Matthias Weinlich

Matthias Weinlich – Vom Saulus zum Paulus | Manuskript
Matthias Weinlich – Vom Saulus zum Paulus
Bericht: Thomas Datt
Auch am Montagmorgen ist das Ehepaar Weinlich wieder unterwegs zum Flüchtlingsheim in
Freital. Hier kennt sie inzwischen fast jeder.
Peggy Weinlich: Wir hatten am Freitag ja viele neue. Und die werden heut bestimmt alle
dastehen und sich einkleiden möchten.
Reporter: Und bringen Sie da auch selber Spenden mit oder sind die alle schon da?
Peggy Weinlich: Wir bringen auch regelmäßig Sachen mit, die wir nicht mehr brauchen.
Aktuell hab ich im Rucksack Schuhe für Männer. Weil da besteht immer Bedarf.
Matthias Weinlich: Wenn wir zu Hause was finden, was nicht mehr gebraucht wird. Ich bin
ja über die Jahre auch ein bisschen aus dem Leim gegangen.
Montags bis freitags organisieren die Weinlichs hier ehrenamtlich die Kleiderkammer, geben
von Bürgern gespendete Sachen an Asylbewerber aus. Das Ungewöhnliche daran: Bis Mai
gehörte Matthias Weinlich noch zu den Organisatoren der Proteste gegen das
Flüchtlingsheim, zog im Hintergrund die Fäden mit.
Demo-Rufe:
Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen!
Wir wollen keine Asylantenheime!
Fremdenfeindlich will Matthias Weinlich nie gewesen sein, sondern nur verärgert.
Matthias Weinlich
Das war der eigentliche Beweggrund. Es gibt ein Problem mit der Politik. Die Menschen,
die dort oben hinkommen, die können nichts dafür, die werden dahin gesteckt, die werden
nicht gefragt. Und so lange das Thema hieß, wir gehen gegen die Art der Politik auf die
Straße, war das auch völlig ok. War das auch gar kein Thema.
Seine Zeit bei „Nein zum Heim“ hat Matthias Weinlich abgehakt. Nach dem morgendlichen
Einsatz in der Kleiderkammer verdient der selbständige Automechaniker hier seinen
Lebensunterhalt.
Peggy Weinlich sah das Engagement ihres Mannes auf Seiten der Heimgegner immer
kritisch.
Peggy Weinlich
Ich hab ihm von Anfang an abgeraten, dass das, was er politisch dahinter beabsichtigt,
nicht in der Bewegung wiedergegeben wird. Ich hab ihm klipp und klar von Anfang an
gesagt: Das wird definitiv in die rechte Ecke wandern. Und ich weiß ja, dass er das politisch
anders möchte und daraufhin war ich dann froh, als er mir mitgeteilt hatte dass er den
Schlussstrich gezogen hat.
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verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig.
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Die Weinlichs haben im Mai ihre eigene Gruppe „Gemeinsam füreinander“ gegründet. Es gab
sogar eigene T-Shirts. Der etwas verschrobene Ansatz: Zwischen Freitalern und
Asylbewerbern zu vermitteln, Unruhestifter auf beiden Seiten zu befrieden. Wenn in Freital
wieder gegen Flüchtlinge demonstriert wurde, setzten sich Matthias Weinlich & Co vors
Heim.
Matthias Weinlich
Auf Grund dessen, dass ich aber trotzdem neugierig war, was nun wirklich wahr ist und was
nicht, hab ich dann auch den Kontakt zu denjenigen gesucht, die da immer vor dem Heim
gestanden haben. Und im Rahmen dessen bin ich dann durch eine Situation mit
Flüchtlingen in Kontakt gekommen. Hab mich mit denen unterhalten, mir denen ihre
Sorgen angehört und ja aus dem Interesse heraus gesagt: Ok, gucken wir mal, was du da
für die vielleicht machen kannst.
Jetzt organisieren die Weinlichs also die Kleiderkammer für Flüchtlinge. Zeigen können wir
das nicht - die zuständige Landesdirektion verbietet Bildaufnahmen. Shaza und Ahmed
übersetzen, wenn arabischsprechende Asylbewerber kommen. Das Paar ist vor einem halben
Jahr aus Syrien geflohen, lebt erst seit kurzem in Freital. Die „Nein zum Heim“-Vergangenheit
von Matthias Weinlich ist ihnen egal.
Shaza Munawwar
Sie helfen uns und versuchen, Gutes für uns zu tun. Wenn du in die Kleiderkammer
kommst, sagen sie, hier sind Sachen für Frauen, hier für Männer. Du brauchst sie bloß
fragen, sie sind immer sehr hilfsbereit.
Nicht alle sehen das so pragmatisch. Auf Facebook warnen Flüchtlingsunterstützer und linke
Gruppen vor Matthias Weinlich - Zitat: „Der braune Mob darf im Flüchtlingsheim ein- und
ausgehen!“ Sie trauen seinem Seitenwechsel nicht, halten Weinlich für einen Spitzel, ein so
genanntes U-Boot der Freitaler Rassisten.
Matthias Weinlich
Rassismus ist ne Jacke, die passt mir nicht. Also werde ich sie mir auch nicht anziehen. Weil
dann würde ich mir bestimmt nicht zwei Syrier hier nach Hause einladen. Mit denen
grillen, die noch dazu Muslime sind, und mich ganz normal auch über alle Dinge, auch über
ihre Religion, unterhalten. Ich hab mit den Menschen an sich keine Berührungsängste. Und
als U-Boot? Wozu?
Nach Beschwerden über seine Vergangenheit durften die Weinlichs zwei Tage nicht ins Heim
- jetzt scheint alles geklärt.
Matthias Weinlich
Aktuell am wohlsten fühlen würden wir uns derzeit im Flüchtlingsheim, weil von anderen
Seiten da mittlerweile sehr viel Skepsis auf uns zukommt. Seitens der Rechten denkt man
wahrscheinlich, ich bin jetzt völlig durchgedreht. Was auch immer, ich hab mich da
weichklopfen lassen.
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Matthias Weinlich hat sich verändert. Andere Freitaler sind dazu noch nicht bereit.
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