahr die Zahlung nicht in voller Höhe beitragspflichtig ist. In diesen Fällen ist die Einmalzahlung den Entgeltabrechnungszeiträumen des Vorjahres zuzuordnen. 3 Entgeltumwandlung in steuerfreie Bezüge möglich HI2765857 3.1 Erfordernis der Zusätzlichkeit prüfen HI2762077 Unter bestimmten Voraussetzungen kann steuerpflichtiger Arbeitslohn in steuerfreie Bezüge umgewandelt werden, ohne dass dem Arbeitgeber zusätzlicher Lohnaufwand entsteht. Eine Steuerbefreiung kommt in folgenden Fällen in Betracht: Kindergartenzuschüsse [ 8 ] , Arbeitgeberleistungen zur betrieblichen Gesundheitsvorsorge [ 9 ] oder Mitarbeiterbeteiligungen. [ 10 ] Voraussetzung ist, dass diese Zuwendungen zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden. Auch die Pauschalbesteuerung von Arbeitgeberzuschüssen zu Jobtickets in Höhe von 15 % ist daran geknüpft, dass diese Leistungen zusätzlich gewährt werden. [ 11 ] BFH stellt strenge Anforderungen: Zusätzliche Leistungen müssen freiwillig erfolgen Der BFH hat in 2 Urteilen das Tatbestandsmerkmal "zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn" - abweichend von der bisherigen Rechtsauslegung - in der Weise eingeschränkt, dass nur freiwillige Zusatzleistungen des Arbeitgebers die jeweilige Steuervergünstigung auslösen können. [ 12 ] Nachteilig wirkt sich dies z. B. auf freiwillige Kindergartenzuschüsse aus, auf die durch Betriebsvereinbarung oder betriebliche Übung ein arbeitsrechtlicher Anspruch entsteht. BMF relativiert: Schädlich sind nur Gehaltsumwandlungen Das BMF hat deshalb die beiden Urteile mit einem Anwendungsschreiben veröffentlicht, das die bisher praktizierte, dem Gesetzeszweck entsprechende Verfahrensweise wieder herstellt, nach der lediglich in Fällen der Gehaltsumwandlung die beschriebenen Steuervergünstigungen ausgeschlossen sind. [ 13 ] Die Finanzverwaltung sieht die Zusätzlichkeitsvoraussetzung - abweichend von den BFH-Urteilen - weiterhin als erfüllt an, wenn die zweckbestimmte Leistung zu dem Arbeitslohn hinzukommt, den der Arbeitgeber arbeitsrechtlich schuldet. Insoweit ist das Erfordernis der Zusätzlichkeit auch dann erfüllt, wenn der Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf die zweckbestimmte Leistung hat. Wird dagegen eine zweckbestimmte Leistung unter Anrechnung auf den arbeitsrechtlich geschuldeten Arbeitslohn oder durch dessen Umwandlung gewährt, liegt keine zusätzliche Leistung vor. [ 14 ] Wie bisher sind damit nur Gehaltsumwandlungen schädlich. Aufgrund der Verwaltungsregelung bleiben auch Kindergartenzuschüsse steuerfrei, die neben dem Bruttoarbeitslohn zu einem späteren Zeitpunkt zusätzlich arbeitsrechtlich vereinbart werden. Praxis-Beispiel Steuerfreiheit für betrieblich vereinbarte Kindergartenzuschüsse Ein Arbeitnehmer erhält ab 1.6.2013 aufgrund einer betrieblichen Vereinbarung zusätzlich zu seinem bisherigen Bruttogehalt von 2.800 EUR einen Zuschuss in Höhe von 150 EUR für den Kindergartenaufenthalt seines Kindes. Ergebnis: Obgleich der Arbeitnehmer aufgrund der Betriebsvereinbarung einen arbeitsrechtlichen Anspruch auf den Kindergartenzuschuss hat, ist die Zusätzlichkeitsvoraussetzung erfüllt. Die zweckbestimmte Leistung Kindergartenzuschuss erhöht den bisherigen Bruttolohnanspruch und wird damit vom Arbeitgeber zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt. Eine zusätzliche Leistung liegt dann nicht vor, wenn sie unter Anrechnung auf die bisherigen Lohnbezüge bezahlt wird. Würde im Beispiel der Lohnanspruch von 2.800 EUR zugunsten des Kindergartenzuschusses um 150 EUR herabgesetzt, könnte die Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 Nr. 33 EStG nicht angewandt werden. Weiterhin zulässig ist die Anrechnung zweckgebundener Arbeitgeberleistungen auf freiwillige Sonderzahlungen, etwa ein freiwillig gewährtes Weihnachtsgeld. Nach neuerer Rechtsprechung ist das Erfordernis der Zusätzlichkeit nur danach zu prüfen, ob der Arbeitgeber die Sonderzahlung als geschuldet zu erbringen hat. Die Zusätzlichkeitsvoraussetzung konnte nach bisheriger Verwaltungsauffassung nicht durch Anrechnung auf freiwillige Sonderleistungen erfüllt werden. Z. B. durch Umwandlung einer freiwilligen Weihnachtsgeldzahlung (13. Gehalt), wenn der übrige Teil der Arbeitnehmer stattdessen eine zweckbindungsfreie Barleistung in Anspruch nehmen konnte. [ 15 ] Für die Anwendung der Steuerbefreiung auf Kindergartenzuschüsse ist es daher unschädlich, wenn eine nicht zweckgebundene Freiwilligkeitsleistung (13. Gehalt) für bestimmte Arbeitnehmer in eine zweckgebundene umgewandelt wird. [ 16 ] Die Finanzverwaltung folgt der Rechtsprechung, wonach es nach dem geänderten Wortlaut unschädlich ist, wenn eine freiwillige Leistung einem Teil der Arbeitnehmer zweckgebunden und den übrigen Arbeitnehmer verwendungsfrei zufließt. [ 17 ] Praxis-Beispiel Steuerfreier Kindergartenzuschuss durch Entgeltumwandlung Der Arbeitgeber gewährt seinen Arbeitnehmern im Dezember ein freiwilliges 13. Gehalt. In der Vereinbarung wird auf den Vorbehalt der Freiwilligkeit der Sondervergütung hingewiesen und den Arbeitnehmern mit Kindergartenkindern das Wahlrecht eingeräumt, in Höhe der jährlichen Kindergartenbeiträge die Sonderzahlung als Kindergartenzuschuss auszubezahlen. Ergebnis: Die Sonderzuwendung zählt nicht zum ohnehin (arbeitsrechtlich) geschuldeten Arbeitslohn. Arbeitnehmer mit Kindergartenkindern: Das freiwillige 13. Gehalt kann den Arbeitnehmern mit Kindergartenkindern in Form steuerfreier Kindergartenzuschüsse gewährt werden. Voraussetzung ist, dass dem Arbeitgeber zum Nachweis entsprechende Belege im Original vorgelegt werden, die beim Lohnkonto aufzubewahren sind. Arbeitnehmer ohne Kindergartenzuschüsse: Im Übrigen unterliegt die freiwillige Sonderzahlung hinsichtlich des übersteigenden Betrags bzw. bei Arbeitnehmern ohne Kindergartenzuschüsse in voller Höhe dem Lohnsteuerabzug nach den für Einmalzahlungen geltenden Regeln. 3.2 Steuern sparen durch Öffnungsklausel HI2762078 Besteht für das 13. Gehalt oder für andere Sonderzahlungen eine sog. Öffnungsklausel, lassen sich dadurch – unter den vorgenannten Voraussetzungen – Abgaben sparen. Öffnungsklauseln sind Zusatzvereinbarungen, die es zulassen, dass anstelle einer vereinbarten bestimmten Leistung auch eine andere Zuwendung gewährt werden kann. Unter dieser Voraussetzung ist es beispielsweise zulässig, ein als 13. Gehalt gewährtes freiwilliges Weihnachtsgeld (teilweise) in Form steuerfreier Arbeitgeberleistungen auszubezahlen, wenn die Steuerbefreiung eine Zusätzlichkeitsklausel verlangt. [ 1 ] S. Vermögenswirksame Leistungen. [ 2 ] Zu Auslegungsregeln und zur Zahlung bei langandauernder Krankheit im Bezugszeitraum s. Gratifikation . [ 3 ] BAG, Urteil v. 21.3.2001, 10 AZR 28/00. [ 4 ] Vgl. für Jahressondervergütung BAG, Urteil v. 7.9.1989, 6 AZR 637/88. [ 5 ] BAG, Urteil v. 13.11.2013, 10 AZR 848/12. [ 6 ] S. Abschn. 2. [ 7 ] S. Einmalzahlungen: Beitragsberechnung.. [ 8 ] § 3 Nr. 33 EStG. [ 9 ] § 3 Nr. 34 EStG. [ 10 ] § 3 Nr. 39 EStG. [ 11 ] § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG. [ 12 ] BFH, Urteil v. 19.9.2012, VI R 54/11, BStBl 2013 II S. 395; BFH, Urteil v. 19.9.2012, VI R 55/11, BStBl 2013 II S. 398. [ 13 ] BMF, Schreiben v. 22.5.2013, IV C 5 - S2388/11/10001-02, BStBl 2013 I S. 728. [ 14 ] R 3.33 Abs. 5 LStR. [ 15 ] R 3.33 Abs. 5 Satz 2 LStR. [ 16 ] BFH, Urteil v. 1.10.2009, VI R 41/07, BStBl 2010 II S. 487. [ 17 ] R 3.33 Abs. 5 LStR.
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