Министерство Российской Федерации по делам печати

ИНСТИТУТ ПОВЫШЕНИЯ КВАЛИФИКАЦИИ РАБОТНИКОВ
ТЕЛЕВИДЕНИЯ И РАДИОВЕЩАНИЯ
Н. В. МУРАВЛЁВА
TEXTE IM DEUTSCHUNTERRICHT
Пособие по немецкому языку
(для начального этапа)
Москва 2008
3
Liebe KursteilnehmerInnen!
In diesem Buch finden Sie viele Texte, die interessante Informationen und Stoff
zum Nachdenken und Diskutieren enthalten. Diese Texte können Sie sowohl im
Unterricht, als auch zu Hause lesen, selbständig und mit Hilfe Ihrer Lehrerin
Einige Tipps zum besseren Verstehen der Texte:
1.
Lesen heißt nicht übersetzen.
2.
Man muss nicht jedes Wort kennen, um einen Text zu verstehen.
3.
Lesen Sie die Überschrift: sie nennt meistens schon das Thema. Und zu den
meisten Themen haben Sie bestimmte Vorkenntnisse.
4.
Nicht alle unbekannten Wörter sind Ihnen unbekannt: manche sind
international, die anderen kennen Sie in einer anderen Form. Sehr oft hilft
ihnen der Kontext.
5.
Sehr wichtig sind Konnektoren und Pronomen — sie zeigen Ihnen, wie der
Text zusammenhängt.
6.
Erst ganz zum Schluss kommt das Wörterbuch.
Viel Spaß!
4
Die Tabakpfeife
Drei Freunde, ein Bäcker, ein Schuster und ein Schneider, waren zusammen auf der
Reise und fanden auf der Straße eine Tabakpfeife.
"Die gehört mir!" rief der Bäcker. "Nein", sagte der Schuster, "ich habe sie zuerst
gesehen. Sie ist mein!" Auch der Schneider wollte die Pfeife haben, und die drei
Freunde konnten sich nicht einigen.
Zuletzt sagte einer: "Lasst uns zum Bürgermeister gehen. Er soll uns sagen, wem
die Pfeife gehört".
Das taten sie auch, und der Bürgermeister hörte ihre Sache ruhig an. Dann fragte er
den ersten: "Woher kommst du?" - "Ich bin ein Hamburger Junge", antwortete stolz
der Bäcker. "Und du?"
fragte der Bürgermeister den zweiten. "Ich bin ein
Lübecker Kind", sagte der Schuster. "Und wer bist du?" fragte er den Schneider.
"Ich bin ein Bremer Mann", war seine Antwort.
"Dann gehört dir die Pfeife", sagte der Bürgermeister. "Ein Mann darf rauchen.
Kinder und Jungen dürfen noch nicht rauchen".
Da bekam der Schneider die Pfeife und ging zufrieden fort. An der Tür aber rief ihn
der Bürgermeister zurück und sagte: "Halt, Freund! Du allein bist ein Mann.
Vergiss also nicht zu bezahlen; denn von Kindern und Jungen kann ich kein Geld
für meine Arbeit nehmen".
die Pfeife - трубка
der Bäcker - пекарь
der Schuster - сапожник
der Schneider - портной
sich einigen - договориться
der Bürgermeister - бургомистр
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1. Wovon handelt der Text?
2. Warum haben der Bäcker und der Schuster Pech gehabt (не повезло)?
3. Wie können Sie den Bürgermeister charakterisieren?
Das Nachthemd
Professor Petermeyer war bei Freunden eingeladen. Man aß zu Abend, man rauchte
und trank ein gutes Glas Wein, man unterhielt sich und machte auch ein wenig
Musik. Dabei lief die Zeit schneller als man dachte. Spät in der Nacht, oder
richtiger am frühen Morgen, war das Fest zu Ende.
Herr Petermeyer wollte fortgehen, aber der Hausherr sagte: "Nein, mein lieber Herr
Professor, wir lassen Sie nicht gehen. Das Wetter ist zu schlecht. Es regnet, und Sie
wohnen am anderen Ende der Stadt".
"Bleiben Sie bei uns", bat freundlich die Hausfrau, "das Gastzimmer im ersten
Stock ist leer und wartet auf Sie".
"Da konnte der sechzigjährige Junggeselle, der Herr Professor Doktor Petermeyer,
nicht nein sagen und blieb im Haus der Freunde.
Die Gastgeber gingen zu Bett. Sie drehten das Licht aus und schliefen bald tief und
fest. Das Haus lag ruhig und dunkel. Nur der Regen fiel auf das Dach und klopfte
an die Scheiben der Fenster.
Da, es war vielleicht zwei Uhr in der Nacht, klingelte die Glocke zuerst kurz und
leise, dann laut und lauter und immer länger, bis die müden Gastgeber aus ihrem
kurzen Schlaf aufwachten. Der Hausherr drehte das Licht an und stand auf. Er
öffnete das Fenster und sah auf die Straße hinunter.
Da stand in Regen und Wind der Professor Petermeyer und hielt ein nasses Paket
unter dem Arm.
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"Verzeihen Sie, dass ich Sie noch einmal aus dem Schlaf klingeln muss", sagte er
leise. "Ich habe nur schnell mein Nachthemd geholt!"
der Junggeselle - холостяк
die Gastgeber - хозяева
aus dem Schlaf klingeln - разбудить звонком
1. Wovon handelt der Text?
2. Wie erklären Sie dieses komische Handeln des Herrn Professors?
3. Haben Sie auch ein Gastzimmer?
Die toten Pferde
Der Herr Baron von Eisenstein hat zwei herrliche Pferde, die besten Tiere weit und
breit. Ein Pferdehändler will sie schon lange kaufen. Er will sie gut bezahlen, aber
er kann sie nicht bekommen.
Eines Tages aber lässt der Herr Baron den Händler zu sich kommen und sagt: “Sie
können die Pferde jetzt haben. Sie kosten fünfhundert Mark, so wie sie im Stall
stehen oder liegen”.
Der Händler legt das Geld auf den Tisch. Er freut sich über den guten Kauf und
geht in den Stall. Da liegen die Pferde tot auf dem Boden.
Der Händler sagt kein Wort und geht ins Kaffeehaus. Dort findet er fünf
Geschäftsfreunde. Er erzählt ihnen: “Ich soll die Pferde des Herrn Baron verkaufen.
Sie kosten nicht viel. Der Preis ist nur tausend Mark”.
Nun will jeder seiner Freunde die billigen und schönen Pferde kaufen. Keiner denkt
daran, dem andern die herrlichen Tiere zu lassen. Jeder wünscht, das gute Geschäft
selbst zu machen.
“Ich habe euch alle gleich gern”, sagt der Händler, “wem aber soll ich nun die
Pferde geben?”
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Dann fährt er fort: “Ich weiß jetzt, was ich tue. Wir wollen das so machen: Jeder
von euch gibt mir zweihundert Mark, und wer das längste Streichholz hier aus
meiner Hand zieht, der bekommt die Pferde”.
Alle finden das richtig, und der Händler steckt die tausend Mark in seine Tasche.
Sein Freund Moritz zieht das längste Streichholz und läuft schnell in den Stall, um
die Pferde zu holen.
Bald kommt er zurück und ruft. “Die Pferde sind ja tot! Was tue ich mit den toten
Pferden?”
Da zieht der Händler ruhig seine Brieftasche, gibt dem Freund seine zweihundert
Mark zurück und sagt: “Hier hast du dein Geld. Jetzt will ich aber kein Wort mehr
hören! Die Pferde gehören wieder mir. Ich kann nun damit tun, was ich will!” Und
er geht hin und verkauft die Felle der toten Pferde.
das Pferd - лошадь
weit und breit - во всей округе
der Stall - конюшня, хлев
das Streichholz - спичка
das Fell – шкура
1.Wovon handelt der Text?
2.Wieviel Geld hat der Pferdehändler verdient?
3.Möchten Sie so einen Geschäftspartner haben?
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Der energische Schaffner
Ein Reisender stieg in einen Zug. Der Zug fuhr über Lyon nach Marseille, und der
Reisende musste gerade nach Lyon fahren. Auf dem Bahnsteig in Paris sagte der
Reisende dem Schaffner: “Wecken Sie mich bitte unbedingt in Lyon. Ich bin sehr
müde, ich bin schon drei Tage unterwegs. Aber achten Sie bitte nicht auf meine
Proteste und wecken Sie mich bitte unbedingt”. Und der Reisende gab dem
Schaffner 100 Franks. “Besten Dank. Schlafen Sie ruhig, in Lyon wecke ich Sie
unbedingt”, sagte der Schaffner.
Der Reisende legte sich schlafen.
Am nächsten Morgen erwachte der Reisende. Er hörte Rufe: “Marseille!
Marseille!” Der Reisende sprang auf. “Zum Teufel!” sagte er. “Der Schaffner hat
mich in Lyon nicht geweckt”. Der Reisende nahm seinen Koffer. Er stieg aus dem
Wagen und lief zum Schaffner.
“Nun”, schrie er, “warum haben Sie mich nicht geweckt?” Der Schaffner machte
große Augen.
“Sie haben mich nicht gebeten, mein Herr”, sagte der Schaffner. “Was? Ich habe
Ihnen sogar 100 Franks gegeben. Haben Sie das vergessen?” fragte der Reisende.
“Nein, ich habe es nicht vergessen. In Lyon habe ich einen Reisenden geweckt”,
sagte der Schaffner. “Er hat aber gesagt: ‘Ich fahre nach Marseille, ich habe eine
Fahrkarte nach Marseille. Ich steige in Marseille aus’. Aber ich habe auf seine
Proteste nicht geachtet. Ich habe ihn auf den Bahnsteig geworfen. Wahrscheinlich
habe ich diesen Reisenden mit Ihnen verwechselt. Ich bitte um Entschuldigung!”
wecken - будить
achten auf+Akk. - обращать внимание
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der Ruf - крик
aufspringen - вскакивать
zum Teufel! - чёрт побери!
große Augen machen - удивиться
werfen - бросать
verwechseln – перепутать
Eine Kleinigkeit
Vater zum Sohn: “Für so ein schlechtes Zeugnis müsste es Prügel geben.“ —
„Fein“, antwortet der Sohn, „ich weiß, wo der Lehrer wohnt.“
„Sie haben mir so viele Eisentabletten verschrieben, Herr Doktor, dass ich nicht
mehr durch die Kontrolle am Flughafen komme!“
Wer — wen?
Ein Schaffner, der im Zug nach Toulouse (Frankreich) Fahrkarten kontrollierte,
erklärte den Reisenden, dass sie den falschen Zug bestiegen hätten. Im Verlauf der
Auseinandersetzung überzeugten die Reisenden den Schaffner, dass er im falschen
Zug kontrolliere
Die alte Meistergeige
Ein alter Mann mit einer Geige unter dem Arm kommt in ein Zigarettengeschäft. Er
ist, das sieht man, ein armer Straßenmusikant, der sich durch sein Spiel sein Brot
verdient.
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“Verzeihen Sie bitte”, sagt er, “kann ich meine Geige eine Stunde hier lassen? Ich
muss zum Polizeibüro gehen. Dort braucht man nicht zu wissen, dass ich auf der
Straße musiziere”.
Dem armen Musikanten hilft man gern. “Legen Sie die Geige dort in der Ecke auf
den Tisch!” sagt der Besitzer des Zigarettengeschäfts freundlich. “Da kann sie
liegenbleiben bis Sie zurückkommen”.
Der Alte legt Violine und Bogen auf den Tisch und geht fort. Kunden kommen und
gehen, und der Besitzer des Zigarettengeschäfts denkt nicht mehr an die Geige, bis
ein feiner Herr davor stehenbleibt und sie von allen Seiten ansieht.
“Das ist ja eine herrliche Geige, eine alte Meistergeige”, sagt er. “Wollen Sie sie
verkaufen?”
“Das kann ich nicht, denn die Geige gehört mir nicht”, entgegnet der
Geschäftsmann.
“Das ist sehr schade”, sagt der Herr. Er dreht die Geige in den Händen, sieht hinein
und klopft mit dem Finger auf das dunkle Holz. “Ein herrliches Stück! Zweitausend
Mark zahle ich gern dafür. Das ist nicht zuviel für diese Geige. Versuchen Sie bitte
das Instrument für diesen Preis zu bekommen. Hier sind hundert Mark als
Anzahlung. Ich komme morgen wieder”.
Nach einer Stunde kommt der alte Geiger zurück, um sein Instrument zu holen. Da
bietet ihm der Kaufmann fünfhundert Mark für die Violine.
“Aber nein”, sagt der Alte, “die Geige gebe ich nicht her. Darauf hat schon mein
Großvater gespielt und auch mein guter Vater. Die Geige verkaufe ich nicht”.
Da bietet der Kaufmann tausend Mark und dann zwölfhundert. Endlich, bei
fünfzehnhundert Mark, verkauft der Straßenmusikant sein Instrument.
Der Besitzer des Zigarettengeschäftes freut sich und glaubt fünfhundert Mark
verdient zu haben. Aber der feine Herr kommt natürlich nicht wieder. Die hundert
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Mark kann er dem Kaufmann ruhig lassen, denn von seinem Freund,dem alten
Geiger, bekommt er die Hälfte der fünfzehnhundert Mark.
die Geige - скрипка
der Bogen - смычок
die Anzahlung – задаток
1. Wovon handelt der Text?
2. Wählen Sie die richtige Bezeichnung für die Tat der Freunde: Betrug - Business
- Spaß.
3. Gefällt Ihnen solche Art Geld zu verdienen?
Einige Kleinigkeiten
Der Lehrer schimpft mit dem Peter. „Du bist aber auch zu dumm! Als ich so alt war
wie du, konnte ich bereits das Einmaleins, und zwar auswendig von vorn nach
hinten und zurück!“
„Wie schön für Sie“, antwortete der kleine Peter. „Aber da hatten Sie bestimmt
einen besseren Lehrer alch ich...“
„Ich will ganz offen sein“, erklärt der Makler, „dieses Haus hat nicht nur Vorteile,
sondern auch Nachteile. Die Nachteile bestehen darin, dass es im Süden an eine
Käsefabrik und im Norden an den Bahnhof grenzt“.
„Und welches sind die Vorteile?“ fragt der Kunde. „Nun“, meint der Makler, „Sie
wissen immer, aus welcher Richtung der Wind weht!“
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Cartenzwerg
Woran denken Sie im Zusammenhang mit den großen Ausstellungen und
Industriemessen in Hannover, Düsseldorf, Frankfurt, Nürnberg, Leipzig, Basel und
Wien? Natürlich an Kraftfahrzeuge, Maschinen und Spielzeug aus der
Bundesrepublik, optische Geräte und chemische Erzeugnisse aus Deutschland,
Uhren aus der Schweiz und Skier aus Österreich.
Zu den Exportschlagern der Bundesrepublik gehört aber auch ein anderes Produkt,
über das viele “moderne” Deutsche nicht gern reden: der Gartenzwerg.
Dieser gemütliche kleine Bursche hat sich seit seiner Erfindung im Jahre 1870 in
Gräfenroda kaum verändert. Er hat eine gebräunte Haut und einen grauen Bart, und
sein Alter ist unbestimmt. Er trägt eine rote Zipfelmütze, lächelt und macht nie ein
unfreundliches Gesicht. Er steht
entweder mitten im Garten, oder er liegt
verstreckt im Gras, raucht Pfeife oder trinkt Wein. Es gibt auch den “gebildeten”
Gartenzwerg, der ein Buch auf den Knien hat.
Von Beruf ist der Gartenzwerg Gärtner (dann schiebt er eine Schubkarre oder
arbeitet mit Gießkanne und Spaten), Bergmann (auf Wunsch mit elektrischer
Laterne), Jäger, Angler oder
Sänger. Sein liebstes Instrument ist die
Ziehharmonika.
Mit modernen Geräten, mit Autos oder Fotoapparaten, kann er nicht umgehen.
(Solche Zwerge kauft niemand, sagen die Hersteller.)
Die Nachfrage nach Gartenzwergen steigt ständig, und das Angebot ist
entsprechend: Rund vierhundert verschiedene Modelle sind auf dem Markt. Der
größte Hersteller produziert jährlich über 800 000 Exemplare, von denen ein Drittel
in den Export geht.
Die Intellektuellen ärgern sich über diesen internationalen Erfolg des lustigen
Männchens. “Gartenzwerge sind Kitsch”, sagen sie.
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Es gibt allerdings auch andere Meinungen darüber. Ein Schriftsteller hält ihn für
das Symbol des Protestes gegen den Fortschritt. Ein Gartenzwerg im Vorgarten
bedeudet, so meint er, “hier wohnen Gemütsmenschen”.
Gartenzwerge sind immer männlich. Es ist zwar versucht worden, weibliche
Gartenzwerge auf den Markt zu bringen, aber die wollte niemand haben.
der Gartenzwerg - садовый гном
die Zipfelmütze – колпак
die Gießkanne -
лейка
auf den Knien - на коленях
die Schubkarre – тачка
der Spaten - лопата
1. Wovon handelt der Text?
2. Auf bestimmte Modelle der Gartenzwerge gibt es keine Nachfrage. Warum?
3. Kennen Sie ähnliche russische Exportschlager?
Zum Nachlesen
Professor Schaab war sehr zerstreut. Er fuhr in der Straßenbahn und legte seine
Brille links neben sich, holte ein Buch aus der Tasche und las. Als er aussteigen
wollte, konnte er seine Brille nicht finden. Schließlich reichte sie ihm ein kleines
Mädchen, das neben ihm auf der Bank saß. „Vielen Dank, mein Kind! Wie heißt du
denn? — „Hedwig Schaab, Papa!“
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Drei Buben unterhalten sich. Sagt der erste:“Mein Onkel ist Pfarrer und alle
sprechen ihn mit Hochwürden an.“
Prahlt der zweite:“Mein Onkel ist Kardinal und alle sagen Eminenz zu ihm.“
Der dritte: „Mein Onkel wiegt 150 Kilo, und wenn die Leute ihn sehen, sagen sie:
großer Gott!“
Ein Lied für ein Essen
Ein Student kommt in ein Gasthaus, setzt sich an den Tisch und lässt sich ein
Mittagessen geben. Er isst und trinkt mit gutem Appetit. Als er aber bezahlen
soll, sagt er zu dem Wirt: "Ich habe nur wenig Geld. Ich will Ihnen für das Essen
ein Lied singen".
Der Wirt will kein Lied hören, sondern sein Geld haben. Da sagt der Student:
"Wenn ich ein Lied singe, das Ihnen gefällt, wollen Sie mir dann das Essen
schenken?"
"Ja", sagt der Wirt, "aber das Lied muss mir gefallen. Es wird sehr schwer für
Sie sein, denn ich liebe die Musik nicht".
"Eins wird Ihnen schon gefallen", sagt der Student und singt ein Lied nach dem
anderen. Nach jedem Lied aber schüttelt der Wirt den Kopf und sagt: "Das
gefällt mir nicht".
"Nun werde ich ein Lied singen, das Ihnen gefallen muss", ruft der Student und
fängt an zu singen: "Nimm Geld aus der Tasche, bezahle den Wirt". Dabei fährt
er mit der Hand in die Tasche, holt richtig fünf Silberstücke heraus und hält sie
dem Wirt vor die Nase.
Da lacht der Wirt und ruft: "Das ist ein schönes Lied, das gefällt mir".
Schnell steckt der Student sein Geld wieder in die Tasche und sagt: "Nun habe
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ich endlich mein Essen mit
einem Lied bezahlt!"
Er dreht dem Wirt den Rücken und geht davon.
der Wirt - трактирщик
den Kopf schütteln (-te, -t) - качать головой
1. Wovon handelt der Text?
2. Sind Studenten immer so erfinderisch?
3. Wie würden Sie an Stelle dieses Wirtes handeln?
Das verpasste Oktoberfest
Ein Mann kommt aufgeregt in ein Reisebüro und verlangt den Geschäftsführer.
"Ich habe vor vierzehn Tagen eine Rückfahrkarte nach München bei Ihnen gekauft
und ein Hotelzimmer gebucht", sagt er ärgerlich, „vom achten bis zehnten Oktober.
Und der Preis war nicht gerade niedrig. Hier ist die Quittung!"
"Ja und?" fragt der Geschäftsführer. "Was ist passiert? War das Zimmer nicht gut?"
"Doch, das war in Ordnung. Aber ich wollte zum Oktoberfest, und das war gerade
zu Ende, als ich ankam".
"Hören Sie, das ist doch nicht unsere Schuld, wenn Sie sich im Datum irren!"
"Das hätten Sie mir sagen müssen! Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich früher
gefahren!"
"Mein Gott", sagt der Geschäftsführer, "das weiß doch jeder, dass das Oktoberfest
im September stattfindet. Am ersten Wochenende im Oktober hört es auf."
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Der Mann verschwindet wütend.
"Wenn ich der Oberbürgermeister von München wäre", sagt der Geschäftsführer zu
seinen Angestellten, "würde ich den Namen des Festes ändern lassen. Jedes Jahr
kommen ein paar Verrückte und wollen ihr Geld zurück".
1. Wovon handelt der Text?
2. Was macht man auf dem Oktoberfest?
3. Wodurch ist München noch bekannt?
Die Zuschauer korrigieren den "Faust"
(nach Willi Bredel)
In der Nähe vom Hamburger Hafen, im Stadtviertel Sankt Pauli gab es ein kleines
Theater. Es hatte als Publikum einfache Leute. Man spielte dort hauptsächlich
Burlesken und Possen. In solchen Schauspielen triumphierte das Gute immer über
das Böse, so gefiel es diesem Publikum.
Einmal spielte man dort ein ernstes Stück. Es war die Gretchentragödie aus dem
"Faust" von Goethe. Das Publikum hörte ernst und aufmerksam zu. Nun ging die
letzte Szene zu Ende, eine Stimme vom Himmel rief: "Ist gerettet!" und Doktor
Faust verließ mit dem Mephisto die Bühne. Der Vorhang fiel. Jetzt gab es aber
einen mörderischen Skandal. Männer und Frauen standen auf und schrien: "Was
heißt hier gerettet! Heiraten soll er sie!" Der Regisseur lief auf die Bühne und
sagte: "Diesen Schluss hat Goethe so gedichtet!"
"Was heißt hier Goethe!" schrien die Zuschauer. Und sie skandierten im Chor:
"Heiraten! Heiraten! Heiraten!" Endlich traten Gretchen und Doktor Faust vor den
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Vorhang. Doktor Faust sagte: "Verzeih mir, Gretchen. Ich frage dich: Willst du
mich heiraten?" Und Gretchen antwortete: "Ja, Heinrich!" Das Publikum jubelte
und klatschte Beifall.
Die Zuschauer korrigieren den "Faust" - зрители исправляют "Фаустa"
Sankt Pauli - район Гамбурга с многочисленными увеселительными
заведениями (название происходит от церкви Св.Павла)
Burlesken und Роssen - гротесковые, фарсовые представления в театре
Eine Stimme vom Himmel rief: "Ist gerettet!" - голос с неба возвестил:
"Спасена!"
Der Vorhang fiel - занавес опустился
Jetzt gab es einen mörderischen Skandal - и тут разразился страшный скандал
Was heißt hier gerettet! - (Уж) какое там спаслась!
Was heißt hier Goethe! - Какой там Гёте! При чём тут Гёте!
Das Publikum jubelte und klatschte Beifall - публика ликовала и аплодировала
1. Worum handelt es sich im Text?
2. Haben Sie von dem Goethes Werk “Faust” gehört?
3. Gehen Sie gern ins Theater?
Hermann Hesse, Dichter (1877-1962)
Hermann Hesse, der Sohn eines Missionars, fand schon die Grundschule
langweilig. “In den acht Jahren... fand ich nur einen einzigen Lehrer, den ich liebte
und dem ich dankbar sein kann...“, schrieb er später.
Hermann Hesse sollte Theologie studieren und kam deshalb auf ein theologisches
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Seminar. Latein und Griechisch interessierten ihn - und doch lief er nach einem
halben Jahr davon.
Er versuchte verschiedene Schulen, machte eine Mechanikerlehre und wurde
schließlich Buchhändler. Von seinem achtzehnten Lebensjahr an stand seine Arbeit
als Dichter im Mittelpunkt.
Zehn Jahre nach seinem Tode waren seine Romane weltberühmt.
Der Friseur als Detektiv
Der Friseur August Blonde hat sein Geschäft an jenem Tag wie immer um 7 Uhr
geöffnet. Es sind aber noch keine Kunden im Laden, nur die Zeitungsfrau geht
gerade vorbei. Sie bringt ihm seine Zeitung "Neueste Nachrichten", und ruft ihm
zu: "Lesen Sie die Nachrichten! Die Polizei sucht nach einem Mörder, 10 000 Mark
Belohnung!"
Die Nachrichten in der Zeitung sind immer interessant, aber diese Nachricht ganz
besonders. 10 000 Mark Belohnung! Und er sieht sich das Bild des Mörders genau
an. Inzwischen ist ein Kunde gekommen. Er hat die Tür hinter sich geschlossen
und sich auf den Stuhl vor dem Spiegel geworfen. Jetzt ruft er ungeduldig: "Legen
Sie die Zeitung weg!" Der Friseur wundert sich. Dieser Kunde ist noch nie bei ihm
gewesen. "Warum sind Sie denn so ungeduldig?"
"Fragen Sie nicht so viel, schneiden Sie mir das Haar". Da fällt ihm etwas auf. Er
vergleicht das Gesicht im Spiegel mit dem Bild des Mörders in der Zeitung.
"Schrecklich! Aber nein! Ausgezeichnet! Ich habe die 10 000 Mark schon in der
Tasche!" Der Kunde betrachtet sich ebenfalls im Spiegel und sagt: "Schneiden Sie
mir bitte auch den Bart, das macht jung!" "Färben wir lieber die Haare. Rot ist jetzt
sehr modern, und macht auch jung".
"Sie haben recht,
aber machen Sie schnell!" August Blonde arbeitet schnell, aber gründlich. "Fertig.
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Sind Sie zufrieden?" fragt er besorgt. Der Kunde beantwortet seine Frage nicht. Er
springt auf und läuft weg. Der Friseur hat Glück gehabt. Zwar hat der Gast nicht
bezahlt, aber er hat auch nichts bemerkt.
Jetzt tritt der Friseur zufrieden ans Telefon, und wählt die Nummer der Polizei. "Der Mörder ist noch in der Stadt. Sie können ihn leicht finden: Seine Haare sind
rot und sein Bart ist blond. Wann kann ich die 10 000 Mark bekommen?"
1. Wovon handelt der Text?
2. Welche Nachricht fand August Blonde besonders interessant und warum?
3. Wie würden Sie solch einen Menschen nennen?
Warum nicht deutsch?
Von Karl R.Pogarell
Ich habe viel mit Ausländern zu tun. Diese Leute haben Probleme.
Sie brauchen zum Beispiel ein Visum, eine Wohnung, Geld. Sie alle wollen die
deutsche Sprache erlernen oder ihre Sprachkenntnisse verbessern. Letzteres ist
leider unmöglich. Deutsch kann man hier nicht lernen. Vielleicht in Peking, New
York oder Istanbul, aber nicht hier.
Erstes Beispiel: Ich gehe mit einem chinesischen Hochschullehrer zum
Ausländeramt der Stadt, Der Professor braucht eine Visumsverlängerung, sonst
kann er seine Untersuchungen zu Goethe nicht abschließen. Der für Asiaten
zuständige Beamte - er ignoriert den Gelehrten, spricht meistens mit mir. Dann
wendet er sich schließlich noch an jenen und fragt: „Du wollen hier arbeiten, du
wollen immer hier bleiben?"
Beispiel zwei: Ein Amerikaner hat lange gebüffelt, bis er die Sprache mit den
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vielen Fällen einigermaßen beherrschte, nun will er in Deutschland seine
Sprachkenntnisse verbessern. Er äußert auch den Wunsch, gelegentlich Tennis zu
spielen.
Wir fahren zu einem Verein, ich finde den Vorsitzenden und erkläre ihm die
Absicht des jungen Mannes aus Kalifornien. Die Herren und Damen sind
begeistert. Ein richtiger Amerikaner! Bei uns! Sie stürzen auf ihn zu.
"Nice to see you, of course you can play tennis here on our place. My name is
soundso, what is your name, where do you come from?"
"Ich komme aus Kalifornien und heiße David soundso, ich bin hier, um meine
Deutschkenntnisse zu verbessern, aber ich würde auch gern ein wenig Tennis
spielen."
"Oh, you are comming from California, it's great. I know this beautiful country
from my last holidays. From which city are you COmming from?"
"Aus Long Beach in Südkalifornien, es ist immer sehr warm dort, aber Deutschland
gefällt mir auch sehr gut, ich bin sehr glücklich hier." "Yes, yes. I know, I
understand!"
Ich versuche dem Vereinsvorsitzenden zu erklären, dass unser Gast recht passabel
deutsch spricht. Vielleicht könnte er auch Deutsch sprechen, weil der David ja noch
lernen will.
"He speaks German?" Der Mann blickt mich erstaunt an. "Yes", sage ich.
1. Wovon handelt der Text?
2. Warum sprechen die Deutschen mit diesem Amerikaner Englisch?
3.Haben Sie schon versucht in Deutschland Deutsch zu lernen?
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Kann man mit einer Wünschelrute Schätze finden?
Was sind Schätze? Erdöl und Kohle, Elze, Silber und Gold. Und Schätze sind
natürlich die Töpfe mit Münzen und Schmucksachen, die vergraben wurden, ein
uraltes Königsgrab, gefüllt mit Waffen und Diamanten.
Und was ist eine Wünschelrute? Sie ist ein Zweig des Haselstrauchs, der
gabelförmig endet. Oder solche Gabel aus Draht. Und der die Wünschelrute
benutzt, heißt der Rutengänger. Er fasst die Wünschelrute mit beiden Händen, die
Spitze der Rute nach oben, und wenn sie sich zum Boden senkt, soll dort der Schatz
liegen.
Mann kennt die Wünschelrute seit vielen Jahrhunderten, und manche benutzen sie
noch immer. Und glauben daran.
Dieses Ding heißt Wünschelrute, nicht Schatzrute, Suchrute oder ähnlich, weil man
sich etwas wünscht. Man wünscht sich einen Schatz herbei und eine Rute, die den
Schatz weist, und so feine Nerven, dass man imstande ist, mit der Wünschelrute
den Schatz zu entdecken, was andere, normale Menschen, nicht können.
Die Wünschelrute ist ein Wunschtraum. Und vielleicht gab es eine Zeit, in der das
Wünschen noch geholfen hat, wie es im Märchen heißt. Aber feine Nerven, eine
besondere Begabung, Schätze zu finden, und Drähte oder Haselruten, die sich von
allein bewegen, wenn der Schatz in der Nähe ist, gibt es heute nicht und hat es nie
gegeben.
Schätze sind immer noch versteckt, und manchmal gräbt der Pflug und manchmal
der Spaten des Forschers wirklich einen Topf mit Münzen und Schmuck aus. Aber
die wahren Schätze unter der Erde, die Erze, die Kohle, das Erdgas, werden nicht
durch Wünschen und Wünschelruten gefunden, sondern durch Wissenschaft und
Technik.
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die Wünschelrute - кладоискательная лоза
der Haselstrauch - орешник
der Draht - проволока
der Rutengänger - кладоискатель
imstande sein - бытü в состоянии
feine Nerven - чуткие нервы
eine besondere Begabung - особый дар (способность)
der Forscher – исследователь
Wann soll man von zu Hause weggehen?
Jede Woche schreiben junge Leute in der Zeitung “Die Zeit”, was sie denken.
Hartwig, 16:
Also, ich gehe nicht von zu Hause weg! Hier habe ich alle Freiheiten und
Möglichkeiten und bin doch unabhängig. Mein Zuhause gibt mir alles, was ich
brauche: Liebe und Sicherheit. Eine Gruppe kann mir nicht so viel geben wie
meine Familie.
Regina, 16:
Ich persönlich bin dagegen, dass man zu früh von zu Hause weggeht. Viele Eltern
sind dann enttäuscht und beleidigt. Man braucht die Eltern. Wenn man
Schwierigkeiten bekommt, sind sie immer da.
Maren, 20:
Weggehen, bevor es zu spät ist! Überall behandelt man Leute mit 18 oder 20 wie
Erwachsene, nur zu Hause nicht!
Susanne, 17:
Meiner Meinung nach sollte man weggehen, wenn man mit der Schule oder
Ausbildung fertig ist. Nur wenn man selbständig ist, kann man sich frei entwickeln.
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Wenn man immer Rücksicht nehmen muЯ auf die Eltern und Geschwister, dann
geht das nicht.
Ralf, 15:
Man sollte von zu Hause weggehen,
- wenn es immer Ärger gibt über den Freund oder die Freundin;
- wenn man jeden Abend schon um 8 Uhr zu Hause sein muss;
- wenn man kein eigenes Zimmer hat, wo man allein sein kann.
enttäuscht - разочарованный
beleidigt - оскорблённый, обиженный
Rücksicht nehmen auf+Akk. - учитывать (интересы, мнение)
sich entwickeln - развиваться
unabhängig - независимый
1. Wovon handelt der Text?
2. Wie meinen Sie, wann soll man von zu Hause weggehen?
3.Werden Sie enttäuscht sein, wenn Ihre Kinder von zu Hause weggehen?
Messen und Ausstellungen in der Bundesrepublik
Die Handelsmessen haben sich im frühen Mittelalter aus einzelnen Märkten
entwickelt, und zwar im Zusammenhang mit kirchlichen Festen. Die Messen
standen unter dem Schutz der Fürsten. So wurde die Messe in Frankfurt am Main in
einem Privileg Friedrichs II. von 1240 zum erstenmal erwähnt. Ein Privileg Kaiser
Maximilians von 1507 begründete die Leipziger Messe.
Der Ausstellungs- und Messe-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft (AUMA) in
Köln nennt in seinem Veranstaltungskalender etwa 160 Messen und Ausstellungen
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in Deutschland von überregionaler und internationaler Bedeutung. Die wichtigsten
Messestädte sind Berlin, Düsseldorf, Essen, Frankfurt am Main, Hamburg,
Hannover, Köln, Leipzig, München, Nürnberg und Stuttgart. Besondere Bedeutung
hat die 1947 gegründete Hannover-Messe, die in jedem Frühjahr stattfindet. Mit
500 000m2 Ausstellungfläche und 5700 in- und ausländischen Ausstellern ist sie
die umfangreichste Messeveranstaltung der Welt.
Die Frühjahrs- und die Herbstmesse in Frankfurt/Main sind Konsumgütermessen
mit den Schwerpunkten Keramik, Porzellan, Glas, Kunstgewerbe, Schmuck und
Papierwaren. Hier finden auch solche Fachmessen wie "interstoff"
(für
Bekleidungstextilien), die Internationale Automobilausstellung, eine Fachmesse
für Sanitäranlagen, Heizung und Klima ("ISH") und die "automechanika" - eine
Fachmesse für die Ausrüstung von Autowerkstätten und Tankstellen statt. Die
Frankfurter Buchmesse ist auch weltbekannt. In Köln werden auch viele Messen
veranstaltet: die "ANUGA" (der Weltmarkt für Ernährung), die "photokina"
(Weltmesse des Bildes), die Internationale Möbelmesse sowie Spezialmessen für
Haushaltsgeräte, Fahr- und Motorräder und Eisenwaren.
Zu den wichtigsten Ausstellungen in Berlin gehören die "Grüne Woche" (eine landund ernährungswirtschaftliche Ausstellung), die Internationale Tourismus-Börse
und die Internationale Funkausstellung. Sehr oft veranstaltet die Bundesrepublik
außerdem selbständige Industrieausstellungen im Ausland.
im frühen Mittelalter - в раннем средневековье
im Zusammenhang - в связи
unter Schutz der Fürsten - под охраной князей
wurde erwähnt - была упомянута
der Ausstellungs- und Messe-Ausschuss der deutschen Wirtschaft - Комитет
выставок и ярмарок
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1.Wovon handelt der Text?
2. Wenn Sie mal nach Berlin, München, Köln fahren, welche Sehenswürdigkeiten
möchten Sie mit eigenen Augen sehen?
4. Waren Sie schon in Deutschland?
Ein Nürnberger erfand den Globus
Viele berühmte Männer stammen aus der Stadt Nürnberg. Einer von ihnen ist
Martin Behaim. Er lebte von 1459 bis 1507. In einer Jugendzeitschrift wird über
ihn erzählt:
"Sehr richtig, Martin! Das ist der Orion! Aber nun Schluss, schnell nach Haus. Du
weißt, dein Vater sieht es nicht gern, wenn du so lange bei mir bleibst und mit mir
den Himmel anschaust. Im Geschäft ist mehr zu verdienen als mit der Astronomie.
Lauf!" Traurig verabschiedet sich der Sohn des Nürnberger Kaufmanns Behaim
von dem Astronomen Johannes Müller, der ihn unterrichtet und mit dem er
astronomische Messgeräte entwickelt.
1476 verlässt Martin Behaim Nürnberg, um in die Kaufmannslehre nach Flandern
in den Niederlanden zu gehen. Aber bald hält er es vor Sehnsucht nach der weiten
Welt nicht mehr aus. Acht Jahre später reist er deshalb nach Lissabon. Es ist der
Wendepunkt in seinem Leben.
In Lissabon spricht man zu dieser Zeit nur von den Plänen des portugiesischen
Königs, übers Meer in ferne Länder zu fahren. Noch müssen die Schiffe in der
Nähe der Küste bleiben, weil man den Kurs für weitere Reisen nicht berechnen
kann. Kurz entschlossen, geht der junge Behaim zum König und übergibt ihm ein
astronomisches Messgerät, das er mit Johannes Müller entwickelt hatte. Dieses
Gerät ermöglicht es den Schiffen, die Küsten zu verlassen und weit auf das Meer
hinauszufahren. Nach vielen Jahren im Dienste des Königs von Portugal kehrt
26
Martin Behaim nach Nürnberg zurück, und dort baut er 1492 seinen "Erdapfel",
den ersten Globus der Welt.
1. Worum handelt es sich in diesem Text?
2. Wodurch ist die Stadt Nürnberg bekannt?
3. Welche deutschen Städte kennen Sie noch?
Was würden Sie tun, wenn Sie Politiker wären?
Bitte, was würden Sie tun, wenn Sie Politiker wären?
Ich würde die Flugzeuge abschaffen, weil sie zuviel Lärm machen. Ich wohne
nämlich am Flughafen und kann überhaupt nicht mehr schlafen.
Und wenn Sie einmal verreisen wollen, zum Beispiel nach Buenos Aires oder nach
Tokio, würden Sie dann zu Fuß gehen?
Natürlich nicht. Ich würde eine schöne Schiffsreise machen.
Gut, wenn Sie soviel Zeit haben!
Ich würde die Autos verbieten, damit man wieder atmen kann. Natürlich weiß ich
nicht, ob das geht, weil es in den Städten noch zu wenig U-Bahnen gibt.
Ich würde die Grenzen abschaffen, damit man reisen kann, wohin man will.
Schön, aber dann brauchen Sie viel Zeit, weil Ihre Kollegen gerade die Flugzeuge
und die Autos abgeschafft haben.
Ach so, stimmt ja. Dann würde ich erst einmal schnelle, saubere und leise
Eisenbahnen bauen.
Ich würde die Währungen abschaffen, damit es auf der Welt nur noch ein
Geldsystem gibt. In der Schule war ich immer schlecht in Mathematik. Ich habe
immer Schwierigkeiten, wenn ich Mark in Dollar, Rubel, Pfund, Francs oder
Peseten umrechnen muss.
27
Und ich würde die Regierungen abschaffen.
Wie bitte?
Ich würde die Regierungen abschaffen.
Und warum?
Nun, sehen Sie sich einmal die Weltgeschichte an. Finden Sie es vielleicht richtig,
dass sich die Menschen gegenseitig umbringen?
Nein, wirklich nicht. Aber wie wollen Sie das ändern?
Ich würde eine Weltregierung gründen.
Eine gute Idee. Leider ist sie nicht neu. Das haben schon viele Philosophen gesagt.
Es interessiert mich nicht, ob die Idee neu ist. Hauptsache, sie ist gut.
1. Wovon handelt der Text?
2. Was würden Sie als Politiker tun?
3. Welche Eigenschaften müssen Politiker haben?
Ein schwieriger Fall
(Vertreterbesuch an der Tür)
V.: Entschuldigung, haben Sie einen Augenblick Zeit?
X.: Eigentlich nicht. Sie sehen doch, dass ich mich gerade rasiere!
V.: Es dauert nicht lange. Ich möchte Ihnen nur unseren neuesten Sprachcomputer
zeigen. Der ist in Amerika entwickelt worden und erst seit kurzem auf dem
deutschen Markt.
X.: So? Und was kann der?
V.: Englisch, zum Beispiel.
X.: Ich dachte, die Amerikaner können Englisch!
28
V.: Ja, aber - nein, so ist das nicht. Der Computer kann auch Deutsch.
X.: Dann brauche ich keinen. Deutsch kann ich selbst.
V.: Also hören Sie, das ist so: Wenn Sie ein deutsches Wort haben und wissen
wollen, was es auf englisch heißt . . .
X.: Wozu soll ich das wissen?
V.: Nehmen wir an, Sie verreisen nächste Woche . . .
X.: Ich verreise nicht, ich habe keinen Urlaub mehr.
V.: Ja, ja, gut, aber nehmen wir an. Sie sind irgendwo im Ausland, und Sie suchen
irgendwas. Sagen Sie mir mal irgendein Wort!
X.: Restaurant.
V.: Also gut, Restaurant. Jetzt drücke ich hier die Tasten, RESTAURANT, und
sehen Sie, sofort erscheint das Wort hier oben.
X.: Das wusste ich ja schon.
V.: Nein, das ist jetzt Englisch.
X.: Wieso ist das jetzt Englisch?
V.: Das ist auf englisch dasselbe.
X.: Wenn es auf englisch dasselbe ist, wozu brauche ich dann einen Computer?
Hören Sie mal zu, Sie stehlen mir die Zeit, Sie Betrüger Sie! Raus hier, sonst hole
ich die Polizei!
1. Wovon handelt der Text?
2. Warum ist der Hausherr so unzufrieden?
5. Was halten Sie von den Sprachcomputern?
29
Ein Schulerlebnis
C.G.Jung
Wir hatten ein Aufsatzthema bekommen, für das ich mich interessierte - und das
kam sehr selten vor. Ich strengte mich also an und schrieb fleißig. Ich hoffte, dass
meine Arbeit zu den ersten gehören würde: unser Lehrer gab nämlich unsere Aufsätze in der Reihenfolge ihrer Qualität zurück. - Als erster kam der Aufsatz des
Klassenbesten dran. Das war in Ordnung. Dann folgten die Aufsätze der anderen,
und immer noch wartete ich auf meinen Namen: er wollte nicht kommen. Es ist
doch unmöglich, dachte ich, dass mein Aufsatz so schlecht ist, dass er noch
schlechter als die schlechtesten Aufsätze sein könnte. Was ist denn los?
Als alle Aufsätze besprochen waren, machte der Lehrer eine Atempause und sagte
dann: "Jetzt habe ich noch einen Aufsatz, — den von Jung. Er ist weitaus der beste.
und ich hätte ihm den ersten Platz gegeben. Aber leider ist er ein Betrug. Wo hast
du ihn abgeschrieben? Sag' die Wahrheit!"
Ich sprang ebenso erschrocken wie wütend auf und rief: "Ich habe ihn nicht
abgeschrieben! Im Gegenteil: ich habe mir besondere Mühe gegeben."
Er aber schrie: "Du lügst! So einen Aufsatz kannst du gar nicht schreiben! Das
glaubt niemand. Also - wo hast du ihn abgeschrieben?"
Ich beteuerte vergebens meine Unschuld, aber das machte keinen Eindruck auf den
Lehrer. Er antwortete: "Das kann ich dir sagen: wenn ich wüsste, wo du ihn
abgeschrieben hast, würdest du aus der Schule fliegen." Und er blickte zornig aus
dem Fenster. Meine Kameraden warfen mir zweifelnde Blicke zu, und ich sah mit
Schrecken, dass sie dachten: "Aha, so einer ist der!" Sie glaubten mir nicht.
Ich fühlte, dass ich ganz allein war. Nichts konnte mir helfen, denn wie kann man
beweisen, dass man einen Aufsatz nicht abgeschrieben hat?
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der Aufsatz - сочинение
das kam selten vor - это случалось редко
in der Rheienfolge ihrer Qualität - по порядку их качества
der Betrug - обман
zornig, wütend - в ярости
j-m(D)etw.(A) beteuern - заверять к-л. в ч-л., клястüся в ч-л
beweisen – доказать
1. Wovon handelt der Text?
2. Wie kann man beweisen, dass man einen Aufsatz nicht abgeschrieben hat?
3. Gab es in Ihrem Leben solche Situationen?
Heinrich Schliemann, Archäologe (1822-1890)
Heinrich Schliemann, der Entdecker Trojas, verließ mit vierzehn Jahren die Schule,
weil er Geld verdienen musste. Er kam zu einem Kaufmann in die Lehre und
arbeitete später drei Jahre in Amsterdam. In dieser Zeit lernte er sechs Sprachen
fließend sprechen und schreiben: Niederländisch, Englisch, Französisch, Spanisch,
Italienisch und Portugiesisch. Dann lernte er auch noch Russisch, ging nach St.
Petersburg und gründete ein eigenes Geschäft. Mit sechsundzwanzig Jahren war er
Millionär.
Von Russland ging er nach Amerika. Die erste Bank in Sacramento gehörte
Heinrich Schliemann.
Als sechzehnte Sprache lernte Schliemann Griechisch, zog nach Athen und begann
als Achtundvierzigjähriger mit den Ausgrabungen in Hissarlik. Nach kurzer Zeit
fand er tatsächlich Troja, die Stadt, die er aus Homers "Ilias" kannte.
31
1. Worum handelt es sich in diesen Texten?
2. Haben Sie diese Namen schon früher gehört?
4. Haben Sie Schliemanns Schätze gesehen? Wie kamen sie nach Moskau?
Der Taschendieb
Ein Kaufma nn macht eine Reise. Er steigt in einer Kleinstadt aus, denn
er will
dort seinen Freund treffen. In einem Hotel mietet
er ein
Zimmer und geht dann in die Wohnung des Freundes.
Die Freunde sitzen lange zusammen und erzählen. Spät in der Nac ht
ge ht der Ka ufma nn in sein Hotel zurück. Die Straß en der S t a d t
s i n d s e h r d u n k e l, u n d e r k a n n n u r s c h w e r s e in e n W e g finden.
Niemand ist auf der Straße. Plötzlich hört er Schritte. Ein Mann kommt
eilig um die Ecke einer Seitenstraße und stoßt mit dem Kaufmann zusammen.
Der Mann sagt eine Entschuldigung und eilt weiter.
Der Kaufmann bleibt stehen. „Wieviel Uhr ist es schon?“ — denkt
er und will auf seine Uhr sehen. Er greift in die Tasche seiner Jacke, aber
er findet die Uhr nicht. Auch die Taschen seiner Weste sind leer.
Schnell läuft er dem Mann nach, faßt
ihn am Mantel und ruft:
"Geben Sie mir sofort die Uhr!" Der Mann bekommt Angst.
Er gibt ihm die
Uhr, und der Kaufmann geht zufrieden weiter.
Im Hotel geht er sofort in sein Zimmer und macht
Licht. Da sieht er
auf dem Nachttisch neben seinem Bett e ine Uhr. Er greift in seine
Tasche und findet - d ie U hr des Mannes !
„ Mein Gott!“ sa gt
Kaufmann, „ich bin ja ein Taschendieb und nicht dieser Mann!“
der
32
In dieser Nacht schläft der Kaufmann sehr schlecht. Am Morgen
gibt er der Polizei die Uhr. Die Polize i findet den Besitzer der Uhr
schnell
und gibt ihm die Uhr zurück.
Alltag in Russland (Deutschland)
Wenn Sie einmal eine Reise nach Russland (Deutschland) machen, werden
Sie feststellen, daЯ das Leben hier ganz anders (nicht viel anders) ist, als in
anderen europäischen Ländern.
Es kann (nicht) passieren, dass ein Polizist Sie unhöflich behandelt. Die
Behörden sind hier (ein/kein) Muster an Effektivität und Schnelligkeit. Zur
polizeilichen Anmeldung braucht man hier 1 Stunde (2, 3, 4 Stunden/Tage).
Jeder Beamte und jeder Bürger (kein Beamter und kein Bürger) befolgt
zahlreiche Vorschriften. Das ist ärgerlich (angenehm).
Die Menschen sind hier (nicht) großzügig. Man vermisst hier Wärme
(spontane
Freundlichkeit, Ordnung,
Höflichkeit, Sauberkeit, Pünktlichkeit,
Toleranz...).
Ein schöner Tag
Liselotte Rauner
Es ist jeden Sonntag dasselbe. Früh um sechs Uhr: raus aus den Federn! Und dann
geht die Hetze gleich los. Flink unter die Dusche! Schnell den Tisch decken! Rasch
Kaffee trinken! Die Zeit drängt. Vater fährt schon den Wagen aus der Garage.
Wartet ... und hupt. Wozu ist denn das Auto da? Damit man raus kommt aus der
Stadt! Ins Grüne! An die frische Luft! Das ist ja so gesund für die Kinder!
Till ist fünf Jahre alt. Dieter ist zehn Jahre älter. Er wird dafür sorgen, dass der
33
kleine Bruder sich nicht langweilt. Dieter denkt während der Fahrt an seine
Freunde. Sie dürfen um diese Zeit noch schlafen, dann treffen sich im
Schwimmbad. Wollen am Nachmittag zu Ulla, die in ihrem Garten eine Party gibt.
Und abends gehen sie alle ins Theater. Ohne Dieter. Der hat ja seine Familie. Der
hat seine Ordnung. Dafür opfert Vater jeden Sonntag seine freie Zeit.
Die Fahrt geht zügig voran. Und dann kommt der erste Stau. Das kann lange
dauern. Aber keiner stellt den Motor ab. Die Gase verpesten die Luft. Und es wird
heiß im Wagen; denn es ist ein schöner Tag. Till fängt an zu weinen. Vater flucht.
Und Mutter wird nervös, weil sie nicht helfen kann. Das Bier ist warm. Die Milch
ist sauer. Und der Kartoffelsalat ist verdorben. Zum Glück ist ein Lokal in der
Nähe. Es ist sehr voll. Man muss zu lange auf das Essen warten. Soviel Geduld
kann man von Vater nicht verlangen.
Die Heimfahrt wird auch wieder Nerven kosten. Das Radio meldet: Chaos auf allen
Straßen in Richtung Ruhrgebiet.
raus aus den Federn! - вставать!
opfern - жертвовать
der Stau - пробка на дороге
fluchen (-te, -t) - ругаться
die Schlange - очередь
ist verdorben - испорчен
das Lokal - кафе, ресторан
die Geduld - терпение
1. Wovon handelt der Text?
2. Wer ist in dieser Familie glücklich während solcher Fahrten ins Grüne?
3. Wie verbringen Sie das Wochenende?
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Eine gebildete Sekretärin
Ich suchte eine gebildete und kluge
Sekretärin, eine Person mit guter
Allgemeinbildung*. Man hat es beim Diktieren leichter. Auch für das Ansehen des
Betriebes ist es gut. Die erste Bewerberin trat ein.
"Ich hatte Pech* mit meiner letzten Sekretärin", sagte ich, "sie war dumm wie eine
Gans. Deswegen suche ich diesmal eine intelligente Sekretärin. Darf ich Ihnen
einige Fragen stellen? Was verstehen Sie unter einem Fjord?"
"Eine bekannte Automarke".
"Nein, die Automarke ist Ford. Ein Fjord ist ein Einschnitt des Meeres ins Land*.
Eine zweite Frage:
An welchem Leiden litt Beethoven?"*
"Er hatte nie Geld".
"Wer war Adenauer?"
"Ein bekannter Rennfahrer*. Entschuldigung, ein Popsänger".
"Ich treffe meine Entscheidung schriftlich*. Sie hören von mir".
Die zweite Bewerberin wartete im Vorzimmer. Ich bat sie herein.
Sie sah aus wie aus dem Märchen.
"Mein Fräulein", sagte ich, "Sie sind..."
"Ich hatte Pech mit meinem letzten Chef, sagte sie, "er war dumm wie ein Esel.
Deswegen suche ich einen intelligenten Chef. Ich möchte daher einige Fragen an
Sie stellen. Wann und wo wurde Goethe geboren?"
"In Weimar!" antwortete ich, "die Jahreszahl habe ich vergessen".
"1749, und außerdem in Frankfurt. Eine zweite Frage: Auf welcher Insel lebte
Robinson?"
"Auf Crusoe!" sagte ich aufgeregt.
Das schöne Mädchen erhob sich. "Ich kann mich jetzt noch nicht entscheiden. Sie
hören von mir".
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Und ich stellte eine Sekretärin ein, die von Rechtschreibung keine Ahnung hatte
und die ihr eigenes Stenogramm nicht entziffern* konnte.
die Allgemeinbildung - общее образование
ich hatte Pech - мне не повезло
das Ansehen - уважение, реноме
Einschnitt des Meeres ins Land - зд.: залив
An welchem Leiden litt Beethoven? - Каким недугом страдал Бетховен?
der Rennfahrer - гонщик
Ich treffe meine Entscheidung schriftlich.- Я приму решение и сообщу
письменно.
entziffern – расшифровать
1. Wovon handelt der Text?
2. Was ist bei Ihrer künftigen Berufstätigkeit wichtiger - gute Allgemeinbildung
oder gute Berufskenntnisse?
3. Welche Fragen würden Sie als Manager (Personalchef) an einen Bewerber
stellen?
Chinin*
Man schrieb das Jahr 1638. In dem südamerikanischen Lande Peru saßen seit mehr
als hundert Jahren die Spanier. Sie waren über das Meer gekommen und hatten das
alte Reich der Inkas in Besitz genommen*. Sie machten die Einwohner des Landes,
ein altes Kulturvolk, zu Sklaven und führten auf ihren Schiffen zahllose
Kunstschätze nach Europa. So vergingen hundert Jahre, und doch waren die
Reichtümer des Landes noch nicht erschöpft*.
Die spanischen Räuber fühlten sich recht wohl in dieser neuen Kolonie. Sie hatten
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alles, was ihr Herz wünschte und lebten hier tausendmal besser als in ihrer alten
Heimat.
Und doch lag ein schwarzer Schatten über ihrem Glück: in diesem tropischen
Gebiet gab es eine schreckliche Krankheit: die Malaria*. Besonders die weißen
Herren litten unter dieser Krankheit, und viele Tausende waren schon gestorben.
Man kannte keine Arznei gegen die Malaria; die Ärzte waren machtlos.
Eines Tages erkrankt auch die Frau des Vizekönigs von Peru, Gräfin Francesca. Im
Palast, wo früher laute Feste stattgefunden haben, ist es jetzt still. Man fühlt die
Nähe des Todes. Die Kranke ist sehr schwach. An ihrem Bett stehen die besten
Ärzte, aber sie können inr nicht helfen. Der Vizekönig verspricht ihnen reichen
Lohn*, wenn sie die Kranke retten, aber sie schütteln den Корf: sie wissen, dass
die schöne junge Frau bald sterben muss.
In den
Räumen der Diener spricht man über die Krankheit der Gräfin. Hier
befindet sich auch ein аlter Inka; er kennt viele Heilpflanzen*, die auf den Bergen
und in den Wäldern Perus wachsen. Jetzt geht er hinauf in die Zimmer des
Vizekönigs und sagt, dass er der kranken Gräfin helfen kann.
Da holt der alte Inka aus seiner Tasche einige Stückchen von einer rotbraunen
Baumrinde*. Er kocht daraus einen bitteren Tее, den die Kranke trinken soll. Die
erstaunten Ärzte sehen, dass es der Kranken von Stunde zu Stunde besser geht.
Schon nach kurzer Zeit erhebt sie sich von ihrem Krankenbett. Sie ist noch sehr
schwach, aber ganz gesund.
Chinin - хина
hatten das alte Reich der Inkas in Besitz genommen государство инков
erschöpft - исчерпаны
die Malaria - малярия
захватили древнее
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der Lohn — награда
die Heilpflanze (-en) — лекарственное растение
die Baumrinde — кора дерева
1. Wovon handelt der Text?
2. Haben Sie schon früher von dieser Arznei (von Chinin) gehört?
3. Kennen Sie irgendwelche Hausmittel gegen Erkältung?
Die List
Vor einem Gasthaus an der Landstraße hält ein Reiter. Es ist Abend, und es regnet.
Sein Pferd ist müde und nass, der Weg in die nächste Stadt aber noch weit und
schlecht.
Der Reiter steigt ab und sagt zu dem Hausdiener: "Führe mein Pferd in den Stall,
reibe es gut trocken und lege ihm eine warme Decke auf den Rücken. Das Tier ist
heiß und nass. Es soll sich nicht erkälten, es darf nicht krank werden!"
Der Hausdiener führt das Pferd in den Stall. Der Reiter geht ins Haus und findet
das Gastzimmer voll von Leuten. Alle guten Plätze nahe am Ofen sind besetzt. Das
ärgert ihn, denn er friert in seinen nassen Kleidern.
Nur neben dem Fenster ist noch ein Platz frei. Dorthin setzt sich der Reiter und
sagt laut: "Herr Wirt, bringen Sie meinem Pferd ein großes Schnitzel und eine
Schüssel Bratkartoffeln!"
Die Gäste, die das hören, lächeln oder flüstern leise miteinander. Der Wirt aber
fragt den Reiter: "Sagen Sie, mein Herr, frisst denn Ihr Pferd so etwas? Das ist
doch kein Pferdefutter!"
Der Reiter antwortet: "Doch, das ist sein Lieblingsfutter! Machen Sie schnell! Es
hat großen Hunger!"
38
Da schüttelt der Wirt den Kopf und geht zur Küche. Nach zehn Minuten kommt er
zurück, in der rechten Hand hat er einen flachen Teller mit dem Schnitzel und in
der linken eine große Schüssel mit
Bratkartoffeln. So geht er durch das
Gastzimmer zum Stall. Die neugierigen Gäste wollen das Pferd sehen und folgen
dem Wirt.
Der Reiter ist nun allein. Er lacht, hängt Mantel und Hut zum Trocknen an den
Ofen und setzt sich auf den besten Platz im Zimmer.
Bald kommen alle zurück, und der Wirt sagt ärgerlich: "Ich habe es Ihnen gesagt,
das Pferd frisst die Speise nicht!"
Der listige Reiter erwidert ruhig: "So, dann hat es heute keinen Appetit. Geben Sie
mir das Schnitzel, und lassen Sie dem Pferd Hafer bringen!"
Der Wirt schüttelt den Kopf und stellt Schüssel und Teller vor ihn auf den Tisch.
Der Reiter aber isst sein Schnitzel mit qutem Appetit und freut sich über seine List,
durch die er den warmen Platz bekommen hat.
die List - хитрость
listig - хитрый
der Hausdiener - слуга
Reibe es gut trocken. - Вытри её насухо.
der Wirt - трактирщик
er friert - он мёрзнет
das Futter - корм
die Schüssel - миска
neugierig - любопытный
der Hafer – овёс
1.Wovon handelt der Text?
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2.Wie würden Sie solch einen Menschen charakterisieren?
3.Sind Sie auch so erfinderisch?
Ein großer Schritt vorwärts
Name: Peter Müller, geborener Schmidt
Mit dem 1. Juli 1976 ist in der Bundesrepublik Deutschland ein neues Namengesetz
in Kraft getreten, das sich noch auf viele Männer psychisch auswirken kann. Bei
der Neuregelung ist das sicher nicht beachtet worden.
Bis zum 30. Juni 1976 war alles noch ganz einfach. Das alte Gesetz besagte: "Die
Ehefrau erhält den Familiennamen des Ehemanns".
Wenn also Herr Peter Schmidt Fräulein Lieschen Müller heiratete, hieß sie danach
Frau Lieschen Schmidt. Niemand interessierte sich für ihren ursprünglichen
Namen. Nur in amtlichen Formularen, z.B. in ihrem Reisepass, stand dann: "Name:
Lieschen Schmidt, geborene Müller". Vielleicht fragten Freundinnen einmal nach
ihrem 'Mädchennamen'
Wenn aus der jungen Ehe Kinder erwartet wurden, wünschten sich vor allem der
Ehemann und seine Eltern einen Sohn, einen "Stammhalter", der für den
Fortbestand des Namens sorgen sollte. Natürlich wurde auch ein Mädchen freudig
begrüßt, doch ein kleines bisschen Enttäuschung war immer dabei.
Das ist nun alles ganz anders geworden. Das junge Paar hat bei der Eheschließung
die Wahl zwischen dem Familiennamen des Mannes oder dem Familiennamen der
Frau. Wenn sich das Paar zum Familiennamen der Frau entscheidet, erhalten auch
die Kinder den einmal gewählten Familiennamen. In unserem Fall erhalten sie dann
den Namen Müller. Es ist also jetzt aus mit dem traditionellen Begriff des
Stammhalters, wenn er den Familiennamen der Mutter erhält. Auf amtlichen
Formularen des Ehemanns steht dann: Peter Müller, geborener Schmidt.
40
der Stammhalter - продолжатель рода
die Enttäuschung - разочарование
1. Wovon handelt der Text?
2. Gefällt Ihnen diese Neuregelung?
2. Wessen Namen würden Sie bei der Eheschließung wählen?
Ein Fahrrad für 40 Pfennig
Erich Kästner
Als ich ein Junge von zehn Jahren war, wollte ich für mein Leben gern ein Fahrrad
haben. Mein Vater sagte, wir sind zu arm. Von da an schwieg ich... bis ich eines
Tages vom Jahrmarkt heimgerannt kam und aufgeregt berichtete, in einer
Glücksbude sei der Hauptgewinn - ein Fahrrad! Ein Los kostete 20 Pfennig! - Der
Vater lachte. Ich bat: "Wenn wir vielleicht zwei oder gar drei Lose kaufen?.." Er
antwortete: "So viel Glück haben arme Leute nicht". Ich flehte. Er schüttelte den
Kopf. Ich weinte. Nun gab er nach. "Gut", sagte er, "wir gehen morgen nachmittag
auf den Jahrmarkt". Ich war selig.
Der nächste Nachmittag kam. Das Rad stand, Gott sei Dank, noch an Ort und
Stelle. Ich durfte ein Los kaufen. Das Glücksrad drehte sich. Ich hatte Pech. Es war
nicht schlimm. Das Rad gewann keiner... Als der Hauptgewinn das zweite Mal
verlost wurde, hielt ich das zweite Los in der Hand. Mein Herz schlug im Hals. Das
Glücksrad stand still. Losnummer 27 - ich hatte gewonnen!
Erst als mein Vater schon lange tot war, erzählte mir die Mutter, was damals in
Wahrheit geschehen war... Er war am Abend vorher zum Hauswirt gegangen und
hatte von diesem 150 Mark geliehen. Dann hatte er den Besitzer der Glücksbude
aufgesucht, ihm das Fahrrad zum Ladenpreis abgekauft und gesagt: "Morgen
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nachmittag komme ich mit meinem kleinen Jungen. Beim zweiten Los lassen Sie
ihn gewinnen. Er soll, besser als ich, lernen, an sein Glück zu glauben". Der Mann,
der das Glücksrad drehte, verstand sein Handwerk. Er hatte genau im Griff, welche
Ziffer gewinnen sollte. Mein Vater hat das Geld in vielen kleinen Beträgen
zurückgezahlt... Ich aber freute mich, wie nur ein Kind sich freuen kann. Denn
mein Rad hatte ja nur 40 Pfennig gekostet.
der Jahrmarkt - ярмарка
heimgerannt kam - прибежал домой
aufgeregt - взволнованный
die Glücksbude - лотерейный павильон
flehen - умолять
sein Handwerk verstehen - знать своё ремесло
das Glücksrad - колесо фортуны
das Los - лотерейный билет
verlosen – разыгрывать
1. Worum handelt es sich im Text?
2. Warum war es für den Vater so wichtig, dass der Junge das Fahrrad gewinnt?
3. Wie meinen Sie, soll man die Kinder streng behandeln oder man soll sie
verwöhnen?
Один мальчик очень хотел велосипед. Но семья была слишком бедная, и он
молчал. Но однажды он прибежал с ярмарки домой. В лотерейном павильоне
основным выигрышем был велосипед. Владелец этого павильона был известен
тем, что он всех обманывал. Но мальчик этого не знал. Он прибежал к отцу и
попросил его купить лотерейные билеты. «Если мы купим три лотерейных
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билета, мы обязательно выиграем». Отец знал, что это невозможно. Но отец
сдался (уступил) и пошёл на ярмарку. Мальчик был счастлив. Велосипед был
на месте. Основной приз разыгрывался два раза. Первый раз мальчику не
повезло. Ничего. Второй раз он выиграл велосипед.
Когда он вырос, он узнал, что отец купил накануне этот велосипед и попросил
владельца лотерейного павильона, чтобы тот дал мальчику выиграть. Мальчик
должен был научиться верить в своё счастье
In der Schule
Vier Jungen kamen in die Schule zu spät. Der Lehrer fragt den ersten Schüler:
"Warum bißt du so spät gekommen?"
"Meine Mutter ist krank, und ich bin in die Apotheke gelaufen".
"Und du, warum bist du so spät gekommen?" fragte der Lehrer den anderen
Jungen.
"Unsere alte Uhr geht nach, die ganze Familie ist zu spät aufgestanden".
Dann fragte der Lehrer den dritten Schüler. Dieser antwortete schnell: "Ich hatte
Kopfschmerzen".
"Und du?" fragte er den vierten Schüler. "Warum weinst du?"
"Meine Mitschüler haben schon alles gesagt. Ich habe keine Ausrede* mehr".
Zehn Minuten Aufenthalt
Ich reise mit dem Zug sehr gern. In der Arbeit habe ich immer viel zu tun. Auch zu
Hause kann ich mich nicht ausruhen. Darum fahre ich auf Dienstreisen immer mit
dem Zug. Viel Gepäck habe ich nicht – nur eine Reisetasche. Aber dafür viel
Reiselektüre – Zeitungen, Zeitschriften, Kriminalromane. Man kann auch
Menschen beobachten und manchmal gibt es wirklich was Interessantes.
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Einmal hielt unser Zug an der Station einer kleinen Stadt. Die Türen öffneten sich
und die Fahrgäste stiegen aus dem Wagen aus. Die einen machten Spaziergänge,
die anderen gingen ins Büffet einkaufen. Der Zug hatte keinen Speisewagen. Alle
hatten Durst. Und im Büffet gab es Bier, Limonade und Mineralwasser. Ich dtand
am Fenster und beobachtete die Menschen.
Es vergingen zehn Minuten. „Einsteigen! Alles einsteigen!“ – rief der Schaffner.
Die Fahrgäste stiegen ein.
Plötzlich sah ich einen kleinen dicken Herrn mit Brille. Er lief von Wagen zu
Wagen und rief: „Ach bitte, wann begann der Dreißigjährige Krieg?“
Alle sahen ihn erstaunt an. Manche sagten: „Er ist verrückt.“
Der Mann mit der Roten Mütze gab und gab ein Signal zur abfahrt nicht. Der Herr
mit der Brille lief bis zum Ende des langen Zuges, dann kam er zurück und fragte
wieder: „Wann begann der Dreißigjährige Krieg?“ „Im Jahre 1618,“ – rief endlich
ein Junge, er lernte noch in der Schule, darum wusste er das Datum. Der kleine
Dicke blieb plötzlich stehen. „Ach, vielen Dank! Vielen Dank“ – sagte er. „Ich
hatte es ganz vergessen. Das ist aber die Nummer meines Wagens. So versuchte ich
die Nummer zu behalten“. Er stieg dann in den Wagen mit der Nummer 1618 ein
und der Zug konnte endlich abfahren.
Der Hut
Der Hut lag im Schaufenster eines Modewarengeschäftes in der Hauptstraße. Es
war ein gutes Geschäft und es war ein moderner Hut; er hatte weiche Linien und
war mit Federn dicht besetzt. Manche Frau und manches Mädchen blieb vor dem
Fenster stehen. Die eine sagte: "Ach, wie entzückend", während die andere wohl
meinte: "Das ist ja ein schreckliches Ding". So verschieden sind die Meinungen in
diesen Fragen.
44
Das Mädchen hieß Anne, war mittelgroß und hatte graue Augen. Anne kam in den
Laden. Das war ihr erster Hutkauf. Sie hatte eine eigenartige Scheu vor allen
diesen Dingen: vor Hüten, starkfarbigen Lippenstiften...
"Sie wünschen, bitte?" fragte die Verkäuferin.
"Ich möchte einen Hut", sagte Anne. Sie sagte es schüchtern und leise.
Die Verkäuferin kam mit einer einfachen weißen Kappe. Vor einem halben Jahr
hätte Anne die Kappe mit Freude gekauft. Jetzt schüttelte sie den Kopf. Nein. Sie
sah sich um. Hüte. Hüte überall. Da fiel ihr Blick auf den Hut im Fenster. "Den da",
sagte sie.
Die Verkäuferin schwieg. "Den da will ich". Anne wiederholte es. "Können Sie
ihn nicht aus dem Fenster nehmen?" "Wenn es sein muss". Die Verkäuferin war
nicht gerade begeistert. Anne probierte den Hut. Ihr Gesicht schien ihr plötzlich
anders zu sein, feiner, schmaler und die Züge von fast eleganter Schönheit. "Den
nehme ich", entschied sie.
Er begrüßte sie mit ernstem Gesicht. Leicht plaudernd ging sie neben ihm her. "Ich
habe sehr auf diesen Abend gewartet", sagte er. Der Hut, dachte sie triumphierend.
Der Hut! "Du bist heute ganz anders", sagte er lächelnd. "So kenn' ich dich gar
nicht". "Gefall' ich dir nicht?" "Du gefällst mir immer. Du weißt gar nicht, wie du
mir gefällst".
Anne schaute kokett unter dem neuen Hut hervor. "Und nun", sagte er, "setz diesen
unmöglichen Hut ab".
entzückend - восхитительно
schrecklich - ужасно
die Auffassung = die Meinung
die Scheu - робость, боязнь
die Kappe - шапка, берет
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1. Wovon handelt der Text?
2. Gehen Sie gern einkaufen?
3. Brauchen Sie einen guten Rat, wenn Sie sich etwas zum anziehen kaufen?
Der Verkäufer und der Elch
Kennen Sie das Sprichwort “Dem Elch eine Gasmaske verkaufen”? Das sagt man
bei uns von jemandem, der sehr tüchtig ist, und ich möchte jetzt erzählen, wie es zu
diesem Sprichwort gekommen ist.
Es gab einmal einen Verkäufer, der war dafür berühmt, dass er allen alles
verkaufen konnte. Er hatte schon einem Zahnarzt eine Zahnbürste verkauft, einem
Bäcker ein Brot und einem Blinden einen Fernsehapparat.
“Ein wirklich guter Verkäufer bist du aber erst”, sagten seine Freunde zu ihm,
“wenn du einem Elch eine Gasmaske verkaufst.”
Da ging der Verkäufer so weit nach Norden, bis er in einen Wald kam, in dem nur
Elche wohnten. “Guten Tag”, sagte er zum ersten Elch, den er traf. “Sie brauchen
bestimmt eine Gasmaske.”
“Wozu?” fragte der Elch. “Die Luft ist gut hier.”
“Alle haben heutzutage eine Gasmaske”, sagte der Verkäufer.
“Es tut mir leid”, sagte der Elch, “aber ich brauche keine.”
“Warten Sie nur”, sagte der Verkäufer, “sie brauchen schon noch eine”.
Und wenig später begann er mitten in dem Wald, in dem nur Elche wohnten, eine
Fabrik zu bauen.
“Bist du wahnsinnig?” fragten seine Freunde.
“Nein”, sagte er, “ich will nur dem Elch eine Gasmaske verkaufen”.
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Als die Fabrik fertig war, stiegen soviel giftige Abgase aus dem Schornstein, dass
der Elch bald zum Verkäufer kam und zu ihm sagte: “Jetzt brauche ich eine
Gasmaske”.
“Das habe ich gedacht”, sagte der Verkäufer und verkaufte ihm sofort eine.
“Qualitätsware!” sagte er lustig.
“Die anderen Elche”, sagte der Elch, “brauchen jetzt auch Gasmasken. Hast du
noch mehr?”
“Da habt ihr Glück”, sagte der Verkäufer, “ich habe noch Tausende”.
“Übrigens”, sagte der Elch, “was machst du in deiner Fabrik?”
“Gasmasken”, sagte der Verkäufer.
der Elch - лось
giftige Abgase - ядовитые выбросы газов
die Qualitätsware - качественный товар
1.Wovon handelt der Text?
2.Wie erreichte der Verkäufer sein Ziel?
3.Wie verstehen Sie das Sprichwort “Dem Elch eine Gasmaske verkaufen”?
В тексте речь идёт об одном усердном и сообразительном продавце. Он мог
продать слепому телевизор, а пекарю хлеб. Но его друзья сказали, что он ещё
должен доказать своё искусство и продать лосю противогаз. Продавец был
очень изобретательным и построил в лесу фабрику. Эта фабрика производила
противогазы. Воздух стал грязным. И всем лосям понадобились противогазы.
Смысл пословицы в том, что некий продавец так усерден, сообразителен и
находчив, что он может продать другому человеку что-то, что ему совсем не
нужно.
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Ein ganzer Verkäufer
"Sie wollen sich bei mir als Verkäufer bewerben?" fragte der Buchhändler und sah
den Mann, der vor ihm stand, spöttisch an.
Ewald Hinz nickte. "Ich brauche einen ganzen Verkäufer!" sagte der Chef. "Genau
der bin ich!".
Aber so leicht bekam Herr Hinz die Stelle nicht. Eben betrat eine Kundin den
Laden, eine noch junge Frau. "Ich möchte 'Die ideale Ehe' von Ludwig Pampel",
forderte sie sehr bestimmt. Der Buchhändler flüsterte Herrn Hinz zu: "Das Buch ist
nicht auf Lager. Nun zeigen Sie mal, was Sie können!" Laut sagte er: "Der junge
Mann hier wird Sie bedienen, meine Dame!" Da stand nun der arme Ewald Hinz
und sollte seine Verkäuferkunst beweisen.
Hinz blickte die Kundin nachdenklich an, und dann sagte er: "Das Buch, das Sie
wünschen, kann ich Ihnen verkaufen — aber empfehlen kann ich es Ihnen nicht,
leider. Das Buch ist überholt, es ist nicht mehr der heutigen Zeit entsprechend,
verstehen Sie? Und eine moderne Frau wie Sie wird doch nicht ein solches Buch
kaufen. An dem Ring, den Sie an Ihrer linken Hand tragen, sehe ich, dass Sie
verlobt sind. Sie wollen heiraten! Ein Glückspilz ist ihr Herr Verlobter, dem ich zu
seiner Wahl nur gratulieren kann!" Die Kundin errötete. Herr Hinz zog einen
dicken Band zu zwanzig Mark heraus. "Hier steckt mehr Philosophie drin als in
allen Büchern über die Ehe", sagte er. "Aber das ist ja ..." "Ein Kochbuch! Jawohl,
meine Dame!"...
"Na? Nichts geworden?" fragte der Buchhändler, der zurückkam. Hinz jedoch
nickte stolz. "Sie hat das Kochbuch genommen, dann noch ein ärztliches Hausbuch,
ein Buch über Kinderpflege und—ach ja—dann auch noch einen Atlas." Der Buchhändler staunte, "Einen Atlas? Wieso denn auch noch einen Atlas?" "Ich habe ihr
klargemacht, dass sie einen Atlas nötig hat", lächelte Herr Hinz. "Sehen Sie", habe
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ich gesagt, "Sie werden doch bestimmt, wenn Sie verheiratet sind, immer mal
Radio hören, während Sie die Hausarbeit machen, beispielsweise Nachrichten. Da
können Sie die Orte, die genannt werden, immer gleich im Atlas aufsuchen. Wenn
ihr Mann abends nach Hause kommt, wissen Sie schon immer über alles besser
Bescheid als er. Sie sind ihm voraus. Na ja, und das sah die Kundin auch ein."
Herr Hinz bekam die Stelle.
spöttisch - насмешливо
empfehlen - рекомендовать
flüstern - шептать
überholt - устарел
auf Lager sein - иметься в наличии
der Band – том
1. Wovon handelt der Text?
2. Sind Sie bereit in Ihrem Leben so zielbewusst zu handeln? Können Sie das?
3. Was würden Sie als Kunde in so einem Fall empfinden? Mögen Sie solche
Verkäufer?
Die private Lotterie
Ein Mann, der die Gewohnheit hatte, während des ganzen Jahres keine Rechnungen
zu bezahlen, bekam eine Aufforderung von einem Lieferanten, der sofort sein Geld
verlangte. Darauf schrieb er ihm den folgenden Brief: „Damit Sie mich nicht noch
einmal vergeblich mahnen, will ich Ihnen mein System erklären. Ich besitze eine
Blumenvase, in der ich während des Jahres alle Rechnungen sammle. Am
Silvesterabend nehme ich drei heraus und überweise die Summen am zweiten
Januar. Der Rest wird verbrannt. Falls Sie es für richtig halten, mich noch einmal
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mit Ihren Mahnungen zu beleidigen, werde ich Sie zur Strafe für immer von der
Teilnahme an meiner privaten Lotterie ausschließen.“
Wer zuletzt lacht...
Ein Student einer Schweizer Universität fand eine alte Verfügung, wonach jeder
Examenskandidat Anrecht auf einen halben Liter Freibier hat. Den Anspruch
erkannte die Universität an. Gleichzeitig veranlasste sie einen Strafbescheid an den
Studenten in Höhe von 10 Franken. Grundlage dafür: eine noch ältere Verfügung,
die es Studenten verbietet, ohne Schwert auszugehen.
Kinderreich
Eine berühmte Hollywoodschauspielerin sagt zu ihrem Gatten, dem berühmten
Hollywoodschauspieler: „Darling, bitte, komm schnell! Deine Kinder und meine
Kinder verprügeln unsere Kinder!“
Deutsche in Ost und West
Viele erinnern sich an die Tage im November 1989, als die Berliner Mauer fiel.
Das alte politische Regime der DDR, das seine Bürger daran hinderte, das Land zu
verlassen, musste sterben, denn es konnte sich nicht rechtzeitig an die neuen
Entwicklungen
in
Osteuropa
anpassen.
Hunderttausende
nahmen
an
Demonstrationen teil und riefen: ”Wir sind das Volk!”
Die ökonomischen Probleme der DDR hatten an Schärfe zugenommen. Dies lag an
der starren Kommandowirtschaft des Systems. Niemand starb an Hunger, aber es
mangelte überall an Dingen, die im Westen zu haben waren. Inzwischen erkennt
man einen Sachsen oder Thüringer sicher eher am Dialekt als an der
unterschiedlichen Kleidung oder an seiner Automarke.
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Werden sich die Ostdeutschen an die Westdeutschen anpassen oder auch
umgekehrt? Denn 40 Jahre in einem anderen System zu leben - das prägte doch
das Denken und Fühlen. So glaubten beispielsweise nach der Wende 61 von 100
Westdeutschen an Gott, aber nur 21 von 100 Ostdeutschen. Jeder zweite im
Westen, aber nur jeder siebte im Osten glaubte, dass es ein Leben nach dem Tod
gibt.
Haben sich die Deutschen inzwischen daran gewöhnt, in einer Nation zu leben, die
mit der Vereinigung am 3.Oktober 1990 an politischer und wirtschaftlicher Macht
weiter zunahm? Viele zweifeln daran, dass nur das schnell zusammenwächst, was
zusammengehört.
sich anpassen - приспосабливаться
an Schärfe zunehmen - обостриться
umgekehrt - наоборот
es mangelte - не хватало
prägen - зд.: определять, влиять
nach der Wende - зд.: после объединения
zweifeln an +Dat. - сомневаться в чём-либо
1. Worum handelt es sich im Text?
2. Wie sind die Folgen der Vereinigung für die deutsche Wirtschaft?
3. Sind Ostdeutsche und Westdeutsche miteinander zufrieden?
„Es hat sechs geschlagen“
Kurz vor 4 Uhr am Nachmittag halt ein großes, elegantes Auto vor dem
Juweliergeschäft. Zwei vornehme Herren, - der eine in Uniform, der andere in
Zivil, stiegen aus. Die beiden Herren gehen in das Geschäft und lassen sich
Schmuck zeigen. Schließlich wählt der Herr in Zivil eine Kette mit vier großen und
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vielen kleinen Diamanten. Den Preis von DM 5.000 findet er nicht zu hoch, aber er
möchte doch seine Frau fragen, denn für die ist die Kette bestimmt und ihr soll sie
gefallen.
„Kann ich mit dem Schmuck schnell zu meiner Frau fahren?“ fragt er den Juwelier.
„Der Herr General wartet bestimmt hier auf mich, es wird ja nicht lange dauern.“
Der General nickt freundlich, und auch dem Juwelier ist es recht, denn er freut sich
über das Geschäft. Er packt die Kette ein, und der Käufer fährt mit dem großen
Auto davon.
Der General und der Juwelier unterhalten sich großartig. Der Juwelier stellt eine
Flasche Kognak auf den Tisch, sie trinken und die Zeit vergeht schnell. Plötzlich
schlägt die Uhr sechsmal. Jetzt steht der General auf und will gehen.
Natürlich stellt sich ihm der Juwelier in den Weg, aber der General schenkt sich
noch einen Kognak ein und sagt dann ganz ruhig: „Sie brauchen nicht länger zu
warten. Mein Freund kommt nicht mehr, und Ihre Kette werden Sie nicht mehr
sehen.!“
Der Juwelier stürzt zur Tür. Glücklicherweise sieht er einen Polizisten. „Schnell
hierher!“ ruft der Juwelier. „Verhaften Sie diesen Mann! Er ist ein Betrüger.“
Der Polizist legt dem Mann Handschellen an, läßt sich die ganze Geschichte
erzählen und steigt dann mit dem „General“ in ein vorbeikommendes Taxi. „Da
habe ich aber Glück gehabt!“ denkt der Juwelier und schließt beruhigt sein
Geschäft.
Nach ungefähr einer Stunde ruft er im Polizeipräsidium an. Er hatte dem Polizisten
seine Privatadresse nicht gegeben und wollte jetzt nach Hause fahren. Im Präsidium
weiß man aber nichts von dem Diebstahl – und von dem „General“ hat man auch
nichts gesehen!
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Fünf Minuten später ist Kommissar Berger selbst bei dem Juwelier. Er läßt sich
alles erzählen. „Lieber Freund“, sagt er dann, „da gibt es nur eine Erklärung: nicht
nur der General war falsch, sondern auch der Polizist“.
53
Von Sankt Nikolaus
In der Stadt Myra gab es junge und alte Leute, Kinder und Eltern, Gesunde und
Kranke, Arme und Reiche. Die Reichen besaßen prächtige Villen am Rande der
Stadt, die mitten in großen Gärten lagen. Die Armen wohnten in Hütten, in
Staub und Schmutz.
In dieser Stadt lebte ein junger Mann mit Namen Nikolaus. Seine Eltern waren
früh gestorben. Nikolaus hatte von ihnen viel Geld bekommen. Er hätte in einem
der schönen Häuser wohnen können und weder arbeiten noch die
Sorgen
machen brauchen. Ihm taten jedoch die armen, kranken und hilflosen Menschen
in Myra von Herzen leid, und so war er meistens bei ihnen und in der Nähe ihrer
Hütte zu finden. Er tat viel Gutes für sie. Er half ihnen heimlich, weil er nicht
wollte, dass man über seine guten Taten redete.
Dann wurde Nikolaus zum Bischof in der Stadt Myra. Man erzählt in vielen
Legenden, wie er Kindern und armen Leuten aus der Not geholfen hat.
So wird von einer großen Hungersnot erzählt. In ganz Myra gab es nichts mehr
zu essen. Da kam ein Schiff, das mit Getreide beladen war. Aber die Seeleute
wollten nichts hergeben, weil das Getreide nicht ihnen, sondern ihrem Herrn
gehörte. Da soll Bischof Nikolaus gesagt haben: "Ihr könnt uns ruhig etwas
geben. Am Ende wird euch kein einziges Körnchen fehlen!" So war es dann
auch, und alle wurden satt.
Zur Erinnerung an diesen hilfsbereiten Bischof werden noch heute am
Nikolaustag in vielen Familien die Kinder beschenkt.
die Hütte - хижина
1. Wovon handelt der Text?
2. Wann feiert man den Nikolaustag?
3. Wer bringt Geschenke zu Weihnachten in Deutschland?
54
Eine Legende vom heiligen Nikolaus
Eines Tages hörte Nikolaus von der Not eines armen Mannes. Der Mann war
krank und konnte nicht arbeiten. Da seine Frau schon vor Jahren gestorben war,
herrschte große Not im Haus. Er hatte weder Brot noch Kleidung für seine
Kinder.
Als der Arme eines Morgens aufwachte, traute er seinen Augen nicht. Vor dem
Fenster stand ein großer Sack, gefüllt bis an den Rand mit Getreide.
Irgendjemand musste ihn in der Nacht durch das Fenster in die Stube gestellt
haben.
Aber das war nur die erste Wohltat gewesen. Am nächsten Morgen stand
wieder ein Sack in der Stube. Diesmal fanden der Vater und seine Kinder darin
viele Kleidungsstücke.
Der Vater und die Kinder beschlossen, nachts zu wachen. Stunde für Stunde
verging, und sie schliefen ein. Als sie erwachten, sahen sie wieder einen Sack
vor dem Fenster stehen. Sie öffneten den Sack und fanden diesmal Schuhe.Und
inn den Schuhen fanden sie Spielzeug, herrliches Spielzeug. Nun
kannten
Glück und Freude keine Grenzen.
Zur Erinnerung an den heiligen Nikolaus stellen noch heute die Kinder am
Nikolaustag einen Schuh auf die Fensterbank - denn vielleicht...
die Not - нужда
das Getreide - зерно
1. Wovon handelt der Text?
2. Wann feiert man in Europa den Nikolaustag?
3. Gibt es bei den Russen dieses Fest?
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Vom Nikolaustag
Von Tag zu Tag wird es früher dunkel. Die Zeit, in der die Kinder draußen
spielen können, wird immer kürzer. Manche Kinder denken sogar schon an
Weihnachten. Aber die meisten sprechen jetzt von seinem heiligen Mann. Es ist
der heilige Nikolaus. Sein Fest feiert man am 6. Dezember. Doch die Kinder
freuen sich vor allem auf den Abend vorher und können ihn kaum erwarten. Sie
singen: "Bald ist Nikolausabend da". Dabei denken sie: "Hoffentlich kommt der
Nikolaus und bringt mir viele süße Sachen mit".
Am Nikolausabend sitzen sie dann in ihren Wohnungen und horchen auf jedes
Geräusch von draußen. Klingelt da nicht ein silbernes Glöckchen? Rumpelt es
dort nicht auf der Treppe? Wann kommt er wohl - der Nikolaus?
Es ist ein wunderschönes Spiel und spannend dazu. Aber es muss auch richtig
gespielt werden. Manche Eltern erzählen ihren Kindern, der Nikolaus steige an
diesem Abend vom Himmel auf die Erde. Sie sagen auch, er habe einen
Schlitten, der von Pferden oder Renntieren gezogen wird. Andere wieder sagen,
er würde von einem Esel begleitet, der seinen großen Sack tragen muss. Und
noch andere erzählen ganz schlimme Geschichten vom Knecht Ruprecht, der
den bösen Kindern einen gewaltigen Schrecken einjagt.
Doch das stimmt alles nicht. Der Nikolaus kommt gar nicht selber, er hat
nämlich vor mehr als tausend Jahren gelebt.
horchen auf jedes Geräusch - прислушиваются к каждому звуку
rumpeln - греметь, стучать
der Schlitten - сани
das Renntier - северный олень
1. Wovon handelt der Text?
2. Wer war Nikolaus?
3. Haben die Russen den Nikolaustag?
56
Eine tolle Firma
(Drei Telefongespräche)
1. Der Chef ist außer Haus
A: Guten Tag, hier Schmitz. Können Sie mich bitte mit Herrn Großmann
verbinden?
B: Der ist außer Haus.
A: Dann sagen Sie ihm bitte, wenn er wiederkommt...
B: Ich sehe ihn heute nicht mehr, er kommt erst spät zurück...
A: Dann verbinden Sie mich mit seiner Sekretärin!
B: Das bin ich.
A: Also, dann sagen Sie ihm bitte morgen...
B: Morgen sehe ich ihn auch nicht, morgen ist Samstag.
A: Bitte, Fräulein, dann legen Sie ihm einen Zettel hin, er möchte mich anrufen.
Geht das wenigstens?
B: Kann ich machen. Wie war Ihr Name?
2. Die Sekretärin ist zu Tisch
A: Hier Schmitz. Ich habe vorige Woche schon einmal angerufen. Bitte Herrn
Großmann.
C: Der ist verreist.
A: Dann verbinden Sie mich mit seiner Sekretärin!
C: Die ist zu Tisch.
A: Dann sagen Sie ihr, wenn sie wiederkommt...
C: Ich sehe sie nicht mehr, ich habe gleich Feierabend.
A: Dann legen Sie ihr einen Zettel hin, sie möchte Herrn Großmann sagen, er
soll mich anrufen.
C: Gut, Herr Schulz, mache ich.
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A: Schmitz! Nicht Schulz!
3. Der Chef ist selbst am Apparat
A: Schmitz. Bitte Herrn Großmann!
D: Wen möchten Sie sprechen?
A: Herrn Großmann!
D: Am Apparat.
A: Herr Großmann, hier ist Schmitz, Schmitz aus Köln. Ich habe vorige Woche
schon einmal angerufen und Ihrer Sekretärin gesagt...
D: So? Mit wem haben Sie denn gesprochen, mit der großen Blonden?
A: Herr Großmann, ich habe die Dame nicht gesehen, ich habe mit ihr
telefoniert, verstehen Sie?
D: Ja ja, verstehe. Wann war das?
A: Am Freitagnachmittag.
D: Am Freitag, so so, dann war das Fräulein Weiß, die ist nicht mehr bei uns,
aber vielleicht war es Fräulein Knauer, die kleine Dicke, die ist jetzt in
Urlaub, da müssen Sie noch mal anrufen, die hat nämlich geheiratet...
A: Herr Großmann, ich will ja nicht mit Ihrer Sekretärin sprechen! Ich habe ihr
gesagt, sie soll Ihnen einen Zettel hinlegen und Sie sollen mich anrufen.
D: Ach so, Sie sind das? Ja, hier steht, "Ein Herr aus Köln hat angerufen". Wie
war Ihr Name?
A: Wissen Sie was, Herr Großmann? Das ist jetzt ganz egal. Mit Ihrer Firma
kann man nicht arbeiten! Wiederhören!
1. Wovon handelt der Text?
2. Möchten Sie mit so einer Firma zu tun haben?
3. Welche Forderungen stellen Sie an einen Firmenleiter und an eine Sekretärin?
58
Praxis Dr. Herold (1)
Sprechstundenhilfe:
Patient:
Termin.
Hier Praxis Dr. Herold, guten Tag!
Guten Tag, mein Name ist Sandner. Ich hätte gern einen
Wann könnte ich denn mal vorbeikommen?
Sprechstundenhilfe:
Ja, worum handelt es sich denn? Sind Sie das erste Mal
bei uns?
Patient:
Ja, das erste Mal. Ich möchte nur so mal zum Durchsehen
kommen.
Sprechstundenhilfe:
Ja, Moment mal, nächsten Donnerstag um 16.45 Uhr
ist noch was
Patient:
frei.
Oh, diese Woche geht's nicht mehr?
Sprechstundenhilfe:
Patient:
Na gut, dann am Donnerstag nächste Woche, danke!
Sprechstundenhilfe:
Patient:
Wie war nochmal Ihr Name bitte?
Sandner, Heinz Sandner.
Sprechstundenhilfe:
Patient:
Nein, tut mir leid, da ist alles schon voll.
Geht in Ordnung, Herr Sandner, auf Wiedersehen!
Auf Wiedersehen, dankeschön!
Praxis Dr. Herold (2)
Sprechstundenhilfe:
Hier Praxis Dr. Herold, Guten Tag l
Herr Lorenz:
Tag Frl. Roth!
Sprechstundenhilfe:
Ach, Herr Lorenz!
Herr Lorenz:
Ja, entschuldigen Sie, ich wollte nur sagen, dass ich morgen
leider
nicht kann. Ich muss plötzlich dienstlich nach Stuttgart.
Sprechstundenhilfe:
Ach so, ja.
59
Herr Lorenz:
Geht's vielleicht nächsten Freitag
Nachmittag?
Sprechstundenhilfe:
Oh, Freitag ist schlecht. Höchstens, dass Sie der Herr
Doktor noch vor der Sprechstunde dran nehmen kann. Moment mal bitte!
Herr Doktor, Herr Lorenz kann morgen leider nicht... Kann er
am nächsten Freitag vor der Sprechstunde vorbeikommen?
Ja, also es geht.
Herr Lorenz:
Das ist nett. Um wieviel Uhr soll ich da sein?
Sprechstundenhilfe:
Herr Lorenz:
Ja, am besten kommen Sie schon um halb acht!
Gut. Vielen Dank! Wiedersehen Frl. Roth!
Sprechstundenhilfe:
Wiedersehen, Herr Lorenz!
1. Worum handelt es sich in diesen Texten?
2. Kommt es vor, dass Sie einen Arzt besuchen? Wann?
3. Was würden Sie machen, wenn Sie sich erkältet haben?
Gerhard Zwerenz
Nicht alles gefallen lassen
Wir wohnten im dritten Stock mitten in der Stadt und hatten nie einem Menschen
etwas Böses getan. Auch mit Dörfelts, die gegenüber wohnten, verband uns eine
jahrelange Freundschaft, bis die Frau sich kurz vor dem Fest unsre Bratpfanne
auslieh und nicht zurückbrachte.
Als meine Mutter dreimal vergeblich gemahnt hatte, riss ihr eines Tages die Geduld,
und sie sagte zu Frau Muschg, die im vierten Stock wohnt, Frau Dörfelt sei eine
Schlampe.
Irgendwer muss das den Dörfelts berichtet haben, denn am nächsten Tag überfielen
Klaus und Achim unsern Jüngsten, den Hans, und prügelten ihn windelweich.
60
Ich stand grad im Hausflur, als Hans ankam und heulte. In diesem Moment hat Frau
Dörfelt drüben aus der Haustür, ich lief über die Straße, packte ihre Einkaufstasche
und stülpte sie ihr über den Kopf. Sie schrie aufgeregt um Hilfe, als sei etwas Besonderes los - aber es drückten sie nur die Glasscherben etwas auf den Kopf, weil sie ein
paar Milchflaschen in der Tasche gehabt hatte.
Vielleicht wäre die Sache noch gut ausgegangen, aber es war gerade um die Mittagszeit, und da kam Herr Dörfelt mit dem Wagen nach Hause. Ich lief sofort weg, doch
Elli, meine Schwester, die mittags zum Essen heimkommt, fiel Herrn Dörfelt in die
Hände. Er schlug ihr ins Gesicht und zerriss dabei ihren Rock, Meine Mutter
hörte das Geschrei und lief ans Fenster, und als sie sah, wie
Herr Dörfelt Elli behandelte, warf unsre Mutter mit Blumentöpfen nach ihm. Von
da an herrschte bittere Feindschaft zwischen den Familien.
Weil wir nun Dörfelts nicht mehr trauten, befestigte Herbert, mein ältester Bruder,
der bei einem Optiker in die Lehre ging, ein Fernrohr am Küchenfenster. Da
konnte unsre Mutter, wenn wir alle unterwegs waren, die Dörfelts beobachten.
Aber die hatten ein ähnliches Instrument, denn eines Tages schössen sie von drüben
mit einem Luftgewehr herüber. Ich erledigte das feindliche Fernrohr dafür mit unserem Gewehr. An diesem Abend ging unser Volkswagen unten im Hof in die Luft.
Unser Vater, der als Oberkellner im bekannten Cafe Imperial arbeitete, nicht
schlecht verdiente und immer für Ruhe und Ordnung war, meinte, wir sollten uns
jetzt an die Polizei wenden.
Aber unserer Mutter passte das nicht, denn Frau Dörfelt erzählte in der ganzen Straße, wir, das heißt, unsre ganze Familie, seien so schmutzig, daß wir mindestens
zweimal jede Woche badeten und daß deshalb alle Mieter so viel Wassergeld zahlen
müssten.
Wir beschlossen also, den Kampf aus eigener Kraft und mit aller Härte fortzusetzen.
Wir konnten auch nicht mehr zurück, denn die gesamte Nachbarschaft beobachtete
gespannt, wie der Streit weiterging.
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Am nächsten Morgen schon wurde die Stadt durch ein schreckliches Geschrei geweckt.
Wir lachten uns halbtot. Herr Dörfelt, der früh als erster das Haus verließ, war in die
tiefe Grube gefallen, die wir vor seiner Haustür gegraben hatten. Er zappelte ganz
schön in dem Stacheldraht, den wir gezogen hatten, nur mit dem linken Bein zappelte er nicht, das hielt er still, das war gebrochen. Dabei hatte der Mann noch
Glück - denn wenn er die Grube gesehen und umgangen
hätte, wäre beim Starten sein Auto explodiert. Damit ging dann Klunker-Paul, ein
Untermieter der Dörfelts, in die Luft, der den Arzt holen wollte. Es ist bekannt,
daß die Dörfelts leicht übelnehmen. So gegen zehn Uhr begannen sie, unser Haus
mit einer Kanone zu beschießen. Sie mussten erst üben, die Einschläge waren
nicht alle in der Nähe unserer Fenster.
Das freute uns, denn jetzt ärgerten sich auch die anderen Hausbewohner, und Herr
Lehmann, der Hausbesitzer, hatte Angst um die Schönheit seines Hauses. Eine
Weile sah er noch zu, als aber zwei Granaten in seinem Wohnzimmer explodierten,
wurde er nervös und gab uns den Schlüssel zum Dachboden. Wir krochen sofort
hinauf zu unserer Atomkanone. Es ging alles so, wie wir es geübt hatten. „Die
werden sich wundern!" triumphierte unsre Mutter.
Als wir das Rohr genau auf Dörfelts Küche gerichtet hatten, sah ich drüben gegenüber im Bodenfenster ein gleiches Rohr, das hatte aber keine Chance mehr, denn
Elli, unsre Schwester, die immer noch über den Verlust ihres Rockes böse war, gab
das Kommando „Feuer!"
Mit einem unvergesslichen Lärm verließ die Atomgranate das Rohr, zur gleichen
Zeit schössen auch die anderen. Die beiden Geschosse trafen sich genau in der Straßenmitte.
Natürlich sind wir nun alle tot, die Straße ist weg, und wo unsre Stadt früher stand,
ist 65 jetzt nur ein graubrauner Fleck.
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Aber eins muss man sagen, wir haben getan, was wir mussten und konnten, denn
schließlich kann man sich nicht alles gefallen lassen. Die Nachbarn tanzen einem
sonst auf der Nase herum.
63
Inhalt
Die Tabakpfeife
4
Das Nachthemd
5
Die toten Pferde
6
Der energische Schaffner
8
Eine Kleinigkeit
9
Wer–wen?
9
Die alte Meistergeige
9
Einige Kleinigkeiten
11
Gartenzwerg
12
Zum Nachlesen
13
Ein Lied für ein Essen
14
Das verpasste Oktoberfest
15
Die Zuschauer korrigieren den "Faust"
16
Hermann Hesse
17
Der Friseur als Detektiv
18
Warum nicht deutsch?
19
Kann man mit einer Wünschelrute Schätze finden?
21
Wann soll man von zu Hause weggehen?
22
Messen und Ausstellungen in der Bundesrepublik
23
Ein Nürnberger erfand den Globus
25
Was würden Sie tun, wenn Sie Politiker wären?
26
Ein schwieriger Fall
27
Ein Schulerlebnis
29
Heinrich Schliemann
30
Der Taschendieb
64
Alltag in Russland
32
Ein schöner Tag
32
Eine gebildete Sekretärin
34
Chinin
35
Die List
37
Ein großer Schritt vorwärts
39
Ein Fahrrad für 40 Pfennig
40
In der Schule
42
Zehn Minuten Aufenthalt
42
Der Hut
43
Der Verkäufer und der Elch
45
Ein ganzer Verkäufer
47
Die private Lotterie
48
Wer zuletzt lacht...
49
Kinderreich
49
Deutsche in Ost und West
„Es hat sechs geschlagen“
49
50
Von Sankt Nikolaus
53
Eine Legende vom heiligen Nikolaus
54
Vom Nikolaustag
55
Eine tolle Firma
56
Praxis Dr. Herold
58
Nicht alles gefallen lassen
59