Bergtour in den Zillertaler Alpen, Österreich Organisation Norbert Hellpoldt, Bergsteigergruppe DAV Erlangen 20.08.2015 Anfahrt ins Zillertal und Aufstieg von Bärenbad (1442 m ü.NN) zur Plauener Hütte (2363 m ü.NN) Wir starten von Erlangen um 08:00 Uhr. Da wir zu siebt sind - Tobias, Karl, Peter, Dieter, Jürgen, Norbert und Barbara - fahren wir mit zwei Autos. Vor Mayrhofen biegt eine Mautstraße in das Zillergrundtal ein, ein östliches Seitental, Quelltal der Ziller. Mit „Grund“ werden im Zillertal die in der Eiszeit zu Trögen geformten Seitentäler des breiten Haupttales bezeichnet. Die Straße zieht über viele Kilometer (ca. 15km) und zahlreiche „Kuhgitter“ das schöne Hochtal hinauf nach Bärenbad. Bis hier darf man mit dem privaten PKW fahren. Die Straße geht noch hinauf bis zur Krone der Staumauer des ausgedehnten Speicher Zillergründl (auf ca. 1850m); hier hinauf gibt es einen Busverkehr. Wir parken die Autos oberhalb von Bärenbad und steigen zur Plauener Hütte auf. Die Wolken hängen tief. Im Gegensatz zu uns zu Hause, wo nach den heißen und trockenen Hochsommerwochen der Rasen fast überall vertrocknet ist, sind die Wiesen hier satt und saftig grün. Dass das Klima hier feuchter ist, bekommen wir noch zu spüren. Wir laufen zunächst auf die gewaltige Staumauer zu, um dann zum oberen Rand der Mauer aufzusteigen. Von 1980-87 wurde der Speicher Zillergründl erbaut, dessen Wassermassen über einen Stollen zum Kraftwerk Häusling und, nach der Stromerzeugung, weiter zum Speicher Stillup fließen. Der weitere Weg führt zunächst entlang des nördlichen Ufers des Speichersees, um sich dann nach Osten abbiegend in vielen Serpentinen zur Plauener Hütte hinauf zu ziehen. Wie viele Serpentinen noch vor uns liegen sehen wir heute nicht, so dicht sind Wolken und Nebel. Je höher wir kommen, desto unangenehmer und kälter wird die Nebelnässe. Aufgeheizt von den hochsommerlichen Temperaturen der vergangenen Wochen sind die meisten von uns von Bärenbad, wo es noch sommerlich warm war, nur in dünnem Hemd losgelaufen; Faserpelz und Regenjacke sind im Rucksack verstaut. Da wir keine Sicht haben, hoffen wir, die Hütte nach jeder Kehre vor uns stehen zu sehen. Irgendwann ist es dann wirklich soweit. Inzwischen sind wir auch so durchgefroren, dass wir lange brauchen, um uns in der Hüttenstube, die leider auch nicht geheizt ist, wieder aufzuwärmen. Nach dem Essen zeigt uns der Wirt noch die sog. „Sperckenecke“ in der alten Gaststube, eine schöne aus geschnitztem Holz vertäfelte Sitzecke. 21.08.2015 Aufstieg zur Reichenspitze (3303 m ü.NN), kombinierte Tour: Gletscher und Fels Heute haben wir Sonne und Wolken, wie vom Wetterbericht versprochen. Wir können im Morgenlicht auf den Speichersee hinunterblicken und die schöne Lage der Plauener Hütte am Rande des Kuchelmooskars wahrnehmen. Wir starten an der Hütte ca. 08:30 Uhr und steigen Richtung Kuchelmooskees auf. Der Weg auf der Randmoräne ist noch relativ bequem. Dann müssen wir uns den Weg zwischen großen Blöcken und Schutt suchen, die der Gletscher vor sich hergeschoben hat, bis wir den Rand des „schwarzen Gletschers“ (aper, schuttbedeckt) des Kuchelmooskees erreichen. zillertal20150820-23_bericht 1/7 Der Hüttenwirt hatte uns bereits gewarnt, dass er um diese Jahreszeit eher von einer Besteigung der Gipfel oberhalb des Kuchelmooskees abrät, da der Gletscher im unteren Teil aper ist, schuttbedeckt und viele Spalten aufweist. Tatsächlich ist das Gehen auf dem aperen, geröllbedeckten Gletscher nicht ganz einfach und sowohl beim Aufstieg als auch beim Abstieg muss man aufpassen, nicht ins Rutschen zu geraten und zu stürzen. Norbert erzählt uns vom vielen Schnee, der im Juni hier noch lag. Damals war von den Spalten nichts zu sehen und mehr Seilschaften und Bergsteiger zogen den Gletscher hinauf zu Reichenspitze oder Kuchelmooskopf, teilweise ohne Seil und ohne die Spalten unter ihren Füßen zu ahnen. Weiter oben wird der Gletscher etwas steiler, bevor wir ca. 150 Höhenmeter unterhalb des Gipfels am Felsen das Seil liegen lassen. Von hier geht es über einen kurzen Grat und dann noch einen steileren Felsaufschwung in leichter Kletterei hinauf auf den Gipfel der Reichenspitze, die wir gegen Mittag (12:00 Uhr) erreichen. Richtig frei ist die Sicht heute nicht, aber Wolkenfenster ermöglichen eindrucksvolle Blicke in die Umgebung. zillertal20150820-23_bericht 2/7 Wir steigen auf gleichem Weg wieder ab. Im unteren Teil des Kuchelmooskars können wir ein kleines Rudel Steinböcke beobachten. Gegen 16:00 Uhr sind wir zurück an der Hütte. Genug Zeit, um noch etwas die Sonne auf der Terrasse zu genießen. 22.08.2015 Aufstieg zur Wildgerlosspitze (3278 m ü.NN), kombinierte Tour: Gletscher und Fels Heute ist das Wetter noch ein bisschen besser, mit mehr Sonne als Wolken. Wie am Vortag starten wir ca. 08:30 Uhr und haben zunächst auch den gleichen Anstieg: über den Moränenrücken, das Blockkar und den „schwarzen Gletscher“ des Kuchelmooskees hinauf. Im oberen, steileren Teil des Gletschers halten wir heute aber nicht nach Nordosten zum Felsfuß der Reichenspitze zu, sondern Richtung Westen, auf den Sattel zwischen Kuchelmooskopf und Wildgerlosspitze. zillertal20150820-23_bericht 3/7 Am Fuße des Felsgrates zur Wildgerlosspitze angekommen, beraten wir zunächst, ob wir von hier über die Randkluft auf den Felsen steigen, oder über den Sattel hinweg, von der westlichen Seite (vom Zillerkees), den Felsgrat angehen. Am Sattel weist der Gletscher eine tiefe Kluft auf, über die hinweg jedoch noch eine Schneebrücke führt. Nachdem wir uns von der Stabilität überzeugt haben, überqueren wir die Brücke und den Sattel, lassen die Steigeisen am Fuße des Felsgrates liegen, und steigen vom Westen auf den Grat zur Wildgerlosspitze: ein fester Blockgrat mit leichter Kletterei (I-II). Der untere Teil des Grates ist noch etwas leichter zu begehen. Weiter oben türmen sich die Felsen immer höher auf und wir sind klettertechnisch mehr gefordert. Im Aufstieg ist das noch kein Problem, aber wir müssen auch wieder sicher hinunterkommen. Noch etwa 10-20 Höhenmeter unterhalb des Gipfels benötigen wir eine Seilsicherung im Aufstieg über einen hohen Block. Hier beschließen wir, auf diesem „Vorgipfel“ eine kurze Rast zu machen, bevor wir umkehren. Das Seil bleibt gleich hängen für den Abstieg. Noch zwei weitere Male hängen wir das Seil um einen Felskopf, um eine größere Stufe abzuklettern oder abzuseilen. Aufstieg und Abstieg über den Felsgrat haben jeweils über eine Stunde gedauert. zillertal20150820-23_bericht 4/7 Jürgen hat am Fuße des Felsgrates gewartet. Nun geht es in Seilschaft wieder gemeinsam den oberen Teil des Gletschers hinunter. Weiter unten, auf dem sog. „schwarzen Gletscher“ laufen wir besser ohne Seil, um ein „Mitreißen“ im Falle eines Sturzes zu vermeiden. Wir sind heute erst gegen 17:30 Uhr zurück an der Plauener Hütte. Der lange Felsgrat hat uns gefordert und die Tour abwechslungsreich und interessant gemacht. 23.08.2015 Aufstieg zur Richterspitze (3054 m ü.NN), Felstour Wie vom Wetterbericht versprochen, haben wir heute das beste Wetter der Tourentage mit viel Sonne und wenig Wolken. Das möchten wir noch für eine schöne Tour nutzen, die aber nicht mehr so lang sein sollte, da wir noch absteigen und heimfahren müssen. Wir entscheiden uns für die Richterspitze. Wie an den Vortagen steigen wir von der Plauener Hütte den Weg 512 nach Norden auf, zweigen aber noch im Kar nach rechts Richtung Richterspitze ab. zillertal20150820-23_bericht 5/7 Der Aufstieg am Felsen ist von dieser Seite mit Drahtseilen und vielen Eisenstiften und –Krampen versichert, quasi ein Klettersteig. Hier kehren Norbert, der sich das Knie bei der gestrigen Kletterei ein wenig überlastet hat und Jürgen, dessen Kreislauf nicht so stabil ist, um. Dieter und ich ziehen einen Hüftgurt an und sichern uns mit zwei Schlaufen und Karabinern. An einigen Stellen tut das trotz der zahlreichen Eisenstifte und Drahtseile ganz gut, denn es geht zunächst recht glatte Platten hinauf und später auch mal über steile Stufen. Allerdings sind die Eisenversicherungen so zahlreich, dass man teilweise wie auf einer Leiter hinaufsteigt, also nicht wirklich schwierig, wenn man sauber tritt und sich festhält (und die drei-Punkt-Regel beachtet!). Der Klettersteig führt in die Gamsscharte auf 2971 m. Hier trifft er auf den Aufstiegsweg von Osten, von der Richterhütte kommend. Über der Gamsscharte ist noch eine herausfordernde Steilstufe zu überwinden, dann geht es in leichterer Kraxelei weiter bis zum Gipfel. Vom Gipfel schauen wir nochmal über den Kuchelmooskees zu Kuchelmooskopf, Wildgerlosspitze und Reichenspitze, die Gipfel leider gerade mit Wolkenhauben, nach Südwesten hinunter auf die Plauener Hütte und den Speicher Zillergründl und nach Osten auf die im oberen Rainbachtal gelegene Richterhütte. zillertal20150820-23_bericht 6/7 Wir steigen auf gleichem Wege wieder ab. Im unteren Kar treffen wir noch einmal auf ein kleines Rudel Steinböcke. Diesmal sind es anscheinend nur weibliche Tiere und Jungtiere, mit nicht so eindrucksvollen Hörnern wie denen, die wir am Freitag beobachten konnten. Wir liegen im Plan mit der Zeit, sind gegen 12:00 Uhr zurück an der Plauener Hütte, wo wir auf der Terrasse noch zu Mittag essen. Den Abstieg - jetzt wieder mit allem Gepäck – erleichtern wir uns ein wenig, indem wir nur bis zur Krone der Staumauer auf ca. 1850 m hinuntersteigen. Von hier nehmen wir den Bus hinunter nach Bärenbad. Heute fährt nur ein Auto zurück nach Erlangen. Tobias, Karl und Dieter haben noch zwei Tage Zeit und wollen in den westlichen Teil des Zillertales hinüberwechseln, zum Schlegeisspeicher, um von hier auf das Furtschaglhaus aufzusteigen und am Montag noch eine Hochtour zu machen. Leider zieht ein Tief mit viel Regen schon in der Nacht hinein und sie werden am nächsten Tag schon wieder absteigen und ebenfalls heimfahren. Wir bekommen den kräftigen Regen bereits auf der Heimfahrt am Sonntag abend ab, im Alpenvorland vor München. Das kann uns aber nach den drei lohnenden Tourentagen nicht mehr stören. Wir haben einen Teil des östlichen Zillertales kennengelernt, das schöne „Zillergründl“ und die Umgebung der Plauener Hütte und schöne und anspruchsvolle Touren in Eis und Fels gemacht. Barbara Müller, 2015 Fotos: Dieter, Norbert, Barbara zillertal20150820-23_bericht 7/7
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