Brennkammer-Reiniger selbst gebaut

Brennkammer-Reiniger selbst gebaut
Wer kennt es nicht, das Pipe-Service-Set mit Reamer, Bohrer, Messer, Stopfer, Dorn und
Drahtbürsten:
Ohne jede Diskussion ist der enthaltene Reamer ein nützliches Werkzeug, um die Kohleschicht auf
ein „vernünftiges“ Maß zu halten oder zurück zu schneiden. Auch der Bohrer leistet gute Dienste,
wenn die Holmbohrung einmal verstopft ist. Das „Messer“ ist evtl. noch dazu zu gebrauchen, um
die Ablagerungen am Kopfrand vorsichtig abzuschaben oder gröbere Verschmutzungen in der
Brennkammer zu entfernen – wofür das restliche Werkzeug aber geeignet sein soll, habe ich noch
nicht herausgefunden... Besonders die sehr harten Drahtbürsten einzusetzen, habe ich mich
bisher noch nicht gewagt!
Die Idee
Durch ein Interview von Willi Albrecht mit Heiko Jahr zum Thema Kohleschicht aufmerksam
geworden (http://www.pfeife-tabak.de/Artikel/Verschiedenes/Kohleschicht/kohleschicht.htm), habe
ich überlegt, wie ich die Entstehung der berühmten Kohleschicht (Cake) mit einfachen Mitteln
verhindern, bzw. auf ein Minimum beschränken könnte. Ausschaben der Brennkammer nach
jedem Rauchen erschien mir zu mühselig – Ausschleifen mit Sandpapier zu grob! Es musste also
eine Methode her, mit der man die Brennkammer bequem und effektiv „glatt“ halten kann.
Schleifen, bzw., polieren mit Stahlwolle schien mir eine gute Idee. Nur die Handhabung von
Stahlwolle wollte nicht so richtig gelingen und die Gefahr den Kopfrand in Mitleidenschaft zu
ziehen schien mir zu groß.
Die Lösung
Als ich mal wieder eine meiner Pfeifen ausräumen wollte, viel mir das oben beschriebene Set in
die Hände und mit einem Mal war mir die Bedeutung der kleinen Drahtbürste klar: Als „Mitnehmer“
für eine Portion Stahlwolle sollten sich die harten, kurzen Borsten ganz gut eignen...
Ich habe also mit Stahlwolle experimentiert, um die geeignete Menge und Form für mein Projekt
herauszufinden. Dabei habe ich mit einer Schere aus einer 200 Grammpackung aus dem
Baumarkt eine Lage von ca. 10 cm Länge und 3-4 cm Breite zurechtgeschnitten. Diese war im
lockeren Zustand etwa 2 cm dick.
Die jeweils geeignete Menge kann natürlich je nach durchschnittlicher Pfeifenkopfgröße und Dichte
der Stahlwolle variieren, wobei ein paar Fehlversuche beim Preis zu verkraften sind... Bei der
Feinheit der Stahlwolle sollte man Gr. 1 (mittel) oder Gr. 00 (fein) wählen – ich habe Gr. 1
verwendet.
Auf dieses zurechtgeschnittene Stück Stahlwolle habe ich senkrecht und mittig die kleinere
Drahtbürste aus dem Set aufgesetzt, dann die Stahlwolle nach oben geknickt und durch drehende
Bewegung in der Faust um die Drahtbürste gewickelt. Dabei sollte man nicht zu feste drücken, um
eine elastische, nachgebende Schicht zu erhalten.
Wichtig ist, dass keine Borsten der Drahtbürste durch die Stahlwolle durchragen, vor allem an der
Spitze kann dies schnell passieren, wenn man die Stahlwolle zu dünn macht!
Der Durchmesser der modifizierten Drahtbürste betrug bei mir ziemlich genau 2 cm. Wenn man
jetzt dieses Werkzeug vorsichtig in die von Tabak und Asche befreite Brennkammer eindreht, ein
paar mal in der Brennkammer weiterdreht und dann vorsichtig wieder herausdreht, bleibt eine
ziemlich glatte Brennkammerwand zurück. Man muss darauf achten, die evtl. zurückgebliebenen
Stahlwollereste aus der Brennkammer zu schütten und kann dann der Pfeife ihre wohlverdiente
Ruhe für den nächsten Einsatz zukommen lassen.
Bei der abgebildeten Pfeife handelt sich um eine von mir aufgearbeiteten Crown , die fast bis auf
das Holz gereamt wurde. Anschließend habe ich einmal vorsichtig mit „Orlik Golden Sliced“,
meinem bevorzugten Einrauchtabak, eine ganze Füllung geraucht. Nach der üblichen Prozedur,
Pfeife abkühlen lassen, Asche ausleeren, etc., habe ich die frische, ganz leicht ungleichmäßige
und aschebehaftete Kohleschicht mit meinem neuen Brennkammerreiniger wie beschrieben poliert
und zurück blieb eine gleichmäßige, glatte, schwarze Brennkammerwand.
Ich habe diese Pfeife inzwischen mehrfach geraucht, nach jedem Rauchen wie beschrieben
gesäubert und ich muss sagen, dass Heiko Jahr mit seiner Behauptung, „der Cake ist überflüssig“
recht hat! Ich habe inzwischen mehrere Pfeifen so „präpariert“ und ich kann behaupten, dass
bisher noch kein Tabak schlechter geschmeckt hat, als mit der vorher üblichen Kohleschicht von
ca. 1 mm! Allerdings habe ich den Eindruck, dass Geschmack und Raumnote wesentlich
reproduzierbarer sind, als vorher. (Was meine BH vorher oftmals kritisiert hat: „Ist das der Tabak
xy? Der riecht sonst aber viel besser!“, was dann ein Zeichen für mich war, der entsprechenden
Pfeife wieder einmal eine intensivere Pflege zu widmen...)
Noch ein paar allgemeine Anmerkungen
Stahlwolle in den Größen 1 (mittel), 00 (fein) und 000 (extrafein) eignet sich hervorragend , um
Holz fein zu schleifen und zu polieren. Ich benutze sie daher auch, um meine Pfeifen vor der
Politur an der Stoffscheibe vorzureinigen.
Mit den angegebenen Größen (1 oder 00) ist es nicht ohne größeren Aufwand möglich, eine
bestehende Kohleschicht effektiv zu reduzieren. Allerdings ist die Politur wie beschrieben auch
dann eine gute Ergänzung, wenn man die Kohleschicht nicht ganz, sondern wie gewohnt auf 0,5
bis 1 mm reduziert hat. Man erhält wie erwähnt eine schöne, glatte Schicht. Durch die
Anpassungsfähigkeit der Stahlwolle werden auch Rundungen und Rauchkanalbohrung erfasst, die
oft die kritischen Stellen beim Reamen sind.
Wer über eine Poliermaschine verfügt, kann Stahlwolle in den Größen 00 und 000 auch
hervorragend für die Reinigung von Mundstücken aller Materialien benutzen: Man kann Bissspuren
ganz gut mit Gr. 00 (oder in schweren Fällen auch mit Gr. 1) wegschleifen und mit Gr. 000
nachpolieren. Poliert man anschließend mit Carnaubawachs, erhält man wieder ein schönes,
glattes, schwarz glänzendes Mundstück (hauptsächlich für Ebonit zu empfehlen).
Gleiches gilt auch für die Aufarbeitung mittelverschmutzter Pfeifen oder bei Estates: Zur
Vorreinigung nimmt man Stahlwolle, die es m. M. nach ermöglicht, die Pfeifen schonender an zu
schleifen als mit Schleifpapier, so dass die Beizung erhalten bleibt und zum Polieren nimmt man
Vorpolierwachs und anschließend Carnauba. Selbst rustizierte und gesandstrahlte Pfeifen lassen
sich damit behandeln und für verschmutzte Kopfränder ist Stahlwolle ebenfalls gut geeignet.
Bei der Anwendung muss man lediglich darauf achten, dass man nicht zu großen Druck ausübt,
um Kratzer zu vermeiden. Man sollte immer ein ausreichend großes Stück Stahlwolle nehmen und
damit in schnellen Bewegungen mit sanften bis mittelstarken Druck über die zu behandelnde
Fläche polieren.
Ich habe mir je eine 200 g Packung Stahlwolle der angegebenen Größen im Baumark für
insgesamt ca. 10,- Euro gekauft. Stahlwolle ist dabei haltbarer als Schleifpapier, da sie sich nicht
so schnell mit Schleifstaub zusetzt und lässt sich wiederholt einfach durch leichtes Ausklopfen
oder Abblasen reinigen.
Man sollte noch auf eine geeignete Unterlage achten, Zeitungspapier oder ein altes
Küchenhandtuch, da der Abrieb sehr fein ist, oder man nimmt einen Magneten, um die Späne auf
zu sammeln...
Heinz-Günter Döteberg (Heinz D.)