Der ras/Raf Pathway Prof. Dr. Albert Duschl Biologische Regelsysteme Behalten Sie bitte im Gedächtnis, daß biologische Systeme immer wieder vor vergleichbaren Aufgaben stehen, bei denen es darum geht, aus internen Vorgaben und externen Signalen die Reaktion mit den grössten Selektionsvorteilen abzuleiten. Zur Lösung dieses Problems verwendet die Natur immer wieder die gleichen Methoden der Signalverrechnung, wie Rückkopplung, konditionelle Signalweiterleitung, Wechselwirkung aktivierender und inhibierender Stimuli etc. Die Abbildung rechts zeigt das Paarungsritual eines Grashüpfers. Es ist kein Zufall daß das Diagramm dem einer Signalkaskade ähnlich sieht. Sie finden komplexe Signalprozesse in Neurologie, Immunologie, Verhalten etc. Die Mechanismen sind durchaus ähnlich. © Edward O. Wilson: Sociobiology. Rezeptortyrosinkinasen © Cell Signaling Technology Spezifität Spezifität kann erzeugt werden durch: Selektive Expression von Liganden, Rezeptoren, Signalmolekülen und Transkriptionsfaktoren. Bildung von unterschiedlichen aktivierten Rezeptorkomplexen mit Signalmolekülen ("Signalosom"). Aktivierung unterschiedlicher Signalübertragungswege. Viele Aufgaben müssen aber immer wieder auf ähnliche Weise gelöst werden. Dafür können gleiche Signalwege von verschiedenen Rezeptoren verwendet werden. © Cell Signaling Technology Sevenless: Drosophila als Modell Das Auge von Drosophila besteht aus ca. 800 Ommatidien. Jedes Ommatidium enthält genau 8 Photorezeptor-Zellen. Bei der sevenless Mutation fällt die Rezeptorzelle 7 aus (Bild c rechts). Für ihre Differenzierung ist ein Signal durch einen Wachstumsstimulus (Bride of sevenless, Boss) erforderlich. Solche "luxuriösen" Regulationsprozesse gibt es auch im Menschen, z.B. MIS. © Gomperts/Kramer/Tatham: Signal Transduction Der Sevenless Phänotyp Der Rezeptor für Boss (Bride of sevenless) ist das SevenlessProtein, das in Fliegen mit dem Sevenless-Phänotyp defekt ist. Sevenless ist eine RezeptorTyrosinkinase. Die Augenentwicklung kann durch weitere Mutationen im Rezeptor Sevenless oder den assoziierten Signalproteinen moduliert werden. A/E: Normal B/F: Sevenless-Mutante C/G: Konstitutiv aktive Mutante von Sevenless (rough eye) D/H: rough eye Mutante mit verminderter Expression von daughter of sevenless From: T. Rabe, Biochim. Biophys. Acta 1496: 151-163 (2000) Sevenless Signalübertragung Bride of sevenless (Boss): 7-a-Helix Membranprotein, exprimiert nur auf der Rezeptorzelle R8. Sevenless: Rezeptortyrosinkinase. Downstream of receptor kinase (DRK): Grb2 Adapterprotein. Daughter of sevenless (Dos): Ein grosses Dockingprotein, verwandt mit IRS-1. Es bindet an DRK (Grb2). Son of sevenless (Sos): Guanine nucleotide exchange factor (GEF). RAS1: ras Protein. GAP1: GAP Protein. Raf, MEK, MAPK etc. heissen so wie ihre Analoga in Vertebraten. From: T. Rabe, Biochim. Biophys. Acta 1496: 151-163 (2000) Let-23: Caenorhabditis als Modell C. elegans entwickelt sich aus der Zygote zu einem Larvenstadium mit 556 Zellen (nicht gerechnet 131 die in Apoptose gehen). Falls sich der Wurm jetzt zum Hermaphroditen entwickelt, steigt die Zellzahl auf 959 (ein Männchen hätte 1031). Unter den neuen Zellen des Hermaphroditen sind Vulvazellen die aus Hypodermiszellen differenziert werden. Dafür brauchen diese einen Stimulus über Let-23, eine Rezeptor-Tyrosinkinase. © Gomperts/Kramer/Tatham: Signal Transduction Spezieshomologien In der Evolution sind offensichtlich komplette Signalketten früh entwickelt und konserviert worden. Die Komponenten der Signalketten sind dabei in der Regel wesentlich stärker konserviert als deren Funktionen. © Gomperts/Kramer/Tatham: Signal Transduction Adaptermoleküle Adaptermoleküle bringen Signalmoleküle in räumliche Nähe zueinander. Sie haben selber keine enzymatische Aktivität. In Adaptermolekülen werden Proteindomänen verwendet, die auch an anderer Stelle auftauchen, wie SH2, SH3 oder PTB. Im ras/Raf Pathway ist Grb2 dafür verantwortlich, den Guanine nucleotide exchange factor Sos an den aktivierten Rezeptor zu koppeln. Das Homolog zum Vertebratenprotein Grb2 in Drosophila heisst DRK, in Caenorhabditis heisst es Sem-5. © Cell Signaling Technology Sos und ras Sos heisst auch in Vertebraten so wie das Drosophila-Homolog. Aufgabe von Sos ist es, den Austausch von GDP gegen GTP in ras zu katalysieren und dadurch ras zu aktivieren. Alle Mitglieder der ras Familie benötigen ein GEF (Guanine nucleotide exchange factor) = GNRP (Guanine nucleotide releasing protein) um aktiviert zu werden. Hier ist das Sos. Vertreter der GAP (GTPase activating protein) Familie werden benötigt, um die schwache intrinsische GTPase Aktivität von ras und verwandten Proteinen zu aktivieren. © Alberts et al.: Molecular Biology of the Cell Raf-1 Raf ist eine Serin/Threonin Kinase. Säuger haben drei Isoformen: Raf-1 (C-Raf), A-Raf und B-Raf. B-Raf ist ein wichtiges Onkogen. Ras ist durch posttranslationale Modifikation mit Myristat, Palmitat und Farnesol membranassoziiert. Aktives ras lokalisiert Raf-1 zur Membran. Raf-1 wird dadurch aktiviert. Kinasen (PAK-3, src, Jak, abl) können Raf-1 phosphorylieren. In diesem Pathway sind drei S/T Kinasen übereinander geschaltet, MAPKKK, MAPKK und MAPK. Raf-1 ist die MAPKKK im ERK Signalweg (Extracellular signal regulated kinase). From: W. Kolch, Biochem. J. 351:289-305 (2000) MEK / MAP Kinase Kinase MEK (MAPK/ERK Kinase = MKK = MAP Kinase Kinase) wird aktiviert, indem es von Raf-1, A-Raf oder BRaf an zwei Serinresten phosphoryliert wird. Raf-1 ist ubiquitär exprimiert, die beiden anderen Formen gewebespezifisch. MEK ist eine MAP Kinase Kinase, phosphoryliert also Proteine aus der Gruppe der MAP Kinasen. MEK ist eine der seltenen bifunktionellen Kinasen, die S/T und Y phosphorylieren können. From: W. Kolch, Biochem. J. 351:289-305 (2000) MAP Kinase ERK (Extracellular signal regulated kinase) werden von MEK aktiviert, indem MEK regulatorische Tyrosinreste in ERK phosphoryliert. Es gibt zwei ERK Isoformen, ERK-1 und ERK-2. ERK gehören zur Gruppe der MAP Kinasen (MAPK = Mitogen activated protein kinase). ERK hat mehr als 50 bekannte Substrate, darunter mehrere Transkriptionsfaktoren. Damit ist das mitogene Signal im Kern angelangt. Abschaltung des Signals: Sos wird durch MAPK phosphoryliert und dissoziiert vom Rezeptor. From: W. Kolch, Biochem. J. 351:289-305 (2000) Mitogenese Wichtigstes Resultat des ras/Raf-Pathways ist oft die mitogene Wirkung: Die Zelle wird also zur Zellteilung angeregt. Wachstumsfaktoren und andere proliferationsauslösende Stimuli verwenden häufig den ras/Ras-Weg, obwohl auch Differenzierung dadurch ausgelöst werden kann, wie im Fall von sevenless. Die starke mitogene Wirkung ist dafür verantwortlich, dass Raf und vor allem ras wichtige Proto-Onkogene sind. Ein hohes mitogenes Potential führt dazu, dass Zellen leichter onkogen entarten. Reparatur- und Regenerationsprozesse erfordern allerdings Zellteilung. Aus diesem Grund sind Zellen mit sehr schwachem mitogenem Potential kaum zur Reparatur fähig. Beispiele sind enddifferenzierte Zellen der Herzmuskulatur und des zentralen Nervensystems. Targetselektion Nehmen wir an, wir möchten PDGF (Platelet derived growth factor) hemmen, ein Mitogen für Bindegewebe und Gliazellen. PDGF wird von Platelets (=Thrombozyten) und vielen anderen Zelltypen produziert. PDGF ist wichtig für Wundheilung, kann aber auch ein autokriner oder parakriner Wachstumsfaktor für Tumorzellen sein. Wie würden Sie vorgehen, wenn die Aufgabe ist, einen PDGF-Inhibitor herzustellen? Tatsächlich war ein PDGF-Inhibitor für Glioblastome in klinischen Tests (SU101, leflunomide). Wurde allerdings als Pyrimidinsyntheseinhibitor für RA zugelassen … © BioCarta Zellulärer Stress Zellulärer Stress beruht z.B. auf UV-Licht, osmotischem Stress, H2O2, aber auch auf endogenen Faktoren wie TNFa. Durch zellulären Stress werden Signalketten mit spezifischen MEK und MAP Kinasen aktivert. Selber wenig Stress zu haben reduziert den zellulären Stress nicht, kann aber auch nicht schaden. © Edward Hopper
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