Semaphor45 Auszug

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semaphor
Klassiker der Eisenbahnen
CHF 26.50 / e 22.–
Herbst 2015
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Der Dampfbetrieb auf der
Strecke Genève–La Plaine
bis ins Jahr 1956
Das Fahrzeugporträt: Die
elf SBB-Speisewagen der
Einheitsbauart I (EW I)
«Zu meines Vaters Zeit»:
unterwegs mit der Ce 6/8 I
14 201 als Bremsversuchslok
Editorial
Inhaltsverzeichnis
Titelbilder
Seine erste von mittlerweile
über 30(!) Schweizer Touren
führte den schwedischen
Bahnfreund und -fotografen
Lars Olov Karlsson u. a. ins
SBB-Depot Zürich, wo er am
14. Juli 1963 gleich mehrere
Dampflokomotiven antraf –
hier das «Tigerli» E 3/3 8533
und den «Elefant» C 5/6 2954.
Foto Lars Olov Karlsson
Die drei kleinen Bilder
stammen von Joseph ZimmerMeylan/Slg. Bibliothèque de
Genève, Urs G. Berger
und Hans Schneeberger.
Semaphor im Internet
Beachten Sie auch unsere
Homepage
www.semaphor.ch
Poster, Seiten 28/29
24. Februar 1976, 09.09 Uhr,
kurz vor dem Bahnhof BlauseeMitholz: Der Dienstzug 81020
Bern–Spiez–Domodossola ist
mit den Elektrolok-Veteranen
Ce 6/8 I 14 201 und Be 4/6
12339 bespannt. Am Zielort
wird die Be 4/6 dann gegen
die FS-Drehstromlok E 431.037
ausgetauscht. Oben, über der
Ce 6/8 I, thront die Felsenburg.
Foto Christian Zellweger
2
Erinnern Sie sich noch an mein Editorial in der Ausgabe
«Frühling 2015»? Dort schwärmte ich davon, wie stimmungsvoll früher die Papiertäschchen sein konnten, in denen im
Fotofachgeschäft einem die bestellten Bilder überreicht wurden. Zur Illustration des Gesagten druckten wir ein derartiges
Täschchen gleich mit ab – bekanntlich «sagt» ein Bild ja mehr
aus als tausend Worte!
Während den Vorbereitungsarbeiten zur Semaphor-Ausgabe
«Herbst 2015», händigte mir der Eisenbahnfotograf Karl
Stebler leihweise seine Negative aus, welche er Mitte der
1950er-Jahre im Raume Genf vom SBB-Dampfbetrieb angefertigt hatte. Diese Kleinbildfilmstreifen stecken vorbildlich
geschützt in faltbaren Negativtaschen, welche sich handorgelartig ausfalten und auf dem Leuchtpult studieren lassen.
Eines dieser Negativtäschchen ist sogar mit zeitgenössischer
Werbung versehen.
Semaphor-Ausgabe Nr. 45
Lars Olov Karlssons Schweizer
Reise von 1963
Seite 3
Damals und heute: Hölstein
Süd, auf der WB Seite 11
Die Speisewagen der Einheitsbauart EW I
Seite 12
Literatur-Hinweise
Poster
Seite 27
Seiten 28 und 29
Zu meines Vaters Zeit: Ce 6/8 I
14 201 als Bremsversuchslokomotive
Seite 30
Dampfbetrieb
Genève-La Plaine
Seite 40
Das besondere Bild Seite 54
In derartigen Täschchen bewahren engagierte (Eisenbahn-)Fotografen ihre NegativSchätze auf – hier ein Kleinbild-Exemplar aus dem Jahre 1956.
Slg. Karl Stebler
Dia-Vorführungen, wie hier im Bild, lösen bei mir unterschiedliche Erinnerungen aus, gehörten derartige Präsentationen doch lange Zeit zum guten gesellschaftlichen Ton:
Wer ab den späten 1950er-Jahren reiste, der hatte gefälligst
zu fotografieren – ob er’s konnte oder nicht. Wieder zuhause,
beglückte, langweilte oder «folterte» man Verwandte und
Freunde mit seinen Dias, schwankte das Niveau der mittels
Projektor auf die Leinwand gestrahlten Bilder doch von «hervorragend» über «na ja…» bis zu «miserabel». Zu «miserabel»
fällt mir ein ganzer Katalog von «Sünden» ein: unter- oder
überbelichtet, verwackelt, Kamera schräg gehalten, schlechter
Ausschnitt («Füsse von Tante Emma ‹abgeschnitten›»), zu
oft das gleiche Motiv fotografiert («schon wieder die Tante
Emma»), Dia um 90º verkehrt ins Magazin gesteckt – und
so weiter und so fort. Ich habe aber auch tolle Erinnerungen an Dia-Vorführungen. Dafür ist zur Hauptsache mein
Sekundarschul-Geographielehrer Bernhard Junger verantwortlich. Er fotografierte hervorragend und brachte uns mit
seinen Bildern die «grosse weite Welt» näher. Dieses Editorial
ist somit ein spätes, aber grosses Merci an ihn. Und was mich
auch begeistert: Irgendwie phänomenal, was für Gedanken
ein älteres Negativtäschchen in mir zu wecken vermag!
Ich wünsche wiederum viel Lese- und Betrachtungsvergnügen
Redaktor und Herausgeber
Vorschau
Seite 55
Impressum
Seite 55
Zugschluss
Seite 56
Teil 3 der SeTB-Trilogie
Aus Platzgründen mussten wir
den bereits vorangekündigten
Beitrag über die 1985/1986
nach Österreich verkauften
drei Ex-Sernftalbahn-Triebwagen (SeTB) in unsere Ausgabe
«Winter 2015» verschieben.
Buch-Tipp Sonderausgabe
Beim Buch-Tipp, «Auf Schienen
durch Italien» von Hansjürg
Rohrer, hat sich ein Druckfehler
eingeschlichen. Die korrekte
Mailadresse für das empfehlenswerte Werk lautet:
[email protected]
Hansjürg Rohrer, Sandhubel 49,
CH-3257 Ammerzwil
Lars Olov Karlssons
Schweizer Reise von 1963
Der Autor dieses Beitrags, Lars Olov Karlsson, im Führerstand der C 5/6 2961 in Zürich am 14. Juli 1963.
1963 unternahm der 21-jährige
schwedische Eisenbahnfreund
Lars Olov Karlsson seine erste
Reise in die Schweiz, wo er gemeinsam mit seinem Schweizer
Kollegen Hans Schneeberger
die hiesigen Bahnen ausgiebig
erkundete.
Bildautor
Alle Bilder dieses Beitrages stammen
von Lars Olov Karlsson
«Semaphor» hat Lars Olov Karlsson gebeten, seine Reiseerlebnisse von 1963 im
Bahnland Schweiz sowie die Geschichte zu der schwedisch-schweizerischen
«Eisenbahnerfreundschaft» mit Hans Schneeberger festzuhalten. Seine in deutscher
Sprache abgefasste Reportage präsentieren wir Ihnen (bewusst) im Original, d.h. mit
dem nordischen und sehr charmanten Sprachakzent. Zudem haben wir uns erlaubt,
einige, den Text gliedernde, Zwischentitel einzufügen.
Vom Studenten zum Museumsdirektor
Im Sommer 1960 war ich 18 Jahre alt. Ich besuchte, wie oft, den Modellteil im
Schwedischen Eisenbahnmuseum in Stockholm. Damals gab es zwei Abteilungen:
den Modellteil im Zentrum und die Lok- und Wagenhalle aussen vor der Stadt. Wie
immer waren es nicht viele Besucher im Museum, aber es kam ein Ausländer. Der
Museumsbeamte konnte keine Fremdsprachen, so wurde ich zum Übersetzer. Der
Ausländer war aus der Schweiz und er war Hans Schneeberger. Er war angestellt bei
der SBB und wir hatten ein sehr nettes Gespräch (ich glaube in English weil mein
Deutsch damals schlecht war). Was wir damals im Museum nicht wussten, war, dass
ich 30 Jahre später Direktor des Museums werde.
Wir waren beide Lokfotografen, und wir wechselten Adresse und leiteten einen
Brief- und Fotowechsel ein. Meine steigende Sammlung von Schweizerischen Fotos
weckte mein Interesse für die Bahnen in diesem für mich exotischen Land. In 1963
war ich mit der Schule fertig. Später in diesem Jahr sollte ich meinen Militärdienst
machen. Warum jedoch nicht erst Europa und seine Eisenbahn sehen? Mit Hauptziel Schweiz, und ich war freundlich eingeladen zu Schneebergers Heim in Zollikofen. Und Hans Schneeberger machte einen wochenlangen Reiseplan, teilweise
nach meinen Wünschen, teilweise was er mir zeigen wollte.
Via Umweg von Schweden in die Schweiz
Meine Reise führte durch Ost-Deutschland (Deutsche Demokratische Republik)
von Sassnitz über Berlin mit dem Schnelltriebwagen «Vindobona» nach Wien. In
3
Damals und heute:
Hölstein Süd, auf der WB
Im Kanton Basel-Landschaft wird derzeit (2015) heftig darüber diskutiert, welche Spurweite die zukünftige und modernisierte
Waldenburgerbahn (WB) dereinst haben soll: bisher 750 mm, oder neu 1000 mm. Losgelöst davon begeben wir uns auf eine Zeitreise: Nach 27 Jahren «Pause», davon 14 als Denkmallok im Bahnhof Liestal, dampfte die G 3/3 5 «G. Thommen» am 24. März 1980
in ihr zweites «Leben»; hier anlässlich der Probefahrt, zusammen mit dem G 204.
Foto Daniel Heer
Der WB-«Projektleiter Technik», welcher aushilfsweise auch im Fahrdienst arbeitete, absolvierte am 16. August 2015 seine letzte
Talfahrt als Triebfahrzeugführer – mittlerweile arbeitet er bei einem anderen Eisenbahnverkehrsunternehmen. Zu Ehren seiner
langjährigen Tätigkeit wurde WB-Zug 3155 an diesem Tag in «TEE 3155 PRINZ PHILIPP» umbenannt. Verändert hat sich aber auch
das Umfeld: So «mutierte» der einstige Gasthof «Eintracht» zum Wohnhaus.
Foto Urs G. Berger
11
Die Speisewagen
der Einheitsbauart EW I
Wir beginnen Teil 2 unseres Beitrags über die Speisewagen des Typs EW I mit einer Aufnahme, welche 1964 ein derartiges Fahrzeug
weitgehend im ursprünglichen Zustand mit Faltenbälgen bei Weesen zeigt. Heute windet sich die Strecke nicht mehr dem Walensee entlang, sondern führt über die Gäsibrücke durch den 3955 m langen Kerenzerbergtunnel.
Foto SBB Historic
Die Geschichte der
SBB-Speisewagen ist
bis heute erst teilweise
aufgearbeitet worden,
u. a. im Buchklassiker
«Die Leichtstahlwagen
der SBB» von Karl
Emmenegger (PharosVerlag, Basel, 1997).
Unser zweiteiliger Beitrag hingegen widmet
sich den etwas jüngeren
Speisewagen vom
Typ EW I.
12
In der Semaphor-Ausgabe «Sommer 2015» berichteten wir über das «Zeitfenster» 1958–1972
im «Leben» der EW I-Speisewagen, respektive vom Zeitpunkt ihrer Ablieferung bis vor dem
Umbau der Stirnpartien. Dieser Modernisierungsschub setzte 1973 ein und beinhaltete auch
den Ersatz der Faltenbälge durch Gummiwulste. Im Folgenden gehen wir auf die Zeit ab
1973 ein, welche primär durch eine enorme Variation von Aussenanstrichen geprägt war.
Diverse Umbauten und Modernisierungen
Die EW I-Speisewagen durchliefen, wie schon die Leichtstahl-Speisewagen, mehrere Umbauund Modernisierungsphasen. Die Wichtigsten davon lassen sich wie folgt zusammenfassen:
– In den 1960er-Jahren erhielten die sieben Fahrzeuge von 1958 Übersetzfenster – wie die
vier 1961 in Betrieb genommenen Speisewagen
– Von 1973 bis 1980 änderten an allen Wagen die Stirnpartien: Die Faltenbälge wurden
ersetzt durch Gummiwulste. Wegen starken Korrosionsschäden an den Unterseiten der
drei Küchenfenster – bedingt durch die Position der beiden Rüstflächen – wurden die
Fenster verkleinert. Ebenso bereiteten die SBB bis 1975 sechs EW I-WR für die Aufnahme
der AZDK (Automatische Zug- und Druckkupplung) vor. Die ab 1978 hauptrevidierten
Wagen hingegen behielten ihre alten Kopfstücke mit der konventionellen Hakenkupplung
– Um eine bessere Laufruhe zu erzielen, setzte man die elf Fahrzeuge in den Jahren 1975/76
auf neue Drehgestelle der Bauart SWP 71
– In den 1970er-Jahren nahmen die Schwierigkeiten, genügend qualifiziertes Personal für
die rollende Gastronomie zu finden, laufend zu. Deswegen wurden anno 1975 drei WR
zu Selbstbedienungsspeisewagen Typ «Self-Service» umgebaut (die ursprünglichen Nrn.
10127, 10128, 10129). Dafür musste allerdings die Fensteranordnung angepasst werden.
Gleichzeitig erhielten die Fahrzeuge einen Neuanstrich in hellerem Rot («Signalrot» RAL
3001) mit hellgrauen Zierlinien («Kieselgrau» RAL7032). Zudem wurde die Innenein-
Zu meines Vaters Zeit:
Ce 6/8 I 14201 als Bremsversuchslok
Die letzten 10 Jahre der
Bremsversuchslok
Ce 6/8 I 14 201 in betriebsfähigem Zustand
waren geprägt von
zahlreichen «Abschiedsfahrten» und dem
Ringen um die Zukunft
des letzten erhaltenen
Prototyps aus den
Anfängen der Elektrifikation von 1918.
30
Nach der letzten regulären Revision im 1967 wurde 1974 bei der Ce 6/8 I 14201 erneut eine
R1 fällig. Aufgrund der geringen Laufleistung sowie der limitierten Mittel, die zur Verfügung
standen, entschloss man sich in Absprache mit der kulanten HW Yverdon, an der Lok eine
Art Bedarfsausbesserung vorzunehmen. Weil eine solche Revision offiziell nicht vorgesehen
war, einigte man sich auch auf eine Anschrift am Führerstand mit «Rev. Yverdon 1974».
Im März 1975 konnten diverse Ersatzteile aus der ausrangierten Be 4/6 12305 für Ce 6/8 I
14201 gewonnen werden. Hierzu wurde in der HW Bellinzona eigens für diese Aktion
der Gklm-v 2085 114 4811-9 «beschlagnahmt» und beladen mit Reservematerial ins Depot
Fribourg spediert. Hans Schneeberger legte Wert darauf, den Inhalt des Wagens mit «Ersatzteile für Ce 6/8 I 14201» zu beschriften, «damit nicht eines Tages jemand in Unkenntnis der
Dinge die ‹Antiquitäten› verschrottet.» Die Liste der zu behändigenden Teile aus der Be 4/6
enthielt unter anderem Folgendes:
– beide Wendeschalter
– Überschaltwiderstände für Stufen– Stufenschalter komplett
schalter
– Ölpumpe samt Motor
– 3 Loklaternen
– 2 Ventilatormotoren samt Ventilatorrädern
– 2 pneumatische Scheibenwischer
– beide Lokpfeifen
– beide Steuerventile
– sämtliche Relais
– 1 Satz Bürstenhalter und Kohlebürsten
– beide Kompressoren
von Triebmotor.
Morgens um 08.30 Uhr am 24. Februar 1976 fotografierten Christian
Zellweger und Ralph Schorno vor Frutigen den Dienstzug 81020 mit der
Ce 6/8 I 14201 und der Be 4/6 12339 von Bern nach Domodossola. Am Zielort wurde die Be 4/6 ausgetauscht gegen die FS-Drehstromlok E431.037.
Bild oben: Am 24. September 1975 organisierten
die SBB eine Pressefahrt mit der Ce 6/8 I 14201 zur
Ablieferung der 5000. SLM-Lokomotive. Um 08.45
Uhr stand die Ce 6/8 I mit ihrem Zug 82019 Bern–
Winterthur für einen kurzen Kontrollhalt vor der
alten, hölzernen Bahnhofhalle in Aarburg-Oftringen.
Foto Hans Schneeberger
Dokument oben rechts: Erste Seite des Lokdossiers
der Ce 6/8 I 14201, das nach offizieller Ausrangierung der Lokomotive im 1982 zur Aufbewahrung an
Hans Schneeberger übergeben worden ist.
Slg. Hans Schneeberger
Alle Ersatzteile wurden übrigens nach Stillegung der Ce 6/8 I im 1982
in die HW Yverdon spediert und dort samt Gklm verschrottet!
Im Popularitätshoch der Nostalgiewelle
Ab Mitte der 1970er Jahre wurde die Ce 6/8 I immer weniger für
Bremsversuchsfahrten benötigt. Hingegen wurde mit der anrollenden Nostalgiewelle das Interesse an der Lok und an deren Erhaltung
immer grösser. Hans Schneeberger anerbot sich mit «seiner» Ce 6/8 I
gerne für Überführungen von historischen Fahrzeugen. Diese Fahrten wurden jeweilen von zahlreichen Eisenbahnfotografen verfolgt
und die Lok, mit ihrem damals noch einzigartigen braunen Anstrich,
wurde ein rollender «Promi» auf dem Schienennetz der SBB.
Als die Ce 6/8 I 14201 im September 1975 vom Generalsekretariat
SBB offiziell als Zuglok für eine Pressefahrt von Winterthur nach
Neuhausen «zur Orientierung über den Bau der Re 6/6 Lokomotiven» angefordert wurde, da war endgültig klar, dass Hans Schneeberger – mit Hilfe der ihn unterstützenden Kollegen – sein ursprüngliches Ziel, die Verschrottung der Lok zu verhindern, wohl erreicht
hatte. Der für die erwähnte Pressefahrt verantwortliche und mit
31
Dampfbetrieb Genève–La Plaine
Am 12. Juli 1945 durchfährt ein schwerer Güterzug mit Importware aus Frankreich den Personenbahnhof Genève-Cornavin und
wird umgehend sein Ziel, den gleichnamigen Güterbahnhof, erreichen. An der Spitze der langen Wagenschlange stehen zwei C 5/6
im Einsatz – siehe dazu auch Kapitel «C 5/6 und C 4/5 fuhren weit nach Frankreich hinein» auf Seite 53.
Foto SBB Historic
Während beinahe
100 Jahren herrschte auf
der Strecke Genève–
La Plaine Dampfbetrieb.
Nachfolgend setzt sich
Daniel Ammann mit diesem Teil unserer Bahngeschichte auseinander.
Nach langen und zähen Verhandlungen fiel 1854 der wegweisende Entschluss, im Genfer
Quartier Cornavin einen gemeinsamen Bahnhof für die Bahnlinien von Lyon und Lausanne
her zu errichten, und zwar in Form eines Durchgangsbahnhofs.
Erbaut wurde die Strecke Genève–Bellegarde von der «Compagnie du Chemin de fer de
Lyon à Genève», eingeweiht hingegen wurde sie am 16. März 1858 durch die Nachfolgegesellschaft PLM «Compagnie de chemin de fer de Paris à Lyon et à la Méditerranée» (Eröffnung 19. März 1858). Demgegenüber konnte die «Schweizer Strecke» von Versoix her erst
drei Monate später, am 18. Juni 1858, eingeweiht werden (Eröffnung 25. Juni 1858).
Die Dampflokomotiven der PLM führten ihre Züge bis Genève. Auf die Eröffnung von
1858 hin liess das französische Bahnunternehmen hier auch einen geschlossenen, zeitlebens
«Rotonde PLM» genannten Rundschuppen bauen. Dieser blieb mehr als 100 Jahre bestehen –
und zwar bis in den Spätherbst 1966.
Von der Französischen PLM zu den Schweizerischen Bundesbahnen
Auf Ende 1912 wechselte der vollständig auf Schweizer Boden liegende Streckenabschnitt
Genève–La Plaine in den Besitz des Kantons Genf. Seither, also ab 1. Januar 1913, herrscht
auf diesen 15 Kilometern ein Mischbetrieb mit Bahnen zweier Nationen – eine Betriebsform,
welche bis heute anhält und in dieser Art in unserem
Fortsetzung auf Seite 50
40
Vorschau auf
Semaphor Winter 2015
Erscheint Mitte Dezember 2015
Genève–La Plaine: wenn
«nichts mehr ging»,
schlug die Stunde der
«Far West»-Züge
In den letzten Semaphor-Quartalsausgaben stellten wir die
auf der Linie von Genève nach La Plaine (Grenzbahnhof zu
Frankreich) eingesetzten SBB-Triebfahrzeuge vor, und zwar:
die 5 Gleichstrom-Triebzüge Bem 550 («Winter 2014»)
die 2 Gleichstrom-Pendel BFe 4/4 II + ABt («Frühling 2015»)
die Dreistromlok Ae 4/6 III 10851 («Sommer 2015»)
die Dampfloks sowie die Am 4/4 1001 («Herbst 2015»).
Unser nächster Beitrag erläutert, was jeweils dann passierte,
wenn keines dieser Streckentriebfahrzeuge verfügbar war.
Bilder vom GotthardStückgüterzug 16627,
gezogen von Be 4/6,
Ce 6/8 oder Be 6/8
In den 1970er-Jahren reparierte das Handwerkerteam der
SBB-Hauptwerkstätte Bellinzona mit unterschiedlich grosser
Begeisterung die letzten der damals noch aktiven Be 4/6 und
«Krokodile» (Rangier-Ce 6/8 II, Be 6/8 II, Be 6/8 III). Für
den Rücktransfer in die Deutschschweiz liess man die Loks
aber nicht einfach leer via Gotthard nordwärts fahren, sondern teilte ihnen meist einen leichten Stückgüterzug zu: den
bei Eisenbahnfotografen unvergessenen 16627. Wir halten
Rückschau und schwelgen in +/- 40-jährigen Erinnerungen.
Reminiszenzen zur
Geschichte der
«Röthenbacher Säge»
Die Ce 6/6 14101, auch «Röthenbacher Säge» genannt, gehörte
lediglich von 1919 bis 1937 zum SBB-Bestand. Dann erfolgte
ihre Ausrangierung, anschliessend ihr Abbruch. Weil in dieser
Zeit sowohl das Fotografieren von Lokomotiven als auch das
Archivieren von Dokumenten noch kaum praktiziert wurde,
existieren nur sehr wenige Unterlagen über diese Maschine.
Trotzdem, oder wohl gerade deshalb, haben wir ausgiebig gesucht – und sind fündig geworden. Folgerichtig präsentieren
wir die «gehobenen Schätze» nun auch unseren Lesern.
Impressum
«Semaphor» – Klassiker der Eisenbahnen; 11. Jahrgang 2015
Druck
Erscheint
5x: März, Juni, August, Oktober und Dezember
Abonnementspreis Schweiz CHF 99.–; Europäische Union e 82.–
Herausgeber
Christian Zellweger
Einzelnummer
Schweiz CHF 26.50; Europäische Union e 22.–
ISSN-Nr.
1661-576X
Verlag/Redaktion Semaphor GmbH
Falkenriedweg 37, CH-3032 Hinterkappelen
Homepage: www.semaphor.ch
Mail: [email protected]
Telefon: +41 (0)31 901 31 76
Redaktion
Christian Zellweger
Hans Schneeberger
Abonnemente
Dietschi Print&Design AG
Ziegelfeldstrasse 60, CH-4601 Olten
Telefon: +41 (0)62 205 75 75 (Zentrale)
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Grafik
Peter Merz
Layout, Satz, Bild
Walter Hunn
Dietschi Print&Design AG, Olten
Filme, Dias und Fotos altern je nach Produkt und Lagerung unterschiedlich.
Wir korrigieren die Farben lediglich dann, wenn das Sinn macht – und
nur sanft. Aus Gründen der Authentizität belassen wir in der Regel auch
alterungsbedingte Fehler wie rote Punkte in der Filmschicht u.ä.
Nachdrucke, Reproduktionen oder sonstige Vervielfältigungen – auch auszugsweise und mit Hilfe elektronischer Datenträger – sind nur mit vorheriger
schriftlicher Zustimmung der Redaktion sowie des Autors oder Inhabers der
Sammlung, aus der das Dokument stammt, möglich.
Zudem bitten wir um Verständnis dafür, dass wir keine Originalabzüge oder
digitale Daten der abgedruckten Bilder oder die Adressen des Fotografen/
Sammlers liefern können.
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Zugschluss
«Herbstzeit ist Zuckerrübenzeit!» Der Transport vom
landwirtschaftlichen Acker zum nächstgelegenen
Bahnhof erfolgt seit jeher auf den örtlichen Strassen,
wobei ein geeigneter Umschlagplatz sich mittlerweile
recht weit vom Bauerngut entfernt befinden kann.
Und zwar deshalb, weil die Eisenbahnmanager zahlreiche der kleinen, ländlichen Bahnhöfe zu Stationen
ohne Ausweich-, Anschluss- und Stumpengleise
degradiert haben – alles im Namen der von ihnen
propagierten «schlanken Infrastruktur».
Was dem Bild fehlt, ist eine verbindliche DatumsAngabe. Hilfreich ist deshalb das «EUROP/SBB-CFF»Schriftenfeld am vorderen Güterwagen: Es liefert den
Hinweis, dass die Aufnahme frühestens im Jahre 1953
entstanden sein kann – wahrscheinlich ist «um 1960».
56
Ebenfalls nicht überliefert ist, wo das Bild fotografiert
wurde. Ob, ein Semaphor-Leser Genaueres weiss?
Sicher ist hingegen, dass es sich bei den Güterwagen um solche des SBB-Typs L6 mit Bremserhaus
handelt. In der Publikation «Schweizer Güterwagen
von damals» (Davide Demicheli und Marcel Broennle,
SVEA, 1998) findet sich dazu u. a. folgender Hinweis:
«Die ausschwenkbare Stirnwand ermöglichte bei
grossen Kohleverbrauchern (wie z. B. Gaswerken)
das rasche Entladen auf besonderen Wagenkippeinrichtungen». Darum brauchten sich die beiden Arbeiter
hier im Bild allerdings nicht zu kümmern, war ihre Aufgabe doch nicht das Entladen, sondern das Beladen
des bereitstehenden L6 – und zwar im «Handbetrieb».
Foto SBB Historic, Text Christian Zellweger