44 UNTERNEHMERPorträt Im Gespräch mit Philip F. W. Harting, HARTING Technologiegruppe, Espelkamp „Unser Name verpflichtet“ Gelungene Nachfolgeregelungen in Unternehmen sind mancherorts ein existenzielles Problem. Nicht so in OstWestfalenLippe, wo die langfristige Sicherung von Arbeitsplätzen als echter Wert hochgehalten wird. Ein besonders gelungenes Beispiel liefert die HARTING Technologiegruppe in Espelkamp, wo die Eigentümerfamilie – Dietmar Harting und Margrit Harting sowie ihre Kinder Philip F. W. Harting und Maresa HartingHertz – Hand in Hand arbeiten. Jede und jeder auf ihrem oder seinem Platz, mit eigenem Verantwortungsbereich. Von Reinhard Schwarz D ie Unternehmensübergabe ist ein klar strukturierter Prozess und läuft seit mehreren Jahren erfolgreich und ohne Dissonanzen. Schritt für Schritt ist mehr und mehr Verantwortung auf die dritte Generation, also auf die Kinder Philip F. W. Harting und Maresa Harting-Hertz übertragen worden. Ende 2013 wurden beide persönlich haftende Gesellschafter. In vielen Dingen sind die vier Familienmitglieder einer Meinung, manchmal haben sie aber auch unterschiedliche Auffassungen zu einem Thema. Dann muss irgendwann einmal eine letzte Entscheidung her. Philip Harting, Vorstand Connectivity & Networks, HARTING ist bekannt für seinen Industrie-Steckverbinder Han®. Han® steht dabei für HARTING Norm. OWL_Das Magazin 21.2015 Global unterwegs, in OstWestfalenLippe zu Hause: Philip F. W. Harting leitet gemeinsam mit seinen Eltern Dietmar Harting und Margrit Harting sowie der Schwester Maresa Harting-Hertz die HARTING Technologiegruppe in Espelkamp. sagt ganz selbstbewusst: „Diese finale Entscheidung trifft unser Vater. Damit haben wir Kinder aber kein Problem.“ Bodenständigkeit und Weltoffenheit „Ich bin global unterwegs und hier zu Hause.“ Kürzer und prägnanter lässt sich kaum ausdrücken, was Philip Harting, der in Espelkamp aufwuchs und heute in Lübbecke lebt, und viele seiner mittelständischen Unternehmerkollegen aus OstWestfalenLippe auszeichnet. Zahlreiche der hier ansässigen inhabergeführten Unternehmen sind bekannte Weltmarktführer, andere genießen ihr eher unauffälliges Dasein als Hidden Champions. Typische Kennzeichen aller sind ihre unerschütterliche Bodenständigkeit einerseits und die weltoffene Vertriebsmentalität andererseits. Wie Philip Harting tragen zahlreiche Unternehmerinnen und Unternehmer ihren Namen als Produkt- und Markennamen vor sich her. Mit Stolz und in dem Bewusstsein, dass der Familienname ein Qualitätssiegel ist – bei Harting für elektrische und elektronische Steckverbinder. „Unser Nachname steht auf unseren Produkten“, sagt der 40-Jährige, „und deswegen sehen wir uns gegenüber unseren Kunden im Besonderen in der Verantwortung. Unser Name verpflichtet.“ Es spricht für ihn, dass er die unmittelbaren Wettbewerber Wago, Weidmüller und Phoenix Contact aus den Nachbarstädten Minden, Blomberg und Detmold mit einschließt: „Wir haben hier eine einmalige Ansammlung von Weltmarktführern. Und wir verstehen uns als sportliche Rivalen, nicht als Feinde.“ „Das Unternehmen ist die Diva!“ Es ist nicht nur die durchaus als sportlich gesehene Fairness, die den leidenschaftlichen Handballfan und Hauptsponsor des Handball-Bundesligisten GWD Minden ausmacht. Und es ist auch das unternehmerische Selbstverständnis, das im kreativen Umfeld einer harmonisch miteinander arbeitenden Familie blühen konnte und die Nachfolgeregelung einfach machte. „Als ich ins Unternehmen Fotos (4): HARTING eintrat und die mir übertragenen Aufgaben übernahm, war es mein Vater, der uns allen zeigte, wie man loslassen kann. Meine Schwester Maresa und ich haben von Kindesbeinen an erlebt, dass das Unternehmen unser aller Lebensmittelpunkt ist. Oder wie meine Mutter gerne sagt: „Das Unternehmen ist die Diva!“ Philip Hartings Karriere verlief geradlinig. Der Sohn wuchs mit großem Respekt vor der Lebensleistung seiner Eltern Dietmar (75) und Margrit Harting (70) auf und wusste schon zu Schulzeiten, wohin die Reise gehen sollte. Nach dem Abitur machte er außerhalb des Familienunternehmens erst einmal eine Lehre zum Industrieelektroniker in Minden. „Und nach Feierabend habe ich aus eigenem Interesse systematisch alle Abteilungen unseres Unternehmens besucht. Ich wollte dicht am Thema bleiben und von der Pike auf lernen. Damit den Menschen, die hier leben und für HARTING arbeiten, zeigen, dass ich den technischen Kern des Unternehmens verstehe.“ Nach Studienabschluss als Diplom-Kaufmann an der Universität Köln wechselte er als Assistent der Geschäftsführung zu HARTING, um dann von 2005 bis 2008 ausgehend vom Management-Center in Hongkong das gesamte Asiengeschäft der Technologiegruppe voranzutreiben und auszubauen. In seiner Funktion als Managing Director arbeitete er sich in alle relevanten Bereiche ein, belegte Kurse und Seminare, um die Basics asiatischer Sprachen und Kulturen zu erlernen. „Mir war es wichtig, meine Kunden und Mitarbeiter verstehen und respektieren zu können.“ >> Das Goldene Zeitalter der Kartographie 13. September – 6. Dezember 2015 www.weltvermesser.de OWL_Das Magazin 21.2015 46 Porträt Harting Technologiegruppe, Espelkamp Gesamtumsatz 2013/14 (30.09.): 547 Mio. Euro (2012/13 484 Mio.) Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: 4.048 (Stichtag 30.09.2014) in 42 Vertriebsgesellschaften und 12 Produktionsstätten Produkte (Beispiele) n PROFINET n Leiterplattensteckverbinder n Leiterplattensysteme >> Orientierung an Unternehmensleitlinien Damals lag der Umsatz des Asiengeschäftes am HARTING Gesamtumsatz bei 8 Prozent, Ende des Geschäftsjahres 2013/14 (30.09.) waren es 24 Prozent. Mittlerweile arbeiten rund 700 Menschen in dieser Region für HARTING. 2008 kehrte Philip Harting nach Espelkamp zurück. „Der will“, dachten wohl seine Eltern, als sie ihm 2008 den Vorstandsbereich „Connectivity & Networks“ – das Kerngeschäft der Unternehmensgruppe – übergaben. Seine Karriere sieht er heute so: „Ich bin jetzt zehn Jahre aktiv dabei, gefühlt aber sind es deutlich mehr.“ Gemeinsam mit seiner Schwester Maresa, die als Vorstand für den Bereich Finanzen und Einkauf zuständig ist, orientiert er sich immer an den Unternehmensleitlinien, die gemeinsam von der Familie, demVorstand und den Mitarbeitern erarbeitet wurden und gelebt werden. Dazu passt auch die enge Verbundenheit zur Region, in der immer wieder kräftig investiert wird – zuletzt in die Erweiterung von HARTING Systems in Espelkamp-Isenstedt (am Mittellandkanal). HARTING Systems produziert neben weltweit erfolgreich eingesetzten Automaten- und Verkaufssystemen für den Einzelhandel auch Gehäusesysteme und Blechkomponenten aus Stahl, Edelstahl und Aluminium, die nach indivi- OWL_Das Magazin 21.2015 n Industriesteckverbinder Han® n Werkzeuge Han® Han® n Systemkabel und Kabel konfektionen Han® n Han-Yellock® n Ha-VIS RFID n Ethernet Switches eCon n Hall-Effekt Stromsensoren n Zubehör duellen Kundenwünschen angefertigt werden. In die Erweiterung des Neuen Ausbildungszentrums HARTING (NAZHA) in Espelkamp von derzeit 127 Auszubildenden auf 180 Auszubildende wird ebenfalls kräftig investiert, denn man will auch mit den Fachkräften von morgen kräftig wachsen. Und die Vorbereitungen für den Bau des neuen Logistik- und Versandzentrums in Espelkamp laufen auf Hochtouren. Hier soll noch 2015 mit den Bauarbeiten begonnen werden. Insgesamt rund 44 Millionen Euro betrugen die Investitionen im Geschäftsjahr 2013/14 – so hoch wie nie zuvor. Auf Rekordniveau werden sie auch 2014/15 sein. „Hier ist meine Heimat“ HARTING fördert zahlreiche kulturelle Projekte. So setzt sich Margrit Harting seit vielen Jahren engagiert für das Neue Theater in Espelkamp und die Nordwestdeutsche Philharmonie ein. Philip Harting hingegen hält es sportlich wie Großvater Wilhelm und Vater Dietmar n smart Power Networks – Das Energiemanagementsystem n I/O Steckverbinder inkl. Werkzeuge, Zubehör n Device Connectivity Kabelkonfektionen n 3D MID Microsysteme n Shopsysteme & Projektierung n Sondermaschinen und Werkzeuge n Mechatronische Systeme www.harting.com Harting, die den GWD Minden (früher: Grün-Weiß Dankersen) nicht nur materiell unterstützten, sondern selbst regelmäßige Zuschauer waren. Seinem Vater Dietmar und ihm liegt vor allem die Jugendförderung des GWD Minden am Herzen. Und wie es sich für eine harmonisch zusammenlebende Familie gehört, hegt und pflegt man ein gemeinsames Hobby: die Jagd. „Mir kommt es dabei in erster Linie auf die Hege und Pflege an“, sagt Philip Harting. Ansonsten findet er Ausgleich auf dem Crosstrainer, er liest viel, beschäftigt sich mit Geschichte. Auch wenn er häufig unterwegs ist und das Pulsieren in den Metropolen Asiens erlebt, so freut er sich doch immer wieder auf die Heimat: „Ich bin froh, dass ich hier eine wunderschöne und abwechslungsreiche Landschaft erleben kann: OstWestfalenLippe und der Mühlenkreis – da ist nicht nur unser Unternehmenssitz, das ist auch meine Heimat!“
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