PD Dr. Friederike Wapler
Sommersemester 2015
Tutorium zur Vorlesung Verwaltungsrecht II
5. Stunde: „Stadthalle“
Zugang zu öffentlichen Einrichtungen; einstweiliger Rechtsschutz
In der kreisfreien hessischen Stadt Buchberg wird die Stadthalle von der G-GmbH betrieben. Die
Mehrheitsanteile der G-GmbH wiederum werden von der Stadt selbst gehalten. Die
Minderheitsanteile werden von privaten Investoren getragen.
Durch die Nähe zu Hauptstetten finden in der Halle vornehmlich Konzerte und andere
Kulturveranstaltungen statt, aber auch Kongresse und politische Veranstaltungen werden dort
abgehalten. Eine ausdrückliche Widmung der Stadthalle seitens der Stadt liegt nicht vor.
Ein halbes Jahr vor den nächsten Landtagswahlen möchte der Ortsverband der P-Partei eine
Wahlkampfveranstaltung in der Stadthalle abhalten und damit die „heiße Phase“ einläuten. Die PPartei ist als rechtsextremistisch, verfassungsfeindlich und wird vom Verfassungsschutz des Landes
Hessen beobachtet.
Der Geschäftsführer der G-GmbH hält das Programm der P-Partei in vielen Punkten für einen
Verstoß gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung und eine Missachtung der
Menschenwürde. Die P-Partei sei daher verfassungswidrig und solle keine Plattform für ihre
Parolen in der Stadthalle von Buchberg finden.
Auch die Stadt fürchtet um den guten Ruf als weltoffene Universitätsstadt und spricht sich gegen
eine Vermietung der Halle an die P-Partei aus. Die G-GmbH lehnt den Abschluss eines
Mietvertrages daraufhin ab. Zur Begründung führt sie eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und
Ordnung an. Es sei zu befürchten, dass sich vor der Stadthalle Gegner/innen der P-Partei
versammeln und gegen die Ansichten der P demonstrieren werden. Ein effektiver Schutz der
Mitglieder der P-Partei als auch der Versammlungsteilnehmerinnen und -teilnehmer könne aufgrund
der räumlichen Nähe der beiden Fraktionen nicht gewährleistet werden.
Verärgert über die Benachteiligung wendet sich der Vorstand der P-Partei an seine Rechtsberatung
und fragt nach den rechtlichen Möglichkeiten, doch noch Zugang zur Stadthalle von Buchberg zu
bekommen. Schließlich würde P als Partei zur demokratischen Willensbildung beitragen und dürfe
im Vergleich zu anderen Parteien nicht mit Differenzierungen behandelt werden. Auch eine Gefahr
für die öffentliche Sicherheit und Ordnung sei fernliegend. Zwar habe es in der Vergangenheit
Gegendemonstrationen bei ähnlichen Parteitagen von P gegeben, die Mitglieder/innen der P-Partei
seien jedoch - was der Tatsache entspricht - nie gewalttätig oder ähnlich negativ aufgefallen.
Hat eine Klage der P-Partei gegen die Stadt Buchberg Aussicht auf Erfolg?
Abwandlung: Bei der Veranstaltung handelt es sich um die letzte Wahlkampfveranstaltung einige
Tage vor der Wahl. Wäre ein Antrag des P auf einstweiligen Rechtsschutz zulässig?
Literaturhinweise:
Hermes/ Groß (Hrsg.), Landesrecht Hessen, § 4 Abschnitt III.
BVerwG, NJW 1990, 134 ff.
Auszug aus dem Gesetz über die politischen Parteien (Parteiengesetz):
§ 5 Gleichbehandlung
(1) Wenn ein Träger öffentlicher Gewalt den Parteien Einrichtungen zur Verfügung stellt oder
andere öffentliche Leistungen gewährt, sollen alle Parteien gleichbehandelt werden. Der Umfang
der Gewährung kann nach der Bedeutung der Parteien bis zu dem für die Erreichung ihres Zweckes
erforderlichen Mindestmaß abgestuft werden. Die Bedeutung der Parteien bemißt sich insbesondere
auch nach den Ergebnissen vorausgegangener Wahlen zu Volksvertretungen. Für eine Partei, die im
Bundestag in Fraktionsstärke vertreten ist, muß der Umfang der Gewährung mindestens halb so
groß wie für jede andere Partei sein.
(2) Für die Gewährung öffentlicher Leistungen in Zusammenhang mit einer Wahl gilt Absatz 1
während der Dauer des Wahlkampfes nur für Parteien, die Wahlvorschläge eingereicht haben.
(3) Öffentliche Leistungen nach Absatz 1 können an bestimmte sachliche, von allen Parteien zu
erfüllende Voraussetzungen gebunden werden.