Kommission berichtet über die Fortschritte in Griechenland, in Italien

Europäische Kommission - Pressemitteilung
Umsetzung der Europäischen Migrationsagenda: Kommission berichtet über
die Fortschritte in Griechenland, in Italien und auf dem Westbalkan
Brüssel, 10. Februar 2016
Kommission berichtet über die Fortschritte in Griechenland, in Italien und auf dem
Westbalkan
Die Kommission hat heute über die Maßnahmen zur Bewältigung der Flüchtlings- und Migrationskrise in
Italien, in Griechenland und entlang der Westbalkanroute Bericht erstattet. Die im Mai 2015
vorgestellte Europäische Migrationsagenda sieht eine Reihe von Maßnahmen zur Bewältigung der
Migrationskrise vor. Die Kommission hat im September 2015 die prioritären Maßnahmen festgelegt, die
im Rahmen der Agenda unverzüglich umgesetzt werden sollen. Heute wurde über die Fortschritte
berichtet, die bei der Umsetzung des Hotspot-Konzepts und der Umverteilungsregelung in Italien und
Griechenland sowie der Maßnahmen erzielt wurden, die in der Erklärung der Staats- und
Regierungschefs im Anschluss an das Gipfeltreffen zur Westbalkanroute vom Oktober 2015 festgelegt
wurden.
Fortschritte in Griechenland und Italien
Eigens zusammengestellte Teams der Kommission arbeiten seit Monaten vor Ort eng mit den
griechischen bzw. italienischen Behörden zusammen, um die Registrierungszentren einzurichten und
die Verfahren zur Personenüberprüfung, Identitätsfeststellung und Abnahme von Fingerabdrücken bei
Migranten zu verbessern und erheblich zu beschleunigen und so die Umverteilung zu erleichtern. Diese
Teams arbeiten rund um die Uhr und sieben Tage die Woche in eigens dafür vorgesehenen
Einrichtungen.
Griechenland
Der Auf- und Ausbau der vorgesehenen fünf Registrierungszentren auf den Ägäischen Inseln
(Lesbos, Chios, Samos, Leros und Kos) kommt nur langsam voran, was teilweise darauf
zurückzuführen ist, dass sie von Grund auf errichtet werden müssen und die vorhandene Infrastruktur,
Personalausstattung und Koordinierung unzureichend sind. Bisher ist lediglich eine einzige
Registrierungsstelle (Lesbos) in Betrieb. In anderen Einrichtungen laufen noch Arbeiten. Die griechische
Regierung hat die griechische Armee zur Unterstützung eingesetzt, damit der Zieltermin Mitte Februar
noch eingehalten werden kann. Identitätsfeststellung und Registrierung erfolgen in der Zwischenzeit
soweit möglich in vorübergehend eingerichteten Strukturen. Die griechischen Behörden arbeiten an der
Verbesserung der Funktionsweise der Registrierungszentren und haben Standardarbeitsverfahren und
neue Anlandungsverfahren festgelegt, bei denen an den Inseln anlandende Personen auf direktem Weg
zu den Registrierungszentren geführt werden. Frontex hat Küstenpatrouillen auf Lesbos, Chios und
Samos aufgenommen, die bereits erste Ergebnisse gebracht haben.
Der Anteil der Migranten, denen Fingerabdrücke abgenommen wurden, erhöhte sich beträchtlich von
8 % im September 2015 auf 78 % im Januar 2016. Wenn die Registrierungszentren in Griechenland
voll funktionsfähig und vollständig ausgerüstet sind, dürfte sich die Kapazität zur Abnahme von
Fingerabdrücken auf insgesamt rund 11 000 Personen täglich belaufen, was deutlich über den
durchschnittlichen Ankunftszahlen für Januar liegt. Frontex setzt auf den Inseln
Dokumentensachverständige ein, um gefälschte Dokumente aufzudecken.
Die von den Mitgliedstaaten vereinbarte Umverteilung von 66 400 internationalen Schutz
benötigenden Personen aus Griechenland ist nur sehr langsam angelaufen: Bisher wurden lediglich 218
Personen transferiert. Lediglich 15 Mitgliedstaaten haben Griechenland Aufnahmeplätze
(insgesamt 1081) angeboten, und 16 Mitgliedstaaten haben Verbindungsbeamte ernannt, die den
Prozess vor Ort unterstützen sollen. Die griechischen Behörden arbeiten an der Verbesserung ihrer
Registrierungskapazitäten und haben mit Unterstützung der IOM und des UNHCR auf Samos ein
zweites Büro eingerichtet, in dem nun geeignete Infrastruktur für die Unterbringung und den Transfer
vorhanden ist. Die Kommission hat im Dezember 2015 ein mit 80 Mio. EUR ausgestattetes Programm
zur Unterstützung der Aufnahmekapazitäten in Griechenland angenommen, das den Aufbau eines
Netzes von 20 000 Aufnahmeplätzen für Asylsuchende unter Leitung des UNHCR sowie Unterstützung
bei der Schaffung von 7 000 Aufnahmeplätzen in den Hotspots vorsieht. Im Rahmen dieses Programms
stehen nunmehr 16 400 Aufnahmeplätze zur Verfügung. Zusätzlich zu den derzeit verfügbaren 7 181
Plätzen in vorübergehenden und längerfristigen Einrichtungen auf den östlichen Ägäischen Inseln
verfügt Griechenland über 10 447 Unterbringungsplätze auf dem Festland. Somit beläuft sich die
Gesamtzahl der vorhandenen Aufnahmeplätze in Griechenland derzeit auf 17 628. Nichtsdestotrotz
besteht somit noch eine Lücke von 12 342 Aufnahmeplätzen zu den 50 000 neuen Aufnahmeplätzen,
die Griechenland im Oktober 2015 zugesagt hat.
Seit Anfang 2015 hat Griechenland mehr als 16 131 Rückführungen vorgenommen und
3 460 Wirtschaftsmigranten, die keinen Anspruch auf Asyl in Europa hatten, bei ihrer freiwilligen
Rückkehr unterstützt. Angesichts der über 800 000 Migranten, die im Jahr 2015 ankamen, ist dies
nach wie vor unzureichend.
Italien
Der Auf- und Ausbau der von den italienischen Behörden ausgewiesenen sechs
Registrierungszentren (Lampedusa, Pozzallo, Porto Empedocle/Villa Sikania, Trapani, Augusta und
Taranto) kommt nur langsam voran, was teilweise darauf zurückzuführen ist, dass sie von Grund auf
errichtet werden müssen und die vorhandene Infrastruktur, Personalausstattung und Koordinierung
unzureichend sind. Zwei Registrierungsstellen (Lampedusa und Pozzallo) sind voll funktionsfähig, und
eine dritte (Trapani) wird voll funktionsfähig sein, sobald die laufenden Renovierungsarbeiten
abgeschlossen sind. In Taranto wird mit Hochdruck an der Fertigstellung gearbeitet. Die Pläne für die
Registrierungszentren Augusta und Porto Empedocle müssen noch fertiggestellt werden; es ist wichtig,
dass diesbezüglich eine Entscheidung ergeht, da die Migrationsströme im Sommer wahrscheinlich
wieder zunehmen werden.
Die beiden funktionsfähigen Registrierungszentren Lampedusa und Pozzallo haben bei den jüngsten
Flüchtlingsanlandungen eine Fingerabdruckquote von 100 % erreicht. Der Anteil der Migranten,
denen Fingerabdrücke abgenommen wurden, stieg beträchtlich von 36 % im September 2015 auf
87 % im Januar 2016. Wenn alle Registrierungszentren in Italien voll funktionsfähig sind, werden sich
die Kapazitäten zur Abnahme von Fingerabdrücken voraussichtlich auf 2160 Migranten pro Tag
belaufen, was deutlich über den durchschnittlichen Ankunftszahlen für Januar liegt.
Obwohl die Umverteilung aus Italien einige Wochen früher begonnen hat als die Umverteilung aus
Griechenland, erreicht sie bei weitem noch nicht den Umfang, der nötig wäre, um das Ziel von
39 600 Transfers von internationalen Schutz benötigenden Personen in zwei Jahren zu erreichen.
Bisher wurden lediglich 279 transferwillige Asylsuchende transferiert, und es wurden 200
Transferersuchen an andere Mitgliedstaaten gerichtet, denen bisher allerdings noch nicht
nachgekommen wurde. Bisher haben lediglich 15 Mitgliedstaaten Transferplätze zur Verfügung gestellt
und die Aufnahme von insgesamt 966 Personen zugesagt; 20 Mitgliedstaaten haben
Verbindungsbeamte ernannt, die den Prozess vor Ort unterstützen sollen. Die niedrige
Umsetzungsquote ist weitgehend darauf zurückzuführen, dass auf dem italienischen Staatsgebiet nur
eine begrenzte Zahl von überhaupt für einen Transfer in Betracht kommenden Migranten ankommt.
Italien hat im Jahr 2015 über 14 000 Personen ohne Anspruch auf Asyl rückgeführt und sich an
11 Frontex-Sammelflügen zur Rückführung abgelehnter Asylbewerber aus anderen Mitgliedstaaten
beteiligt. Angesichts der über 160 000 Migranten, die im Jahr 2015 ankamen, ist dies nach wie vor
unzureichend.
Das italienische Aufnahmesystem genügt weitgehend den Anforderungen des italienischen
Asylsystems, und es wurden bereits spezifische Einrichtungen für zu transferierende Personen
festgelegt. Allerdings besteht ein großer Mangel an Unterbringungsmöglichkeiten für vor der
Abschiebung stehende Personen: Hierfür stehen bisher lediglich 420 Plätze zur Verfügung, obschon in
dem der Europäischen Kommission vorgelegten Fahrplan 1252 Plätze vorgesehen sind.
Die Kommission hat gestern einen Beschluss angenommen, durch den das
Strukturfondsprogramm „Sicherheit für Entwicklung“ in Italien geändert wird: Bis zu 124
Mio. EUR aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung können demnach für die
Kofinanzierung von Maßnahmen der italienischen Regierung zur Rettung von Flüchtlingen
auf See zugewiesen werden.
Fortschritte auf der Westbalkanroute
Die beispiellosen Ströme von Flüchtlingen und Migranten, die im Spätsommer 2015 einsetzten und im
Herbst 2015 eskalierten, haben die Westbalkanroute zur zentralen Herausforderung für Europa
gemacht. Fast 800 000 Menschen haben im Jahr 2015 die türkisch-griechische Grenze überschritten,
die meisten von ihnen auf dem Weg über die Westbalkanroute nach Mittel- und Nordeuropa.
Präsident Juncker berief für den 25. Oktober 2015 ein Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs zu
den Flüchtlingsströmen auf der Westbalkanroute ein, auf dem ein 17-Punkte-Plan vereinbart wurde,
durch den eine stufenweise, kontrollierte und geordnete Migration auf der Westbalkanroute
sichergestellt werden soll. Schlüsselpunkte des Plans sind die Grenzkontrollen, die
Aufnahmekapazitäten und die Steuerung der Migrationsströme zwischen den Ländern mit dem
höchsten Druck in den letzten Monaten.
Zur Überwachung der Umsetzung des auf dem Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs
vereinbarten 17-Punkte-Plans hat die Kommission wöchentliche Zusammenkünfte organisiert. Zu
einem Zeitpunkt, als die Kommunikation vollständig zum Erliegen gekommen war, war diese
Koordinierung eine wichtige Hilfe bei dem Bemühen, das Risiko zu verringern, dass unerwartete
Maßnahmen in einem Land Auswirkungen auf in einem anderen Land haben. Ferner wurden ein
gemeinsames Instrument für den Informationsaustausch eingerichtet und ein neues Konzept für die
Zusammenarbeit und Absprache zwischen den Ländern entlang der Westbalkanroute entwickelt.
Inzwischen erfolgt zwischen den Polizeichefs ein umfassender Informationsaustausch über Strategien
und Vorgehensweisen an den Grenzen, und sowohl die Kommunikation als auch die Zusammenarbeit
zwischen den Grenzbehörden haben sich verbessert.
Es gab jedoch regelmäßig einseitig getroffene Entscheidungen einzelner Länder, die einen
Schneeballeffekt auf die im weiteren Verlauf von den Migrationsströmen betroffenen Länder hatten. Die
Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Grenzmanagements an der östlichen Mittelmeer- bzw.
Westbalkanroute ist derzeit das dringlichste Ziel der EU. Dabei kommt es vor allem darauf an, dass
sich alle Mitgliedstaaten verpflichten, Migranten nicht länger „ durchzuwinken“ und die Asyl- und
Grenzverwaltungsvorschriften der EU konsequent anzuwenden. Wer auf dem Gebiet der Union
ankommt, muss wissen, dass ihm Schutz gewährt wird, wenn er ihn benötigt, doch die Entscheidung
darüber, in welchem EU-Land dies erfolgt, obliegt nicht ihm selbst. Wer die Voraussetzungen für einen
solchen Schutz nicht erfüllt, wird unter uneingeschränkter Wahrung des Grundsatzes der
Nichtzurückweisung rückgeführt.
Im Bereich des Grenzmanagements unterstützt Frontex seit dem Abschluss des einschlägigen
operativen Plans mit Griechenland vom 3. Dezember 2015 die Registrierung an der Grenze zwischen
Griechenland und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien. Diese Unterstützung sollte
nunmehr verstärkt und optimal genutzt werden. Es ist zwar nicht möglich, eine gemeinsame FrontexOperation direkt in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien durchzuführen, doch werden
gegenwärtig alternative Formen einer von Frontex gewährten Unterstützung vorbereitet. Etwaige
ergänzende Maßnahmen nördlich dieser Grenze müssten innerhalb eines EU-Rahmens erfolgen.
Serbien, Slowenien, Kroatien und Griechenland haben das EU-Katastrophenschutzverfahren
eingeleitet und andere Länder ersucht, ihnen Mittel zur Bewältigung der humanitären Notlage in ihrem
Hoheitsgebiet zur Verfügung zu stellen. Insgesamt 15 Länder haben bisher Hilfe angeboten und unter
anderem Zelte, Schlafsäcke, Bettwäsche, persönliche Schutzausrüstung, Heizungs- und
Beleuchtungsausrüstung sowie Stromgeneratoren bereitgestellt. Vielen Hilfegesuchen wurde aber noch
nicht nachgekommen.
Die Länder entlang der Westbalkanroute haben die Schaffung von 50 000 zusätzlichen
Aufnahmeplätzen zugesagt. Die derzeitigen Aufnahmekapazitäten sind jedoch noch weit von diesem
Ziel entfernt: Bisher steht nur etwa die Hälfte dieser Zahl zur Verfügung oder wird zurzeit eingerichtet.
Die Länder, deren Staats- und Regierungschefs an dem Gipfeltreffen zur Westbalkanroute
teilgenommen haben, müssen die Bereitstellung von Aufnahmekapazitäten dringend beschleunigen.
Hintergrund
Die Europäische Kommission hat sich beharrlich für eine abgestimmte europäische Lösung in der
Flüchtlings- und Migrationsproblematik eingesetzt.
Bei Amtsantritt übertrug Kommissionspräsident Juncker einem Kommissar, Dimitris Avramopoulos, die
Verantwortung für den Bereich Migration und beauftragte ihn, in vom ersten Vizepräsidenten Frans
Timmermans koordinierter Zusammenarbeit mit den anderen Kommissaren eine neue Migrationspolitik
auszuarbeiten, die zu den zehn Prioritäten der politischen Leitlinien gehört.
Am 13. Mai 2015 legte die Europäische Kommission ihre Europäische Migrationsagenda vor, die eine
umfassende Strategie für eine bessere Steuerung der Migration in all ihren Aspekten enthält.
Seither sind drei Maßnahmenpakete zur Umsetzung der Agenda am 27. Mai 2015, am 9. September
2015 und am 15. Dezember 2015 angenommen worden.
Weitere Informationen
Mitteilung über den Stand der Umsetzung der prioritären Maßnahmen im Rahmen der Europäischen
Migrationsagenda
FACTSHEET: Bewältigung der Flüchtlingskrise – Griechenland: Lagebericht
FACTSHEET: Bewältigung der Flüchtlingskrise – Italien: Lagebericht
FACTSHEET: Bewältigung der Flüchtlingskrise – Westbalkanroute: Lagebericht
Lagebericht über die Einrichtung der Registrierungsstellen in Griechenland
Lagebericht über die Einrichtung der Registrierungsstellen in Italien
Lagebericht über die Folgemaßnahmen zum Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs zu den
Flüchtlingsströmen auf der Westbalkanroute
Europäische Migrationsagenda
Mitteilung vom 23. September 2015: „Bewältigung der Flüchtlingskrise: operative, haushaltspolitische
und rechtliche Sofortmaßnahmen im Rahmen der Europäischen Migrationsagenda“
Mitteilung vom 14. Oktober 2015: „Bewältigung der Flüchtlingskrise: Lagebericht zur Umsetzung der
Prioritäten im Rahmen der Europäischen Migrationsagenda“
Mitteilung vom 15. Dezember 2015: „Ein europäischer Grenz- und Küstenschutz und effiziente
Sicherung der Außengrenzen Europas“
Erklärung der Staats- und Regierungschefs nach dem Gipfeltreffen zur Westbalkanroute
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