Vergiftete DK Hallo, mein Name ist Heiner Jünger. Bei der 60. Internationalen Deutschen Schnauferl-Fahrt 2015 oblag mir und SB Christian Voelckel die Fahrtleitung. Unsere Aufgabe war u.a. die Strecke rallyemäßig aufzupeppen, also die sportliche Komponente einzubringen. Mit dieser Aufgabenstellung im Gepäck waren wir an vielen Wochenenden unterwegs und haben uns so manch kniffelige Aufgaben einfallen lassen. Laut FIFA-Reglement dürfen bekanntlich nur Orientierungsaufgaben, Geschicklichkeits- und Gleichmäßigkeitsprüfungen zur Anwendung kommen. Also keine lästigen Fragen, die Handys einiger allzu eifriger Teilnehmer zum Glühen bringen. Das hieß, bei einem Starterfeld von über 100 Teilnehmern, möglich wenig zeitraubende Geschicklichkeits- und Gleichmäßigkeitsprüfungen einzubauen, wo sich nervtötende Staus ergeben können. Eine weitere Herausforderung war, wie konnten wir die Rallye spannend und attraktiv gestalten? Es blieb uns daher nur die Orientierung, die wir mit DKs kontrollieren konnten. Doch welche Möglichkeiten der DKs boten sich an, die spannend und anspruchsvoll sind? Ok, die klassische DK am rechten Straßenrand sind uns allen bekannt, die mussten es so oder so sein. Aber das war nicht das Niveau, was wir uns als alte Rallyehasen auf die Fahne geschrieben hatten. Etwas Anspruchsvolleres, sollte es schon sein. Also musste noch ein Schwierigkeitsgrad her, eine DK in Sichtweite, zwar auf der richtigen rechten Straßenseite, aber an der falschen Strecke. Doch wie konnten wir die Teilnehmer auf so eine falsche Fährte locken? Bekanntlich hatten wir zwei unterschiedliche Bordbücher, getrennt nach gerader und ungerader Startnummer, also zwei unterschiedliche Strecken. Ja, streng genommen waren es sogar vier mit jeweils vier unterschiedlichen Bordbüchern. Und warum vier? Es gab ja auch noch die Unterteilung lange und kurze Strecke entsprechend der FIFAKlassen A bis G. Für die Gesamtwertung wurden allerdings nur die gemeinsam absolvierten DKs an den jeweiligen Strecken herangezogen. Die anderen DKs wurden nur in der Klassenwertung berücksichtigt. Klingt ganz schön kompliziert und war es auch im Endeffekt. Und damit noch nicht genug. Welche Möglichkeit der Orientierungsüberprüfung mittels DK gab es sonst noch? Jawohl, die DK auf der richtigen Strecke, jedoch auf der falschen Straßenseite. Natürlich nicht an einer belebten und breiten Straße, die somit sofort von jedem halbwegs intelligenten Rallyeteilnehmer aus 1000 Meter erkenntlich ist. Es musste etwas Besonderes sein. Eine kleine und enge Straße, abseits gelegen, wenig Verkehr und eine DK, die nicht sofort aus der Ferne ersichtlich ist, so dass sich Fahrer und Beifahrer nicht darauf verständigen und beraten konnten. Kurz, wir setzten auf den Überraschungseffekt. Wir suchten und suchten, nirgends bot sich eine solche Strecke an. Wir befragten das Internet, zogen Straßenkarten zur Hilfe, nichts wollte passen. Diese Pointe aufgeben? Nicht bei Christian und mir. Also befragten wir die Anwohner, wo sich eine solche Strecke in ihrer Nähe befinden könnte. Nach unzähligen Hinweisen und ebenso vielen zeitraubenden Überprüfung fanden wir tatsächlich die geeignete Strecke, eine geteerte Waldstraße, nicht zu breit aber ständig befahren von den Anwohnern. Also rallye-tauglich. Das musste es sein! Die ursprüngliche Strecke wurde kurzerhand abgeändert und eine geeignete Stelle gesucht, an welcher die "falsche DK" postiert werden sollte. Mit der Sorgfalt eines Jägers oder Wilddiebes legten wir den Standort des Autos mit der DK-Kontrolle fest, damit unsere "Falle" möglichst oft zuschnappen würde. Christian stellte sich den Standort so vor, ich meinte es wäre anders besser. Letztlich hätten wir uns bald in die Haare gekriegt. Mit vielen, vielen Versuchen, Anfahren der DK aus Sicht der Teilnehmer und Überprüfung der Postierung des DK-Schildes, konnten wir schließlich Einigkeit erzielen mit der Prämisse, dass Christian später die DK mit den entsprechenden DK-Helfern so wie geplant postieren werde. Stolz und zufrieden sanken wir nach dem Genuss einiger Biere in unsere Hotelbetten und malten uns im Traum aus, wie viele Teilnehmer sich einen falschen Stempel abholen würden. Würde der oder der uns bekannte gute Rallyeteilnehmer in die Falle gehen? Wir freuten uns diebisch über unser Werk und fieberten in der verbleibenden Zeit der Rallye entgegen. Am besagten Rallyetag postierte Christian u. a. am frühen Morgen unserer "DK-Highlight" auf der Waldstrecke und instruierte genau die Helfer. Die Sonne stand noch tief und wir ahnten nicht, welchen Einfluss sie noch auf das Rallyegeschehen ausüben würde. Die Spannung stieg und wir konnten es kaum erwarten, wie es laufen würde. Über das Mobiltelefon standen wir ständig in Verbindung und informierten uns gegenseitig, denn wir hatten noch weitere “DK-Leckerbissen“ in Form einer Erdbeere und einer Proseccobar an der Strecke postiert. Die Helfer im Waldstück wussten nicht, dass die DK "vergiftet" war, damit sie nichts preisgeben konnten. Was wir allerdings nicht bedachten und schon gar nicht planen konnten, war das perfekte und heiße Rallye-Wetter, den Sonnenverlauf und die sich daraus ergebende Eigeninitiative der schwitzenden Helfer. So kam es, wie kommen musste. Die am frühen Morgen perfekt postierte DK im Wald wurde durch Sonneneinstrahlung zur unerträglichen Brutstätte. Die fleißigen, bis zur Haarspitze motivierten Helfer, wunderten sich, dass viele pfiffige Teilnehmer, die DK mieden und ohne Stempeleintrag weiterfuhren. Kurzerhand wurde in Eigeninitiative der Helfer die DK umgebaut und auf die rechte, vermeintlich richtige und vor allem, schattige Straßenseite verlegt, mit dem erhofften Ziel, dass nun jeder Teilnehmer anhält und stempeln würde. Und richtig, es stempelten alle und unser akribisch ausgetüftelter Gag war ins Wasser gefallen, nein, besser gesagt, der Sonne zum Opfer gefallen. Die ganze Vorarbeit umsonst. Als uns die Helfer später über Ihre glorreiche Idee in Kenntnis setzten, fiel uns der Unterkiefer bis auf den Boden. Ich glaubte, man konnte es noch in China vernehmen und die Richterskala hatte bis zum Anschlag ausgeschlagen. Wir haben es aber weggesteckt, wie ein Boxer einen satten Aufwärtshaken in der letzten Runde. Wir wurden bis 9 angezählt und besannen uns aber bald wieder unserer eigentliche Aufgabe und kämpften weiter für den guten Verlauf der Veranstaltung nach dem Motto: The show must go on. Heute, mit dem entsprechenden Abstand, kann ich nur darüber lachen und freue mich, dass wir den Teilnehmern eine nahezu perfekte ASC-Veranstaltung dank unserer vielen eifrigen Helfer, die mit Herzblut dabei waren, bieten konnten. Heiner Jünger Vize-Präsident der LG Südbayern
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