Fachtagung

Fachtagung
1. Oktober 2015, 09:00 bis 14:00 Uhr
Ort: Karmeliterhof Graz, Karmelitersaal
Karmeliterplatz 2, 8010 Graz
Eine zentrale Herausforderung, mit der sich Jugendliche konfrontiert sehen, ist die Herausbildung
einer eigenen Identität, also die Entwicklung einer als »Selbst« erlebten inneren Einheit der Person.
Doch während in früheren gesellschaftlichen Epochen mit der Übernahme der jeweils gesellschaftlich
vorgesehenen Rolle die individuelle Entwicklungsaufgabe des einzelnen Menschen auch schon
erledigt war, sieht sich der flexible Mensch im 21. Jahrhundert geradezu gezwungen, sich seine je
eigene Identität aus unterschiedlichen, nicht notwendigerweise kohärenten, Teilidentitäten
„zusammenzubasteln“. Damit diese Identitätsarbeit jedoch gelingen kann, benötigen auch und vor
allem Jugendliche ein ganzes Bündel an Ressourcen, wie u.a. eine materielle Basissicherung, die
Einbettung in soziale Netzwerke, Anerkennungs- und Zugehörigkeitserfahrungen im privaten wie im
gesellschaftlichen Kontext sowie ausreichend Gelegenheit, sich in der Auseinandersetzung mit
gesellschaftlicher Diversität zu „üben“.
Viele Jugendliche fühlen sich jedoch mangels entsprechender Ressourcen mit dieser Aufgabe heillos
überfordert und sind deshalb offen für Gruppen und Communities, die ihnen identitätsstiftende
Erfahrungen wie Sicherheit, Zugehörigkeit und Anerkennung bieten. Am besten gleich in
Kombination mit einfachen und klaren Antworten auf zunehmend komplexe gesellschaftliche
Entwicklungen und Herausforderungen. Und für viele dieser Jugendlichen scheinen derartige
Communities – seien sie nun politisch oder religiös gerahmt – umso attraktiver zu sein, je einfacher,
damit auch verengter und letztendlich radikaler die Antworten auf eine als verwirrend und
unübersichtlich erlebte Welt ausfallen.
Derartigen Tendenzen zur Radikalisierung von Jugendlichen kann Offene Jugendarbeit etwas
entgegensetzen. Es gehört zu einer ihrer Kernaufgabe, Jugendlichen die zu einer gelingenden
Identitätsarbeit nötigen Anerkennungs- und Zugehörigkeitserfahrungen anzubieten und sie so mit
einer Widerstandkraft auszustatten, mithilfe derer sie den Versuchungen radikaler Gruppierungen
begegnen können.
9:00
Begrüßung
Christian Ruck - Fachabteilung Gesellschaft und Diversität, Referat Jugend
ExpertInneneinführungen
Mag.a Elli Scambor - Institut für Männer- und Geschlechterforschung
Anregungen für intersektionale Zugänge in der Offenen Jugendarbeit als Möglichkeit der
Extremismusprävention
Mag. Kenan Dogan Güngör - think-difference
Gruppenbezogene Abwertungen und religiös begründete Fanatisierungstendenzen unter
Jugendlichen in der Offenen Jugendarbeit
DSA Fabian Reicher – Backbone – Mobile Jugendarbeit
Umgang mit religiösem Extremismus & Fundamentalismus in der Offenen Jugendarbeit und
Angebote an die Offene Jugendarbeit von der Beratungsstelle Extremismus
Dr. Roman Schweidlenka - LOGO ESO.INFO
LOGO ESO.INFO und die aktuelle Situation in der Steiermark
10:45 Pause
11:00 Workshops
Mag. Kenan Dogan Güngör - think-difference
Gruppenbezogene Abwertungen und religiös begründete Fanatisierungstendenzen unter
Jugendlichen in der Offenen Jugendarbeit
DSA Fabian Reicher – Backbone –Mobile Jugendarbeit
Rebellion/(Neo-)Salafismus - Ansätze für die Arbeit mit Jugendlichen in der Offenen
Jugendarbeit
13:45 Resümee und Ausblick
Moderation: Mag.a Daniela Köck
Bitte melden Sie sich unter [email protected] an.
Wir nehmen Ihre Anmeldungen gerne bis spätestens 28. September 2015 entgegen.
Begrenzte TeilnehmerInnenzahl. Für weitere Auskünfte stehen wir gerne zur Verfügung!
Eine Kooperation von
Inhalte der ExpertInneneinführungen
Anregungen für intersektionale Zugänge in der Offenen Jugendarbeit als Möglichkeit der
Extremismusprävention
Die Lebenswelten junger Menschen sind vielfältig und komplex. Der Wunsch nach sozialer Anerkennung,
Erfahrungen der Diskriminierung sowie die Zugehörigkeit zu unterschiedlichen sozialen Gruppen prägen die
soziale Wirklichkeit Jugendlicher. Eindimensionale Methoden und Konzepte sind nicht geeignet, diese
Lebenswelten zu begreifen. Intersektionale Zugänge der Jugend- bzw. Gewaltpräventionsarbeit setzen sich mit
multiplen Zugehörigkeiten (bspw. Gender, Migration, Milieu) auseinander, mit dem Ziel, komplexe jugendliche
Lebenswelten besser erfassen und ihnen adäquater begegnen zu können.
FOTO: ELLI SCAMBOR
Elli Scambor Soziologin. Geschäftsleiterin des Instituts für Männer- und Geschlechterforschung
(www.genderforschung.at). Koordination zahlreicher (internationaler) Studien im Bereich der
Männlichkeits- und Geschlechterforschung, Diversitäts- und Intersektionalitätsforschung. Inhaltlicher
Fokus auf Gewaltresilienz und -prävention, Masculinities & Gender Equality, Antifeministische
Positionen und Radikalisierungen im Bereich der Männerrechtsbewegung, Sozialforschung und
Medienkunst.
EU-Studien
zur
intersektionalen
gewaltpräventiven
Jugendarbeit
(http://www.igiv.dissens.de oder http://www.peerthink.eu). Lektorin für Soziologie an der
Medizinischen Universität Graz, für ‚Maskulismus und Postfeminismus‘ an der Universität Graz
(Gender Studies) und für Soziologische Grundlagen der Jugendsozialarbeit an der FH Kärnten. Mitglied
der GenderWerkstätte, der OEGS und ÖGGF. Managing Diversity Expertin.
Gruppenbezogene Abwertungen und religiös begründete Fanatisierungstendenzen unter
Jugendlichen in der Offenen Jugendarbeit
In der Schule, aber auch in der Offenen Jugendarbeit sind PädagogInnen und BetreuerInnen manchmal mit
extremen religiösen oder politischen Äußerungen von Kindern und Jugendlichen konfrontiert. Wie sollen sie
darauf reagieren und was steckt dahinter? Die Verunsicherung ist oft sehr groß: Wie ernst sollen wir politischen
Radikalismus und religiösen Fanatismus nehmen? Handelt es sich nur um pubertäre Provokationen oder geht
es tatsächlich um mehr?
FOTO: Marko Mestrovic
Kenan Dogan Güngör wurde 1969 in Dersim/Tunceli – Türkei geboren. Studium der
Sozialwissenschaften an der Universität Wuppertal. Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für
Türkeisstudien, Durchführung zahlreiche Studien zur Integrationsthematik und türkeisspezifischen
Themen. Übersiedlung nach Wien. Leiter des Büros [difference:] Gesellschaftsanalyse. Innovation.
Integration, Herisau-Wien. Als internationaler Experte für Migrations- und Integrationsfragen, berät
und begleitet er staatliche und nichtstaatliche Organisationen auf den Bundes-, Landes- und
Gemeindeebne. Inhaltliche Schwerpunkte: Integration, Partizipation, Diversitätsmanagement,
Stadtsoziologie, Konflikt- und Gewaltanalyse, Gesellschafts- Organisations- und Steuerungstheorie.
Umgang mit religiösem Extremismus & Fundamentalismus in der Offenen Jugendarbeit
Jugendliche provozieren mitunter gerne. Wenn es sich dabei um menschenfeindliche Äußerungen und Taten
handelt, etwa im Kontext von rechtem oder islamistischem Gedankengut, stellt sich die Frage, wo die Wurzeln
dafür liegen, und wie damit umgegangen werden kann. Das Phänomen lässt sich keineswegs nur auf
Jugendliche beschränken. Trotzdem lohnt es sich, einen genauen Blick auf die Herausforderungen zu werfen,
denen sich jene Menschen stellen müssen, die politische Bildungsarbeit und Sozialarbeit mit Jugendlichen
leisten. Fachwissen sowie praktische Handlungsanleitungen für die Begegnung und die Auseinandersetzung mit
Jugendlichen die mit extremistischen Gruppen/Ideologien sympathisieren sind wichtig. Darüber hinaus werden
hauptsächlich bestimmte Grundhaltungen und konkrete Methoden aus der Praxis für die Arbeit mit Gruppen
und Einzelnen dargelegt sowie themenspezifische Projekte vorgestellt."
FOTO: Fabian Reicher
Fabian Reicher arbeitet als Sozialarbeiter bei der mobilen Jugendarbeit im 20. Wiener
Gemeindebezirk. Seine Zielgruppen sind alle Jugendlichen zwischen 12 und 23 Jahren, wobei er und
seine KollegInnen in erster Linie als erwachsene Ansprechpersonen für alle Anliegen und Bedürfnisse
der Jugendlichen fungieren. Das Thema begleitet ihn seit etwa einem Jahr. Damals haben sie zum
ersten Mal gemerkt, dass sich etwas verändert – z.B. Religion begann eine größere Rolle für viele Kids
zu spielen.
LOGO ESO.INFO und die aktuelle Situation in der Steiermark
Unsere Gesellschaft sollte zur Kenntnis nehmen: Fundamentalistische Strömungen, die wir am Rand aller
Weltreligionen und auch außerhalb dieser finden, sind die weltweit am stärksten wachsende Spielart neuer
religiöser Bewegungen. Dies gilt natürlich auch für die Steiermark. Die Arbeit der LOGO ESO.INFO konzentriert
sich zur Zeit auf die Bewusstmachung der antidemokratischen Strömungen im Fundamentalismus und
Rechtsextremismus, davon ausgehend, dass die politische Konfrontationslinie hinter den Kulissen weniger
zwischen Rechtsextremismus, Pegida & Co und Islamismus verläuft, sondern zwischen der Demokratie und den
AnhängerInnen eines autoritären Staates mit diktatorischen Elementen.
FOTO: LOGO, Roman Schweidlenka
Roman Schweidlenka - Steirischer Sektenexperte und Leiter der LOGO ESO.INFO - bietet umfangreiche
Informations- und Präventionsdienstleistungen. Studienabschluss in Geschichte/ Kunstgeschichte,
Mitarbeiter an zahlreichen wissenschaftlichen Forschungsprojekten zur Thematik "Esoterik, Sekten,
Okkultismus, Satanismus".
Eine Kooperation von