Abschlussbericht: "Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen

Voruntersuchung
zur inhaltlichen und räumlichen
Fortentwicklung der Unterstützungsund Beratungsangebote beim
Persönlichen Budget
Vorgelegt von:
Kontaktstelle Persönliche Assistenz/Persönliches Budget
MOBILE - Selbstbestimmtes Leben Behinderter e. V.
Roseggerstraße 36
44137 Dortmund
Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung
der Unterstützungs- und Beratungsangebote beim Persönlichen Budget
Verfasst von
Daniela Herrmann
Manuel Salomon
Christiane Rischer
Impressum/Kontakt:
Kontaktstelle Persönliche Assistenz/Persönliches Budget
unter der Trägerschaft von
MOBILE - Selbstbestimmtes Leben Behinderter e. V.
Roseggerstraße 36
44137 Dortmund
Telefon: 02 31 / 9 12 83 76
Telefax: 02 31 / 9 12 83 77
Mail: [email protected]
Internet: www.mobile-dortmund.de
Verantwortlich
Daniela Herrmann
Dr. Birgit Rothenberg
Stand November 2015
durchgeführt von MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.
Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung
der Unterstützungs- und Beratungsangebote beim Persönlichen Budget
Inhalt
Anlass zur Studie ..................................................................................................................................... 4
1.
Vision: Chancen des Persönlichen Budgets für die Gesellschaft ..................................................... 6
2.
Konzeption und Rahmenbedingungen ............................................................................................ 8
3.
Vorarbeiten und Aufbau.................................................................................................................. 9
3.1. Akquise ....................................................................................................................................... 9
3.2. Öffentlichkeitsarbeit ................................................................................................................. 10
3.3. Auftaktveranstaltungen ............................................................................................................ 11
3.4. Beratungssprechstunden.......................................................................................................... 12
3.5. Serviceangebote ....................................................................................................................... 12
4.
Durchführung ................................................................................................................................ 14
4.1. Übersicht .................................................................................................................................. 14
4.2. Stadt Bochum ........................................................................................................................... 14
4.3. Stadt Gelsenkirchen.................................................................................................................. 16
4.4. Kreis Olpe.................................................................................................................................. 17
4.5. Kreis Recklinghausen ................................................................................................................ 19
4.6. Kreis Unna................................................................................................................................. 20
4.7. Serviceangebote ....................................................................................................................... 23
4.8. Weitere Veranstaltungen ......................................................................................................... 23
5.
Fazit ............................................................................................................................................... 25
5.1. Informationsbedarf der potentiellen Budgetnehmer/-innen .................................................. 26
5.2. Informationsbedarf der Verwaltung ........................................................................................ 27
5.3. Informationsbedarf der Leistungsanbieter .............................................................................. 28
5.4. Serviceangebote ....................................................................................................................... 29
6.
Ausblick ......................................................................................................................................... 30
7.
Zusammenfassung......................................................................................................................... 31
8.
Literatur ......................................................................................................................................... 32
Anhang .................................................................................................................................................. 33
I.
Präsentation der Auftaktveranstaltungen .................................................................................... 33
II.
Häufig gestellte Fragen.................................................................................................................. 33
III. Referenzflyer Kommune................................................................................................................ 33
IV. Pressespiegel ................................................................................................................................. 33
durchgeführt von MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.
3
Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung
der Unterstützungs- und Beratungsangebote beim Persönlichen Budget
Anlass zur Studie
Die Leistungsform des Persönlichen Budgets nach den §§ 17 und 159 Abs. 5 Sozialgesetzbuch IX (SGB IX) eröffnet behinderten Menschen die Möglichkeit, sich alternativ zum herkömmlichen Sachleistungsprinzip die auf Grund ihrer Behinderung benötigten individuell gestalteten Dienstleistungen und/oder Hilfsmittel bedarfsgerecht und
passgenau – möglicherweise unabhängig vom traditionellen Angebotssystem der
klassischen Behindertenhilfe - selbstbestimmt einzukaufen und aus dem Budget zu
bezahlen.
Eine Möglichkeit, das Persönliche Budget zu nutzen, stellt das Unterstützungsmodell
der Persönlichen Assistenz in der Organisationsform des Arbeitgebermodells dar.
Hierbei gewährt der Kostenträger eine Geldleistung, von der der/die Leistungsempfänger/-in seine/ihre Assistenzkräfte selbst einstellt, unmittelbar im Alltag anleitet und
deren Löhne sowie Sozialabgaben und Steuern direkt aus der Geldleistung oder dem
Persönlichen Budget bezahlt. Der/die Arbeitgeber/-in gründet hierzu einen Kleinstbetrieb in Eigenregie und wird somit eigenverantwortliche Träger/-in von Personal-, Anleitungs-, Organisations- und Finanzkompetenz.
Der bundesweite Rechtsanspruch auf Leistungsgewährung in Form des Persönlichen
Budgets besteht inzwischen seit nunmehr fast acht Jahren. Nach den Erfahrungen
der „Kontaktstelle Persönliche Assistenz/Persönliches Budget“ wird dieses innovative
Instrument in Westfalen jedoch nur verhältnismäßig selten genutzt, obwohl es die
Autonomie und Selbstbestimmung behinderter Bürger/-innen nachhaltig stärkt.
Die „Kontaktstelle Persönliche Assistenz/Persönliches Budget“ von MOBILE –
Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V. unterstützt seit 2006 vorwiegend Dortmunder Bürger/-innen dabei, ihre Hilfen nach dem Modell der Persönlichen Assistenz im
Arbeitgebermodell – von der Analyse des Unterstützungsbedarfes bis zur Gründung
und der Führung des Betriebes - umzusetzen. Zu den Kunden/-innen des ursprünglich von „Aktion Mensch“ geförderten Angebotes gehören auch Menschen aus den
umliegenden Regionen Dortmunds.
Nach Beendigung der Förderung durch die „Aktion Mensch“ übernahm die Stadt
Dortmund ab dem Jahr 2012 einen Teil der entstehenden Kosten zur Finanzierung
einer halben Sozialarbeiter/-innenstelle sowie eines Sachkostenanteils. Das Angebot
der Lohnabrechnung wird überwiegend aus kostenträgerfinanzierten Leistungen in
den Bereichen Beratung und Lohnabrechnung finanziert. Die benötigten Restmittel
zum Erhalt der Beratungsstelle bringt MOBILE e. V. seit Jahren aus Eigenmitteln auf
und bemüht sich seitdem kontinuierlich, weitere Refinanzierungsquellen zu erschließen.
Auf Grundlage des Kooperationsvertrages zwischen MOBILE e. V. und der Stadt
Dortmund unterstützt der „Fachdienst des Sozialamtes Dortmund – Hilfen für kranke,
behinderte und pflegebedürftige Menschen“ – die „Kontaktstelle Persönliche Assistenz/Persönliches Budget“ bei Bedarf in besonderen Fallkonstellationen, welche umdurchgeführt von MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.
4
Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung
der Unterstützungs- und Beratungsangebote beim Persönlichen Budget
fassende sozialhilferechtliche Beratung bzw. die Klärung leistungsrechtsübergreifender Fragestellungen aus dem Sozialleistungs- und Rehabilitationsrecht erfordern.
Komplexe Situationen werden in einem Erstgespräch gemeinsam mit den Betroffenen, Kontaktstelle und der Verwaltung geklärt. Außerhalb von Dortmund war festzustellen, dass die Inanspruchnahme des Persönlichen Budgets eher verhalten war.
Bei der Kontaktstelle handelt es sich um ein Nischenangebot, das von anderen
Kommunen nicht vorgehalten wird.
Daher stellte die Stadt Dortmund Bemühungen an, die umliegenden Regionen an
diesem westfalenweit einzigartigen Angebot zu beteiligen. Es entstand die Idee, zu
prüfen, ob die Angebote der Kontaktstelle überkommunal für Westfalen-Lippe organisiert werden können. Das Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAIS) unterstützt mit der Finanzierung der „Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung der Unterstützungs- und Beratungsangebote beim Persönlichen Budget“ das Dortmunder Vorhaben, das Persönliche Budget in Westfalen bekannter zu machen und die Bedarfssituation bezüglich
der Qualität und der Quantität vorhandener Beratungsstrukturen zu betrachten. Die
Stadt Dortmund hat die „Kontaktstelle Persönliche Assistenz/Persönliches Budget“
mit der Umsetzung der Voruntersuchung beauftragt. Umsetzungszeitraum waren die
Monate Mai bis einschließlich August 2015.
durchgeführt von MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.
5
Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung
der Unterstützungs- und Beratungsangebote beim Persönlichen Budget
1. Vision: Chancen des Persönlichen Budgets für die
Gesellschaft
Das Persönliche Budget kann behinderten Menschen erhebliche Flexibilität bieten.
Unterstützungsleistungen können passgenau auf die Tagesgestaltung des einzelnen
behinderten Menschen abgestimmt werden. Die Tagesstruktur muss somit nicht um
die klassisch verfügbaren Dienste mit ihren engen Zeitplänen herum geplant werden.
Ausgangspunkt der Gestaltungen müssen somit nicht nur die faktisch verfügbaren
Angebote der Behindertenhilfe sein. Stattdessen können die benötigten Hilfen auch
aus anderen kommunal verfügbaren Strukturen entwickelt werden. Auf diese Weise
kann der/die Einzelne die benötigten Hilfen seinen/ihren individuellen Bedürfnissen
und Wünsche selbstverantwortlich anpassen und koordinieren.
Hierdurch wird der Paradigmenwechsel gegenüber dem herkömmlichen Rollenverständnis behinderter Menschen manifestiert und realisiert. Insbesondere bei trägerübergreifenden Persönlichen Budgets ist dieser Gegensatz besonders deutlich. Die
Rolle des/der Hilfesuchenden wird abgelöst durch die Rolle des/der Gestalter/-in,
der/die auf der Budgetkonferenz verhandelt.
Diese Zielvorstellungen dürfen sich nicht nur in den maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften niederschlagen, sondern sie müssen sich auch in der Verwaltungspraxis
und in den einschlägigen Angebotsstrukturen spiegeln. Die bisherigen Zahlen an
Persönlichen Budgets machen deutlich, dass diese Prozesse in den vergangenen
Jahren nur unzureichend erfolgt sind.
Um die Zahl der Persönlichen Budgets zu steigern und die Möglichkeiten des Persönlichen Budgets flächendeckend nutzbar zu machen, müssen sowohl die behinderten Menschen selbst als auch die auf Seiten der Kostenträger und Leistungsanbieter beteiligten Akteure mit den Möglichkeiten dieser Leistungsform vertraut gemacht werden. Durch Fortbildungen und Austauschmöglichkeiten auch innerhalb der
Verwaltung und der Kostenträger kann das Verfahren optimiert werden.
Durch den Austausch über individuell gestaltete Unterstützungssituationen werden
die Lebensbedingungen behinderter Menschen in den Kommunen sich verbessern.
Auf Seiten der behinderten Bürger/-innen bedeutet dies neben den rein sachlichen
Informationen vor allem, die oben erwähnte Rolle des/der Gestalter/-in anzunehmen,
Selbstvertrauen zu erlangen, um die gestaltende Rolle einnehmen zu wollen und zu
können und diese Rolle auch gegen mögliche Widerstände und tatsächlich erlebte
Einschränkungen zu behaupten und auszufüllen.
Auf Seiten der Kostenträger ist vor allem das Verständnis für Verhandlungen zu
schaffen, die so weit wie möglich auf Augenhöhe ablaufen. Diese Rollenverteilung
widerspricht dem überkommenen Verständnis des versorgenden Staates. Die bisherige Ablehnung des Persönlichen Budgets resultiert auch aus dem Mehraufwand, der
mit der Umsetzung dieser Leistungsform verbunden ist.
durchgeführt von MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.
6
Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung
der Unterstützungs- und Beratungsangebote beim Persönlichen Budget
Im Gebiet der an der Voruntersuchung beteiligten Kreise/Städte ist bezüglich der Angebotsstruktur ein Stadt-Land-Gefälle zu beobachten. In städtischen Regionen sind
die Angebote der Behindertenhilfe vielfältiger, die Infrastruktur, insbesondere die Zugänglichkeit von Gebäuden und die Möglichkeiten der Mobilität bieten behinderten
Menschen eine größere Chance der Teilhabe. Die Unterstützungslandschaft ist dort
zu weiten Teilen durch die klassischen Träger der freien Wohlfahrtspflege geprägt.
Es gibt eingespielte Verfahren und Lösungswege für Standardbedarfe, routinierte
Partner und Partnerinnen sowohl auf Seiten der Kostenträger als auch auf Seiten der
Leistungsanbieter. Kehrseite ist andererseits ein als nur gering empfundener Innovationsdruck. Es ist festzustellen, dass in Kommunen mit einer starken Behindertenselbsthilfe die Angebotsstruktur vielfältiger ist als in anderen Regionen. Menschen
mit Bedürfnissen, die sich nicht mit den seit Jahren und Jahrzehnten üblichen Verfahren und Angeboten abdecken lassen, werden häufig nur unzureichend erfüllt oder
soweit auf ein „realistisches Maß“ reduziert, dass sich schließlich unter den vorhandenen Angeboten ein für die reduzierten Bedürfnisse passendes finden lässt.
Allerdings sind Veränderungen auch auf Seiten der Leistungsanbieter zuzugestehen.
Der Paritätische als einer der großen Wohlfahrtsverbände in Deutschland bezeichnet
in einer für Leistungsanbieter konzipierten Broschüre das Persönliche Budget etwa
als „zukunftsweisendes und praxisnahes Instrument einer auf Selbstbestimmung,
gleichberechtigte Teilhabe, Autonomie und Würdigung der menschlichen Vielfalt
ausgerichteten Politik für Menschen mit Behinderung“ (Der Paritätische RheinlandPfalz/Saarland e. V, 2009, S. 3).
Darüber hinaus bietet es auch Kostenträgern und Leistungsanbietern als Institutionen die Möglichkeit, innovative Formen der Leistungserbringung anzubieten bzw. zu
finanzieren. Das können zum einen eigene, neue Angebote bzw. weiterentwickelte
Angebote sein, zum anderen aber auch die Zusammenarbeit mit bzw. die Finanzierung von Angeboten außerhalb der klassischen Behindertenhilfe. Auf Seiten der
Leistungsanbieter tun sich dadurch neue Möglichkeiten auf, sich im Wettbewerb von
Konkurrenten abzugrenzen (Der Paritätische a.a.O., S. 22). Ein Beispiel dafür sind
Fahrdienste durch klassische Taxi- oder Mietwagenunternehmen.
Kostenträger ihrerseits werden durch Verhandlungen passgenauer Unterstützung auf
Augenhöhe die Zufriedenheit der Bürger/-innen mit der Verwaltung steigern und
gleichzeitig Kosten einsparen können. Unter anderem durch eine sinkende Zahl der
Widerspruchsverfahren sowie gerichtlichen Auseinandersetzungen.
durchgeführt von MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.
7
Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung
der Unterstützungs- und Beratungsangebote beim Persönlichen Budget
2. Konzeption und Rahmenbedingungen
Die Bewilligung der Umsetzung der „Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung der Unterstützungs- und Beratungsangebote beim Persönlichen Budget“ wurde der Stadt Dortmund als Antragstellerin im März 2015 durch das
Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales Nordrhein-Westfalen (MAIS) erteilt.
Die „Kontaktstelle Persönliche Assistenz/Persönliches Budget“ wurde von der Stadt
Dortmund mit Abschluss eines Weiterleitungsvertrages offiziell mit der Planung und
Umsetzung des Vorhabens beauftragt. Für den Bewilligungszeitraum 01.05.2015 bis
31.08.2015 wurde eine Zuwendung bewilligt.
Die Kontaktstelle verpflichtete sich, in bis zu vier Kooperationskreisen/-städten Informationsveranstaltungen und Beratungssprechstunden zum Persönlichen Budget/zur
Persönlichen Assistenz anzubieten sowie die in Dortmund durchgeführten Angebote
für die auswärtigen Bürger/-innen zu öffnen. Hierzu zählten die Stammtische jeweils
für Assistenznehmer/-innen und –geber/-innen, Informationstreffen für potentielle Assistenzkräfte sowie Informationen zum Lohnabrechnungsservice für behinderte Menschen, die ihre Assistenzkräfte selbst einstellen (möchten). Dieses Angebotsspektrum sollte durch diverse Methoden und Medien der Öffentlichkeitsarbeit – vor Ort
unterstützt durch die Kooperationsparter/-innen - bekannt gemacht werden. Die Nutzung der Veranstaltungsräume sollte durch die Kreise/Städte gewährleistet werden.
Zur Umsetzung der Voruntersuchung wurden in der Kontaktstelle zusätzliche Stellenanteile mit Fachkräften aus den Bereichen Sozialarbeit/-pädagogik und Jura im
Umfang von 25,5 Stunden pro Woche für Beratung und Koordination besetzt, unterstützt durch eine Verwaltungskraft mit einem Stellenanteil von 15 Stunden pro Woche.
durchgeführt von MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.
8
Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung
der Unterstützungs- und Beratungsangebote beim Persönlichen Budget
3. Vorarbeiten und Aufbau
3.1. Akquise
Zunächst ging es darum, westfälische Kreise bzw. Städte zu finden, die daran interessiert waren, die Angebote der „Kontaktstelle Persönliche Assistenz/Persönliches
Budget“ für ihre Bürger/-innen vorzuhalten.
Im ersten Schritt warb die Leitung des Sozialamtes Dortmund bei umliegenden Städten und Kreisen um eine Beteiligung an der Voruntersuchung.
Der Kreis Unna wurde per Post informiert. Seitens der Kontaktstelle konnten im Interesse der behinderten Menschen Multiplikatoren/-innen gewonnen werden, die sich
bei den kommunalen Verantwortungsträger/-innen für die Teilnahme an dem Projekt
stark machten. Zu den Fürsprecher/-innen zählten Politiker/-innen von Sozial- und
Gesundheitsausschüssen, Behindertenbeauftragte und –beiräte, die ehrenamtlich
tätigen Lotsen/-innen für Menschen mit Behinderungen, deren Qualifizierung durch
das MAIS finanziell gefördert wurde sowie Dienstleister und Beratungsstellen der
Behinderten(selbst)hilfe und Kunden/-innen der Kontaktstelle, die bereits aktiv das
Arbeitgebermodell/Persönliche Budget umsetzen. Zudem wurde ein Aufruf zur Teilnahme auf der MOBILE-Website und beim Onlineforum kobinet (Kooperation Behinderter im Internet) veröffentlicht und über diverse E-Mail-Verteiler verbreitet.
Bis Ende Mai konnten folgende fünf Kooperationskreise bzw. -städte gewonnen werden: Kreis Olpe, Kreis Recklinghausen, Kreis Unna sowie die Stadt Bochum und die
Stadt Gelsenkirchen.
Bei jedem Kooperationspartner erfolgte ein Antrittsbesuch durch eine Mitarbeiterin
der Stadt Dortmund - Fachdienst Hilfen für kranke, behinderte und pflegebedürftige
Menschen – und der Projektmitarbeiterin der „Kontaktstelle Persönliche Assistenz/Persönliches Budget“. Das Besondere an dieser Voruntersuchung war von Beginn an, dass die Planung und Durchführung der Auftaktveranstaltungen gemeinsam
von MOBILE und dem Sozialamt Dortmund mit den beteiligten Kommunen stattfand.
Hierdurch wurden bereits die verschiedenen Sichtweisen der Selbsthilfe/Beratung
und der Kommunen deutlich. Gleichzeitig konnte hierdurch insbesondere ein Interesse bei den Sozialverwaltungen geweckt werden. Der besondere Charme des Konzeptes für die Auftaktveranstaltungen war, dass die Umsetzung des Persönlichen
Budgets sowohl aus Sicht der Beratungsstelle als auch aus der praktischen Umsetzung verwaltungsseitig beleuchtet werden sollte. Die Verwaltungsmitarbeiterin der
Stadt Dortmund stand im zweiten Teil der Veranstaltungen für praktische Fragen zur
Verfügung.
durchgeführt von MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.
9
Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung
der Unterstützungs- und Beratungsangebote beim Persönlichen Budget
3.2. Öffentlichkeitsarbeit
Zur Bekanntmachung der „Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung der Unterstützungs- und Beratungsangebote beim Persönlichen Budget“
und der damit verbundenen Aktivitäten wurden folgende Methoden, Medien und Materialien der Öffentlichkeitsarbeit eingesetzt:





Offizielle Ausschreibung und Telefonakquise
Durch die Stadt Dortmund wurde eine offizielle Ausschreibung mit Bitte um Interessenbekundung bzgl. der Teilnahme interessierter Kreise/Städte an der Vorstudie bei einer Sozialamtsleiter/-innen-Tagung bzw. auf dem Postwege verbreitet.
Im Nachgang wurden zahlreiche Telefonate zwischen Vertreter/-innen der Stadt
Dortmund und MOBILE e. V. mit interessierten Kreisen und Städten bzw. diversen Multiplikatoren/-innen geführt.
Verbreitung über E-Mail-Verteiler und Websites
Im Zuge der Verhandlungen mit den teilnehmenden Kreisen/Städten wurden
durch die Kontaktstelle jeweils ortsbezogene E-Mail-Verteiler mit den Adressen
der relevanten Multiplikatoren/-innen erstellt. Hierzu zählten die Behindertenbeauftragten und –beiräte, Mitarbeiter/-innen der Sozialverwaltungen, die ehrenamtlich tätigen Lotsen/-innen für Menschen mit Behinderungen sowie Dienstleister
und Beratungsstellen der Behinderten(selbst)hilfe und bereits aktive Assistenzund Budgetnehmer/-innen. Die zielgruppenrelevanten Informationen wurden auf
den Websites des Vereins MOBILE und teilweise der Kooperationspartner eingestellt.
Flyer und Plakate
Zur Bekanntmachung der Aktivitäten, die im Zeitraum der Voruntersuchung stattfanden, wurden Flyer entwickelt, die sowohl aus einem Umschlag mit allgemeinen
Informationen, Kontaktdaten und Logos versehen waren als auch aus einem für
die jeweilige Region geltenden Einlege-Blatt mit spezifischen Orts- und Terminangaben zu Auftaktveranstaltungen und Beratungs-Sprechstunden. Zudem wurden Plakate gestaltet, auf denen die jeweiligen Auftaktveranstaltungen aller Kooperationskreise/-städte beworben wurden. Flyer und Plakate wurden in Papierform vor Ort und auf elektronischem Wege per E-Mail im Schneeballsystem und
über die Platzierung auf Websites verbreitet.
Pressemappen
Im Vorfeld der Auftaktveranstaltungen wurden in Abstimmung zwischen den kooperierenden Kreisen/Städten, der Stadt Dortmund und der „Kontaktstelle Persönliche Assistenz/Persönliches Budget“ Pressemappen mit Hintergrundinformation zur Voruntersuchung, der Arbeitsweise der Kontaktstelle und der Ankündigung der Aktivitäten vor Ort gestaltet. Die Presseeinladungen zu den Veranstaltungen wurden offiziell durch die jeweiligen Pressestellen der Kooperationspartner an die ortsansässigen Medien geliefert.
Pressegespräche
Um den Pressevertreter/-innen einen praxisbezogenen Eindruck in die Themen
Persönliche Assistenz/Persönliches Budget vermitteln zu können, wurde für jedes
durchgeführt von MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.
10
Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung
der Unterstützungs- und Beratungsangebote beim Persönlichen Budget

Pressegespräch die Teilnahme eines Nutzers/einer Nutzerin als Interviewpartner/in organisiert.
Radiobeitrag
Zur Ergänzung der Öffentlichkeitsarbeit im Kreis Unna gab eine Budgetnehmerin
- koordiniert durch die Kontaktstelle - ein Interview beim Lokalradiosender „Antenne Unna“ mit Verweis auf die noch folgenden Sprechstunden.
3.3. Auftaktveranstaltungen
Als konzeptionell wichtiger Bestandteil wurden in allen Beratungsstandorten der Kreise/Städte zunächst Auftaktveranstaltungen durchgeführt. Mit dieser Maßnahme wurden mehrere Ziele verfolgt.
Grundlegende Informationen über das Verfahren und die erweiterten Möglichkeiten
der Ausgestaltung von Hilfen sollten allen Prozessbeteiligten vermittelt werden. Daher wurden sowohl potentielle Budgetnutzende als auch Mitarbeitende der kommunalen Verwaltung sowie Anbieter der Behindertenhilfe zu den Auftaktveranstaltungen
eingeladen.
Um die maximal mögliche Barrierefreiheit der Veranstaltungen sicherzustellen, wurde
um Voranmeldung gebeten und der bestehende Unterstützungsbedarf der Teilnehmenden im Vorfeld abgefragt. Gebärdensprach- und Schriftdolmetscher/-innen wurden für die jeweiligen Veranstaltungstermine reserviert.
Zur Sicherstellung der thematischen Bandbreite bestand das Moderatorenteam aus
einem Tandem zwischen MOBILE e. V. und dem Sozialamt der Stadt Dortmund.
In der Regel nahmen folgende Personen an den Auftaktveranstaltungen teil:






Frau Dr. Birgit Rothenberg (Vorstand MOBILE e. V.),
Frau Gabriele Kirsten (Sozialamt Dortmund, Fachdienst für kranke, behinderte
und pflegebedürftige Menschen),
Behindertenbeauftragte/r bzw. Mitarbeitende/r des Sozialamtes des einladenden
Kreises/der Stadt oder andere Vertreter/-innen (s. Punkt 4. Durchführung),
Ein/e Mitarbeitende/r der Voruntersuchung
o Daniela Herrmann
o Christiane Rischer
o Manuel Salomon,
Patrick Terhürne (Praktikant bei MOBILE e. V.),
Je ein/e Kunde/-in der Kontaktstelle.
Der Ablauf der Veranstaltungen war nach folgendem Schema einheitlich gestaltet:
Nach den Grußworten des/der Gastgeber/-in, der Stadt Dortmund und MOBILE e.V.
berichteten verschiedene Kunden/-innen von ihren Erfahrungen bei der praktischen
Umsetzung des sog. Arbeitgebermodells in seinen vielen Facetten. Anschließend
folgte ein Vortrag über das Verfahren und die Einsatzmöglichkeiten des Persönlichen
Budgets. (s. Präsentation im Anhang).
durchgeführt von MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.
11
Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung
der Unterstützungs- und Beratungsangebote beim Persönlichen Budget
Im Anschluss wurden Austauschmöglichkeiten für potentielle Budgetnutzende, Mitarbeitende der Verwaltung und Mitarbeitende von Anbietern der Behindertenhilfe angeboten. Der Austausch für die kommunale Verwaltung wurde von Frau Gabriele
Kirsten (Stadt Dortmund) geleitet. Die beiden anderen Gruppen wurden jeweils von
einer Mitarbeitenden und einem Vorstandsmitglied von MOBILE e. V. moderiert.
Zur Vertiefung wurden den Teilnehmenden folgende Materialien zur Verfügung gestellt:




Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.): Das trägerübergreifende Persönliche Budget – Jetzt entscheide ich selbst! – Bonn 2014.
Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.): Das Persönliche Budget für
Menschen mit Behinderungen. Gute Beispiele aus der Praxis, Bonn 2013.
Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband – Gesamtverband e. V. (Hrsg.):
Selbstbestimmt aufwachsen…Das Persönliche Budget für Kinder, Jugendliche
und junge Erwachsene mit Behinderung, 6. Aufl., Berlin 2012 (vergriffen).
Handouts der Kontaktstelle: Liste mit Terminen der Stammtischtreffen für Assistenz- und Budgetnehmer/-innen und für Assistenzkräfte sowie der Termine für die
Informationstreffen für Personen, die sich für einen Job als Assistenzkraft interessieren.
Im Rahmen der Auftaktveranstaltungen wurden die Termine für die bevorstehenden
Beratungssprechstunden in der Kommune bekannt gegeben. Für die lokalen Medienvertreter/-innen wurde jeweils eine Pressekonferenz der Veranstaltung vorgeschaltet.
3.4. Beratungssprechstunden
An jeweils zwei Terminen pro Monat wurde in den teilnehmenden Kreisen/Städten,
i. d. R. nach Voranmeldung, durch unterschiedliche Projektmitarbeitende zu Einzelsituationen beraten. Die Sprechstunden wurden in einem Abstand von mindestens einer Woche durchgeführt. Pro Sprechstunde wurden bis zu drei Termine vergeben.
Zusätzlich erschienene Personen wurden ebenfalls beraten. Ergänzend zu den Beratungssprechstunden konnten Ratsuchende sich jederzeit telefonisch oder per E-Mail
beraten lassen.
3.5. Serviceangebote
Neben den Informationsveranstaltungen und Beratungssprechstunden, die in den
kooperierenden Kreisen/Städten vor Ort stattfanden, wurden die in Dortmund vorgehaltenen Angebote der Kontaktstelle für die auswärtigen Bürger/-innen geöffnet.
Hierzu zählten die Stammtische jeweils für Assistenznehmer/-innen und –geber/innen, Informationstreffen für potentielle Assistenzkräfte sowie Informationen zum
Lohnabrechnungsservice für behinderte Menschen, die ihre Assistenzkräfte selbst
einstellen (möchten) und Schulungen für (potentielle) Assistenz- bzw. Budgetnehmer/-innen.
durchgeführt von MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.
12
Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung
der Unterstützungs- und Beratungsangebote beim Persönlichen Budget





Stammtisch für Assistenz- bzw. Budgetnehmer/-innen
Im Zeitraum der Voruntersuchung wurde einmal pro Monat in rollstuhlzugänglichen Gaststätten der Stammtisch für Assistenz- und Budgetnehmer/-innen
als niedrigschwelliges Angebot zum informellen Erfahrungsaustausch und zur
Vernetzung der Teilnehmer/-innen angeboten.
Stammtisch für Assistenzkräfte
Für die Zielgruppe der aktiven Assistenzkräfte fanden ebenfalls monatliche
Stammtischtreffen statt. Mit dem Angebot wird den Assistenzkräften die Möglichkeit eröffnet, unter Verschweigen personenbezogener Daten, sich mit Berufskollegen/-innen über ihre Tätigkeit und Rolle auszutauschen.
Informationstreffen für Interessenten/-innen für die Tätigkeit als Persönliche Assistenzkraft
Einmal pro Monat wurde ein Informationstreffen für an einem Assistenzjob interessierte Personen durchgeführt. Hier wurden das Tätigkeitsfeld Persönlicher Assistenz auf Grundlage der Selbstbestimmt Leben-Grundhaltung sowie
die Erwartungen an die Rolle der Assistenzkräfte erläutert. Die Treffen dienten
der systematischen Akquirierung von Kräften, die sich in der Assistenzbörse
der Kontaktstelle registrieren können.
Informationen zum Lohnabrechnungsservice
Der Lohnabrechnungsservice der „Kontaktstelle Persönliche Assistenz/Persönliches Budget“ unterstützt die Assistenz- bzw. Budgetnehmer/innen bei der formalen Abwicklung der Betriebsführung (Abführen von Steuern
und Sozialabgaben, Berechnung der Nettolöhne für Assistenzkräfte, Beantragung der Lohnfortzahlungs-Erstattungsleistungen etc.). Diese Dienstleistung
wurde als wichtiges, die Beratung ergänzendes Element in allen Informationsveranstaltungen und den Beratungssprechstunden vorgestellt.
Schulung für Assistenz- und Budgetnehmer/-innen
In Kooperation mit der Beratungsstelle „Studium mit Beeinträchtigung“ der
Universität Paderborn lud die Kontaktstelle im Juli 2015 zum „Beratungscafé
zu den Themen Arbeitgebermodell und Persönliches Budget“ in Dortmund ein.
Im Rahmen dieses Forums wurden beispielsweise Aspekte von Führungsverhalten im Arbeitgebermodell, Kommunikationsstile und Konfliktfelder zwischen
Assistenznehmer/-in und Assistenzkraft erörtert und reflektiert. In moderierten
Gesprächen und Rollenspielen wurden Strategien für eine zielführende Kommunikation entwickelt.
durchgeführt von MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.
13
Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung
der Unterstützungs- und Beratungsangebote beim Persönlichen Budget
4. Durchführung
Im Folgenden wird zunächst eine Gesamtübersicht über die Resonanz der beteiligten
Kommunen gegeben, danach werden die Prozesse in den einzelnen Städten/Kreisen
in Bezug auf die Angebote der Voruntersuchung beschrieben. Abschließend erfolgt
die Darstellung der Resonanz auf die Serviceangebote.
4.1. Übersicht
Die nachfolgende Tabelle gibt Auskunft über die Anzahl der Menschen, die durch die
Veranstaltungen erreicht wurden. Darüber hinaus wird auch die Anzahl jener Beratungskontakte angegeben, die aufgrund der Öffentlichkeitsarbeit per Telefon oder
E-Mail aufgenommen wurden.
Ort
Auftaktveranstaltungen
Sprechstunden
Bochum
Gelsenkirchen
Lünen
Olpe
Recklinghausen
Unna
Summe
18
26
5
13
14
9
85
5
0
6
12
9
4
36
Beratungskontakte außerhalb der Sprechstunden
5
2
10
0
3
8
28
Summe
28
28
21
25
26
21
149
Tabelle 1: Übersicht der Kontakte im Zeitraum Mai bis August 2015
4.2. Stadt Bochum
In Bochum wurden 28 Bürger/-innen erreicht, davon 18 bei der Auftaktveranstaltung,
fünf in den Sprechstunden und fünf bei Beratungskontakten außerhalb der Sprechstunden.
Mit Unterstützung durch eine Lotsin für Menschen mit Behinderungen konnte der
Kontakt zur Stadtverwaltung aufgebaut werden. Die Stadt Bochum hat den Paritätischen Wohlfahrtsverband beauftragt, im „Haus der Begegnung“ Räumlichkeiten zur
Durchführung der Veranstaltung zur Verfügung zu stellen. Die Stadt Bochum erhoffte
sich durch die Veranstaltung und die nachfolgenden Beratungssprechstunden nachhaltigen Erfolg für die Umsetzung des Persönlichen Budgets für die Bochumer Bürger/-innen. Die Zusammenarbeit mit der Presse gestaltete sich schwierig. Mehrmalige Versuche, die Termine der Beratungssprechstunden zu veröffentlichen, blieben
erfolglos. Insgesamt konnten durch die Angebote der Vorstudie zehn Personen beraten werden.
Auftaktveranstaltung
Die Veranstaltung fand am 18.06.2015 von 10 bis 13 Uhr im Haus der Begegnung in
Bochum statt und war aufgrund stadtinterner Bewerbung gut besucht. Insgesamt
durchgeführt von MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.
14
Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung
der Unterstützungs- und Beratungsangebote beim Persönlichen Budget
folgten 18 Personen der Einladung. Darunter waren neun Personen aus der Verwaltung, sechs Personen aus der Behindertenhilfe und drei Personen aus anderen Zusammenhängen. Für die Stadt Bochum begrüßte Herr Eilert Winterboer (Altenhilfe
der Stadt Bochum).
Praxisbeispiel:
C. P. erläuterte, dass das Persönliche Budget ihr eine große Eigenverantwortlichkeit
geschaffen habe. Sie habe momentan sechs Minijobber, bei deren Beschäftigung sie
MOBILE e.V., hauptsächlich im Rahmen der Lohnabrechnung, unterstützt. Sie habe
vor circa neun Jahren bei einer Veranstaltung an der Uni Bochum von der Möglichkeit der Persönlichen Assistenz erfahren.
Folgende Themen/Fragen wurden während des Vortrages aufgeworfen und diskutiert:






Wer bestimmt den Hilfebedarf und wer legt diesen fest?
Beispiel für ein Persönliches Budget: Umschulungsmaßnahme.
Beispiel für ein Arbeitgebermodell aus dem Publikum: Die alleinerziehende Mutter
eines sog. geistig behinderten Kindes nutzt das Arbeitgebermodell und kann damit ihren Alltag sehr gut bewerkstelligen.
Wer stellt fest, dass Ambulant Betreutes Wohnen benötigt wird?
Feststellung: Es kommt zu Zuständigkeitsrangeleien zwischen den Kostenträgern,
insbesondere beim Trägerübergreifenden Persönlichen Budget.
Wie kann das Persönliche Budget von Menschen in einer Werkstatt für behinderte
Menschen genutzt werden?
Anschließend fand bereichsspezifischer Austausch statt. Die Mitarbeitenden der
Verwaltung traten mit der Vertreterin des Sozialamtes der Stadt Dortmund in einen
geschlossenen Austausch, während die Dienstanbieter und Betroffenen sich in
wechselnden Kleingruppen mit dem Thema befassten. Hier wurden insbesondere die
Möglichkeiten des Persönlichen Budgets im Zusammenhang mit ambulanten und
stationären Wohnformen diskutiert.
Beratungssprechstunden
Die Sprechstunden wurden von fünf Bürger/-innen aufgesucht. Auffällig ist, dass in
Bochum sowohl selbst behinderte Menschen als auch Mitarbeitende von Beratungsstellen und Leistungsanbietern die Sprechstunde aufsuchten und sich im allgemeinen über die Arbeit der „Kontaktstelle Persönliche Assistenz/Persönliches Budget“
informierten, eigene Erfahrungen schilderten sowie in einzelnen, eigenen Beratungssituationen den fachlichen Austausch mit der „Kontaktstelle Persönliche Assistenz/Persönliches Budget“ suchten.
Es zeigen sich Unterstützungsbedarfe insbesondere in den Lebensbereichen Haushaltsführung sowie Freizeitassistenz. Neben Fragen zu den grundsätzlichen Möglichkeiten, ein Persönliches Budget einzusetzen, wurden Fragen zur Anrechnung von
durchgeführt von MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.
15
Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung
der Unterstützungs- und Beratungsangebote beim Persönlichen Budget
Pflegegeld gestellt. Es ergibt sich hier der Eindruck, dass das Pflegegeld oft in das
frei verfügbare Haushaltseinkommen gedanklich mit einbezogen wird und tatsächlich
zur Deckung der allgemeinen Lebenshaltungskosten verwendet wird.
Entsprechend „fehlt“ ein auf Hilfe zur Pflege anzurechnendes Pflegegeld subjektiv
selbst dann, wenn sich am insgesamt verfügbaren Betrag der Summe nach nichts
ändert.
Weiterhin wird deutlich, dass das Persönliche Budget verbreitet für eine zusätzliche
Sozialleistung gehalten wird. Entsprechend werden Informationen zum Persönlichen
Budget in der Erwartung abgefragt, dadurch Leistungen bewilligt zu bekommen, die
bislang aufgrund nicht gegebener allgemeiner Leistungsvoraussetzungen abgelehnt
worden waren.
4.3. Stadt Gelsenkirchen
In Gelsenkirchen konnten 28 Bürger/-innen erreicht werden. Davon 26 bei der Informationsveranstaltung sowie zwei bei Beratungskontakten im Nachgang der Veranstaltung.
Gelsenkirchen konnte aus Kapazitätsgründen bzgl. verfügbarer Räumlichkeiten nicht
in die Vorstudie mit einbezogen werden. Aufgrund des großen Interesses an dem
Thema wurde hier dennoch eine Informationsveranstaltung in der Form der Auftaktveranstaltungen durchgeführt.
Seitens der Stadt Gelsenkirchen wurden die Teilnehmenden von Frau Angelika
Hoffmann, Referat Soziales, begrüßt. Aus o. g. Grund konnten keine weiteren Beratungssprechstunden angeboten werden, dennoch nutzten zwei Personen das Beratungsangebot der Voruntersuchung durch telefonische Kontaktaufnahme. Die Veranstaltung fand am 15.07.2015 in der Zeit von 14 bis17 Uhr im Hans-Sachs-Haus Gelsenkirchen statt. Im Laufe der Veranstaltung erschien ein Vertreter der örtlichen
Presse. Am 16.07.2015 wurde ein Artikel in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung
(WAZ) veröffentlicht.
Unter den 26 Anwesenden waren zwei Vertreter/-innen des MAIS, 14 Personen aus
der Verwaltung, ein Mitarbeiter der Behindertenhilfe, fünf potentielle Antragstellende
und vier Personen aus anderen unterschiedlichen Zusammenhängen.
Praxisbeispiel
B. H. nutzt Persönliche Assistenz im Rahmen des Rechtsanspruchs auf Arbeitsassistenz. Er berichtet über seinen beruflichen Alltag als Mitarbeiter in einer Behörde,
während dessen er von einer Assistenzkraft – beispielsweise durch Vorlesetätigkeiten - stundenweise unterstützt wird. Er erläutert seine Erfahrungen in Zusammenhang mit der Betriebsgründung und der Übernahme der Arbeitgeberrolle.
durchgeführt von MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.
16
Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung
der Unterstützungs- und Beratungsangebote beim Persönlichen Budget
Folgende Themen/Fragen wurden während des Vortrages aufgeworfen und diskutiert:















Ist ein Persönliches Budget zur Finanzierung eines Gebärdensprachdolmetschers oder einer -dolmetscherin für eine Beratung in einer Beratungsstelle
möglich?
Kann eine gehörlose Person ein Persönliches Budget zur Finanzierung eines
Gebärdensprachdolmetschers oder einer -dolmetscherin zur Teilnahme an einer Veranstaltung erhalten?
Können behinderte Bürger/-innen, die mit einem Ehepartner zusammen leben,
ein Persönliches Budget für eine Assistenzkraft beantragen?
Warum wird das Persönliche Budget so wenig genutzt?
Ist das Persönliche Budget auch für Menschen mit einer Suchterkrankung
denkbar?
Wer zahlt das Persönliche Budget?
Was ist der Unterschied zwischen einem Persönliches Budget und dem Pflegegeld?
Handelt es sich bei Assistenzverhältnissen um anmeldepflichtige Beschäftigungsverhältnisse?
Wie funktioniert der Rechtsweg bei Ablehnung eines Persönlichen Budgets?
Haben Kinder Anspruch auf ein Persönliches Budget, wer ist ggfls. Budgetnehmer/-in?
Kann Fachleistung gesplittet werden (z. B. drei Stunden Ambulant Betreutes
Wohnen, zwei Stunden individuelles Coaching bzw. ein WeightwatchersKurs)?
Wenn es ein Teilhabegeld geben sollte, gibt es dann noch einen Anspruch auf
ein Persönliches Budget?
Müssen Assistenzbetriebe (Arbeitgebermodelle) gewerblich angemeldete Betriebe sein?
Werden die Kosten des gesetzlichen Betreuers über das Persönliche Budget
abgedeckt?
Was ist der Unterschied zwischen dem Persönlichen Budget und der Persönlichen Assistenz?
Die Diskussion war sehr lebhaft und fand ausschließlich im Plenum statt.
4.4. Kreis Olpe
Im Kreis Olpe konnten 25 Bürger/-innen erreicht werden, davon 13 bei der Auftaktveranstaltung und 12 bei den Beratungssprechstunden.
Der Kontakt zwischen der Kontaktstelle und dem Kreis Olpe besteht bereits seit mehreren Jahren über die gute Zusammenarbeit mit der dortigen Behindertenbeauftragten und den sehr engagierten Lotsen und Lotsinnen für Menschen mit Behinderungen. Das Interesse der Presse war groß. Ein Pressetermin fand im Vorfeld der Auftaktveranstaltung statt, ein weiterer Termin, an dem eine Kundin der Kontaktstelle
durchgeführt von MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.
17
Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung
der Unterstützungs- und Beratungsangebote beim Persönlichen Budget
teilnahm, folgte. Zwei ausführliche Artikel wurden während der Veranstaltungsphase
veröffentlicht.
Auftaktveranstaltung
Die Veranstaltung fand am 11.06.2015 von 10 bis 13 Uhr im Kreishaus Olpe statt.
Die Teilnehmenden wurden durch die Behindertenbeauftragte, Frau Petra Lütticke,
begrüßt. Es nahmen 13 Personen teil, davon aus der Verwaltung sechs Personen,
aus der Behindertenhilfe vier Personen und drei potentielle Antragsteller/-innen.
Entgegen der ursprünglichen Planung konnte für diese Veranstaltung keine Person
gewonnen werden, die aus „der Praxis“ zur Persönlichen Assistenz oder zum Persönlichen Budget erzählt. Dieses wurde durch zahlreiche Beispiele der Referenten/innen aufgefangen, so dass eine lebendige Diskussion entstand.
Folgende Themen/Fragen wurden während des Vortrages aufgeworfen und diskutiert:





Wie variabel sind Zielvereinbarungen hinsichtlich möglicher Änderungen?
Zur Bemessungsgrundlage des Assistenzbedarfs: Welche Bedarfe fließen in
die Berechnung ein? Sind tatsächlich zehn, zwölf und mehr Stunden täglich
an Assistenz möglich?
Welche rechtlichen Beratungsmöglichkeiten gibt es bei der Durchsetzung des
Persönlichen Budgets?
Wie wird mit dem Mehrkostenvorbehalt nach SGB XII beim Wohnen verfahren?
Dienstleister und Verwaltung: Fragen und Diskussion bzgl. der Refinanzierung
der Unterstützung während des gesamten Budgetverfahrens (Budgetberatung).
Bereichsspezifische Gesprächsrunden wurden aufgrund des fehlenden Bedarfs nicht
durchgeführt.
Beratungssprechstunden
Insgesamt 12 Personen nutzten das Beratungsangebot. Die Behindertenbeauftragte
des Kreises Olpe stellte für die Beratungsgespräche ihr Büro zur Verfügung und
nahm an den Beratungsgesprächen aktiv teil.
Sowohl behinderte Menschen selbst als auch deren Angehörige, professionelle Unterstützungskräfte oder rechtliche Betreuer/-innen haben das Beratungsangebot genutzt. In Olpe war dabei eine große Bandbreite an bereits vorhandenen Kenntnissen
und Erfahrungen im Zusammenhang mit dem Persönlichen Budget festzustellen.
Neben Menschen ohne Vorkenntnisse, die folgerichtig allgemeine Informationen
nachfragten, waren auch Nachfragen von bereits praktizierenden Assistenznehmer/innen (teilweise als Budgetnehmer/-innen) Gegenstand der Sprechstunden. Hier
konnten Tipps zu veränderter Ausgestaltung des Persönlichen Budgets oder zu den
Besonderheiten der örtlichen Unterstützungslandschaft im Kreis Olpe gegeben werden.
durchgeführt von MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.
18
Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung
der Unterstützungs- und Beratungsangebote beim Persönlichen Budget
Überdies konnte mit einem Anbieter über die Vorteile, die das Persönliche Budget
gegenüber den klassischen Sachleistungen hat, diskutiert werden.
Dabei ging es sowohl um allgemeine Anfragen zum Persönlichen Budget, als auch
um spezielle Bedürfnisse und Bedarfslagen wie etwa Elternassistenz oder den Übergang zwischen Schule und Beruf. Ein weiterer inhaltlicher Schwerpunkt lag beim Unterstützungsbedarf im Haushalt und bei der Freizeitgestaltung.
Wiederholt wurde von der Behindertenbeauftragten auf den Behindertenfahrdienst
und lokale Unterstützungsangebote des Kreises Olpe hingewiesen. Dieser ist offenbar unter den potentiellen Nutzer/-innen nicht flächendeckend bekannt.
4.5. Kreis Recklinghausen
Im Kreis Recklinghausen konnten 26 Bürger/-innen erreicht werden. Davon 14 bei
der Auftaktveranstaltung, neun in den Sprechstunden und drei bei sonstigen Beratungskontakten. Mit dem Kreis Recklinghausen konnte ein großes Einzugsgebiet gewonnen werden. Die Einladung zum Pressegespräch wurde jedoch nicht angenommen.
Auftaktveranstaltung
Die Veranstaltung fand am 16.06.2015 von 14 bis17 Uhr im Kreishaus Recklinghausen statt. Die Teilnehmenden wurden durch Frau Sabine Fischer (Fachdienstleiterin
Seniorenangelegenheiten, Eingliederungshilfe und Betreuungsstelle) begrüßt. Insgesamt waren der Einladung 14 Personen gefolgt, davon neun Personen aus der Verwaltung, eine Person aus der Behindertenhilfe und vier Personen aus verschiedenen
sonstigen Zusammenhängen.
Praxisbeispiel
E. K. erzählt, dass er lediglich acht Stunden Assistenz täglich bewilligt bekommen
hat, obwohl ein Rund-um-die-Uhr-Assistenzbedarf vorliegt. Da er derzeit noch bei
seinen Eltern wohnt und diese die Pflege und Teile der Haushaltsführung übernehmen, reicht ihm dieser Umfang z.Zt. noch aus. Mittelfristig möchte er in eine eigene
Wohnung ziehen und die Unterstützung durch Assistenz erhöhen.
Folgende Themen/Fragen wurden während des Vortrages aufgeworfen und diskutiert:






Gilt die Leistungsform des Persönlichen Budgets auch für alte Menschen?
Können mittels des Persönlichen Budgets Pflegekräfte aus Osteuropa finanziert werden?
Wie kann Beratung finanziert werden?
Ist Ambulant Betreutes Wohnen budgetfähig?
Ist das Arbeitgebermodell auch für sog. geistig behinderte Menschen möglich?
Gibt es ein Recht auf Assistenz im Urlaub?
durchgeführt von MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.
19
Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung
der Unterstützungs- und Beratungsangebote beim Persönlichen Budget
Im Anschluss an die Diskussion gab es Bedarf an Einzelberatungen.
Bereichsspezifischer Austausch wurde nicht gewünscht.
Beratungssprechstunden
Nach wiederholter Aufforderung durch die Projektleitung wurden die Beratungstermine in der Lokalpresse angekündigt. Im Kreis Recklinghausen nutzten neun Personen
das Angebot der Sprechstunden.
Die Anfragen aus dem Kreis Recklinghausen kamen überwiegend von behinderten
Menschen. Sie reichten von allgemeinen Auskünften über konkrete Bedarfe nach
Unterstützung im Haushalt und bei der Freizeitgestaltung bis hin zu Fragen nach
konkreten Assistenzdienstleistungsunternehmen.
Besonders häufig wurde nach Unterstützung im Haushalt gefragt. Diese wäre i. d. R.
beim Sozialhilfeträger als „Hilfe zur Weiterführung des Haushalts“ zu beantragen. Die
Möglichkeit, durch den Sozialhilfeträger Haushaltsunterstützung finanziert zu bekommen, scheint - unabhängig von der Nutzung eines Persönlichen Budgets - zu
wenig bekannt zu sein.
4.6. Kreis Unna
Im Kreis Unna konnten insgesamt 42 Bürger/-innen erreicht werden. Davon 14 bei
den Auftaktveranstaltungen, 10 bei den Sprechstunden sowie 18 bei sonstigen Beratungskontakten.
Die Angebote der Voruntersuchung wurden interessiert aufgenommen. Aufgrund der
Größe des Kreises Unna wurden zwei Standorte für die Angebote gewählt. Die Auftaktveranstaltungen und Beratungssprechstunden fanden jeweils in Unna und in Lünen statt. Auf die Veranstaltungen wurde in der Lokalpresse und im Rundfunk hingewiesen.
Zusätzlich zu den im Vorfeld geplanten Sprechstunden wurde die Kontaktstelle für
einen Vortrag über das Persönliche Budget mit anschließendem Erfahrungsaustausch vom Team des Ambulant Betreuten Wohnens des Vereins „Integra“ aus Unna
angefragt. Die „Psychosoziale Arbeitsgemeinschaft - Fachgruppe für die Belange von
Menschen mit Behinderung“ sowie die „Psychosoziale Arbeitsgemeinschaft – Fachgruppe Psychiatrie“ des Kreises Unna zeigten ebenfalls Interesse an einem Vortrag
mit anschließendem Erfahrungsaustausch. Diese und weitere zusätzlich durchgeführte Veranstaltungen werden im Kapitel „4.8.Weitere Veranstaltungen“ beschrieben.
Auftaktveranstaltung Unna
Die Veranstaltung fand am 15.06.2015 im Gesundheitshaus Unna von 14 bis17 Uhr
statt. Insgesamt waren neun Zuhörer/-innen anwesend, davon zwei Personen aus
der Verwaltung, drei Vertreter/-innen der Behindertenhilfe und drei potentielle Antragsteller/-innen sowie eine weitere Person.
Die Anwesenden wurden von Frau Gabriele Olbrich-Steiner (Behindertenbeauftragte
des Kreises Unna) begrüßt.
durchgeführt von MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.
20
Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung
der Unterstützungs- und Beratungsangebote beim Persönlichen Budget
Praxisbeispiel
E.M. lebt mit ihrem sog. geistig behinderten erwachsenen Sohn alleine und nutzt das
Persönliche Budget dazu, Personen im Arbeitgebermodell zu beschäftigen, die ihren
Sohn zeitweise begleiten und ihm so ermöglichen, einen Teil seiner Freizeit unabhängig von ihr zu gestalten. Damit gewinnt auch sie Freiraum für eigene Aktivitäten.
Sie verwaltet das Persönliche Budget für Ihren Sohn.
Folgende Themen/Fragen wurden während des Vortrages aufgeworfen und diskutiert:







Welche Rechte und Pflichten haben Budgetnehmer/-innen?
Gestaltung des Persönlichen Budgets, hier: Mischung zwischen ambulanter
und selbstorganisierter Hilfe.
Sind Kosten für Gebärdensprachdolmetscher/-innen über ein Persönliches
Budget finanzierbar?
Fragen zu Art, Höhe und Form von Unterstützungsleistungen: Voraussetzungen für die Assistenzkräfte.
Welche Anspruchsvoraussetzungen gelten?
Erörterung von Interessenskonflikten bei der Beratung zum Persönlichen
Budget.
Fragen zu fundierten Zahlen über die Häufigkeit der Nutzung des Persönlichen Budgets.
Das Thema ist insgesamt auf großes Interesse gestoßen. Über einen Vertreter des
Behindertenbeirates wurde die Thematik auch in die regionalen Arbeitskreise weitergegeben. Bereichsspezifische Gesprächsrunden fanden nicht statt.
Beratungssprechstunden Unna
Insgesamt nutzten vier Personen die Sprechstunden in Unna. Acht weitere meldeten
sich per Telefon oder E-Mail. Die Anfragen kamen überwiegend von behinderten
Menschen selbst bzw. den unterstützenden Eltern, in Einzelfällen auch von Leistungsanbietern. Die gute Nachfrage dürfte maßgeblich an der guten Presseresonanz,
einem Radio-Interview einer Multiplikatorin und an der guten Vernetzung der behinderten Menschen untereinander liegen. Überwiegend wurden Bedarfe nach Unterstützung im Haushalt und bei der Freizeitgestaltung benannt.
Auftaktveranstaltung in Lünen
Die Veranstaltung im Gesundheitshaus Lünen fand am 29.06.2015 von 14 bis 17 Uhr
statt. Die Anwesenden wurden von Frau Gabriele Olbrich-Steiner (Behindertenbeauftragte des Kreises Unna) begrüßt. Vermutlich aufgrund des sehr heißen Sommertages – die Temperaturen lagen weit über 30 Grad – war diese Informationsveranstaltung vergleichsweise gering besucht. So konnten dort fünf Teilnehmer/-innen begrüßt
werden, davon eine Mitarbeiterin aus der Verwaltung, zwei Personen von Seiten der
durchgeführt von MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.
21
Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung
der Unterstützungs- und Beratungsangebote beim Persönlichen Budget
Leistungsanbieter sowie eine Budgetnehmerin und eine Persönliche Assistenzkraft.
Die Diskussion verlief trotz kleiner Runde sehr rege und engagiert.
Praxisbeispiel
M.S. erzählte, dass sie momentan vier Assistenzkräfte beschäftige und durch das
Arbeitgebermodell es ihr wieder möglich geworden sei, am gesellschaftlichen Leben
teilzuhaben.
Der erstmalige Antrag auf ein Persönliches Budget sei kompliziert zu stellen, da viele
Formulare ausgefüllt werden müssten. Die Bedarfserhebung zum Persönlichen
Budget sei in ihrer Erinnerung viel angenehmer gewesen als die des MDK. Insgesamt erlebe sie die Unterstützung durch selbstorganisierte Persönliche Assistenz als
große Bereicherung.
Folgende Themen/Fragen wurden während des Vortrages aufgeworfen und diskutiert:








Wie kann die Deckung des Unterstützungsbedarfs bei der Antragstellung auf ein
Persönliches Budget bei unterschiedlichen persönlichen Fähigkeiten der Antragsteller/-innen gewährleistet werden?
Fragen zum Umgang mit unterschiedlichem Unterstützungsbedarf an Werktagen
und Wochenenden.
Gibt es eine besondere Unterstützung bei der Antragstellung für behinderte Jugendliche?
Warum beteiligen sich die Pflegekassen nur in Form von Gutscheinen an der
Leistungsform des Persönlichen Budgets?
Diskussion zur Qualitätssicherung beim Persönlichen Budget.
Die Mitarbeiterin eines Dienstanbieters erläutert, dass das Persönliche Budget
für sie einen hohen Zeitaufwand erfordern würde.
Erfahrungen zeigen: Dienstleister beraten unzureichend oder gar nicht zum
Thema.
Forderung: Bedarfsfeststellung muss angemessen sein.
Ein bereichsspezifischer Austausch wurde nicht eingefordert.
Beratungssprechstunden Lünen
Die Sprechstunden wurden von sechs Personen wahrgenommen und meist von Angehörigen der behinderten Menschen aufgesucht, seien es Eltern, die Unterstützungsmöglichkeiten für ihre Kinder in privaten oder beruflichen Zusammenhängen
suchen, seien es Kinder auf der Suche nach Möglichkeiten, die Pflege ihrer betagten
Eltern sicherzustellen. Zehn weitere Anfragen erreichten die Kontaktstelle per Telefon und E-Mail.
durchgeführt von MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.
22
Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung
der Unterstützungs- und Beratungsangebote beim Persönlichen Budget
Inhaltlich bezogen sich alle Anfragen weit überwiegend auf Unterstützung im Haushalt, bei der Pflege sowie auf Begleitung zu Besorgungen außer Haus bzw. bei Freizeitaktivitäten.
4.7. Serviceangebote





Stammtisch für Assistenz- bzw. Budgetnehmer/-innen
Insgesamt konnten zu den in Dortmund stattfindenden Terminen vier Teilnehmer/-innen begrüßt werden, davon zwei aus Dortmund und zwei weitere aus
Bochum und Schwelm (Ennepe-Ruhr-Kreis).
Stammtisch für Assistenzkräfte
Die Termine wurden insgesamt von sieben Teilnehmer/-innen besucht, davon
fünf Besuche aus Dortmund und zwei aus Schwerte (Kreis Unna).
Informationstreffen für Interessenten/-innen für die Tätigkeit als Persönliche Assistenzkraft
Von den sieben Teilnehmer/-innen stammten vier aus Dortmund sowie drei
aus Bochum, Hagen und Unna.
Informationen zum Lohnabrechnungsservice
Die Information zu diesem Angebot der Kontaktstelle als Element der „Beratung aus einer Hand“ wurde im Rahmen der Auftaktveranstaltungen und
Sprechstunden durchweg positiv durch die Teilnehmer/-innen bewertet.
Schulung für Assistenz- und Budgetnehmer/-innen
Zum „Beratungscafé zu den Themen Arbeitgebermodell und Persönliches
Budget“ konnten drei Teilnehmer/-innen begrüßt werden. Diese stammten aus
Dortmund, Greven (Kreis Steinfurt) und Münster.
4.8. Weitere Veranstaltungen


Kreis Unna
Zusätzlich zu den im Vorfeld geplanten Informationsveranstaltungen/Sprechstunden wurde die Kontaktstelle für einen Vortrag über das Persönliche Budget mit anschließendem Erfahrungsaustausch vom Team des
Ambulant Betreuten Wohnens des Vereins „Integra“ aus Unna angefragt.
Drei Mitarbeiter/-innen des Dienstes besuchten die Kontaktstelle am
05.08.2015. Der thematische Schwerpunkt lag auf Fragestellungen zu den
Möglichkeiten eines Persönlichen Budgets für Bürger/-innen mit Abhängigkeitserkrankungen bzw. Doppeldiagnose sowie den möglichen damit zusammenhängenden Aufgaben einer gesetzlichen Betreuungsperson.
Einer Einladung der „Psychosozialen Arbeitsgemeinschaft - Fachgruppe
für die Belange von Menschen mit Behinderung“ des Kreises Unna folgte
die Kontaktstelle am 07.09.2015. 15 Teilnehmer/-innen aus dem Umfeld der
Arbeit mit behinderten Menschen informierten sich bei Vortrag und Diskussion
zu unterschiedlichen Aspekten des Persönlichen Budgets und Persönlicher
Assistenz im Arbeitgebermodell.
durchgeführt von MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.
23
Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung
der Unterstützungs- und Beratungsangebote beim Persönlichen Budget



Für den 23.09.2015 lud die „Psychosoziale Arbeitsgemeinschaft – Fachgruppe Psychiatrie“ zu Vortrag und Diskussion ein. Mit 16 Teilnehmer/-innen
- Akteuren aus Arbeitsfeldern zur Unterstützung von Bürger/-innen mit Psychiatrieerfahrung – wurde im Anschluss an den Vortrag über Chancen und Risiken der Nutzung eines Persönlichen Budgets durch Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen diskutiert.
Hochsauerlandkreis
Angeregt durch eine Beratungskundin der „Kontaktstelle Persönliche Assistenz/Persönliches Budget“ wurde ein Abendvortrag mit Raum für Fragen und
Diskussion zum Persönlichen Budget/zur Persönlichen Assistenz in der
Sauerlandklinik in Sundern-Hachen veranstaltet. Die neurologische Akutklinik
ist auf die Diagnostik und Behandlung von Multipler Sklerose spezialisiert.
U. a. berichtete die Kundin über ihre positiven Erfahrungen als Arbeitgeberin
ihrer vier Persönlichen Assistenzkräfte und fungierte hiermit als Modell zur
Ermutigung der ca. 60 Zuhörer/-innen im Hinblick auf selbstorganisierte Hilfen
im Alltag.
Kreis Paderborn
Am 14.10.2015 hielt die Kontaktstelle in Kooperation mit der Beratungsstelle
„Studium mit Beeinträchtigung“ der Universität Paderborn und der „Koordinierungsstelle für Inklusion“ der Stadt Paderborn einen Vortrag zum
Themenschwerpunkt Arbeitsassistenz. 16 Teilnehmer/-innen aus Selbsthilfe,
Beratungsstellen und Verwaltung informierten sich über die personelle Unterstützung für behinderte Menschen in Praktika, Ausbildung oder Beruf.
durchgeführt von MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.
24
Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung
der Unterstützungs- und Beratungsangebote beim Persönlichen Budget
5. Fazit
Auch Jahre nach Einführung des Rechtsanspruchs auf ein Persönliches Budget Anfang 2008 sind Möglichkeiten und Voraussetzungen noch nicht hinreichend bekannt.
Die auf die Auftaktveranstaltungen folgenden Beratungsanfragen aus den Sprechstunden vor Ort sowie die telefonischen Anfragen zeigen einen vielfältigen Beratungsbedarf mit deutlichen Schwerpunkten in den Bereichen „Unterstützung bei der
Haushaltsführung“ sowie „Begleitung in der Freizeit“.
Ziel der Voruntersuchung war es, sowohl behinderte Menschen und ihre Angehörigen als auch Anbieter der Behindertenhilfe und Verwaltungsmitarbeitende der Kommunen über die Möglichkeiten des Persönlichen Budgets zu informieren.
Der Bedarf an Information zur Umsetzung des Persönlichen Budgets ist auf Seiten
aller Beteiligten groß und die Angebote wurden überwiegend gut angenommen.
Die Presse- und Medienresonanz auf die Presseeinladungen und -mitteilungen bezüglich der Voruntersuchung war durchaus unterschiedlich, wird rückblickend aber
als insgesamt positiv bewertet. Darüber hinaus wurden Netzwerke vor Ort genutzt,
um auf die Veranstaltungen hinzuweisen. Insgesamt wurden mit den Veranstaltungen 149 Menschen erreicht, darunter auch solche, die per Telefon oder E-Mail Kontakt aufgenommen hatten. Davon haben 85 Menschen die Auftaktveranstaltungen
besucht und 36 die Sprechstunden. Zusätzlich sind außerhalb der Sprechstunden 28
Beratungskontakte entstanden.
Die weitaus überwiegenden Anfragen wurden von Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen gestellt, vereinzelt auch von Menschen mit Sinnesbeeinträchtigungen.
Soweit Unterstützungsmöglichkeiten für Menschen mit sog. geistiger Behinderung
abgefragt worden sind, erfolgte dies i.d.R. durch Angehörige oder professionelle Unterstützungskräfte. Menschen mit psychischen Erkrankungen haben die Sprechstunden kaum wahrgenommen. Auch telefonische Anfragen beziehen sich nur selten auf
psychische Beeinträchtigungen.
Es wurde deutlich, dass sowohl Fach- als auch Erfahrungswissen erforderlich sind,
um eine fundierte Budgetberatung anbieten zu können.
Dieses Wissen ist in den Kommunen noch nicht oder nicht ausreichend vorhanden.
Das Informationsdefizit führt zu Verunsicherung und Vermeidung der Anwendung
des Persönlichen Budgets. Das Fehlen praktischer Erfahrungen verstärkt diesen
Prozess. Notwendig wäre hier eine (kosten-)intensive Schulung der Verwaltungsmitarbeitenden und Beratenden zum Persönlichen Budget, um dieses Instrument für die
Bürger/-innen nutzbar zu machen.
Gleichzeitig stellt die Beratung und Abwicklung des Persönlichen Budgets nur einen
kleinen Teilbereich der Aufgaben der Verwaltungsmitarbeitenden dar.
Zur Sicherstellung der Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Persönliches Budget
könnte mittelfristig auch eine überregionale Beratungsstelle, die den Bedarf mehrerer
durchgeführt von MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.
25
Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung
der Unterstützungs- und Beratungsangebote beim Persönlichen Budget
Kommunen abdeckt, dienen. Die Teilfinanzierung einer überregionalen Beratungsstelle zum Persönlichen Budget durch die Kreise und Städte würde die qualitative
Beratung in den Kommunen sicherstellen. Allerdings übersteigt die dazu erforderliche
langfristige Finanzierung der Beratung zum Persönlichen Budget nach eigenen Angaben die finanziellen Ressourcen der Kooperationspartner.
Im Folgenden wird der im Rahmen der Voruntersuchung ermittelte Informationsbedarf der einzelnen Beteiligten dargestellt. Zwischen den einzelnen Gruppen gibt es
durchaus Überschneidungen. Die Darstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, da mit der Vorstudie nur ein kleiner, nicht repräsentativer Personenkreis erreicht wurde.
5.1. Informationsbedarf der potentiellen Budgetnehmer/innen
Auf Seiten der behinderten Menschen als potentielle Nutzer/-innen Persönlicher
Budgets findet sich verbreitet die Auffassung, es handele sich um eine neue einkommensunabhängige Geldleistung, mit der die Finanzierung bisher nicht gedeckter
Unterstützung bei Hilfebedarf erfolgen könne.
Auch dort, wo generell ein Persönliches Budget möglich wäre, wird aus Mangel an
Information und Erfahrung oft auf die klassische Sachleistung zurückgegriffen. Ursache hierfür liegt sicher in der bisher vorliegenden Gesetzessystematik und der dort
beschriebenen unterstützungsfähigen Hilfebedarfe. Die Loslösung von dieser Systematik ermöglicht die Entwicklung neuer Unterstützungsmöglichkeiten. Dies spräche
dann im Gegenteil für einen noch umfangreicheren Beratungsbedarf zu den Möglichkeiten des Persönlichen Budgets.
Aus dem Wunsch, sich über die Möglichkeiten Persönlicher Budgets zu informieren,
entstehen Erstkontakte, auch wenn diese nicht immer zu Anträgen auf Persönliche
Budgets führen. Viele der auf den Auftaktveranstaltungen gestellten Fragen bezogen
sich auf die persönlichen Voraussetzungen, die ein/e Budgetnehmer/-in erfüllen
muss. Aspekte waren dabei das Lebensalter, Form und Schwere der Beeinträchtigung, die Fähigkeit, selbst das Budget verwalten zu können oder das Verhältnis zur
gesetzlichen Betreuung. Im Anhang sind die aufgeworfenen Fragen in einer Liste
häufig gestellter Fragen mit den dazugehörenden Antworten dargestellt.
Ein zweiter Komplex von Fragen betraf einzelne Leistungen, insbesondere Kosten
für Gebärdensprachdolmetscher/-innen, ein dritter Bereich waren Fragen zum Verfahren.
Die angebotenen Sprechstunden waren oft der erste Kontakt der Ratsuchenden mit
dem Thema „Persönliches Budget“, häufig sogar ein erster Kontakt, an dem überhaupt Unterstützung bei der Gestaltung des (eigenen) Alltags organisiert werden soll.
Beratungsbedarf besteht regelmäßig bereits bei den Voraussetzungen für die entsprechenden Sachleistungen.
durchgeführt von MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.
26
Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung
der Unterstützungs- und Beratungsangebote beim Persönlichen Budget
Häufig ist die Meinung anzutreffen, aufgrund von Einkommen „über dem Sozialhilfesatz“ bestehe „kein Anspruch auf Leistungen“. Zum einen sind bestehende Absetzungsmöglichkeiten kaum bekannt. Zum anderen wird nicht berücksichtigt, dass
selbst bei einzusetzendem Einkommen oberhalb des Freibetrages, lediglich ein angemessener Eigenanteil verlangt wird, was Leistungen in der Regel nicht völlig ausschließt.
Mit Abstrichen gilt dies auch für Vermögenswerte. Tatsächlich führen Vermögenswerte erfahrungsgemäß häufiger als Einkommen dazu, dass Leistungsanträge völlig abgelehnt werden.
Sind die allgemeinen Freibeträge für Barvermögen oft noch bekannt, gilt dies weit
weniger für Schonvermögen (praktisch wichtig vor allem selbst genutztes Wohneigentum in gewissen Grenzen). Gesetzliche Vorschriften über Schonvermögen, die
den Aufbau einer Altersvorsorge ermöglichen sollen, waren bei den ratsuchenden
Menschen praktisch nicht bekannt und werden im Übrigen auch seitens der Sozialhilfeträger nicht offensiv bekannt gemacht.
Oft werden in den Beratungsgesprächen neben Unsicherheiten, wie das Persönliche
Budget umgesetzt werden kann, vorrangig Unsicherheiten bei der Frage deutlich, ob
überhaupt eine Unterstützungsleistung in Anspruch genommen werden soll und ggf.
in welchem Umfang. Die Gespräche enden häufig unverbindlich mit dem Hinweis,
man werde sich bei Bedarf wieder mit der Kontaktstelle in Verbindung setzen.
So werden recht häufig ausdrücklich Haushaltshilfen und Begleitungen in der Freizeit
gewünscht, eine konkrete Antragstellung erfolgt selten nach den ersten Gesprächen.
In vier Situationen kam es bisher zu konkreten Anträgen.
Ob dies tatsächlich auf verbleibenden Unsicherheiten bzw. Zweifeln beruht, oder vielleicht im Gegenteil auf vollumfänglicher Information, die zur selbstständigen Antragstellung ohne Rückfragen befähigt, ist allerdings nicht zu ermitteln.
5.2. Informationsbedarf der Verwaltung
In der Sozialverwaltung ist der Begriff des Persönlichen Budgets als Schlagwort regelmäßig aufgetaucht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass diejenigen Mitarbeitenden
der Verwaltung, die die Auftaktveranstaltungen und/oder Sprechstunden besucht haben, mit dem Persönlichen Budget überdurchschnittlich oft in Berührung gekommen
sein dürften. Mangelnde Erfahrung im praktischen Umgang führen jedoch auch dort
dazu, das Persönliche Budget als Leistungsform zu vermeiden.
Auch da, wo das Persönliche Budget als mögliche Leistungsform in den Köpfen präsent ist, wird überwiegend auf klassische Sachleistungsformen zurückgegriffen.
Selbst wenn vom behinderten Menschen ausdrücklich die Leistung in Form eines
Persönlichen Budgets verlangt wird, werden oft zunächst einmal Argumente gesucht,
weshalb die geäußerten Bedarfe einfacher durch klassische Sachleistungen erbracht
werden könnten und ein Persönliches Budget nicht erforderlich sei. Bei den Auftaktdurchgeführt von MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.
27
Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung
der Unterstützungs- und Beratungsangebote beim Persönlichen Budget
veranstaltungen ergaben sich von Seiten der Verwaltung Fragen, die ihren Hintergrund offenbar in konkreten Beratungssituationen bzw. Antragsverfahren haben. So
war von Interesse, ob bestimmte Leistungen über ein Persönliches Budget zu finanzieren seien (Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens, Gebärdensprachdolmetscher/-innen) oder ob Leistungen des Persönlichen Budgets für bestimmte Zielgruppen zugänglich bzw. zweckmäßig seien (Menschen mit Suchterkrankungen).
Weitere Fragen betrafen das Verfahren der Zielvereinbarung, insbesondere die Möglichkeit, bestehende Zielvereinbarungen anzupassen, sowie die Ursachen, weswegen Persönliche Budgets recht wenig genutzt würden.
Bei den Sprechstunden kamen von Mitarbeitenden der Verwaltungen Zuständigkeitsfragen zur Sprache, insbesondere, wie Zuständigkeiten der örtlichen und der überörtlichen Sozialhilfeträger abgegrenzt würden. Außerdem ergaben sich Diskussionen
über die Rolle von Richtlinien, die einerseits als stabilisierend, andererseits aber
auch als begrenzend erlebt werden.
Auffallend ist, dass sich im Rahmen der Auftaktveranstaltungen zunächst ein geringer Beratungsbedarf bei den Verwaltungsmitarbeitenden abzeichnete. Im Laufe des
Projektzeitraumes nutzten die Beteiligten Kommunen dann bei konkreten Anträgen
die Austauschmöglichkeit mit dem Sozialamt Dortmund.
5.3. Informationsbedarf der Leistungsanbieter
Erfreulicherweise haben auch Leistungsanbieter die Gelegenheit genutzt, Möglichkeiten des Persönlichen Budgets als Fortentwicklung ihres Leistungsangebotes in
Betracht zu ziehen.
Hervorzuheben sind hier insbesondere die Anfragen einzelner Anbieter nach Schulungen ganzer Teams. Hier wurden konkrete Fortbildungs- und Informationsbedarfe
ersichtlich. Denkbar wäre z. B., Standards zu entwickeln für den Ablauf eines Zielvereinbarungsgespräches, für eine Zielvereinbarung und einen Musterbescheid.
Inwieweit sich auch diejenigen Leistungsanbieter dem Persönlichen Budget öffnen,
die bereits seit Jahrzehnten bestehende Verfahren und Strukturen aufgebaut haben
(z.B. Werkstätten für behinderte Menschen) bleibt abzuwarten.
Speziell aus Anbietersicht kamen Fragen auf, ob Persönliche Budgets mit klassischen Finanzierungen von Sachleistungen kombinierbar sind. Außerdem wurden
Ideen geäußert, die Unterstützung eines behinderten Menschen über mehrere Dienstanbieter gemeinsam abzudecken. In diesem Zusammenhang stellte sich wiederum
die Frage, wie verschiedene Finanzierungen in einem einzigen Persönlichen Budget
gebündelt werden können.
Weiterhin wurde das Verhältnis von Persönlichen Budgets zu einem möglichen Bundesteilhabegeld erfragt.
durchgeführt von MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.
28
Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung
der Unterstützungs- und Beratungsangebote beim Persönlichen Budget
Die Informationsanfragen außerhalb der Auftaktveranstaltungen betrafen in der Regel Einzelsituationen von Kunden/-innen der Dienstleister. Die Informationsbedürfnisse waren insoweit vergleichbar mit den oben geschilderten Informationsbedürfnissen
der potentiellen Budgetnehmer/-innen.
Überdies wurden im Laufe des Projektes von einigen Anbietern Wünsche geäußert,
ganze Teams über die Möglichkeiten des Persönlichen Budgets zu informieren. Eine
entsprechende Veranstaltung hat in einer Kommune inzwischen stattgefunden.
5.4. Serviceangebote
Die in Dortmund durchgeführten Angebote wurden im Gegensatz zu den Informationsveranstaltungen und Beratungssprechstunden vor Ort von den Bürger/-innen aus
den Kreisen Olpe, Recklinghausen und Unna sowie der Städte Bochum und Gelsenkirchen mit Zurückhaltung bzw. gar nicht angenommen. Eine mögliche Ursache
könnte an der Entfernung zu Dortmund gelegen haben, die insbesondere auch für
mobilitätsbeeinträchtigte Menschen eine Barriere darstellen kann.
Zudem war es nicht gelungen, die Dortmunder Termine in den jeweiligen Lokalteilen
der Tageszeitungen und Anzeigenblätter zu platzieren, so dass die Öffentlichkeitsarbeit diesbezüglich auf die Verbreitung über die elektronischen Medien beschränkt
bleiben musste.
durchgeführt von MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.
29
Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung
der Unterstützungs- und Beratungsangebote beim Persönlichen Budget
6. Ausblick
Die Nutzung des Persönlichen Budgets ist auch viele Jahre nach seiner Einführung
sehr gering. Der Gesetzgeber hat mit der Einführung dieser Leistungsform auf die
Forderungen der behinderten Menschen nach mehr Selbstbestimmung und Flexibilität in der Lebensgestaltung reagiert. Die Qualität der kommunalen Beratung zum
Thema „Persönliches Budget“ ist jedoch immer noch abhängig vom Fach- und Erfahrungswissen der im konkreten Falle zuständigen Sachbearbeitung. Angesichts einer
behördlichen Beratungsverpflichtung zu Sozialleistungen wäre flächendeckend eine
einheitliche, hohe Beratungsqualität sicherzustellen.
Es zeigt sich erheblicher Informationsbedarf sowohl auf Seiten der potentiellen
Budgetnehmer/-innen als auch auf Seiten der Mitarbeitenden in Verwaltung und bei
Anbietern. Dieses Informationsdefizit kann als eine Ursache für die geringe Nutzung
des Persönlichen Budgets gesehen werden. Auch wurde bisher wenig konkrete Werbung für diese Leistungsform gemacht. Die Faktoren Informationsdefizit, das Fehlen
offensiver Bewerbung und fehlende praktische Erfahrung bedingen sich gegenseitig.
Flächendeckend dürfte diese Situation kurzfristig kaum zu beheben sein. Empfehlenswert erscheint es daher, in einer überregionalen gemeinsamen Beratungsstelle
Fach- und Erfahrungswissen zu sammeln und von dort aus schrittweise in die Regionen zu tragen.
Die bei MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V. angesiedelte „Kontaktstelle Persönliche Assistenz/Persönliches Budget“ kooperiert seit mehreren Jahren
erfolgreich mit der Stadt Dortmund und den Mitarbeitenden des dortigen Sozialamtes.
Dadurch und durch die langjährige Unterstützung von Menschen, die das Arbeitgebermodell umsetzen, verfügt sie über das notwendige Fachwissen für diese Aufgabe.
Zur langfristigen Sicherstellung dieses Beratungsangebotes ist die zusätzliche Erschließung finanzieller Mittel notwendig.
durchgeführt von MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.
30
Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung
der Unterstützungs- und Beratungsangebote beim Persönlichen Budget
7. Zusammenfassung
Die Stadt Dortmund hat die bei MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.
angesiedelte „Kontaktstelle Persönliche Assistenz/Persönliches Budget“ mit finanzieller Unterstützung des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales NRW beauftragt, die Qualität und Quantität bestehender Beratungsangebote zum Thema Persönliches Budget in ausgewählten westfälischen Kreisen/Städten zu prüfen. Angedacht ist, die Kontaktstelle zu einer von mehreren Kreisen/Städten finanzierten regionalen Anlaufstelle zu Fragen des Persönlichen Budgets auszubauen.
Die Leistungsform des Persönlichen Budgets stärkt die Autonomie behinderter Menschen, indem ihnen einerseits Gestaltungsmacht und andererseits Verantwortlichkeit
bei der Abdeckung ihrer Unterstützungsbedarfe zukommt.
Im Zeitraum Mai bis August 2015 wurden in fünf Kommunen Informationsveranstaltungen zum Persönlichen Budget durchgeführt. Weiterhin wurden in vier der fünf
Kommunen regelmäßige Sprechstunden abgehalten und umfangreich beworben.
Weiterhin wurden die traditionell für Dortmunder Bürger/-innen bestehenden Angebote der Kontaktstelle im Projektzeitraum für die Bürger/-innen weiterer Kreise/Städte
geöffnet.
Das gegenüber dem klassischen Sachleistungssystem veränderte Rollenverständnis,
neue Verfahren, fehlende Information und fehlende Erfahrung führen zu Unsicherheiten bei den behinderten Menschen, den Mitarbeitenden der Sozialverwaltung sowie
den Mitarbeitenden der Leistungsanbieter.
Die Möglichkeiten und Voraussetzungen eines Persönlichen Budgets sind noch nicht
in wünschenswertem Umfang bekannt. Als Schlagwort führt es allerdings zunehmend
dazu, dass behinderte Menschen sich mit ihren Bedürfnissen nach Unterstützung
auseinandersetzen.
Mitarbeitende der Sozialverwaltungen verfügen über einzelne Erfahrungen im Umgang mit Persönlichen Budgets.
Leistungsanbieter beginnen, sich für die Möglichkeiten Persönlicher Budgets zu öffnen. Ihnen sind verstärkt die eigenen Vorteile aufzuzeigen, die entstehen, wenn sie
Leistungen als Bestandteile Persönlicher Budgets abrechnen.
Der Fortbildungs- und Beratungsbedarf bzgl. des Persönlichen Budget ist bei Verwaltungsmitarbeitenden und Dienstanbietern immens. Fehlende Erfahrungen und Informationen führen dazu, dass das Instrument „Persönliches Budget“ nur selten eingesetzt wird und der mit ihm verbundene Zweck, die Flexibilisierung von Hilfen sowie
Stärkung der Eigenverantwortung behinderter Menschen kaum erreicht wird.
Zielführend wäre, die Kontaktstelle zu einer überkommunalen Beratungs- und Informationsstelle zum Persönlichen Budget für die Kommunen in Westfalen-Lippe auszubauen.
durchgeführt von MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.
31
Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung
der Unterstützungs- und Beratungsangebote beim Persönlichen Budget
8. Literatur
Schlebrowski, Dorothée; Schäfers, Markus; Wansing, Gudrun: Abschlussbericht der
Technischen Universität Dortmund zum Forschungsprojekt PerLe 3 – Persönliches
Budget im Leistungsmix – Neues Wohnen für Menschen mit geistiger Behinderung
zwischen stationärem Setting, ambulanten Leistungen und informellen Hilfen, Dortmund 2009.
Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.): Forschungsbericht Umsetzung
und Akzeptanz des Persönlichen Budgets – Endbericht -, Bonn 2013.
Der Paritätische Rheinland-Pfalz/Saarland e.V.: Zukunft gestalten. Das Persönliche
Budget umsetzen – Chancen für Dienstleister, Saarbrücken 2009.
durchgeführt von MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.
32
Anhang
I.
Präsentation der Auftaktveranstaltungen
II.
Häufig gestellte Fragen
III.
Referenzflyer Kommune
IV.
Pressespiegel
Voruntersuchung
zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung der
Unterstützungs- und Beratungsangebote beim
Persönlichen Budget
.
33
I.
Präsentation
Voruntersuchung
zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung der
Unterstützungs- und Beratungsangebote beim
Persönlichen Budget
Voruntersuchung der inhaltlichen und
räumlichen[...]Beratung beim Persönlichen
Budget
13.11.2015
Selbstbestimmt Leben
mit
Persönlichem Budget
Präsentation der Auftaktveranstaltungen
©MOBILE – Selbstbestimmtes Leben
Behinderter e. V.
1
Persönliche Assistenz im
Arbeitgebermodell
©MOBILE – Selbstbestimmtes Leben
Behinderter e. V.
durchgeführt von MOBILE Selbstbestimmtes Leben Behidnerter e.V.
2
1
Voruntersuchung der inhaltlichen und
räumlichen[...]Beratung beim Persönlichen
Budget
13.11.2015
Der behinderte Mensch
als Arbeitgeber/-in
• Personalkompetenz
• Anleitungskompetenz
• Organisationskompetenz
• Finanzkompetenz
©MOBILE – Selbstbestimmtes Leben
Behinderter e. V.
3
Das Spektrum der
Persönlichen Assistenz
• Pflege/Haushalt
• Freizeit
• Schule/Studium
• Ausbildung/Beruf
©MOBILE – Selbstbestimmtes Leben
Behinderter e. V.
durchgeführt von MOBILE Selbstbestimmtes Leben Behidnerter e.V.
4
2
Voruntersuchung der inhaltlichen und
räumlichen[...]Beratung beim Persönlichen
Budget
13.11.2015
Assistenz-Kostenträger
• Pflegeversicherung (PA)
• evtl. Einkommen u. Vermögen (PA)
• Örtlicher bzw. überörtlicher Sozialhilfeträger (PA)
• Bundesagentur für Arbeit (AA)
• Integrationsamt (AA)
©MOBILE – Selbstbestimmtes Leben
Behinderter e. V.
5
Kontaktstelle
Persönliche Assistenz/
Persönliches Budget
©MOBILE – Selbstbestimmtes Leben
Behinderter e. V.
durchgeführt von MOBILE Selbstbestimmtes Leben Behidnerter e.V.
6
3
Voruntersuchung der inhaltlichen und
räumlichen[...]Beratung beim Persönlichen
Budget
13.11.2015
Angebote und Dienstleistungen
der „Kontaktstelle Persönliche Assistenz/
Persönliches Budget“
Einzelberatungen
Gruppenschulungen
 Stammtisch für Assistenz-/Budgetnehmer/-innen
 Jobbörse zur Vermittlung von Assistenzkräften
 Lohnabrechnungsservice
 Stammtisch und Infoveranstaltungen für
potentielle Assistenzkräfte
 Informationsveranstaltungen f. weitere Zielgruppen


©MOBILE – Selbstbestimmtes Leben
Behinderter e. V.
7
Was bedeutet Persönliches Budget?

Form der Leistungsgewährung zur Unterstützung
behinderter Menschen
Sind mehrere Leistungsträger beteiligt =>
Trägerübergreifendes Persönliches Budget


Der leistungsberechtigte behinderte Mensch erhält eine
Geldleistung und kauft sich seine Unterstützung
selbstbestimmt ein

Bringt keine neuen Leistungsansprüche

§§ 17, 159 Abs. 5 SGB IX (Reha u. Teilhabe); BudgetV
©MOBILE – Selbstbestimmtes Leben
Behinderter e. V.
durchgeführt von MOBILE Selbstbestimmtes Leben Behidnerter e.V.
8
4
Voruntersuchung der inhaltlichen und
räumlichen[...]Beratung beim Persönlichen
Budget
13.11.2015
Sachleistung
Vertragsverhältnis, Geldfluss
Antrag
Leistungsempfänger/-in
Leistungserbringer/-in
©MOBILE – Selbstbestimmtes Leben
Behinderter e. V.
9
Persönliches Budget
Geldleistung
Antrag
Vertrag und Geldfluss
Leistungserbringer/-in
Leistungsempfänger/-in
©MOBILE – Selbstbestimmtes Leben
Behinderter e. V.
durchgeführt von MOBILE Selbstbestimmtes Leben Behidnerter e.V.
10
5
Voruntersuchung der inhaltlichen und
räumlichen[...]Beratung beim Persönlichen
Budget
13.11.2015
Wozu ein Persönliches Budget?
• Stärkt die Autonomie des behinderten Menschen
• Passgenauere Hilfen z.B. auch unabhängig von klassischen
Versorgungsverträgen (z.B. „Taxi statt Fahrdienst“)
• Entbürokratisierung: ein einziger Träger als Ansprechpartner
(„Budgetbeauftragter“) im Antragsverfahren
©MOBILE – Selbstbestimmtes Leben
Behinderter e. V.
11
Welche Leistungsträger können
ein Persönliches Budget bewilligen?
Krankenkasse
Pflegekasse
Gesetzliche Unfallversicherung
Gesetzliche Rentenversicherung
Alterssicherung der Landwirte
Kriegsopferversorgung, -fürsorge
Jugendhilfeträger
Sozialhilfeträger
Bundesagentur für Arbeit
Integrationsämter
©MOBILE – Selbstbestimmtes Leben
Behinderter e. V.
durchgeführt von MOBILE Selbstbestimmtes Leben Behidnerter e.V.
12
6
Voruntersuchung der inhaltlichen und
räumlichen[...]Beratung beim Persönlichen
Budget
13.11.2015
Welche Leistungsträger können
ein Persönliches Budget bewilligen?
Krankenkasse
Integrationsämter
Bundesagentur
für
Arbeit
Pflegekasse
Gesetzliche
Unfallversicherung
PB
Gesetzliche
Rentenversicherung
Sozialhilfeträger
Jugendhilfeträger
Kriegsopferversorgung,
-fürsorge
Alterssicherung
der
Landwirte
©MOBILE – Selbstbestimmtes Leben
Behinderter e. V.
13
Welche Leistungen sind budgetfähig?

Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben z. B.

Berufsvorbereitung

Berufsausbildung in Berufsbildungswerken

Berufliche Anpassung und Weiterbildung

Kraftfahrzeughilfe

Arbeitsassistenz/Unterstützte Beschäftigung

Berufsbildungsbereich in der WfbM
©MOBILE – Selbstbestimmtes Leben
Behinderter e. V.
durchgeführt von MOBILE Selbstbestimmtes Leben Behidnerter e.V.
14
7
Voruntersuchung der inhaltlichen und
räumlichen[...]Beratung beim Persönlichen
Budget
13.11.2015
Welche Leistungen sind budgetfähig?

Leistungen rund um die Gesundheit z.B.

Heilmittel

Hilfsmittel

Häusliche Krankenpflege

Rehamaßnahmen

Rehasport

Haushaltshilfe

Fahrtkosten
©MOBILE – Selbstbestimmtes Leben
Behinderter e. V.
15
Welche Leistungen sind budgetfähig?
Wohnen und Teilhabe z.B.:

Hilfen zum Wohnen in der eigenen Wohnung

Hilfe zur Teilhabe und Verständigung mit der Umwelt

Haushaltshilfe und Kinderbetreuung

Fahrtkosten

Ambulant betreutes Wohnen

Hilfen in betreuten Wohnmöglichkeiten

Hilfsmittel
©MOBILE – Selbstbestimmtes Leben
Behinderter e. V.
durchgeführt von MOBILE Selbstbestimmtes Leben Behidnerter e.V.
16
8
Voruntersuchung der inhaltlichen und
räumlichen[...]Beratung beim Persönlichen
Budget
13.11.2015
Das Verfahren
• Antragstellung
• Bestimmung und Rolle des Beauftragten
• Bedarfsfeststellung
• Zielvereinbarung
• Bescheid
©MOBILE – Selbstbestimmtes Leben
Behinderter e. V.
17
Antragstellung
Wo
• bei einem Leistungsträger (oder bei den
gemeinsamen Servicestellen)
• Unabhängig davon, wie viele Leistungsträger
beteiligt sind
Wie
• Ein formloser Antrag genügt
• Ggf. Kostenvoranschläge und Kostenkalkulationen
©MOBILE – Selbstbestimmtes Leben
Behinderter e. V.
durchgeführt von MOBILE Selbstbestimmtes Leben Behidnerter e.V.
18
9
Voruntersuchung der inhaltlichen und
räumlichen[...]Beratung beim Persönlichen
Budget
13.11.2015
Der/die Budgetbeauftragte
• Der zuerst angesprochene Leistungsträger (oder auch
die Servicestelle) wird zum Beauftragten und führt das
weitere Verfahren durch. Er muss zumindest mit einer
Teilleistung am Persönlichen Budget beteiligt sein.
• Zuständigkeitsklärung § 14 SGB IX
• I. d. R. wird der Leistungsträger mit dem größten
Teilbudget Beauftragter
©MOBILE – Selbstbestimmtes Leben
Behinderter e. V.
19
Die Bedarfsfeststellung
• Erfolgt wie bei klassischen Sachleistungen
• Mehrfachbegutachtungen durch unterschiedliche
Leistungsträger sind zu vermeiden
• In der Hilfeplan- oder Budgetkonferenz soll die
Zusammenführung der (Teil-) Budgets erfolgen. Teilnehmende
sind die/der Antragstellende, eine Vertrauensperson, alle
beteiligten Leistungsträger und (ggf. die gemeinsame
Servicestelle).
©MOBILE – Selbstbestimmtes Leben
Behinderter e. V.
durchgeführt von MOBILE Selbstbestimmtes Leben Behidnerter e.V.
20
10
Voruntersuchung der inhaltlichen und
räumlichen[...]Beratung beim Persönlichen
Budget
13.11.2015
Klärung des Gesamtbedarfes
- Erfolgt in der Hilfeplan- oder Budgetkonferenz
- Die Summe der Teilleistungen ergibt den Gesamtbedarf.
Am Beispiel der Persönlichen Assistenz ein Tagesbedarf von 12
Stunden:

drei Stunden Arbeitsassistenz

vier Stunden Hilfe zur Pflege

zwei Stunden Hilfe zur Weiterführung des Haushalts

drei Stunden Assistenz zur Teilhabe
©MOBILE – Selbstbestimmtes Leben
Behinderter e. V.
21
Verpreislichung des Bedarfes
Wichtig:
Die (Teil-) Budgetsummen müssen den tatsächlichen
Bedarf decken. Detaillierte Kostenplanung durch die
antragstellende Person ist erforderlich. Die Unterstützung
einer Beratungsstelle kann hilfreich sein, um Unterdeckung
zu vermeiden.
Zum Beispiel:
 Kalkulation der Lohnkosten im Arbeitgebermodell
 Kostenvoranschläge von Diensten
 Bei Fahrtkostenerstattungen:
- Einschätzung der benötigten Kilometer
- Kostenvoranschlag über Fahrdienst- oder Taxikosten
©MOBILE – Selbstbestimmtes Leben
Behinderter e. V.
durchgeführt von MOBILE Selbstbestimmtes Leben Behidnerter e.V.
22
11
Voruntersuchung der inhaltlichen und
räumlichen[...]Beratung beim Persönlichen
Budget
13.11.2015
Das Herzstück: Die Zielvereinbarung
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Angaben zur leistungsberechtigten Person
Angaben zu den beteiligten Leistungsträgern
Angaben zum ermittelten Bedarf
Dauer der Bewilligung
Ziele, die erreicht werden sollen
Die Höhe des/der (Teil-) Budgets mit evtl.
Schwankungsreserve
Angaben zum Qualitätsnachweis der erkauften
Leistungen
Hinweis auf Kündigungsbedingungen
Hinweis auf den Verwendungsnachweis
Hinweis auf Anpassungsmöglichkeiten
©MOBILE – Selbstbestimmtes Leben
Behinderter e. V.
23
Die Bescheide
Bei einem einfachen PB erstellt der Leistungsträger
einen rechtsmittelfähigen Bescheid.
Bei einem trägerübergreifenden PB erstellen die
jeweiligen Träger Teil-Bescheide.
Diese werden vom Beauftragten zu einem
Gesamtbescheid zusammengefasst.
Bei Nicht-Einverständnis mit einem Teil-Bescheid
kann die/der Antragstellende Widerspruch beim
Beauftragten einlegen.
Empfehlung: Der beanstandete Teilbereich sollte aus
dem Gesamtverfahren heraus genommen werden.
©MOBILE – Selbstbestimmtes Leben
Behinderter e. V.
durchgeführt von MOBILE Selbstbestimmtes Leben Behidnerter e.V.
24
12
Voruntersuchung der inhaltlichen und
räumlichen[...]Beratung beim Persönlichen
Budget
13.11.2015
Budgetberatung
Inhalte:
•Was ist ein PB?
• Wie sollte der Antrag gestellt werden?
• Wie sollte die Zielvereinbarung gestaltet werden?
• Prüfung des (Gesamt-) Bescheides
• Umsetzung der Leistungen
Anbieter:
• Alle Leistungsträger (einschl. der gemeinsamen
Servicestellen)
• Behindertenselbsthilfeorganisationen
• Dienstleistungserbringer
• Case-Manager/-innen
©MOBILE – Selbstbestimmtes Leben
Behinderter e. V.
25
Budgetunterstützung
Budgetunterstützung soll:
einen behinderten Menschen befähigen, mit dem
PB die Leistungen bestimmungsgemäß
einzukaufen und


das Budget zu verwalten.
©MOBILE – Selbstbestimmtes Leben
Behinderter e. V.
durchgeführt von MOBILE Selbstbestimmtes Leben Behidnerter e.V.
26
13
Voruntersuchung der inhaltlichen und
räumlichen[...]Beratung beim Persönlichen
Budget
13.11.2015
Budgetberatung
Budgetberater/-innen und -unterstützer/-innen
können als Vertrauenspersonen während des
kompletten Verfahrens eingeschaltet und beteiligt
werden.
Wird eine kostenpflichtige Beratungsstelle während
des Antragsverfahrens eingebunden, muss eine
Lösung über die Zahlungsmodalitäten gefunden
werden, da vor Bescheiderteilung i. d. R. keine
Gelder fließen.
©MOBILE – Selbstbestimmtes Leben
Behinderter e. V.
27
Empfehlung:
Budgetunterstützung sollte nicht durch Leistungsträger
oder eingesetzte Dienstleister erfolgen, da u. U. die
Eigeninteressen im Vordergrund stehen.
Als Unterstützer/-innen eignen sich
Behinderten(selbsthilfe)-organisationen oder CaseManager/-innen.
©MOBILE – Selbstbestimmtes Leben
Behinderter e. V.
durchgeführt von MOBILE Selbstbestimmtes Leben Behidnerter e.V.
28
14
Voruntersuchung der inhaltlichen und
räumlichen[...]Beratung beim Persönlichen
Budget
13.11.2015
Problem
Die Leistungsträger erkennen die Notwendigkeit von
Budgetberatung und -unterstützung an, berücksichtigen sie
jedoch nicht bei der Bedarfsfeststellung, obwohl es in § 17
Abs. 3 SGB IX ausdrücklich heißt:
„(3) […] Persönliche Budgets werden auf der Grundlage der
nach § 10 Abs. 1 getroffenen Feststellungen so bemessen,
dass der individuell festgestellte Bedarf gedeckt wird und die
erforderliche Beratung und Unterstützung erfolgen kann […].“
Die derzeitige Praxis zeigt, dass viele Kostenträger lediglich
gestatten, die Kosten für Beratung und Unterstützung aus
dem PB zu entnehmen. Der Preis dafür wird jedoch im PB
nicht berücksichtigt.
©MOBILE – Selbstbestimmtes Leben
Behinderter e. V.
29
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
MOBILE - Selbstbestimmtes Leben
Behinderter e.V.
Kontaktstelle
Persönliche Assistenz/Persönliches
Budget
Roseggerstraße 36
44137 Dortmund
Tel.: (02 31) 9 12 83 76
Fax: (02 31) 9 12 83 77
Ansprechpartnerin: Daniela Herrmann
©MOBILE – Selbstbestimmtes Leben
Behinderter e. V.
durchgeführt von MOBILE Selbstbestimmtes Leben Behidnerter e.V.
1
15
II.
Häufig gestellte Fragen
Voruntersuchung
zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung der
Unterstützungs- und Beratungsangebote beim
Persönlichen Budget
Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung
der Unterstützungs- und Beratungsangebote beim Persönlichen Budget
Häufig gestellte Fragen im Rahmen der
Auftaktveranstaltungen zur „Voruntersuchung zur
inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung der
Unterstützungs- und Beratungsangebote beim
Persönlichen Budget“
Informationsbedarf der (potentiellen) Budgetnehmer/-innen
Frage:
Wer hat Anspruch auf ein Persönliches Budget?
Antwort:
Grundsätzlich hat jeder behinderte oder von Behinderung bedrohte Mensch Anspruch auf ein
Persönliches Budget, bei dem auch der Anspruch auf eine klassische Sachleistung bestehen
würde. Der Anspruch besteht unabhängig von Alter, Art und Schwere der Behinderung sowie
der Regiefähigkeit. Die Bewilligung eines Persönlichen Budgets ist demnach weder an eine
Pflegestufe noch an einen festgelegten Grad der Behinderung gebunden. Voraussetzung ist
aber, dass die benötigten Leistungen budgetfähig sind.
Frage:
Wer finanziert das Persönliche Budget?
Antwort:
Je nach Bedarfslage ist ein oder sind mehrere Kostenträger zuständig. Mögliche
Kostenträger sind die Rehabilitationsträger sowie die Pflegeversicherung (über das
Gutscheinverfahren) und die Integrationsämter.
Frage:
Wer legt den Umfang des anerkannten Hilfebedarfes fest?
Antwort:
Der behinderte Mensch sollte seinen individuellen Bedarf im Rahmen der Antragstellung
darlegen und begründen. Im weiteren Hilfeplanverfahren handeln Antragsteller/-innen und
Kostenträger den benötigten Bedarf – möglicherweise unter Hinzuziehung weiterer
Gutachten - aus. Der Kostenträger bewilligt den anerkannten Hilfebedarf bzw. erteilt eine
Ablehnung per Bescheid.
Frage:
Welche rechtlichen Beratungsmöglichkeiten gibt es zur Durchsetzung des
Persönlichen Budgets?
Antwort:
Rechtliche Beratungsmöglichkeiten bis zur Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides gibt
es bei einigen Sozialberatungsstellen bzw. bei Rechtsanwälten/-innen. Soll gerichtliche Hilfe
MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.
1
Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung
der Unterstützungs- und Beratungsangebote beim Persönlichen Budget
in Anspruch genommen werden, empfiehlt sich die Unterstützung durch einen Sozialverband
mit gerichtlicher Vertretung bzw. durch eine/n Rechtsanwalt/-anwältin, z.B. einen
Fachanwalt/eine Fachanwältin für Sozialrecht.
Frage:
Was kann bei Ablehnung eines Persönlichen Budgets unternommen werden?
Antwort:
Es kann Widerspruch eingelegt und anschließend ggfls. Klage bei Gericht erhoben werden.
Frage:
Was ist der Unterschied zwischen einem Persönlichen Budget und dem Pflegegeld?
Antwort:
Das Pflegegeld ist eine Geldleistung der Pflegeversicherung (SGB XI). Reicht diese zur
Deckung des Bedarfes nicht aus, können unter bestimmten Voraussetzungen weitere Hilfen
durch andere Kostenträger in Anspruch genommen werden. Die Finanzierung dieser Hilfen
kann in Form einer Geldleistung als Persönliches Budget erfolgen. Das Pflegegeld der
Pflegeversicherung kann zum Teil auf die Budgetleistungen anderer Kostenträger
angerechnet werden.
Frage:
Haben Kinder Anspruch auf ein Persönliches Budget? Wer ist ggfls. Budgetnehmer/in?
Antwort:
Der Anspruch auf ein Persönliches Budget ist nicht auf bestimmte Altersgruppen begrenzt.
Budgetnehmer/-in ist das Kind vertreten durch seine Eltern.
Frage:
Haben auch alte Menschen das Recht auf ein Persönliches Budget?
Antwort:
Der Anspruch auf ein Persönliches Budget besteht unabhängig vom Lebensalter, wenn ein
behinderungsbedingter Unterstützungsbedarf besteht, dessen Deckung mittels des Budgets
erfolgen kann.
Frage:
Ist das Persönliche Budget nur Menschen mit Behinderungen vorbehalten, die dessen
Einsatz und Verwaltung selbstständig bewerkstelligen können?
Antwort:
Alle behinderten Menschen haben das Recht, ein Persönliches Budget zu beantragen unabhängig von Art und Schwere der Beeinträchtigung. Regiefähigkeit ist keine
Voraussetzung für die Inanspruchnahme eines Persönlichen Budgets. Benötigte
Unterstützung bezüglich Einsatz und Verwaltung des Budgets muss durch Budgetberatung
und –assistenz geleistet werden.
Frage:
Werden die Kosten der gesetzlichen Betreuung über das Persönliche Budget
abgedeckt?
MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.
2
Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung
der Unterstützungs- und Beratungsangebote beim Persönlichen Budget
Antwort:
Berufsbetreuer/-innen werden zunächst pauschal nach Stundensätzen bezahlt. Vermögende
Personen müssen die Betreuung aus eigenen Mitteln bezahlen. Für nichtvermögende
Personen erhalten die Betreuer/-innen die Vergütung aus der Justizkasse des jeweiligen
Bundeslandes. Diese Mittel können nicht als Persönliches Budget ausgezahlt werden. Zur
Vergütung zusätzlicher Leistungen, die durch eine/n gesetzliche/n Betreuer/-in erbracht
werden sollen – beispielsweise Budgetassistenz - könnte zur Ergänzung der Finanzierung
ein Persönliches Budget beim zuständigen Kostenträger beantragt werden. Zur Vermeidung
von so genannten „In-sich-Geschäften“ müsste speziell für die Verwaltung dieses
Teilbudgets zur Vergütung der Budgetassistenz, ein/e Ergänzungsbetreuer/-in bestellt
werden.
Frage:
Kann eine gehörlose Person ein Persönliches Budget zur Finanzierung eines
Gebärdensprachdolmetschers/einer –dolmetscherin zur Teilnahme an einer
Veranstaltung erhalten?
Antwort:
Die Finanzierung eines Dolmetschers/einer Dolmetscherin zur Teilnahme an einer
Veranstaltung kann über das Persönliche Budget erfolgen. Die Kostenträgerzuständigkeit
richtet sich nach der Art der Veranstaltung.
Frage:
Ist die Finanzierung von Gebärdensprachdolmetscher/-innen für den Abschluss
privater Vertragsverhandlungen über das Persönliche Budget möglich?
Antwort:
Die Unterstützung durch Gebärdensprachdolmetscher/-innen ist budgetfähig. Voraussetzung
ist ein entsprechender Sachleistungsanspruch, beispielsweise gegen den Träger der
Sozialhilfe im Rahmen der Eingliederungshilfe. Für private Vertragsverhandlungen bietet
§ 57 SGB IX eine mögliche Grundlage zur Finanzierung von Gebärdensprachdolmetscher/innen.
Frage:
Was ist der Unterschied zwischen dem Persönlichen Budget und Persönlicher
Assistenz?
Antwort:
Das Persönliche Budget ist eine Form der Leistungsgewährung, die eine Alternative zum
herkömmlichen Sachleistungsprinzip darstellt. An Stelle einer bewilligten Dienstleistung oder
eines Hilfsmittels (Sachleistung) erhält der/die Leistungsnehmer/-in einen kalkulierten
Geldbetrag für den Einkauf der dann selbstorganisierten Hilfen. Persönliche Assistenz ist
lediglich eine der möglichen konkreten Unterstützungsformen, für die ein Persönliches
Budget beantragt werden kann. Das Persönliche Budget ist also eine Leistungsform und
Persönliche Assistenz die daraus bezahlte Unterstützungsform.
Frage:
Handelt es sich bei Assistenzverhältnissen um anmeldepflichtige
Beschäftigungsverhältnisse?
MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.
3
Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung
der Unterstützungs- und Beratungsangebote beim Persönlichen Budget
Antwort:
Da es sich bei Persönlicher Assistenz um eine weisungsgebundene Dienstleistung handelt,
sind Assistenzkräfte – wie alle anderen abhängig Beschäftigten Arbeitskräfte – bei den
Sozialversicherungseinzugsstellen (Krankenkassen, Minijobzentrale) bzw. bei den
zuständigen Finanzämtern anzumelden.
Frage:
Müssen Arbeitgebermodelle gewerblich angemeldete Betriebe sein?
Antwort:
Die Anmeldung eines Gewerbes ist nicht nötig, da mit der Einstellung Persönlicher
Assistenzkräfte keine Gewinnerzielung angestrebt wird. Der anzumeldende Betrieb verfolgt
lediglich den Zweck der Deckung des Unterstützungsbedarfes des behinderten Menschen.
Die Anforderung einer Betriebsnummer bei der Bundesagentur für Arbeit ist daher
ausreichend.
Frage:
Wie kann der Assistenzbedarf während des Urlaubs des Assistenznehmers/der
Assistenznehmer/-in gedeckt werden?
Antwort:
Zunächst ist zu analysieren, ob der Bedarf während des Urlaubs gleich bleibt wie im Alltag
oder ob sich der Unterstützungsumfang ändert. Möglicherweise müssen beim Kostenträger
die Erhöhung der Stundenzahl für diesen Zeitraum beantragt und die veränderten
Einsatzzeiten mit dem Assistenzkräfte-Team koordiniert werden. Alternativ kann ggfls. zu
erwartender erhöhter Finanzbedarf für Zeiten des Urlaubs von vorne herein in das
Persönliche Budget einkalkuliert werden.
Frage:
Können Pflegekräfte aus Osteuropa über das Persönliche Budget finanziert werden?
Antwort:
Aufgrund der Arbeitnehmerfreizügigkeit innerhalb der EU-Staaten dürfen osteuropäische
Pflegekräfte in Deutschland arbeiten und können somit auch über das Persönliche Budget
finanziert werden. Voraussetzung ist die Schaffung offizieller Arbeitsverhältnisse bzw. die
Inanspruchnahme von Kräften über einen seriösen Dienstleister.
Frage:
Können behinderte Bürger/-innen, die mit einem Ehepartner/einer Ehepartnerin
zusammen leben, ein Persönliches Budget für eine Assistenzkraft beantragen?
Antwort:
Eine Antragsstellung ist möglich. Vorhandene Einkommen bzw. Vermögenswerte beider
Eheleute werden bei der finanziellen Bedarfsermittlung berücksichtigt.
MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.
4
Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung
der Unterstützungs- und Beratungsangebote beim Persönlichen Budget
Informationsbedarf der Verwaltung
Frage:
Ist die Finanzierung des Ambulant Betreuten Wohnens über das Persönliche Budget
möglich?
Antwort:
Die Finanzierung über das Persönliche Budget ist möglich. Erforderlich ist hierbei ein
Kostenvoranschlag des gewünschten Dienstanbieters als Bewilligungsgrundlage. Die
Dienstleistung wird dann aus dem Budget vom Leistungsnehmer/der Leistungsnehmerin
direkt an den Dienstleister vergütet.
Frage:
Ist die Bewilligung eines Persönlichen Budgets zur Finanzierung eines
Gebärdensprachdolmetschers/einer -dolmetscherin für eine Beratung in einer
Beratungsstelle möglich?
Antwort:
Die Finanzierung über ein Persönliches Budget ist möglich, wenn die Beratungsstelle nicht
gemäß der Kommunikationshilfeverordnung ohnehin eine/n Gebärdensprachdolmetscher/-in
zur Verfügung stellen/finanzieren muss.
Frage:
Ist die Inanspruchnahme eines Persönlichen Budgets auch für Menschen mit einer
Suchterkrankung möglich?
Antwort:
Die Umsetzung von Unterstützungsleistungen im Rahmen eines Persönlichen Budgets ist
bei geeigneter Unterstützung auch für diese Zielgruppe denkbar. Die Verwaltung und
zweckentsprechende Verwendung der Gelder könnte durch Budgetassistenz – realisiert
durch gesetzliche Betreuung, einen Dienstleister oder eine Vertrauensperson - begleitet
werden.
Frage:
Wie variabel sind Zielvereinbarungen hinsichtlich möglicher Änderungen?
Antwort:
Nach den Erfahrungen der Stadt Dortmund sind Verhandlungen über Anpassungen bei
veränderter Bedarfslage in der Regel unproblematisch möglich.
Frage:
Warum wird das Persönliche Budget relativ selten in Anspruch genommen?
Antwort:
Das Persönliche Budget ist sowohl bei behinderten Bürger/-innen als auch bei
Beratungsstellen, Anbietern von Dienstleistungen und in der Verwaltung noch immer wenig
bekannt. Dementsprechend mangelt es an weit gefächerten praktischen Erfahrungen und
innovativen Ideen bezüglich der Umsetzungsmöglichkeiten.
MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.
5
Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung
der Unterstützungs- und Beratungsangebote beim Persönlichen Budget
Informationsbedarf der Dienstleister
Frage:
Wer trifft die Entscheidung, ob Ambulant Betreutes Wohnen benötigt bzw. finanziert
wird?
Antwort:
Zunächst formuliert der behinderte Mensch seinen Unterstützungsbedarf, möglicherweise
unterstützt durch einen Dienstleister, eine Vertrauensperson etc., in einem Antrag an den
Kostenträger. Im weiteren Hilfeplanverfahren zwischen Antragsteller/-in, Vertreter/-innen des
Kostenträgers und möglicherweise dem Dienstleister und/oder Vertrauenspersonen wird
verhandelt, ob und in welchem Umfang Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens
bewilligt werden.
Frage:
Ist zur Sicherstellung guter Dienstleistungsqualität bei Persönlicher Assistenz im
Arbeitgebermodell eine Fachkraftquote zu erfüllen?
Antwort:
Der Maßstab zur Sicherstellung guter Qualität ist die individuelle Zufriedenheit des
Assistenznehmers/der Assistenznehmerin mit der Unterstützung. Eine Fachkraftquote würde
die Autonomie des behinderten Menschen beschränken und ist daher grundsätzlich nicht
vorgesehen. Ausnahmen gelten bei Maßnahmen der Behandlungspflege. Außerdem sind bei
Pflegegeldbezieher/-innen viertel- bzw. halbjährliche Beratungseinsätze professioneller
Pflegedienste vom Gesetzgeber vorgeschrieben.
Frage:
Kann Fachleistung gesplittet und auf verschiedene Dienstleister verteilt werden?
Antwort:
Eine Splittung ist möglich. So können z. B. bei einem Unterstützungsbedarf von fünf Stunden
pro Woche drei Stunden über einen Fachdienst für Ambulant Betreutes Wohnen erbracht
werden sowie zwei Stunden professionelles Coaching durch einen vom
Behindertenhilfesystem unabhängigen Anbieter erfolgen.
Frage:
Ist die Gewährung eines Teilbudgets innerhalb einer stationären Einrichtung möglich,
beispielsweise zur Finanzierung einiger Stunden individueller Freizeitassistenz?
Antwort:
Die Gewährung eines Teilbudgets innerhalb einer stationären Einrichtung ist denkbar. Das
für die Beschäftigung einer individuellen Freizeit-Assistenz benötigte Persönliche Budget
müsste von der Vergütung, die die Einrichtung für die Vollversorgung erhalten würde,
abgezogen werden. Positive Erfahrungen hierzu konnten innerhalb des Projektes
„Persönliches Budget im Leistungsmix - PerLE 3“ gewonnen werden (Schlebrowski,
Schäfers, Wansing 2009) Aus der Perspektive einiger Einrichtungsträger dürfte diese Lösung
hinsichtlich der eigenen Personal- und Finanzplanung allerdings kritisch bewertet werden.
MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.
6
Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung
der Unterstützungs- und Beratungsangebote beim Persönlichen Budget
Frage:
Ist es im Rahmen des Persönlichen Budgets möglich, die Inanspruchnahme eines
ambulanten Dienstes und die Umsetzung des Arbeitgebermodells zu kombinieren?
Antwort:
Die Kombination unterschiedlicher Unterstützungsleistungen ist im Rahmen des
Persönlichen Budgets möglich. So kann z. B. die Deckung des Hilfebedarfs in den Bereichen
Pflege und Unterstützung im Haushalt durch einen Dienstleister erbracht werden, während
für die Assistenz im Bereich Freizeit selbst organisierte Kräfte eingesetzt werden können.
Frage:
Wie kann ein Persönliches Budget in einer Werkstatt für behinderte Menschen genutzt
werden?
Antwort:
Denkbar ist der Einsatz eines Persönlichen Budgets in einer Werkstatt für behinderte
Menschen zur Finanzierung von extern angebotenen arbeitsbegleitenden Maßnahmen wie
beispielsweise Mal- oder Ruderkursen. Derartige Angebote für die Beschäftigten finden
derzeit üblicherweise durch die Werkstätten selbst organisiert statt. Die Vergütung für den
Werkstattplatz würde um die Höhe des Persönlichen Budgets zur Finanzierung der externen
Leistungen verringert werden.
Frage:
Wie ist die Finanzierung der Budgetberatung während des gesamten
Budgetverfahrens geregelt?
Antwort:
Laut § 17 Abs. 3 SGB IX werden Persönliche Budgets so bemessen, dass die erforderliche
Beratung und Unterstützung in Zusammenhang damit erfolgen kann. Nach den Erfahrungen
der „Kontaktstelle Persönliche Assistenz/Persönliches Budget“ ist die Finanzierung –
abhängig vom Kostenträger - unterschiedlich geregelt. Teilweise werden Beratungsstunden
bereits für den Prozess des Antragsverfahrens bewilligt, teilweise erst ab dem Zeitpunkt der
Bescheiderteilung für den Prozess des Aufbaus der Unterstützungsmodelle.
Für die Kunden/-innen der Kontaktstelle ist die Beratung – auch der nicht refinanzierte Anteil
– kostenfrei. Dies wird derzeit durch den Zuschuss der Stadt Dortmund und die
Eigenleistungen von MOBILE e. V. ermöglicht. Bei Inanspruchnahme kostenpflichtiger
Beratungsstellen müsste die komplette Finanzierung im Vorfeld mit dem/den Kostenträger/n
geklärt werden.
Frage:
Gibt es belastbare Statistiken zur Nutzung des Persönlichen Budgets?
Antwort:
Die Prognos AG hat im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (2013) einen
Forschungsbericht zur Umsetzung und Akzeptanz des Persönlichen Budgets vorgelegt.
Demnach waren für das Jahr 2010 insgesamt in der Bundesrepublik Deutschland 14.193
Persönliche Budgets erfasst. 987 davon wurden in Nordrhein-Westfalen von den örtlichen
und überörtlichen Sozialhilfeträgern, den bedeutendsten Leistungsträgern in Bezug auf das
Persönliche Budget, getragen.
MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.
7
Voruntersuchung zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung
der Unterstützungs- und Beratungsangebote beim Persönlichen Budget
Frage:
Wenn es zukünftig den Rechtsanspruch auf ein Teilhabegeld geben sollte, gibt es
dann noch einen Anspruch auf ein Persönliches Budget?
Antwort:
Da es bezüglich des Teilhabegeldes (noch) keine verbindlichen gesetzlichen Regelungen
gibt, ist eine abschließende Antwort zu dieser Frage nicht möglich. Es fällt auf, dass das
Teilhabegeld die gleichen Prinzipien verfolgt wie das Persönliche Budget. Auf ein eventuelles
zukünftiges Persönliches Budget dürfte das Teilhabegeld zumindest anzurechnen sein.
MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V.
8
III.
Referenzflyer Kommune
Voruntersuchung
zur inhaltlichen und räumlichen Fortentwicklung der
Unterstützungs- und Beratungsangebote beim
Persönlichen Budget