Arm dran ist, wer sich nicht mitteilen kann

BAYERISCHER BODENSEE
Montag, 7. Dezember 2015
Lindauer Zeitung
Arm dran ist, wer sich nicht mitteilen kann
Das Volkstheater Hergensweiler zeigt die Geschichte einer taubstummen jungen Frau
Von Natalie Steinmann
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HERGENSWEILER (nst) - Das Volkstheater Hergensweiler hat zur Premiere von „Johnny Belinda“ in die Leiblachhalle eingeladen. Das Stück haben die Schauspieler innerhalb von
gut zwei Monaten mit Spielleiterin
Silvia Kleinhans einstudiert.
Ein rauer Wind weht auf der Insel
Kap Breton nahe Neuschottland – und
das nicht nur wegen der stürmischen
See. Junge Burschen fischen hier nach
Hummern oder schlachten Kühe, die
nicht mehr genug Milch geben – und
vertreiben sie sich die Zeit mit
Schnaps, den Mädchen vom Dorf oder
handfesten Prügeleien. Einer fällt dabei von Anfang an auf: Locky, mit wildem roten Bart und vorlauter Art, im
Stück gespielt von Dominik Wilhelm.
Ein Weiberheld mit grober Sprache,
aber durchaus charmant.
Inmitten dieser raubeinigen Gesellschaft lebt Belinda McDonald, ei-
Das sind die Schauspieler:
Die Spielleitung hatte Silvia
Kleinhans mit Regieassistentin
Gitti Karg.
Mitgespielt haben Roman Schega (Dr. Jack Roberts), Beate
Gruber-Knoll (Frau Lutz), Nikola
Wetzel (Frau McKee), Kilian
Biesenberger (Fergus und Floyd
McGuiggan), Veronika Müller
(Gracie Peters), Dominik Wilhelm (Locky McCormick), Stefanie Sommer (Stella McGuire),
Lorenz Fischbach (Jimmy Dingwell), Hans Gielnik (Pacquet),
Verena Leute (Lizzy), Alfred
Biesenberger (Black McDonald),
Nina Diem (Belinda McDonald),
Lore Rogg (Maggie McDonald),
Martin Heimpel (Andy McPhearson), Anton Kleinhans (Pfarrer
Tidmardh) sowie Othmar Oppl
und Rudi Karg (Amtsdiener).
ne taubstumme junge Frau, die auf
dem Hof ihres Vaters schuften muss
und kaum mit der Außenwelt kommunizieren kann. Black McDonald, ein
Getreidebauer und Urgewächs der Insel, bringt wenig Verständnis für seine
Tochter auf. „Sie ist taub und stumm.
Sie ist blöd. Sie weiß nichts – nur das,
was ich in sie hineingeprügelt habe.“
Ein grober, verbitterter Witwer ist
Black, dennoch scheint in der Figur
auch Sanftmütigkeit auf – Alfred Biesenberger gelingt es, die Ambivalenz
der Figur aufzuzeigen.
Black ist dann auch der erste, der
empfänglich für die Sichtweisen Doktor Jacks ist. Der Arzt kommt aus der
Großstadt auf die Insel und wirkt inmitten der Landbevölkerung wie ein
Aufklärer – insbesondere wird er zu
Belindas Lehrmeister und hilft ihr aus
ihrer Isolation heraus. Er lehrt sie die
Zeichensprache, Gesten für Fisch,
Baum, Kuh – und, am eindrucksvollsten: für Freude. Ein Gefühl, das Belinda zuvor selten erlebt hat und erst
recht nicht zum Ausdruck bringen
konnte. Hauptdarstellerin Nina Diem
drückt die Verzauberung und das Er- Dr. Jack Roberts, gespielt von Roman
staunen Belindas ohne gesprochene lich kommuniziert.
Worte aus. Sie arbeitet die Entwicklung der Figur glaubwürdig und be- als sich die Handlung zuspitzt. Denn
hutsam heraus.
die kommunikative Isolation macht
Um die Zeichensprache zu erler- Belinda schutzlos und zu einem leichnen, hatte die Theatergruppe wäh- ten Opfer. An einem Tanzabend auf
rend der Proben einen gehörlosen dem Hof der McDonalds bleibt Locky
jungen Mann einallein mit der
geladen, wie Spiel- „Mi ham’s, denk i, doch hübschen Beleiterin
Silvia
linda zurück
ganz gut nabracht.“
Kleinhans berichund bedrängt
tet. Für das Treffen
sie.
Belinda
Alfred Biesenberger
hatte Kleinhans das
versucht sich
Zeichen für Freude
zu
wehren,
gelernt. „Ich hatte geübt zu sagen, dass doch sie kann keine Hilfe rufen. Es
ich mich freue, ihn zu sehen. Da hat er kommt zur Vergewaltigung. Die erst
gleich gelacht, das war ganz nett.“ Das durch den Doktor geweckte Fürsorge
Stück sollte nicht nur unterhalten, des Vaters, dem sich Belinda obensondern auch inhaltlich etwas herge- drein nur schwer mitteilen kann,
ben. „Man macht sich gar nicht klar, kommt zu spät: „Ich möchte dich warwie ausgegrenzt Taubstumme früher nen vor dieser dreckigen Bande.“
waren.“
Das Stück führt eindrucksvoll vor,
Im Stück wird dies für den Zu- wie gefährlich die mangelnde Aufschauer nachvollziehbar – besonders, merksamkeit, ja das mangelnde Hin-
Hergensweilers Vize-Bürgermeister Josef Kohl ist beeindruckt
von der diesjährigen Aufführung
des Volkstheaters.
Schega, ist der erste, der mit der taubstummen Belinda (Nina Diem) wirkFOTO: NATALIE STEINMANN
hören der anderen für das taubstumme Mädchen ist. Regelrecht beruhigt
ist man als Zuschauer, dass wenigstens Doktor Jack Belinda eine Möglichkeit eröffnet, sich mitzuteilen. Sie
vertraut sich ihm an, doch niemand
sonst weiß von Lockys Schuld. Bösartige Tratschweiber, treffend gespielt
von Beate Gruber-Knoll und Nikola
Wetzel, die für ihre Darstellung viele
Lacher aus dem Publikum bekommen,
bringen Belinda in weitere Schwierigkeiten, so dass die junge Frau am Ende
vor Gericht landet. Wird man ihr glauben oder nicht? Kann sie sich mitteilen? Doktor Jack bleibt weiter an der
Seite der des Mordes Verdächtigten.
Sehr bewegendes Theater
„Das war keine leichte Kost. Das war
sehr bewegendes, emotionales Theater“, resümiert der zweite Hergens-
weilerer Bürgermeister Josef Kohl
nach der Vorstellung. „Das Stück hat
eindrucksvoll gezeigt, wie die Ausgrenzung von Menschen mit Behinderung eine Spirale der Gewalt auslösen
kann.“ Kohl gratulierte den Darstellern zu „einer wirklich gelungenen
Aufführung.“ Auch die Schauspieler
selbst waren zufrieden, wie Alfred
Biesenbergers Abschlussworte zeigten: „Mir ham’s, denk i, doch ganz gut
nabracht.“
Weitere Vorstellungen gibt es am
5., 12., 19., 20., 26., 27. und 28.
Dezember. Beginn: jeweils 20 Uhr,
Einlass ab 19 Uhr. Kartenvorverkauf mit Platzreservierung Freitag
bis Montag zwischen 16 und 18.30
Uhr unter 0 83 88 / 605 (Wetzel).
Nonnenhorner erfreuen sich ihres Weihnachtsmärktles
Nachdem heuer alle 250 Bürgermeisterlebkuchen innerhalb kürzester Zeit weg waren, war die ChristbaumFOTO: ISABEL KUBETH DE PLACIDO
versteigerung das zweite Highlight des ersten Weihnachtsmärktletages.
ringsum aufgestellten Buden Raum
finden, um ihre allesamt selbst gemachten Sachen zu verkaufen. „Um
halb sieben waren alle weg“, freut sich
Bürgermeister Rainer Krauß und
meint damit die Bürgermeisterlebkuchen, die so heißen, weil hier der Bürgermeister selbst Hand anlegt und
fleißig backt. In diesem Jahr waren es
250 Stück, und wie jedes Jahr fließt der
Erlös in den sozialen Topf „Nonnenhorner für Nonnenhorner“. Ein Topf,
in den insbesondere am Weihnachtsmärktle einiges hineinfließt und aus
dem es jetzt, vor Weihnachten, Gutscheine für Nonnenhorner gibt, die
„finanziell nicht so beieinander sind“,
wie Krauß erzählt.
Ziemlich ausverkauft ist auch der
Stand der Grundschule. Von Lampen
aus Papierröllchen, über Taschen,
Mäppchen und Geldbeutel aus alten
und längst nicht mehr aktuellen
Schullandkarten bis hin zu Freundschaftsbändern und Backmischungen
reicht hier das Sortiment, an dem sich
Schüler wie Eltern beteiligt haben.
Ähnlich bei den Ständen des Tierheims und beim Katholischen Frauenbund.
„Kommt her und macht mit“, wirbt
der Bürgermeister durch das Megafon
für die Christbaumversteigerung und
erklärt neben dem guten Zweck auch
noch die Vorteile. „Ihr braucht´s eh
einen, und wenn ihr den kriegt, müsst
ihr am 24. nicht mehr los.“
Apfel, Nuss und Mandelkern – Adventsstimmung auf dem Obsthof Strodel
Zahlreiche Besucher genießen den Adventsmarkt auf dem Obsthof Strodel
WEISSENSBERG (nst) - Birne-Papri-
ka-Chutney oder lieber das „vornehme Ketchup“ aus dem hübschen
Gläschen? Die Entscheidung fällt
nicht leicht am Probierstand auf dem
Adventsmarkt. Edith Wittmann, Renate und Peter Lehner kosten von
den kleinen Häppchen mit Köstlichkeiten aus dem Glas, die zwei Allgäuerinnen von Hand hergestellt haben. „Das ist doch mal ein gutes Geschenkchen“, findet Renate Lehner.
Die Chutneys hat der Obsthof
Strodel auch sonst im Sortiment. Am
Adventsmarkt präsentieren die Strodels diese auch im Geschenkkarton,
verpackt mit passendenden Kleinigkeiten. Bücher, Krippen und Deko
gibt es auf dem Obsthof nur am zweiten
Adventswochenende.
„Ich
schaue das ganze Jahr über in der
Umgebung nach Firmen und Geschäften, die schöne Sachen haben“,
sagt Klaus Strodel. „Die meisten machen gerne mit.“
Peter und Renate Lehner sowie Edith Wittmann (von rechts) probieren auf dem Adventsmarkt des Obsthofs
FOTO: NATALIE STEINMANN
Strodel leckere Chutneys.
Claudia Wiedenroth ist schon
zum 15. Mal dabei, die Designerin bie-
tet selbst gebastelte Weihnachtskarten und Bilder an. In der Obsthalle
Gesagt in
Hergensweiler
„Das Stück hat
eindrucksvoll
gezeigt, wie die
Ausgrenzung von
Menschen mit
Behinderung eine
Spirale der Gewalt
auslösen kann.“
„Hier ist es einfach immer nett“
NONNENHORN (isa) - Zwar rieselte
am ersten Tag des Nonnenhorner
Weihnachtsmärktles nicht leise der
Schnee, sondern die Regentropfen
prasselten zeitweise laut auf die Holzdächer der Weihnachtsbuden, aber
das beeinträchtigte keineswegs das
beliebte Märktle. Die 250 Bürgermeisterlebkuchen waren innerhalb kürzester Zeit restlos ausverkauft, und auch
danach taten die Nonnenhorner sich
und anderen weiter Gutes.
„Unser Weihnachtsmärktle ist einfach klein und fein, es herrscht eine
nette Atmosphäre, man fühlt sich
wohl, die Stimmung ist gut und man
trifft ganz viele Nonnenhorner.“ Elfriede Kuprella und Inge Hasel kommen aus dem Schwärmen gar nicht
heraus. Ihre Freundin Waltraud Mayer bringt es auf den Punkt: „Hier ist es
einfach immer nett.“
Und tatsächlich: Der Platz vor der
Kapelle ist gerade groß genug, dass alle Nonnenhorner Vereine in den
19
muss sie keine Angst haben, dass ihre
Basteleien nass werden oder sich von
der Luftfeuchtigkeit wellen. Die großen Obstkisten, die jedem Stand als
Regale und Abgrenzungen dienen,
hat sie mit roten Vorhängen dekoriert. „Das ist richtig heimelig hier“,
findet sie.
Ein fester Termin im Kalender ist
der Adventsmarkt auch für Hermann
Erhard, der jedes Jahr mit seiner Frau
Emma extra aus dem 120 Kilometer
entfernten Landsberg anreist. „Max
Strodel ist ein alter Schulkamerad
von mir“, erzählt Hermann Erhard.
Besonders gefällt dem Ehepaar, dass
es hier viele handgemachte Sachen
gibt und Kitsch draußen bleiben
muss. „Wir schauen erst mal alles in
Ruhe durch – und sind noch nie ohne
etwas Schönes nach Hause gefahren“, so Emma Erhard. Christina
Schollweck, die heuer mit angereist
ist, schätzt besonders die besinnliche
Stimmung. „Man kommt zur Ruhe
und freut sich über die schöne Atmosphäre.“
geleistet? Wer hat Menschen in Not
geholfen? Wer hat es verdient, zumindest einmal im Rampenlicht zu
stehen? Wie in den Vorjahren werden wir Ihre Menschen des Jahres
2015 zum Jahreswechsel in lockerer
Folge vorstellen.
Vorschläge für Menschen des
Jahres teilen Sie bitte mit an
» [email protected]
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Narren senden
ihre Termine ein
LINDAU (lz) - Auch wenn die Menschen in und um Lindau derzeit in
adventlicher Stimmung sind und
sich voll auf Weihnachten und den
Jahreswechsel freuen – gleich danach beginnt die Fasnacht. Und das
ist heuer eine sehr kurze Fasnacht,
mit dem großen Narrentreffen als
Höhepunkt. Die LZ plant deshalb
schon direkt nach Dreikönig eine
große Übersicht über alle wichtigen
närrischen Termine am bayerischen
Bodensee. Veranstalter müssen deshalb ihre Termine vor Weihnachten
der Lindauer Zeitung mitteilen.
Senden Sie Ihre Termine an unsere
E-Mail-Adresse
» [email protected]
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Kurz berichtet
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Gemeinderat diskutiert
Erweiterung Reutenens
WASSERBURG (lz) - Die Wasserburger Gemeinderäte treffen sich
am Dienstag, 8. Dezember, um 20
Uhr zu ihrer nächsten öffentlichen
Sitzung im Rathaus. Sie diskutieren
die Erweiterung Reutenens und
wollen einen Grundsatzbeschluss
zur Beschaffung von Bauland für
Einheimische fassen. Zudem sprechen sie unter anderem über eine
Erhaltungssatzung für den Bebauungsplan „Halbinselstraße“ und
eine Anpassung der Beiträge der
Mittags- und Nachmittagsbetreuung.
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