BIELEFELDER KULTUR WESTFALEN-BLATT Nr. 62 Montag, 14. März 2016 Einsamkeit in einer tristen Welt Bielefeld (WB). In der Konzertreihe für Alte Musik spielen Olaf Reimers (Barockcello) und James Johnstone (Cembalo) am kommenden Sonntag Werke von Vivaldi, Zocarini, Geminiani und Scarletti. Beginn ist um 17 Uhr in der Dornberger Peterskirche. Olaf Reimers ist Solist und Kam- mermusiker von internationalem Ruf. Er war langjähriger Solocellist der Ensemble La Stravaganza Köln, Ciaccona London, La Risonanza Milano, ornamente 99 und des Ensembles 1700. Seit 2006 ist der Solocellist der Musica fiata und seit 2007 Solocellist der Capella Thuringia. James Johnstone studierte Orgel und Cembalo in London und Den Haag. Als Solist hat er in Großbritannien, den Niederlanden, Deutschland, der Schweiz, Belgien, Polen und anderen Ländern konzertiert. Kartenreservierungen sind unter Tel. 0521/8950421 möglich. Letzte Vorstellungen: Die Verdi-Oper »Macbeth« steht in dieser Woche letztmals auf dem Spielplan des Stadttheaters. Die letzten Vorstellungen sind morgen um 20 Uhr und am Samstag um 19.30 Uhr. Rockgruppe »Kiss«: Mit ihren extravaganten Kostümen und bombastischen Live-Inszenierungen gehört die Rockgruppe »Kiss« zu den festen Größen der Rockmusikgeschichte. Im Museum Huelsmann referiert Heiko Hasenbein am Mittwoch, 16. März, um 19 Uhr über die Band, zeigt Kuriositäten und erzählt manche Anekdote. Anmeldung unter Telefon 0521/513766. »Heimvorteil« im Theater: In den Osterferien gewährt das Theater Bielefeld den »Daheimgebliebenen« einen »Heimvorteil« mit Ermäßigungen bis zu 30 Prozent. Nähere Informationen zu der Aktion im Internet unter: ____________________________ www.theater-bielefeld.de Kaminer kommt wieder: Im Ringlokschuppen ist er schon Stammgast: Der Autor Wladimir Kamier wird am 13. Januar zu seiner zwölften Lesung nach Bielefeld kommen, um dann sein neues Buch »Meine Mutter, ihre Katze und der Staubsauger« vorzustellen. Der Vorverkauf zu der Lesung ist bereits angelaufen. »Eisheilige« Gäste: Mit ihrer »Eisheiligen Nacht« macht die Band »Subway to Sally« am 28. Dezember wieder Station im Ringlokschuppen. Nun steht das LineUp für den Abend fest. Weitere Bands des Abends sind »Eluveitie«, »Lord of the Lost« und »Vroudenspil«. Showl im März: Drei Gäste begrüßt Heinz Flottmann bei seiner »Showl« am kommenden Samstag, 19. März, im Trotz Alledem Theater, Feilenstraße 4. Neben Ruth Kordbarlag und Nils Rabente sind Maris Zumholte und das Duo »Bilder Lieder Leselust« zu Gast. Beginn ist um 20 Uhr. Karten gibt es im Vorverkauf in der Touristinformation im Rathaus. »Ach, Mensch«: Mit ihrem zweiten abendfüllenden Programm präsentieren »Simon & Jan« eine misanthropische Revue über das einzige Wesen, das wirklich eine Wahl hat, sich aber immer wieder für das Falsche entscheidet: den Menschen. Am Freitag, 18. März, sind die beiden im Theaterhaus Tor 6, Hermann-KleinewächterStraße 4, zu Gast. Beginn ist um 20 Uhr, Einlass ist ab 19.30 Uhr. Karten gibt es an allen bekannten Vorverkaufstellen. Machte den Anfang: Lieselotte Lübke Vanessa Maurischat setzt sich mal ernst, mal humoristisch mit dem Thema »Liebe« auseinander. Fotos: Heinz Stelte Jung und bereits erstaunlich treffsicher: Masud Akbarzadeh Hobbymusiker schreiben Song für den »Christopher Street Day« – Lied wurde in Düsseldorf aufgenommen Von Jan D r e s i n g B i e l e f e l d (WB). Auf diesen Moment haben die sechs Hobbymusiker über vier Monate lang hingearbeitet: Zum ersten Mal hören sie ihren eigenen Song. Sie haben ihn selbst geschrieben und eingespielt, ihn aufwendig produzieren und abmischen lassen. Sie sind allesamt Besucher und Organisatoren des Jugendtreffs Begin. Er ist ein Angebot für 14- bis 26-jährige LGBT-Jugendliche, sprich Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender, die dort die Möglichkeit zum Austausch mit Gleichgesinnten haben. Dementsprechend wählte die Begin-Gruppe für ihr Lied »I arrive« das Thema Ankommen, angelehnt an das diesjährige Motto des Bielefelder »Christopher Street Days« (CSD). Der Text ist eine ganz persönliche Auseinandersetzung mit dem Thema Homosexualität: Es geht um Einsamkeit in einer tristen, trostlosen Welt, um die Suche nach Zugehörigkeit. Und es geht darum, wie der Kontakt mit Gleichgesinnten helfen kann, sich selbst zu finden – und glücklich zu sein. Die Gruppe setzt mit dem Lied ein Ausrufezeichen gegen Homophobie. Bei der Premiere ihres Songs lauschen die Jugendlichen andächtig, achten auf jede Kleinigkeit und können nach den sechs Minuten ihr Glück kaum fassen. Auch Björn Frahm, auf dessen Initiative das Projekt zurückgeht, freut sich: »Die Gruppe hat ein super Statement abgegeben.« Der Song wurde innerhalb des medienpädagogischen Projekts »United We Come Together« und in Kooperation mit dem ABA Fach- @ Die Hobbymusiker des Jugendtreffs Begin lauschen gebannt, wie die Musiker Jonathan Heeger (Schlagzeug), Björn Frahm (Gitarre) und Felix Stalschus (Keyboard) den selbst komponierten Song »I arrive« im JZ Kamp aufführen. Foto: Thomas F. Starke verband realisiert und durch das Familienministerium NRW unterstützt. In Wochenend-Workshops saßen die Musiker im Kamp zusammen, haben Texte geschrieben und gejammt, teilweise acht bis zehn Stunden täglich, immer angestachelt vom Enthusiasmus der rheinischen Frohnatur Frahm. »Die Gruppe hat immer konzentriert gearbeitet«, lobt der Düsseldorfer. nach habe jeder seine Gefühle und Gedanken aufgeschrieben, daraus entwickelte sich der Text. Im Februar war die Gruppe für einen Tag im Studio und spielte »I arrive« live ein. Am Institut für Medien in Düsseldorf fand sie dafür professionelle Bedingungen vor. Wenn alles gut läuft, will die Gruppe mit ihrem Lied auf dem Bielefelder CSD am 11. Juni auftreten. Der Jugendtreff Begin findet mitt- Anekdoten aus dem Pflegeheim Sybille Bullatschek gastiert im Zweischlingen B i e l e f e l d (pan). Für ihre Senioren geht Sybille Bullatschek durchs Feuer. Zur Not überfällt die Altenpflegerin mit einer Banane als Waffe sogar vermeintliche Kaffeefahrten, um die Drahtzieher der internationalen Heizdeckenmafia von ihnen fern zu halten. Oder hypnotisiert wie im fast ausverkauften Zweischlingen die mehr als 180 Besucher, um aus ihnen mit einem magischen Pendel neue Pflegekräfte zu machen. Mit ihrem neuen Programm »Pfläge lieber ungewöhnlich!« gastierte dort Comedyfachfrau Ramona Schukraft am Samstag zum wiederholten Mal in ihrer Paraderolle Sybille Bullatschek. Seit 2009 steht Schukraft schon als Altenpflegerin aus dem fiktiven Ort Pfleidelsheim auf deutschen Comedybühnen. Auch diesmal setzt sie wieder auf die bewährte In ihrer Paraderolle als Altenpflegerin Sybille Bullatschek witzelt sich Ramona Schukraft erneut durch Pflegenotstand, Rollatoren und Demenz. Foto: Panhorst Kultur in Kürze Mischung aus Anekdoten über ihre Lieblingsbewohnerinnen Frau Spielmann und Frau Häfele und Witze über den Alltag in ihrem »Haus Sonnenuntergang«. Zwar hat in der Nähe des Altenheimes unlängst eine protzige Seniorenresidenz mit Golfplatz und Marmorbädern aufgemacht, doch Sybille Bullatschek und ihre Kollegen sorgen mit viel Aufwand für hohe Belegzahlen. Vor allem die runden Geburtstage werden zünftig gefeiert, auch wenn deren Ausrichtung sich schwieriger gestaltet als bei einem Kindergeburtstag. »Wer lebt noch, mit wem hab’ ich keinen Streit, und an wen erinner’ ich mich noch« seien die wichtigsten Fragen bei der Einladung, beim Büfett ginge es schließlich nur noch um »Wer hat noch Zähne, wer ist Diabetiker und wer tanzt nach drei Mon Cheri noch nicht auf dem Tisch«. Vom Heim gibt es zum hundertsten Geburtstag sogar einen Geschenkkorb, der unter anderem mit einer Ananas gefüllt wird, die aber für die Senioren zu viel Säure enthält und an die Pflegekräfte weiter gegeben wird. Der Kaffee mit zu viel Koffein, der Wein mit zu viel Alkohol und der Schinken mit zu hohem Salzgehalt gehen zwar denselben Weg, aber »ein Korb ist auch ein schönes Geschenk«. Ein bisschen ist auch ein Besuch bei Sybille Bullatschek wie ein Geburtstag, hinter jeder Ecke wartet eine kleine Überraschung oder auch ein Spiel. Zum Kennenlernen packt die 43-Jährige einen großen Ballon aus und wirft ihn den Menschen im Publikum zu, wer ihn fängt darf sich erst einmal vorstellen. Zum Glück hat die Baden-Württembergerin ein gutes Gespür für lohnende Kandidaten und erwischt ein Karnevalsliebespaar und eine Lkw-Fahrerin mit argentinischem Vornamen seltsamen Ursprungs, mit der sich ein herrlich ungezwungenes und spontanes Gespräch entspinnt. Er unterstützt die Gruppe an der Gitarre. Jonathan Heeger spielt Schlagzeug, Felix Stalschus Keyboard und Thomas Pukrop E-Geige. Christian Geimke, Lara Sophie Lehrke und Rossano, der seinen Nachnamen nicht in der Zeitung lesen möchte, steuern Gesang und Sprecheinlagen bei. Nach den ersten Proben habe sich die finale Melodie herauskristallisiert, sagt Felix Stalschus. Da- wochs von 17.30 bis 21 Uhr im Kamp, Niedermühlenkamp 43, statt. Das Angebot existiert bereits seit 2008. Seit einem halben Jahr wird es durch das Kamp finanziell unterstützt: Felix Bohnhorst betreut das Projekt als pädagogische Fachkraft. Weitere Informationen sowie den Song »I arrive« gibt es im Internet unter: _____________________________ www.begin-bielefeld.de @ Musik aus Italien in der Peterskirche Keine Zeit für Langeweile Kleinkunstabend im voll besetzten Theaterlabor B i e l e f e l d (St). Es ist ja so mit der Comedy, auch mit dem Kabarett: Wohl dosiert oft erfrischend, unterhaltsam und lustig, im Übermaß nicht selten endend in Wiederholung, Plattitüden, kurz: Langeweile. Von Vorteil also, wenn schon das Format ein Übermaß nicht zulässt, der Wechsel Programm ist. Wie beim Kleinkunstabend des Kulturvereins am Freitag im voll besetzten Theaterlabor. Zwar musste krankheitsbedingt einer der vier Künstler (Friedemann Weise aus Köln) kurzfristig passen, die verbliebenen drei schlos- sen diese Lücke aber (zumindest zeitlich) mit einigen Zugaben. Da wäre zunächst Lieselotte Lübke. Jung (27), sympathisch, zweigleisig. Denn die Frau aus Niedersachsen setzt nicht ausschließlich auf ihre musikalisch untermalte Mischung aus Comedy, Poetry-Slam und Kabarett, sondern hat parallel eine Ausbildung zur Hundefrisörin absolviert. Sagt sie. Ob es tatsächlich stimmt, ist für den Fortgang ihres Programms ebenso unerheblich wie die Tatsache, dass sie 2011 schon einmal für den Bielefelder Kabarettpreis nominiert war. Mit spitzer Zunge verspottet die junge Frau zunächst einmal ihr doch leicht bis mittelschwer ergrautes Publikum, um sich mit sichtbarer Freude durch die Höhepunkte ihres neuen Programms »Kopf in den Sand« zu singen und zu quatschen. Textlich bisweilen wortgewandt und niemals peinlich, musikalisch hier und da noch etwas eindimensional, kommt sie an beim »ergrauten Publikum«, das ihr den Einstiegsseitenhieb nicht übel nimmt. Denselben Spott schüttet auch Masud Akbarzadeh noch einmal über den Saal aus: »Kann ich mal einen Applaus haben von Leuten unter 70?« Nun, den bekommt er reichlich. Der gebürtige Iraner macht es dem Publikum aber auch leicht, denn obwohl noch jung an Jahren, passt bei ihm alles: Timing, Haltung, Witz. Wer glaubt, schon über alle Scherze dieser Welt gelacht, alle Wortspiele gehört und in alle Spiegel humoris- tisch aufbereiteter Alltäglichkeiten geblickt zu haben, ist bei dem jungen Herrn Akbarzadeh gut aufgehoben. Liebe – für Vanessa Maurischat besteht sie »aus fünf Buchstaben, drei Vokalen und zwei Idioten«. Dieses Gefühl der innigsten Zuneigung steht im Zentrum ihres (größtenteils) musikalischen Programms. Bei den vor ihr vorgetragenen drei Arten von Liebesliedern (simples Liebeslied, Konfliktlied, Psycholied) mäandert die Wahl-Berlinerin stilistisch zwischen den Polen Konstantin Wecker und Mario Barth hin und her, mehr Musikerin denn Komödiantin, routiniert und selbstbewusst. Alles in allem ein abwechslungsreicher Abend mit einem Format, das nach Fortsetzung verlangt.
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